Prämierungsfeier Landeswettbewerb: „Wir brauchen auch eure Wut“

Präsidentin von "Brot für die Welt" lobt Teilnehmende am Landeswettbewerb Evangelische Religion „Gerechtigkeit“

Knapp 400 Schülerinnen und Schüler haben sich am Landeswettbewerb Evangelische Religion beteiligt – ein seit Jahren stabiler Wert. Schirmherrin Dagmar Pruin bedankte sich bei den Jugendlichen für ihr Engagement.

Julia Tangenberg vom Evangelischen Gymnasium Nordhorn hat beim zwölften Landeswettbewerb Evangelische Religion mit ihrer Einzelarbeit über Fake News den 1. Platz belegt. Ein 2. Platz ging an Emma Charlotte Förtsch vom Lichtenberg-Gymnasium in Cuxhaven, einen weiteren 2. Platz holte sich Leander Homann vom Kurt-Schwitters-Gymnasium in Hannover-Misburg. Da die Jury beide Arbeiten ähnlich gut bewertete, entschied sie sich, diesmal keinen 3. Platz zu vergeben. In der Kategorie Gruppenbeiträge gingen der 1. und der 2. Preis an Teams des Jacobson-Gymnasiums Seesen. Den 3. Preis belegte das Jade-Gymnasium, der 4. Preis ging an die Käthe-Kollwitz-Schule Hannover.

Zum Wettbewerbsthema „Gerechtigkeit“ hatten knapp 400 Jugendliche aus 35 Schulen in ganz Niedersachsen mehr als 140 Beiträge eingereicht. Die Preisträgerinnen und Preisträger erhielten ihre Urkunden und Geldprämien am Donnerstag (19. Juni 2025) bei einer Feierstunde in der Neustädter Hof- und Stadtkirche in Hannover.

Einzelsiegerin Julia Tangenberg hatte sich rechtlich und moralisch mit einer Aussage des heutigen Bundeskanzlers Friedrich Merz kurz vor der Hessenwahl 2023 auseinandergesetzt, in der dieser behauptete, abgelehnte Asylbewerber nähmen Deutschen die Termine beim Zahnarzt weg. „Der Fall Merz zeigt, wie gefährdet unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung durch Fake News ist“, schreibt Tangenberg, die bei der Preisverleihung leider nicht anwesend sein konnte und von ihrem Lehrer Matthias Finke vertreten wurde.

Die Erschütterung über die Aussage eines Politikers sei der Arbeit anzumerken gewesen, sagte Laudatorin Dr. Dagmar Pruin. Die Pfarrerin ist Präsidentin der Hilfsorganisationen „Brot für die Welt“ und „Diakonie Katastrophenhilfe“ und hatte die Schirmherrschaft für den Landeswettbewerb Evangelische Religion übernommen. „Ihr Gefühl für Gerechtigkeit war empfindlich getroffen. Denn Fake News untergraben das Vertrauen in Medien und demokratische Institutionen, schüren gesellschaftliche Spaltung und beeinflussen politische Meinungsbildung.“

Als Präsidentin von „Brot für die Welt“ freue sie sich ganz besonders, wenn sie junge Menschen sehe, denen Gerechtigkeit ein Herzensanliegen ist, sagte Pruin in Richtung aller Teilnehmenden. „Wir brauchen euch und euer Engagement dringend. Wir brauchen auch eure Wut.“ Ohne die Proteste der Jugend wäre es etwa in der Klimapolitik nicht so schnell weitergegangen.

„Zerstören wir Gottes Erbe?“

Die Gruppensiegerinnen Dana Keunecke und Lilly Ann Zintgraf hatten sich passend dazu unter der Leitfrage „Zerstören wir Gottes Erbe?“ mit dem Thema Umweltgerechtigkeit befasst. „Wir sind nicht nur beide 19 und besuchen denselben Religionskurs, sondern wir sind auch Freundinnen und beschäftigen uns privat mit Maßnahmen gegen den Klimawandel“, so Keunecke und Zintgraf. Hauptziel ihrer Arbeit sei es, Menschen für umweltgerechtes Handeln zu begeistern.

Dies ist aus Sicht der Jury gelungen. Die Arbeit sei glaubhaft, emotional und informativ. „Mit euren vielfältigen Ideen, eure Gedanken und Recherchen zum Thema darzustellen, habt ihr mich zutiefst beeindruckt“, sagte Jurymitglied Mette-Luise Springer, die 2021 selbst Preisträgerin beim Landeswettbewerb war. Neben einem umfassenden Textteil enthält die prämierte Arbeit unter anderem eine Umfrage, Filmmaterial, ein von den Schülerinnen eigens verfasstes Gedicht und sogar ein selbstprogrammiertes Videospiel.

Wettbewerb gibt es bereits seit 1998

Der Landeswettbewerb Evangelische Religion wird alle zwei Jahre vom Religionspädagogischen Institut Loccum (RPI) ausgerichtet. Teilnehmen können Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 10 bis 13. Es werden insgesamt sieben Geldpreise vergeben, die Preisgelder liegen zwischen 200 und 600 Euro und haben einen Gesamtwert von 2.500 Euro. Zusätzlich werden bis zu 80 Buchpreise vergeben. Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb 1998 gemeinsam mit der Hanns-Lilje-Stiftung; seit 2015 ist auch die Heinrich-Dammann-Stiftung an der Förderung beteiligt. Beide gehören zu den bedeutendsten evangelischen Stiftungen in Niedersachsen.

„Der zwölfte Landeswettbewerb zeigt, wie viele Jugendliche und Lehrkräfte im Religionsunterricht bereits dazu angestoßen wurden, sich neugierig, nachdenklich und kreativ mit lebenswichtigen Themen in religiöser Hinsicht auseinanderzusetzen“, erklärt RPI-Rektorin Silke Leonhard. „Diese Gestaltungen sollen ermutigen und Hoffnung nähren!“ Die Wettbewerbs-Koordinatorin Linda Frey ergänzt: „Die Schülerinnen und Schüler haben existenzielle und globale Fragen zu Gerechtigkeit ins Visier genommen. Damit kommen Gegenwart und Zukunft von Gesellschaft und Kirche ins Visier junger Menschen.“

„Dass viele Schülerinnen und Schüler ihre ethische Urteilsbildung aus einer christlichen Position heraus verantworten, ist das Besondere am Landeswettbewerb Evangelische Religion“, betont Christoph Dahling-Sander, Geschäftsführer der Hanns-Lilje-Stiftung. „Dies steht zugleich für unseren Stiftungszweck: Kirche und Theologie im Dialog mit Politik und Gesellschaft, mit Wissenschaft und Technik, mit Kunst und Kultur.“

Thomas Schlichting, Geschäftsführer der Heinrich-Dammann-Stiftung, findet die große Bandbreite der eingereichten Arbeiten zum Thema „Gerechtigkeit“ sehr beeindruckend: „Sie bilden die Themen in einer großen Vielfalt ab, die Jugendliche besonders beschäftigen. Gefreut hat mich auch diesmal die hohe Qualität der Beiträge und die gute und manchmal auch sehr selbstkritische Reflexion.“ Die Stiftung wolle junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung in unterschiedlichen Facetten stärken und fördern, unterstreicht Ute Bertram, Präsidentin des Kuratoriums der Heinrich-Dammann-Stiftung. „Der Landeswettbewerb Evangelische Religion, den wir seit zehn Jahren mitbegleiten, hat sehr viele engagierte Jugendliche präsentiert, die sich um ihre Welt Gedanken machen. Dieser Themenspiegel der Jugend ist für unsere Stiftung Antrieb für die weitere Arbeit.“

Die Hauptpreisträger*innen mit Laudationes:

Einzelbeiträge
1. Platz (300 Euro): Julia Tangenberg – Evangelisches Gymnasium Nordhorn
2. Platz (200 Euro): Emma Charlotte Förtsch – Lichtenberg-Gymnasium, Cuxhaven
3. Platz (200 Euro): Leander Homann – Kurt-Schwitters-Gymnasium Misburg, Hannover
Gruppenbeiträge
1. Platz (600 Euro): Dana Keunecke, Lilly Ann Zintgraf – Jacobson-Gymnasium, Seesen
2. Platz (500 Euro): Maja Bothe, Deborah Maibaum, Leticia Grijalvo Montes – Jacobson-Gymnasium, Seesen
3. Platz (400 Euro): Maximilian Alexander Seelig, Jannik Speckels, Paula van Lessen, Louisa Westerdijk, Sophie Brinkmann – Jade-Gymnasium, Jade
4. Platz (300 Euro): Martin Becker, Tim Fasterding, Lenard Klant – Käthe-Kollwitz-Schule (Gymnasium), Hannover

Jury 2024/2025
Thomas Adomeit, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in OIdenburg
Maximilian Bode, Pastor in Bremerhaven und Content Creator
Prof. Dr. Christoph Dahling-Sander, Geschäftsführer der Hanns-Lilje-Stiftung
Thomas Schlichting, Geschäftsführer der Heinrich-Dammann-Stiftung
Hagen Langosch, stellvertretender Bürgermeister Stadt Hameln (Bündnis 90/Die Grünen)
Mette-Luise Springer, Preisträgerin 2020/2021, Studentin der Psychologie

Schirmherrschaft
Dr. Dagmar Pruin

Texte: Lothar Veit
alle Fotos: Jens Schulze
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Themenheft Gerechtigkeit

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