Von virtuellen Tierfriedhöfen und der Kulturgeschichte der Tierhaltung – Drei Fundstücke aus dem Internet

Von Oliver Friedrich

Googeln Sie doch einmal „Virtueller Tierfriedhof“, Sie werden staunen, was es da alles zu entdecken gibt. Unter www.mournium.de können Sie z. B. um das Meerschweinchen Alejandro trauern, das vom 28. Juli 2009 bis zum 10. Mai 2014 lebte. Ein langes Leben für ein Meerschweinchen, oder? Im Reptilienhimmel ist Echse Florian aufgehoben und zu den „Unvergessenen“ gehören Katze Whisky und die Maus Sancho. Trauerportale gibt es also nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere. Hier wie dort können Bilder eingestellt, Kerzen angezündet und Kondolenznachrichten hinterlassen werden. Interessant ist, dass unter mournium.de der Himmel geteilt ist: Reptilien, Hunde, Katzen und Pferde kommen in einen jeweils für sie tierartspezifischen Himmel. Neben mournium.de gibt es unzählige weitere Tierfriedhöfe im Netz, die häufig von Firmen eingerichtet sind, die auch Tierbestattungen vornehmen. Für die Arbeit mit Lerngruppen könnte es lohnend sein, Tiertrauerportale mit Trauerportalen für Menschen zu vergleichen und der Frage nachzugehen, welches Verhältnis zwischen Mensch und Tier sich in den virtuellen Tierfriedhöfen abbildet. Darüber hinaus lohnt sich eine Spurensuche zu Trauersymbolen, Hoffnungszeichen und eine Recherche, wie in Traueranzeigen und auf virtuellen Tierfriedhöfen von den verstorbenen Tieren und Menschen gesprochen wird: „Wenn die Sonne des Lebens untergeht, leuchten (eben) die Sterne der Erinnerung!“ (Vgl. www.rosengarten-sterne.de)

Auf eine ganz andere Spur führt ein Text von Hans-Eberhard Dietrich, der unter dem Titel „Die Kirche und das ‚liebe Vieh‘“ der Frage nachgeht, warum es in der christlichen Tradition zu einer Entwicklung gekommen ist, die den Menschen in den Mittelpunkt des Glaubens stellt. Dietrich geht davon aus, dass es vom biblischen Zeugnis her eine Selbstverständlichkeit sei, „dass das Verhältnis zu den Tieren im Glauben vorkommen“ müsse. Demgegenüber zeichnet er in kurzen, leicht lesbaren Textabschnitten nach, wie sich die anthropozentrische Verengung in Kirche und Theologie über die Jahrhunderte entwickelt hat. Die Kirche heute sieht Dietrich auf einem guten Weg, das Verhältnis von Tier und Mensch aus christlicher Perspektive neu zu beschreiben. Er belegt diese „erfreulichen Korrekturen“ mit zahlreichen Stellungnahmen aus der neueren Zeit und zeichnet die Gründe nach, die zu diesem Umdenken geführt haben. Der vollständige 30-seitige Text aus dem Jahr 2017 ist über die Homepage des Pfarrverbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer abrufbar. Er ist für den Sekundarbereich II und für Gemeindegruppen, die theologisch-ethisch arbeiten wollen, gut geeignet. www.pfarrerverband.de/print/artikel.php?id=4285

Wie sich das Verhältnis zwischen Mensch und Tier über die Jahrtausende verändert hat, erzählt ein 22-minütiger Audiobeitrag von Silke Wolfrum: Als die Menschen vor 11.000 Jahren sesshaft werden, fangen sie auch an, sich Tiere zu halten. Seitdem beherrscht der Mensch die Tiere. Er selektiert, formt und dressiert sie nach seinen persönlichen Bedürfnissen. In dem leicht verständlichen Podcast kommen Fachleute und Forscher zu Wort, die sich dem Thema aus anthropologisch-soziologischer Perspektive nähern und dabei in die Aporien der Gegenwart führen: Wie kommt es eigentlich, dass Menschen heute einerseits ihre Haustiere wie vollwertige Familienmitglieder mit Namen und Impfpass wahrnehmen und andererseits Nutztiere zur Fleischproduktion durch den Menschen vollständig determiniert werden? Der Podcast ist ab dem Sekundarbereich I (8. Klasse) im Unterricht einsetzbar und bietet sich auch als Gesprächsimpuls für die Gemeindearbeit an. Er ist abrufbar in der ARD Audiothek oder im Internet unter: https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowissen/domestikation-tiere-mensch-100.html
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