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Geschwister. Segen oder Nervensägen?

von Bianca Reineke


Unterrichtsimpulse (mit und ohne KI) für Berufsbildende Schulen zu den beiden Brüdern im Gleichnis vom verlorenen Sohn1


Sie haben die gleichen Eltern, manchmal auch die gleichen Augen, aber nie den gleichen Charakter. Sie haben ihre klaren Rollen, ihre hilfreichen Stärken, sie werden mit ihren Macken liebevoll belächelt – und sie sind vor allen Dingen eins: Teil der Familie; Geschwister.

Ob sie nun bei uns leben oder weit entfernt, ob sie uns emotional nahe sind oder nicht, Schwestern und Brüder sind Teil unseres Lebens und unserer Identität.

Von Geburt an bilden wir gemeinsam mit ihnen das Konstrukt „Familie“ und wohnen manchmal bis zu unserem eigenen Auszug aus dem Elternhaus mit ihnen unter einem Dach. Wir teilen die Liebe der Elternteile, das Badezimmer und die Wohnzimmercouch.

Wir lieben sie, wir hassen sie, wir brauchen sie und wir sind auch mal froh, wenn wir sie los sind. Keine andere Beziehung in unserem Leben ähnelt der Beziehung zu ihnen. Es sind keine Wahlverwandtschaften, sondern gegebene Partner unserer ureigenen Biografie. Sie sind unsere „Sozialisationsagenten“2 , die mit an unserer Erziehung beteiligt sind.

Es gibt die leiblichen Geschwister, die Stief-Geschwister, die Halb-Geschwister und die Adoptiv-Geschwister. Es gibt Geschwister im Herzen („Brother from another mother“, „Sister from another mister“3 ), denen wir uns so verbunden fühlen, dass sie dem Familienbegriff sehr nahekommen.

Gerade Einzelkinder haben enge Freund*innen, die für sie Familie sind. Ob sich Einzelkinder nach Geschwistern sehnen oder ob Menschen mit Brüdern und Schwestern lieber die Aufmerksamkeit der Eltern nur auf sich gerichtet sehen wollen, ist unterschiedlich. Studien dazu gibt es wenig.

In der Forschung von Psychologie und Anthropologie spielen die Geschwisterkonstellationen bisher keine große Rolle und fristen eher ein wahres „Stiefkind-Dasein“.4

Dabei ist die Dynamik untereinander etwas, das uns entscheidend auch außerhalb der Kindheit prägt.5  Denken wir nur an die Aufgabe, uns später um die Eltern zu kümmern, wenn sie pflegebedürftig werden. Da geht es um Verantwortung und um das Wegducken davor. Wie kann die Schwester, die mit ihrer Familie in Kanada lebt und nur auf dem Facetime-Video bei Feiern dabei ist, mithelfen, wenn der Bruder, der vor Ort geblieben ist, die schwächer werdenden Eltern und damit die Sorge vor der Nase hat?

In den sozialen Medien hat sich eine humorvolle und gleichzeitig ernsthafte Kultur entwickelt, die Brüder und Schwestern und ihr Leben präsentiert und wissenschaftliche Wurzeln hat.6  Instagram und Tiktok sprudeln geradezu über von Klischee-Rollenbildern des mittleren Kindes (dem sogenannten „Sandwich-Kind“), des Nesthäkchens oder des Ältesten.7

Da gibt es das verwöhnte jüngste Kind, den frustrierten, weil alle Kämpfe erstmals ausfechtenden Ältesten und da gibt es das mittlere Kind, das ein bisschen nebenher läuft und oft übersehen wird.8  Von großer und inniger Liebe über ein gesundes liebevolles Miteinander hin zu tiefer und aggressiver Rivalität reicht die Palette der Gefühle auf der Leinwandskizze des Familienbildes.9

Schüler*innen an Berufsbildenden Schulen befinden sich zum größten Teil noch in der Lebensphase des familiären Wohnens. Die meisten von ihnen sind noch in der Familie, wie auch immer diese definiert ist, zu Hause.

Aufgrund der verschiedenen Konstellationen von Familie leben einige Schüler*innen mit ihren Eltern zusammen (Mutter und Mutter, Vater und Vater, Mutter und Vater), andere teilen ihr Zuhause mit einem alleinerziehenden Elternteil, andere wohnen mit Stief-Elternteilen und / oder mit erziehungsberechtigen Großelternteilen, Pflegefamilien, im SOS-Kinderdorf sowie mit jüngeren und älteren, vielleicht sogar sorgeberechtigten Geschwistern zusammen. So bunt die familiäre Situation in Bezug auf Erziehungsberechtigte ist, so vielfältig ist die Geschwister-Thematik. In den Klassen gibt es Einzelkinder, Zwillings- und Drillingsmenschen, junge Erwachsene mit einem oder mit mehreren Geschwistern. Diese können leibliche Geschwister sein, adoptierte, Pflegegeschwister und / oder Stief- und Halbgeschwister.

Das Wort „Patchwork-Familie“, das sogar juristisch im Familienrecht benutzt wird10 , inzwischen aber von dem Begriff „blended familiy“11  abgelöst wird, fasst die Situation einer Klasse an einer BBS sehr gut zusammen. Wie ein liebevolles und sorgfältiges oder eben auch nachlässig und lose gestaltetes Nähkunstwerk aus mehreren Stoffstücken, die erst zusammen ein Ganzes ergeben, bilden die Familien der Schüler*innen die Gesellschaft im Zusammenleben ab.

Perfekte Harmonie und nahtloses Zusammensein ist sowohl in Patchwork-Familien als auch in klassischer Familienkonstellation nicht realistisch. Das Potenzial dieses Mikrokosmos bewegt sich zwischen den Amplituden des Respekts und der Liebe sowie der Konkurrenz und des Neids. Hier finden sich die Schüler*innen in ihren Lebenswirklichkeiten wieder. Die Theologin und Journalistin Johanna Haberer bringt es auf den Punkt: „Geschwisterkonflikte sind deshalb so hart, weil da Menschen mit scheinbar gleichen Voraussetzungen im Laufe des Lebens ganz unterschiedliche Erfolge zeitigen.“12

Streit um die Liebe der Elternteile, die mögliche, vielleicht ungewollte Bevorzugung eines Kindes durch ein Elternteil, Konkurrenz in der Schule und bei privaten Aktivitäten bestimmen die Dynamik im Erwachsenwerden. Im familiären Mit- und Gegeneinander werden exemplarisch Begegnungen im Alltag und im Berufsleben trainiert. Das spielt in der persönlichen Entwicklung eine zentrale Rolle. So werden soziale Kompetenzen gefördert, emotionale Widerstandskraft gestärkt und ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass Geschwister und die Beziehungen zu ihnen oder eben das Einzelkind-Dasein prägend und bestimmend für die eigene Entwicklung sind.13

Gerade im Jugend- und jungen Erwachsenenalter – einer Lebensphase, in der sich viele Schüler*innen Berufsbildender Schulen befinden – gewinnen Fragen nach familiärer Herkunft, Identität und Beziehungsgestaltung zunehmend an Bedeutung. In dieser sensiblen Übergangszeit vom Jugend- ins Erwachsenenalter werden familiäre Bindungen, insbesondere zu Geschwistern, aber auch gegenüber den Eltern, oft neu bewertet oder kritisch hinterfragt und vor allen Dingen ausgetestet.

Aus religionspädagogischer Sicht eröffnen Geschwisterbeziehungen aller Konstellationen einen besonders anschlussfähigen Zugang zu biblischen Texten. Die Bibel enthält zahlreiche, dynamische und dramaturgisch spannende sowie wertvolle Erzählungen, in denen Geschwister und ihre Beziehungen zentrale Rollen einnehmen.14
 
Diese Geschichten leben in ihrer Schilderung und Theologie von grundlegenden menschlichen Erfahrungen wie Eifersucht, Versöhnung, Fürsorge, Loyalität und Abgrenzung. Sie thematisieren zentrale theologische Fragen nach Gerechtigkeit, Vergebung, Verantwortung und Schuld.

Dadurch bieten sie nicht nur Zugang zu religiösen und ethischen Themen, sondern sprechen auch existenzielle Erfahrungen an, die viele junge Menschen aus ihrem eigenen familiären Umfeld kennen. Trotz des Alters und der historischen Orte der Texte besitzen sie aufgrund der Zeitlosigkeit der darin geschilderten Gefühlssituationen eine Aktualität, die sich auch bibelfernen und religionsfremden Schüler*innen erschließt.

Gerade im Kontext beruflicher Bildung, die junge Menschen auf ein (Arbeits-)Leben in einer zunehmend komplexen und pluralistischen Gesellschaft vorbereitet, eröffnet die Auseinandersetzung mit biblischen Geschwistererzählungen besondere Chancen: Sie ermöglicht eine vertiefte Reflexion über familiäre (überalterte und aktuelle) Rollenbilder, soziale Verantwortung und moralische Entscheidungsprozesse.

Die Zeit, die mit den Kolleg*innen und Vorgesetzen verbracht wird, nimmt oftmals mehr Raum ein, als die Freizeit im Kreise der wie auch immer gestalteten Familie. Gerade die Berufsschüler*innen, die in einem kleinen Familienbetrieb arbeiten (werden), erleben eine enge Bindung innerhalb des Kollegiums, die denen eines Familienverbundes nicht fern ist.

Hier zeigt sich, dass der Religionsunterricht an Berufsbildenden Schulen nicht nur als Vermittler religiöser Inhalte dient, sondern auch für Persönlichkeitsentwicklung, ethische Orientierung und für die Förderung sozialer Kompetenzen steht.

Eine Unterrichtseinheit an Berufsbildenden Schulen bietet sich hier sehr gut an. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn / vom Vater und den zwei Söhnen trifft die Lebensrealität der Jugendlichen trotz des Alters des Textes.15

Die Schüler*innen an Berufsbildenden Schulen befinden sich in einer Lebensphase, in der Orientierung beruflich und privat eine große Rolle spielt. Neben der Wahl des Berufes und der dazu gehörigen Ausbildung oder Umschulung steht die Abnabelung aus dem Familiengeflecht entweder ins Haus oder sie ist im Rahmen der Ausbildung zumindest räumlich bereits erfolgt.

Auch der Aspekt des „Alles hinter sich Lassens und sich Aufmachen in das eigene Leben“, das der verlorene Sohn intensiv durchlebt, findet sich in der Realität der Schüler*innen wieder.

Egoistische Entscheidungen, die die nahen Menschen im Leben verletzen können, mir selber aber gerade meine Freiheit ermöglichen, die sich erst als junger Erwachsener vor mir ausbreitet, müssen die Schüler*innen oft fällen – und mit den Konsequenzen dann leben.

Der Lösungsprozess von Eltern und Geschwistern, die zuhause bleiben (müssen), ist Teil der Lebenswirklichkeit in diesem Alter. Dass dabei auch Schmerz und Trauer auf beiden Seiten entsteht, ist realistisch.

Auch eine radikale Abkehr vom Elternhaus und den Geschwistern, die sogar ein Ende des Kontaktes und der Beziehung mit sich bringt, haben einige dieser Schüler*innen schon erlebt.

Hier kann der Religionsunterricht auf die Lebenswirklichkeit intensiv eingehen und aufzeigen, dass trotz biografischer und bewusst ausgeführter Verletzungen eine Annäherung und sogar Versöhnung nach einer gewissen Zeit und echter Reue durchaus möglich ist. Das Beispiel des verlorenen Sohnes und des barmherzigen Vaters macht deutlich, dass die christliche Religion vorlebt, wie weit Liebe und Vergebung greifen können.

Dass die Rolle der beiden Brüder in der Unterrichtseinheit in den Mittelpunkt gestellt wird, unterscheidet sich von der klassischen Herangehensweise, in der der verlorene Sohn und der Vater in ihrer Beziehung intensiv behandelt werden.

Für die Unterrichtseinheit wird das Verhältnis der beiden Geschwister näher beleuchtet, um einerseits die Dynamik der unterschiedlichen Charaktere der Brüder aufzuzeigen (hier wird den Schüler*innen ermöglicht, sich mit zwei komplett verschiedenen Figuren zu vergleichen) und um andererseits auch theologisch eine Nebengeschichte aufzumachen. In dieser Nebengeschichte ist es nicht der reuige Sünder, der Vergebung erfährt, sondern der treue, liebende und „gute“ Sohn, der neidisch und verletzt die Güte und Weite des vergebenden Vaters nicht verstehen kann.16

Hier trifft das Gleichnis einen Nerv junger Leute, deren Sinn von Gerechtigkeit in der Ausbildungs- und Schulphase oft sehr vom Schwarz-Weiß-Denken geprägt ist; für sie ist „die Party“ für den „Verräter“ schwer zu ertragen, so können sie den anderen Sohn besser verstehen.17  Diesen „Wettbewerb der Lebensstile“18  und den daraus hervorgehenden klaren Gewinner, den verlorenen Sohn, zu sehen, ist schwer auszuhalten, wenn es nach „unserem“ Gerechtigkeitsempfinden geht. Aber: „So ist Gott“, resümiert Johanna Haberer. „Er funktioniert niemals nach unserer Vorstellung von Gerechtigkeit. (…). Er liebt (…) die Versager.“19
 
Die Größe der Liebe Gottes gilt es zu sehen, zu erkennen und anzunehmen; so ungewohnt das sein mag, eröffnen sich damit doch völlig neue Perspektiven.

Im Unterricht wird daher auf beide Söhne und ihre jeweilige Geschichte eingegangen. In der kreativen Gestaltung der Stunden wird dafür gesorgt, dass beide Biografien und Entscheidungen der Lebenswirklichkeit der Schüler*innen nahe kommen.


Lernfelder und Kompetenzen

Eingeordnet werden können die Unterrichtsimpulse in den Niveaustufen 2, 3, 4 und 6 sowie in folgende Lernfelder:20
A Den Menschen aus christlicher Perspektive wahrnehmen (2, 3).
A Den Menschen in seiner Religiosität wahrnehmen, bilden und begleiten (6).
C Verantwortungsbewusst handeln (2, 3, 4).

Kompetenzbezüge ergeben sich wie folgt:

Lernfeld A, Niveaustufe 2:
• Die Schülerinnen und Schüler beurteilen Orientierungsangebote für das eigene Leben.
• Sie beschreiben das christliche Verständnis, ein von Gott geliebter Mensch zu sein.
• Sie zeigen die Bereitschaft, Glauben und Lebenserfahrungen aufeinander zu beziehen.

Lernfeld A, Niveaustufe 3.
• Die Schülerinnen und Schüler leiten Aspekte des christlichen Menschenbildes aus der Botschaft Jesu Christi ab.
• Sie nehmen Hoffnung stiftende Aspekte in der Lebensgeschichte und im Verhalten von Menschen wahr und reflektieren sie.
• Sie setzen sich angesichts des Leids mit der Frage nach Gott auseinander und nehmen Stellung zu Antwortmöglichkeiten.

Lernfeld A, Niveaustufe 6.
• Die Schülerinnen und Schüler reflektieren das Spannungsverhältnis von Willensfreiheit und Schicksal und stellen dabei Bezüge zur Lebensgeschichte her.

Lernfeld C, Niveaustufe 2, 3 und 4.
• Die Schülerinnen und Schüler beschreiben Lösungswege aus Krisensituationen des Lebens.
• Sie nennen religiös motivierte Handlungsstrategien und institutionalisierte Hilfsangebote.
• Sie leiten die Bereitschaft zu solidarischem Miteinander aus der Orientierung am Wirken Jesu ab.
• Sie kennen Vergebung als christliche Antwort auf die Frage nach Schuld und Versagen.


Ideen für den Unterrichtseinsatz21

Durch den Traditionsabbruch ist tatsächlich davon auszugehen, dass kaum eine*r der Schüler*innen das Gleichnis vom verlorenen Sohn kennt. Allein der „Gleichnis“-Begriff muss vermutlich zu Beginn geklärt werden.22

Hier bietet sich eine sehr gute und nicht zu unterschätzende theologische Chance. Da die zu Unterrichtenden das Gleichnis und seine Aussage nicht kennen, kann mit dem doch sehr überraschenden und unerwarteten Ende (der, der den Vater und das Erbe mit Füßen tritt und sein Geld mit Glücksspiel und Huren durchbringt, bekommt eine Party, als er pleite und schmutzig nach Hause kommt) eine Reaktion erreicht werden, in der die Kernaussage der grenzenlosen Liebe Gottes klar pointiert und einprägend vermittelt wird.

Die Theologie der christlichen Vergebung findet sich hier in einer Komprimierung, die ihresgleichen sucht. Im Laufe der Einheit muss die Tiefe und Besonderheit des Gleichnisses ebenso von der Lehrkraft eingespielt werden wie die Motivation, Jesu Gleichnisse zu erzählen. Hier erschließt sich durch die Übertragung der Geschichte auf das Leben der Schüler*innen der Sinn von Gleichnissen von selbst.

Gearbeitet wird zwar mit der biblischen Geschichte in ihrer literarischen Gesamtheit, aber auch mit den digitalen Devices der Schule. Um die Schüler*innen in ihrer Lebenswelt abzuholen und ohne dabei die Tiefe und Dichte des Gleichnisses zu verlieren, werden auch Social Media Apps und KI genutzt.

Wichtig ist, dass das Gleichnis zu Beginn nicht bis zum Ende eingespielt wird. Enden muss es in der Bearbeitung mit diesem Vers „… Und er kam zum Vater“ (Lk 15,20a).

Die Schüler*innen arbeiten zu Beginn der Einheit ausschließlich mit den Versen Lk 15,11-20a des Gleichnisses. Wenn das Ende gegoogelt oder gelesen wird, ist das nicht dramatisch, es ist nur anfangs wichtig, dass nicht allen klar ist, wie die Geschichte ausgeht.

Die Konzentration der Unterrichtsstunden auf die Biografien der beiden Brüder sorgt für eine Identifikation mit den jungen Männern, die beide am Beginn ihres Erwachsenenlebens stehen und für ihre individuellen Wege unterschiedliche Entscheidungen treffen, die für ihr Umfeld und für ihre Familie klare Konsequenzen haben. Dass beide Wege ihre Berechtigung haben, obwohl der verlorene Sohn bewusst verletzend handelt und der bleibende Sohn die unsympathische Eigenschaft des Neides und der Missgunst zeigt, muss klar werden.

Der Bibel und damit Gott ist keine Emotion fern und verachtungswürdig. Im Gegenteil, jeder Mensch ist mehr wert als seine schlimmste Tat und Gott kann vergeben.

Um die Lebenswege beider Söhne kreativ lebendig werden zu lassen, erarbeiten die Schüler*innen mit Apps und Tools Schritt für Schritt, was beide Brüder im Gleichnis durchleben.

So werden durch „Zeoob“23  offline bei Instagram, Snapchat, BeReal, WhatsApp anhand von Fotos und Posts der Weg des „verlorenen“ Sohnes durch Party, Feiern und Reisen nachgestellt und der Weg des „bleibenden“ Sohnes, die Arbeit und das Leid der Zurückbleibenden gezeichnet. Mit Emojis und Reels können die Fake und Offline Accounts alle Gefühle ausdrücken. Hier können auch Schüler*innen gut beteiligt werden, die Schwierigkeiten mit Sprache, Schrift und Ausdrucksfähigkeit haben. YouTube Videos, Vlogs etc. können eingesetzt werden. Geschnitten werden kann alles mit „capcut“.24 

Ein Podcast nach Rückkehr des verlorenen Sohnes, der den Vater und beide Söhne an einen Tisch bringt, wird von den Schüler*innen erarbeitet, gescripted, aufgesprochen und geschnitten.

Neben der Förderung der Medienkompetenz durch die Verwendung von Technik (jedes Smartphone und Tablet kann zur Podcast Aufnahme genutzt werden25 ) erfolgt auch eine Persönlichkeitsentwicklung. Die Arbeit an Social Media Accounts und an einem eigenen Podcast erfordert Kleingruppen- und Teamarbeit,

Der Trend26  zu Ghibli Figuren27  und KI-Actionfiguren28  kann aufgegriffen werden und Figuren / Ghibli können mit KI erstellt werden. Hier erfolgt eine kreative und gedanklich herausfordernde Aufgabe, die die Schüler*innen intensiv in den Text und die Charaktere eintauchen lässt. Um die Figuren / Fotos / Action Packs sinnvoll durch klare Prompts gestalten zu können, müssen Bibeltext und Geschichte gut erarbeitet sein. Je besser der Prompt, desto lebendiger und passender das Ergebnis.

Standbilder der einzelnen Stationen im Gleichnis werden von Gruppen entworfen, besprochen und erstellt. Auch diese „klassische“ Form der Gruppenarbeit findet hier ihre Berechtigung. Neben den digitalen Tools wird so auch eine physische Beschäftigung mit dem Text ermöglicht, die immer noch die Chance bietet, sich von den Personen und ihren Gefühlen weit genug zu distanzieren, aber gleichzeitig spielerisch als Rolle deren Innenleben stellvertretend darstellen zu können. Dabei können sich die Schüler*innen in den Figuren des Gleichnisses wiederfinden, ohne eigene Erfahrungen äußern zu müssen.

Ebenfalls bietet es sich an, echte Zitate von Geschwistern und Einzelkindern auf Papier-Karten einzuspielen, die von den Schüler*innen begründet zugeordnet werden müssen. Hier spielt das haptische Element des buchstäblichen „Be-greifens“ eine wichtige Rolle. Aufgelöst wird danach im Plenum.

Eine Präsentation / Vernissage aller Ergebnisse muss im Plenum erfolgen und besprochen werden. Die Aussagen, Gedanken und Gefühle innerhalb des Gleichnisses und seine theologischen und anthropologischen Deutungen sollten abschließend gemeinsam erörtert und abgeschlossen werden.

Die Rolle des vergebenden Vaters und die Besonderheit seiner bedingungslosen Liebe und Vergebung muss neben den Rollen der beiden Brüder durch die Lehrkraft besonders hervorgehoben und klar dem christlichen Gott zugeordnet werden, von dem Jesus in seinen Gleichnissen erzählt.

Die unerwartete liebevolle Vergebung des Sünders, der in seinen alten, schuldlosen Status gehoben wird, steht neben der Geschwister-Thematik im Mittelpunkt und muss ebenfalls Teil des Unterrichtsziels sein.

Das Besondere der biblischen Geschichte aber ist das familiäre Verhältnis der drei Männer, ihr jeweiliges Handeln und ihr Interagieren, in dem sich die gesamte Bandbreite der menschlichen Gefühlspalette widerspiegelt. Darin wird eine sehr gute Grundlage für die Arbeit mit dem Gleichnis geboten.

Anmerkungen

  1. Deutsche Bibelgesellschaft, Die Bibel, Lutherübersetzung, Stuttgart 2016 (anders: Deutsche Bibelgesellschaft, BasisBibel, Stuttgart 2012 spricht vom „Gleichnis vom Vater und den zwei Söhnen“.)
  2. Kreuzer, Geschwister als Ressource, 335-346.
  3. Ursprung nicht auffindbar, aber so der Slang in Popkultur und Social Media siehe instagram, Tiktok etc. und im Cambridge Dictionary: https://kurzlinks.de/bqmd (04.06.2025).
  4. https://kurzlinks.de/ec9n (04.06.2025).
  5. Psychologie Heute, 10/2018, 3-15.
  6. Kreuzer, Geschwister als Ressource, 344
  7. https://kurzlinks.de/jtgc (04.06.2025).
  8. https://kurzlinks.de/kjtu (04.06.2025) und https://kurzlinks.de/j235 (04.06.2025).
  9. https://kurzlinks.de/jtgc (04.06.2025).
  10. https://kurzlinks.de/gj38 (04.06.2025).
  11. https://kurzlinks.de/3o33 (04.06.2025).
  12. Habermann, Anarchie der Liebe, 20.
  13. Selbst die Einzelkinder unter den Schüler*innen sind mit den Beziehungen von Geschwistern vertraut, da innerhalb der Familie und auch im Freundeskreis solche Bindungen vorhanden sind (Onkel, Tante, Freunde etc.) und erlebt werden. Vgl. a.a.O., 20-22.
  14. Kain und Abel – Genesis 4,1-16: Eifersucht und Mord. Jakob und Esau – Genesis 25-33: Betrug, Flucht, Versöhnung. Josef und seine Brüder – Genesis 37-50: Neid, Verrat, Vergebung. Mose, Aaron und Mirjam – Exodus 2;4; Numeri 12: Zusammenarbeit, Eifersucht. Marta, Maria und Lazarus – Lukas 10,38-42; Johannes 11: Glaube, Konkurrenz in der Beziehung zu Jesus. Die Brüder Jesu – Markus 3,31-35; Johannes 7,1-10: Unglaube und späterer Glaube.
  15. Für einige Schüler*innen wird der Vater-Begriff nicht positiv oder gar nicht besetzt sein, hier muss darauf geachtet werden, keine Trigger zu bedienen. Alternativ kann von einem „Elternteil“ gesprochen werden und der Text dahingehend für die Arbeitsphasen geändert werden.
  16. Veit-Engelmann / Wischnowsky, Who’s Who im Neuen Testament, 150 ff.
  17. https://kurzlinks.de/5kz8 (04.06.2025).
  18. Habermann, Anarchie der Liebe, 222.
  19. Ebd.
  20. https://kurzlinks.de/eywu (04.06.2025).
  21. Details und Quellen in den Download-Materialien zu diesem Beitrag.
  22. Hier kann mit den „Reli to go“ Artikeln des RPI Loccum gearbeitet werden. https://kurzlinks.de/cq97 (04.06.2025).
  23. https://zeoob.com (04.06.2025).
  24. https://www.capcut.com/de-de (04.06.2025).
  25. Die meisten Tablets und Smartphones haben bereits eine App wie „Sprachmemos” oder „Sprachnotizen” vorinstalliert, mit der sich einfache Audio-Aufnahmen machen lassen. Für das reine Mitschneiden von Gesprächen für Podcasts reichen diese Apps aus. In iPad-Klassen bzw. mit Schul-iPad-Koffern ist das Ganze noch unkomplizierter umzusetzen. Link zu Apple: https://kurzlinks.de/6m81 (04.06.2025). Ziel der Erarbeitung muss nicht unbedingt die Veröffentlichung sein.
  26. https://kurzlinks.de/yq08 (04.06.2025).
  27. https://kurzlinks.de/2obo (04.06.2025).
  28. https://chatgpt.com (04.06.2025).


Literatur

  • apple.com: Einen Podcast aufnehmen, https://kurzlinks.de/6m81 (04.06.2025)
  • Berz, Martin: Immer irgendwo dazwischen: wie es ist, als Sandwichkind aufzuwachsen, in: Neue Züricher Zeitung, 18.05.2024, https://kurzlinks.de/kjtu (04.06.2025)
  • Cambridge Dictionary: https://kurzlinks.de/bqmd (04.06.2025)
  • Cambridge Dictionary: https://kurzlinks.de/3o33 (04.06.2025)
  • CapCut: KI-gestützter Editor für alle, https://www.capcut.com/de-de (04.06.2025)
  • ChatGPT: https://chatgpt.com (04.06.2025)
  • Deutsche Bibelgesellschaft: Die Bibel, Lutherübersetzung, Stuttgart 2016
  • Deutsche Bibelgesellschaft: BasisBibel, Stuttgart 2012
  • Eltern, Online Redaktion: So zeigt sich die Geschwisterdynamik bis ins Erwachsenenalter, 07.01.2025, https://kurzlinks.de/jtgc
  • fachanwalt.de: Patchworkfamilie – Definition und rechtliche Einordnung einfach erklärt, https://kurzlinks.de/gj38 (04.06.2025)
  • Habermann, Johanna: Anarchie der Liebe, in: Zeitzeichen 11/2010, 20
  • insMind: AI Studio Ghibli Image Generator, https://kurzlinks.de/2obo (04.06.2025)
  • Kreuzer, Tillmann F.: „Geschwister als Ressource für eine gelingende Erziehung“, in: Pädagogische Rundschau 2024, 78. Jahrgang, 335-346
  • Lanzke, Alice: Die kooperativeren Geschwister. Was Sandwich-Kinder auszeichnet, in: Tagesspiegel, 27.12.2024, https://kurzlinks.de/j235 (04.06.2025)
  • Mehan, Karen: Geschwisterbeziehungen im Blick der Wissenschaft, 26.03.2019, https://kurzlinks.de/ec9n (04.06.2025)
  • Niedersächsisches Kultusministerium (Hg.): Rahmenrichtlinien für das Fach Evangelische Religion in der Berufseinstiegsschule, Berufsschule, Berufsfachschule, Fachoberschule, Berufsoberschule, Fachschule – Heilerziehungspflege, Heilpädagogik, Sozialpädagogik, Hannover 2014, https://kurzlinks.de/eywu
  • Psychologie Heute, 10/2018, 3-15
  • Religionspädagogisches Institut Loccum: Reli to go, https://kurzlinks.de/cq97 (04.06.2025)
  • Veit-Engelmann, Michaela /Wischnowsky, Marc: Who’s Who im Neuen Testament. Berühmte Personen aus den urchristlichen Schriften im Porträt, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2024, 150ff.
  • Voigt, Eric: Die Mehrheit der Jugendlichen sieht sich nicht in der Politik repräsentiert, in: Die ZEIT 02.07.2024, https://kurzlinks.de/5kz8 (04.06.2025)
  • Zeoob.com: Fake Tweet/X generator, Instagram posts generator & many more, https://zeoob.com (04.06.2025)
  • 104.6rtl.com: So wirst Du zur Anime oder KI-Action-Figur, https://kurzlinks.de/yq08 (04.06.2025)

    Im E-LEARNING-CENTER von Apple ist eine Keynote-Präsentation mit einer Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Erstellung enes Podcasts hinterlegt. Direkter Download: https://kurzlinks.de/6m81