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Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

Henning Diers: Unter die Haut

Ausstellung vom 1. Mai bis 7. Juli 2019

Mit der Ausstellung „Unter die Haut“ freut sich Henning Diers, keine Auftragsarbeiten zu präsentieren, sondern Kunst, die viel von ihm und seinem kreativen Impetus zeigt. Das vorherrschende Material, das bei den ausgestellten Werken zum Einsatz kommt, ist Seidenpapier, das in unterschiedlichen Techniken in bis zu fünfzehn Lagen übereinander gebracht wurde. Ein Prozess, der viel Geduld vom Künstler fordert: Denn es ist die Trocknung einer Schicht abzuwarten, bevor die nächste aufgebracht werden kann – manche Bilder brauchten Monate, um zu entstehen. Zudem verändert der Trocknungsprozess Farbe und Struktur des Seidenpapiers; der Künstler muss aushalten können, dass sein Werk dabei durchaus eine Art „Eigenleben“ entwickelt. Die entstehenden Farbspiele und Faltenwürfe hat Diers weitestgehend für sich stehen lassen und nur wenig malerische Akzente (z.B. die Silhouetten von Bäumen oder Schwalben) gesetzt. Die atmosphärisch dichten Bilder sind Spurensuchen, etwa mit Bezug auf die Frage, was  „Heimat“ eigentlich sei: Die Schwalben, von denen wir meinen, sie würden im Winter „wegziehen“ und zum Sommer „wiederkehren“, haben in den südlichen Weltregionen, in die sie fliegen, ebenso einen ihnen natürlichen und angestammten Lebensraum wie bei uns. Wo also sind sie eigentlich „daheim“?

Die meisten Bilder der Ausstellung bezeugen die Bedeutung, welche die Auseinandersetzung mit der Natur als Umwelt und Schöpfung für Diers‘ künstlerisches Wirken spielt: „Das Verbunden-Sein von Glaube und Leben, von Geist und Natur fasziniert und ängstigt mich gleichzeitig.“

Einen besonderen Akzent setzt das Bild „Ignoranz“, das im Foyer des RPI zu sehen ist. Es zeigt eine Menschenmenge, die einen der 344 Container des havarierten Frachters MSC Zoe „treidelt“. Das Bild thematisiert sinn- und richtungslose Bemühung, verursachten Schaden an der Natur zu relativieren. Der Künstler will darauf hinweisen, dass wir uns selbst betrügen, wenn wir uns einreden, eine Kreuzfahrt zu machen sei keine nennenswerte Umweltbelastung. Oder wenn wir meinen, das Problem der Müllentsorgung zu lösen, indem wir den Weltraum als Müllhalde nutzen. Diers empfindet solche Ansichten und Ideen als Zeugnisse menschlicher „Gier“: „Solche Haltungen sind die Konsequenz einer Ignoranz gegenüber uns selbst und gegenüber Gott als Schöpfer dieser uns anvertrauten Welt.“

Weitere Informationen über den Künstler

Zwei Zitate stehen geradezu stellvertretend für Henning Diers‘ künstlerische Arbeit: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ (Beuys) Und: „Jeder Mensch ist ein Theologe.“ (Luther). Kunst zu schaffen, sagt Diers, sei für ihn „ein Versuch, hinter große Worte zu blicken, neugierig und kreativ bestehende Strukturen – im Denken und im Sehen – zu verändern.“

Der 1967 geborene Künstler bewegt sich mit seiner Arbeit sowohl im sakralen als auch im weltlichen Bereich. Und dieses in unterschiedlichen Techniken und Spielarten. Henning Diers ist Maler, Bildhauer und Grafiker, der sich durch zahlreiche Ausstellungen und Kunstaktionen sowie die Ausstattung diverser Kirchen und Kapellen (Glasfenster, Paramente) einen Namen gemacht hat.

Der Künstler arbeitet oft „in Serie“, wie in seinem Projekt „Die 12“: In Zusammenarbeit mit zwölf Kirchengemeinden entstanden zwölf Stühle, die jeweils einen der 12 Apostel Jesu symbolisieren. Als Gesamtkunstwerk stehen die Stühle für die Tischgemeinschaft „der 12“, mit denen Jesus kurz vor seiner Kreuzigung gemeinsam gespeist hat.

Mit einem viel beachteten Großprojekt machte Henning Diers zum Reformationsjubiläum 2017 von sich reden: In 95 Wochen gestaltete der Künstler 95 Bilder zu den 95 Thesen, die Martin Luther 1517 in Wittenberg zur Diskussion stellte. Diers bemalte jede Woche eine Leinwand von 90x30 cm Größe zu einer der Thesen Luthers. Das Gesamtkunst-werk ergibt eine Fläche von 25,65 Quadratmetern, die aus 5 Reihen von Leinwänden mit jeweils 19 Bildern besteht.

Vielseitig und für Überraschungen gut, dabei immer aufmerksam für die Menschen, mit denen und für die er künstlerisch tätig ist: Henning Diers hat ein Händchen für mitfühlende, mitreißende und überraschende Kunst. Das wird deutlich, wenn man ihn einmal als „Live-Maler“ bei einer kirchlichen Veranstaltung wie dem Deutschen Evangelischen Kirchentag oder bei einem Gottesdienst erlebt hat. Diers lässt vor den Augen der Gemeinde ein - thematisch und liturgisch auf den Gottesdienst abgestimmtes, aus der konkreten Situation erwachsenes – Kunstwerk entstehen: ein für die Kirchenbesucher*innen einmaliges Erlebnis.

www.diersign.de