Reli to go 33: Haben die Zehn Gebote uns heute noch etwas zu sagen?

Der Gott der Bibel liebt die Freiheit. Er will nicht, dass Menschen unterdrückt werden. Deshalb befreit er sein Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten. Damit diese Freiheit erhalten bleibt, gibt Gott seinem Volk die Zehn Gebote. Sie dienen nicht der Freiheitsberaubung, sondern dem Gegenteil: Sie wollen die Freiheit bewahren.

In Ex 20,1–17 werden übrigens mehr als zehn Gebote genannt. Sie wurden wegen der besseren Merkfähigkeit auf zehn Sätze abgerundet; vermutlich, damit man sie an den zehn Fingern abzählen kann. Daher stammt der griechische Ausdruck Dekalog, der „zehn Worte“ bedeutet.

Im ersten Gebot definiert Gott sich selbst als Gott der Freiheit, der seinem Volk aus der Not hilft: „Ich bin der HERR, dein Gott. Ich habe dich aus Ägypten herausgeführt; ich habe dich aus der Sklaverei befreit. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ (Ex 20,2)

Im Gegenzug soll sein Volk aus Dankbarkeit nur ihn verehren. Diese Formulierung setzt übrigens voraus, dass auch noch andere Götter existieren.

Wer sich an Gott bindet, wird wirklich frei. Freiheit entsteht also nur dann, wenn sich jemand ihm gegenüber verantwortlich fühlt. Deshalb hängen Freiheit und Verantwortung eng zusammen. Die Freiheit ist zwar groß, aber sie ist nicht grenzenlos.

Wer sich nun an etwas anderes als an diesen Gott Israels bindet, der macht sich von diesem Anderen abhängig; er verliert seine Freiheit und wird unfrei. Geld und Besitz zum Beispiel ermöglichen Freiheit. Sie werden in den folgenden Geboten sogar ausdrücklich geschützt. Wer aber das Geld zu seinem Lebensinhalt macht und sein Herz daran hängt, der wird in einer Gier enden, die ganze Finanzmärkte zum Absturz bringen kann.

Ähnliches gilt für die Schönheit. Sie ist ein Geschenk Gottes. Wer aber sein Aussehen zum Lebensinhalt erklärt, der kann in einem Körperkult enden, der durch Magersucht, Anabolika und silikongestützte Schönheitsoperationen geprägt ist.

Alkohol ist eine gute Gabe Gottes. Der Wein erfreut des Menschen Herz, heißt es in Ps 104,15, und Jesus sorgt durch ein Wunder sogar für den Weinnachschub bei einer Hochzeit. Doch wer Alkohol oder andere Drogen zu seinem Lebensinhalt macht, wird von der Droge abhängig und verliert seine Freiheit.

Kulturgeschichtlich betrachtet hat Israel vor rund 3000 Jahren eine Antwort auf die Frage gefunden, welche Regeln eine Gesellschaft befolgen sollte, damit sie nicht zerfällt. Die in den Zehn Geboten formulierte Antwort hat eine gewaltige kulturgeschichtliche Wirkung entfaltet und kann in weiten Teilen bis heute als bewährte Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens gelten.

Matthias Hülsmann

Download pdf

(Ungekürzt in: Matthias Hülsmann, Theologisches Basiswissen, Loccum 2016, S. 106f.)