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Unterwegs sein, Ankommen und Aufbrechen – Orte, Wege und Begegnungen

Von Klaus Stemmann


Reisende sind unterwegs! Sich etwas gönnen können – Urlaub, ein besonderes Gut, das in den vergangenen Monaten sowohl vermisst als auch zeitweilig pandemiebedingt kritischer Anschauung ausgesetzt war. Die Sehnsucht nach heilender Wirkung durch Urlaubsreisen besteht und ist groß. Wirtschaftlich und milieubedingt werden Urlaubsreisen immer schon differenziert betrachtet und ausgeübt. In den vergangenen Monaten haben Menschen vielfach den Nahbereich erkundet und ermöglichten für sich, für die Gesellschaft und die Umwelt einen bemerkenswerten regionalen und nachhaltigen Wert.


Urlaub vor der Haustür

Unterwegs sein, Ankommen und Aufbrechen sind Grundmotive freier Zeitgestaltung, des Reisens und des Urlaubs. Sie gelingen problemlos „vor der Haustür“ und konnten zurückblickend neu durch Radtouren, Wandern oder Pilgern probiert werden. Das „ferne Glück“ kam ganz nah heran und bot mit relativ geringem wirtschaftlichem Aufwand ein „Unterwegs-Sein“ besonderer Art.

Der Aufbruch ist Ritual – bewusst oder unbewusst. Vorbereitet oder einfach los? Eine Frage des Typs und nötig, damit es gut werden kann. Beim Aufbruch zum Pilgern gibt es den Pilgersegen. Auf dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda wird ein Segensband gereicht und ein Segenswort zugesprochen. Das Segenswort auf dem Band am Handgelenk wird nun begleiten. Begegnungen unterwegs gehen besonders nah und berühren – kleine Weggenossenschaften können entstehen und werden möglicherweise nachhaltige Wirkung entfalten.

Ein besonderes Augenmerk gilt den Kirchen. Sie werden mitten in der Stadt, im Dorf, an Pilgerwegen oder als Radwegekirchen besucht und gehören zu den beliebtesten Zielen von Tourist*innen. Als „verlässlich geöffnete Kirche“ sind Kirchen gastfreundliche Orte, die zum Verweilen einladen. Der Aufenthalt in Kirchen ist unterschiedlich zu beschreiben: Vom Ausruhen und Entdecken bis zum Sich-spirituell-berühren-Lassen und Berührt-Werden sind die Aufenthaltszeiten sehr individuell zu sehen. Manche freuen sich schlicht über ein freundliches Willkommen, eine Toilette oder ein Glas Wasser.


Kirche an Urlaubsorten

Ob Insel, Strand, reizvolles Binnenland oder Stadt – viele kirchliche Orte bieten Gästen Impulse und Begegnung. Einen besonderen Fokus bildet die Urlauberseelsorge. Die touristischen Destinationen in Niedersachsen sind vielfach in ländlich und zuweilen strukturschwachen Regionen zu finden. So verstärkt Kirche diesen Dienst und beauftragt zusätzlich Pastor*innen zur Seelsorge an Urlaubsorten. Nicht selten ist am Strand ein „Seelsorgestrandkorb“ auszumachen. Im Urlaub soll alles schön sein und Probleme bleiben zuhause, so das implizierte Ziel des Urlaubs. Oftmals kommt es anders. Gäste sind dankbar für diese Seelsorgeangebote, denn die Gesprächsperson birgt eine angenehme Anonymität für Gesprächsanliegen. Campingplätze werten solche Angebote, die unter dem Label „Kirche Unterwegs“, gestaltet von ehrenamtlichen Teams, firmieren, gern als einen weiteren „Stern“ ihrer Wertigkeit im Ranking.

„Kirche im Tourismus” ist eine landeskirchliche Dienst leisterin für Gäste, Tourismus und Kirche. Das Arbeitsfeld ist beheimatet im Haus kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers im Fachbereich 2: „Mission.Tourismus.Geistliches Leben“. Wesentliches Ziel ist die Vernetzung zwischen Kirche und Tourismus und agiert auf dem gesellschaftlichen Anbietermarkt als profilierter Dienstleister: In kirchlichen Kontexten werden Muster und Potenziale des touristischen Marktes eingespielt; umgekehrt werden Profile und Chancen kirchlicher Angebote in den touristischen Markt eingebracht. Beide Ebenen generieren Berührungsängste und Unsicherheiten im Umgang miteinander: Kirche wird zuweilen als „nicht marktfähig“ vermutet und dem touristischen Handeln wird aus kirchlichem Blick der vordergründig wirtschaftliche Aspekt unterstellt. Schritte werden ermöglicht, wenn Kirche erkennt, dass marktfähige, also buchbare Angebote dargestellt werden und zugleich touristische Anbieterebenen entdecken, dass kirchliche Angebote für Gäste ausgesprochen attraktiv sind und gesucht werden.

Kirchliche Dienste für Gäste im Urlaub und als Scharnier zwischen touristischen und kirchlichen Anbietern werden in vielen Bundesländern, verstärkt in den frequentierten Tourismusregionen von Nord- und Süddeutschland sowie in Europa angeboten.

Fachliche Beratung und Angebote werden für folgende Arbeitsfelder angeboten:

•    Kirche im Tourismus: www.kirche-im-touris mus.de
•    verlässlich geöffnete Kirchen, Radwegekirchen,
     Pilgerkirchen: www.offene-kirchen.de
•    Pilgerwege in Niedersachsen, insbesondere begleitete Pilgerangebote
     auf dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda:
     www.kirchliche-dienste.de/pilger-besinnungswege
•    Urlauberseelsorge: www.urlauberseelsorge.info und Kirche unterwegs:
      www.kirche-unterwegs.info

Anmerkung

Vertiefende Literatur zu den Potenzialen von Kirche und Tourismus: „Beteiligung auf Zeit“, Individuelle Zugehörigkeit am Beispiel der Tourismuskirchenarbeit, EKD-Texte 132, Juli 2019 www.ekd.de/47802.htm