Spiel im Film – Filmtipps aus der Medienarbeit im Haus kirchlicher Dienste

Von Nicole Schwarzer

Kinder leben im Spiel. Sie spielen das Leben. Die Grenze zwischen den beiden Begriffen verläuft nicht gerade und klar, selbst nicht für Alan Turing, der es nicht versteht, wenn die Menschen nie das sagen, was sie denken, und dann trotzdem wollen, dass man sie versteht. Der eigenbrötlerische Mathematiker musste im Team spielen, um ein Stück Welt in einem der schlimmsten Kriege unserer Geschichte zu retten. Zwei große Jungs spielen Hase und Igel und verlieren und gewinnen beide ein Stück Lebenswirklichkeit. Seniorinnen finden sinnstiftende Spiele für die Zeit nach ihrer Beruflichkeit, David Kadel zeigt das Spiel mit dem Fußball von Profi Davie Selke. Kinder spielen Beerdigung und eine Großmutter spielt, wie man die Pferde der Enkelin im virtuellen Stall pflegt.

Die hier vorgestellten Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme machen es uns möglich, dem Spiel in unserem Leben eine Bedeutung zuzuschreiben.

Die folgend vorgestellten und noch mehr Geschichten finden Sie bei der Bücherei- und Medienarbeit im Haus kirchlicher Dienste unter www.medienzentralen.de.

The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben
Morten Tyldum
Großbritannien/USA 2015
Spielfilm, 110 Min., FSK 12
Empfohlen ab 14 Jahren

Ende der 1930er-Jahre erklärt Deutschland den Briten den Krieg. Damit beginnt für die Menschen auf der Insel ein Wettlauf mit der Zeit, den der junge Mathematiker Alan Turing mit seinem Team entscheidend beeinflussen kann. Der exzentrische Wissenschaftler wird vom britischen Militär in einem streng geheimen Projekt beauftragt, die deutsche Verschlüsselungsmaschine Enigma für die Kommunikation des deutschen Militärs zu knacken.

Auf die Frage, was gerade ihn für diese Stelle qualifiziere, antwortet Turing banal: „Ich bin hervorragend im Lösen von Kreuzworträtseln. […] Geheimcodes sind was Vergleichbares. Ein Rätsel, ein Spiel wie jedes andere Spiel. Und ich stell’ mich sehr gut an beim Spielen.“ Auf verschiedenen Ebenen spielen die Protagonist*innen jeweils ihr eigenes Spiel in der Geschichte um den genialen Wissenschaftler Turing, der unsere heutige Sicht auf künstliche Intelligenz entscheidend geprägt hat: Sie wahren eines der größten Geheimnisse der britischen Militärgeschichte, wie Kinder Geheimnisse wahren. Sie spielen Rollen, die ihnen in der Gesellschaft der 1930er-Jahre zugestanden werden. So hält Turing seine zu dieser Zeit verbotene Homosexualität im Verborgenen ebenso wie sein Kollege seine Tätigkeit als russischer Spion verheimlicht. Als Frau kann die Kryptoanalytikerin Joan Clarke in den Augen vieler Kollegen und ihrer Eltern nicht mehr sein als eine einfache Sekretärin, die sie artig spielt und im Geheimen mit ihrer hervorragenden Denkfähigkeit Turing bei seiner Arbeit unterstützt. Sie würde ihn sogar heiraten, um den Schein für sich selbst und ihn zu wahren.

Im Imitation Game wird das Spiel immer wieder bewusst, z.B. wenn ein erwachsener Wissenschaftler zu erwachsenen Männern sagt: „Lassen wir die Kinder mit ihrem Spielzeug allein!“ und meint die Maschine.

Wer den Film noch nicht gesehen haben sollte, verpasst eine wunderbare Geschichte, die auf Tatsachen beruht und der es an Menschlichkeit nicht mangelt, obwohl es um kühle Berechnungen von Leben und Tod im Krieg geht. Turings Maschine wird die Enigma imitieren, wie er seine Mitmenschen imitiert, um unter ihnen sein Leben zu bestreiten.

Die epd Film urteilt: „Benedict Cumberbatch bereitet in der Hauptrolle großes Vergnügen, auch wenn er Turing als eine Art Mathematiker-Version seines Sherlock Holmes anlegt: sarkastisch, genialisch und auf verschrobene Weise charmant. Als Zuschauer erfährt man gerade so viel über den Mann, um neugierig auf mehr zu werden – ein nicht zu unterschätzender Balanceakt.“ (Mihm, Kai (2014): Kritik zu The Imitation Game; in: epd Film (12/2014), www.epd-film.de/filmkritiken/imitation-game)
Im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2019 wurde der Film zum Thema künstliche Intelligenz betrachtet und zahlreiches pädagogisches Material zur Verfügung gestellt.

Für die Bearbeitung des Themas im Unterricht ist der Film geeignet ab Klasse 8. Der Film steht als DVD mit Vorführrechten zur Verfügung.

100 Dinge
Florian David Fitz
Deutschland 2018
Spielfilm, 111 Min., FSK 6
Empfohlen ab 12 Jahren

Paul (Florian David Fitz) und Toni (Matthias Schweighöfer) sind langjährige Freunde – und die größten Konkurrenten, wenn es um die Dinge geht, die sie besitzen, wenn es um die Frauen geht, die sie lieben und wenn es um ihr Unternehmen geht. Paul liebt Nana, seine selbstentwickelte App, die sich verhält wie eine echte Freundin und ihm liebevoll alle Aufmerksamkeit schenkt. Toni sucht krampfhaft nach jedem ausgefallen Haar, das ihn mit 35 Jahren schwer beschäftigt. Und da ist der kauffreudige Tech-Gigant mit seiner persönlichen Managerin (Maria Furtwängler), die sehr deutlich macht, dass unser Kaufverhalten am Laufen gehalten werden muss. Die beiden Freunde haben das Rezept dazu: Nana macht glücklich. Erst recht, wenn wir kaufen.

In ihrer Konkurrenz beginnen Paul und Toni ein Spiel. Die beiden wetten darum, wer von ihnen es schafft, länger auszuhalten ohne den großen materiellen Besitz, der ihnen u.a. den Erfolg ihres Unternehmens beschert hat. In 100 Tagen dürfen sie sich täglich ein Objekt aus dem Lager ihrer Habseligkeiten zurückholen, ohne das sie nicht leben möchten.

Rat im Spiel um Leben und Wirklichkeit bringen die Gäste Hannelore Elsner, Katharina Thalbach und Wolfgang Stumph in Fitz’ Geschichte. Schweighöfer und Fitz starten nackt in ihr Spiel und rennen wie Hase und Igel um die Wette, um vielleicht irgendwann festzustellen, wer eigentlich der Hase ist, der nie gewinnt.

Ein Spiel mit Erkenntnis für Paul: „Es ist, als ob jemand auf den Pauseknopf gedrückt hat. Die Musik in meinem Leben ist weg und jetzt hör‘ ich nur noch meine Gedanken. Ist dir schon mal aufgefallen, was man für einen Scheiß denkt? Wenn ich mir nur noch fünf Minuten zuhören muss, spring ich aus’m Fenster.“

Fitz und Schweighöfer sind ein spürbar eingespieltes Team und zeigen humorvoll, temporeich, aber nicht allzu schmerzhaft – wie zwei große Jungs – dass Besitz und Wettkampf nicht alles im Leben sind.

Der Film ist gut geeignet für nahezu alle Altersklassen und kann als Anregung für die Diskussion um Gerechtigkeit, Konsumgesellschaft, Freundschaft und die entscheidenden Dinge im Leben dienen. Der Film steht als DVD mit Vorführrechten zur Verfügung.

Herbstgold
Jens Tenhaven
Deutschland 2010
Dokumentarfilm, 95 Min.
FSK: ohne Altersbeschränkung

Fünf hochbetagte Frauen und Männer bereiten sich in unterschiedlichen Disziplinen auf die Leichtathletik-Weltmeisterschaft der Senioren im finnischen Lathi vor. Die Dokumentation begleitet sie dabei über ein Jahr lang und gewinnt Einblicke in das Leben und die Motive der Menschen, die aus fünf Nationen stammen und zu diesem Zeitpunkt zwischen 82 und 100 Jahren alt sind. Die Kamera filmt sie in ihrem Alltag und beim Training; die Menschen davor berichten von Träumen und Zielen, von Siegen und Verlusten. Für sie ist der Wettkampf mehr als ein sportliches Spiel um Medaillen, sie laufen parallel immer auch einen Wettlauf gegen die Zeit. Es ist unendlich berührend, wenn der 100-jährige Alfred langsam und mühsam mit seinem Rollator zum Diskuswurf geht. Umso schöner ist es dann, wenn er (immer noch mit Rollator) auf dem Siegertreppchen die österreichische Nationalhymne anstimmt. Der Film von Jan Tenhaven gewann internationale Auszeichnungen und wurde für den Oscar nominiert.

Ein Schlager des letzten Jahrhunderts lautete: „Das ganze Leben ist ein Quiz – und wir sind nur die Kandidaten“. Wie bei Kindern und Jugendlichen haben für Senioren die Bereiche Spiel, Sport und Hobby wichtige Funktionen: körperlich, aber auch geistig rege bleiben, soziale Kontakte erhalten und ausbauen, Erfolge erzielen und mit Niederlagen fertig werden. Dazu gehört auch der im Alter oft unvermeidliche Verlust von Kraft und Gesundheit, manchmal der Abschied von der Lebenspartnerin oder von Freunden. Wie Menschen in hohem Alter ihrem Leben durch Sport und andere Interessen einen Sinn geben und wie viel Unterstützung sie dabei erhalten, ist beeindruckend.

Die Dokumentation eignet sich für den Einsatz in den Sekundarbereichen I und II ab etwa 14 Jahren, besonders auch im Sport- und Sporttheorieunterricht und in der Berufsschule, hier besonders in der Altenpflege und im Gesundheitsbereich. Der Film steht mit Zusatzmaterial als DVD mit Vorführrechten zur Verfügung.

Und vorne hilft der liebe Gott: Davie Selke
David Kadel
Deutschland 2017
Dokumentation, 27 Min.
Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG

Der kurze Dokumentarfilm porträtiert den Fußballspieler Davie Selke (Jahrgang 1995). Der deutsche Nationalspieler mit äthiopischem Vater und tschechischer Mutter spielt seit 2012 in der Bundesliga. Im Gespräch mit Moderator David Kadel erzählt er von seiner Karriere, aber auch von seinem Glauben, seinen Werten und seiner Dankbarkeit. Selke ist, wie auch andere Fußballprofis, bekennender Christ und zeigt dies unter anderem durch ein Tattoo mit dem Abbild von Jesus Christus auf seinem Arm. Er spricht sehr offen darüber, wie sehr er sich durch die Gewissheit getragen fühlt, dass Jesus ihn bedingungslos und trotz allen gemachten Fehlern liebt. Diese Grundsicherheit und auch die Unterstützung seiner Familie stehen im Gegensatz zum enormen Leistungsdruck, dem er sich im Profifußball ausgesetzt sieht.

Die Dokumentation besticht durch ihre leichte und humorvolle Erzählweise. Filmausschnitte aus Fußballspielen und Fotos des Sportlers mischen sich mit einem lockeren, fast flapsigen Gespräch zwischen Selke und Kadel. Sequenzen mit anderen Profifußballern und seinem Friseur zeigen den noch sehr jungen Mann in seinem persönlichen Umfeld. Sein Glaube und für ihn wichtige biblische Geschichten, z.B. die von Josef und seinen Brüdern, werden eher beiläufig eingestreut. Das nimmt dem Film jeglichen missionarischen Eifer. Trotz seiner Fröhlichkeit zeigt sich Davie Selke reflektiert und nachdenklich. Ihm ist bewusst, wie privilegiert das Leben im Deutschland ist und wie viel Glück er trotz aller Eigenleistung hatte. Mit seinen Stiftungen möchte er weniger privilegierten Menschen beispielsweise in Äthiopien helfen.

Die Erzählweise ist geeignet für eine jugendliche Zielgruppe ab etwa zwölf Jahren. In anderen Religionen wird es zunehmend gesellschaftsfähig für junge Menschen, sich offensiv zu ihrem Glauben zu bekennen. Damit tun sich junge Christ*innen häufig noch schwer. Das didaktische Material zum Film bietet Gesprächsanreize für den Religions- und Konfirmandenunterricht und kann helfen, sich über eigene Motive und den eigenen Glauben Klarheit zu verschaffen. Geeignet ist die kurze Dokumentation auch in der Vorbereitung auf größere Sportereignisse, die gemeinsam in der Gemeinde geschaut werden (z.B. Fußball-Europameisterschaft).

Der Film steht mit umfangreichem didaktischen Zusatzmaterial im Download mit Vorführrechten zur Verfügung.

Die besten Beerdigungen der Welt
Ute Wegmann
Deutschland 2008
Kurzspielfilm, 19 Min.
FSK: ohne Altersbeschränkung

Nach dem gleichnamigen Bilderbuch von Ulf Nilsson (Text) und Eva Eriksson (Illustration). – Die Geschwister Ulf, Ester und Putte langweilen sich. Als Ester eine tote Hummel findet, kommt sie auf die Idee, tote Tiere zu beerdigen. Das wird Abwechslung bringen und vielleicht sogar etwas Geld. Also gründen die drei ein Beerdigungsunternehmen. Sie besorgen die für eine Bestattung nötigen Utensilien, wie Holzkreuze, Schachteln für Särge, Grabsteine und fertige Blumen. Auch die Arbeit wird aufgeteilt. Ester ist die Chefin und für die Organisation der Bestattungszeremonie sowie für das Graben zuständig, Ulf schnitzt Kreuze und schreibt Gedichte für die Trauerfeier, Putte malt Bilder für die Grabsteine und übernimmt das Weinen. Einfallsreich, ernsthaft und voller Elan widmen sich die Kinder nun ihrer neuen Aufgabe.

Und dann sehen die Kinder, wie eine Amsel stirbt, nachdem sie gegen eine Scheibe geflogen ist. Ohne Vorwarnung erleben sie den Übergang vom Leben zum Tod. Diese kleine Amsel soll nun die beste Beerdigung der Welt bekommen.

Ute Wegmann inszeniert den Kurzspielfilm mit durchweg unbekannten Kinderschauspielern. Die filmische Umsetzung des preisgekrönten Bilderbuches bleibt konsequent bei den Kindern, ohne Erwachsene in die Handlung einzuführen. In der Filmadaption wird ein spielerischer Umgang der Kinder mit dem Tod gezeigt, sodass eine Auseinandersetzung mit diesem Thema auch mit kleineren Kindern möglich ist.

Der Film eignet sich sowohl für den Kindergottesdienst als auch für den Religionsunterricht in der Grundschule.

Die Geschichte liegt als Kurzspielfilm und als Animationsfilm (3 Min.) vor und ist auch im Download verfügbar. Zudem liegt sie als Bilderbuchkino mit Ideen für die Umsetzung in Schule und Gemeinde vor.

Ponyhof
Joost Reijmers
Niederlande, 2013
Kurzspielfilme, OmU, 10 Min.
Lehrprogramm gemäß § 14 JuSchG

Die achtjährige Emma liebt das Computerspiel „Pony Place” und verbringt Stunden damit, ihre virtuellen Pferde zu versorgen. Als sie mit ihren Eltern in den Urlaub fährt, sprechen diese ein klares Computerspiel-Verbot aus. Schweren Herzens gibt Emma das Tablet ab und bittet ihre Oma, sich um den virtuellen Ponyhof zu kümmern. Natürlich will diese die Enkeltochter unterstützen; sie muss aber bald feststellen, dass der Aufwand beträchtlich ist: Die Pferde brauchen nicht nur laufend Futter und Beschäftigung, sie können auch krank werden und in den Pferdehimmel kommen.

„Aber höchstens eine halbe Stunde“. Mit diesem Mantra gehen viele Eltern in die Debatte um Bildschirmzeit bei ihren Kindern. Den wenigsten Erwachsenen ist bewusst, wie hoch der Zeitaufwand ist, der gerade bei Computerspielen vorausgesetzt wird. Und wie hart die Konsequenzen sein können. Dieses Dilemma wird in dem zehnminütigen Kurzspielfilm kurzerhand umgedreht: Die ältere Generation verliert sich im Spiel und hat Mühe, zwischen realem und virtuellem Leben zu unterscheiden und entsprechende (Zeit-)Grenzen zu ziehen.

Weitere Aspekte sind die Interessen der Spielindustrie, Gewalt im Spiel, Generationenkonflikte, aber auch Digitales Lernen.

Der Kurzfilm ist gut geeignet ab dem Sekundarbereich I, für die Erwachsenenarbeit z. B. als Impulsfilm für Elternabende und für angehende Erzieher*innen sowie auch für den Einsatz in Kirchengemeinden oder Mehrgenerationenhäusern. Er steht mit pädagogischem Begleitmaterial im Download zur Verfügung.