EKD-Ratsvorsitzender: Kirchen müssen Digitalisierung besser nutzen

Nachricht 20. September 2021

Landau, Hannover (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strom, fordert die evangelischen Landeskirchen auf, die Digitalisierung besser zu nutzen. Bei der Mitgliederbindung sei seine Vision einer digitalen Kirche kaum verwirklicht, sagte er am Freitagabend zum Start einer zweitägigen Tagung zu Kirche und Digitalisierung im Landauer Butenschoenhaus. „Babynahrungskonzerne schicken zur Geburt Begrüßungspäckchen an die glückliche Familie, die Kirche aber fehlt mit der Einladung zur Taufe des Kindes“, kritisierte Bedford-Strohm.

Der EKD-Ratsvorsitzende nannte fünf Visionen für eine digitale Kirche: Sie müsse es schaffen, sich trotz der Fülle des Internets in der Gesellschaft sichtbar zu machen. Dies sei etwa mit dem EKD-Projekt Digitale Kirchtürme gelungen, das die Auffindbarkeit mittels Suchmaschinen verbessere. Kirchen müssten auch auf der Verwaltungsebene mutiger und agiler werden, sagte Bedford-Strohm. Des Weiteren stärkten digitale Angebote die Gemeinschaft in Ergänzung zu physischen Begegnungsformen. Die Digitalisierung löse außerdem das Dilemma, Weltkirche partnerschaftlich zu leben, ohne dabei das Klima durch den Kohlendioxid-Ausstoß von Flugreisen zu zerstören.

Am wenigsten verwirklicht sei die Vision der Mitgliederbindung der Kirche auf digitalem Weg, kritisierte der Bischof. Während die meisten Unternehmen von einem Datenstamm ihrer Kunden profitierten, hätten Kirchen vielerorts nicht einmal die E-Mails ihrer Mitglieder. Datenkauf, etwa um herauszufinden, wo Kinder geboren sind, sei ein Tabu.

Die Digitalisierung bezeichnete der EKD-Ratsvorsitzende im Blick auf die Kirche als ein „Update der Reformation“. Sie beschleunige die Kommunikation enorm. Gleichzeitig stelle sie Kirche und Gesellschaft vor Herausforderungen. „Populismus und Hate Speech hat es auch zur Zeit der Reformation geben“, sagte Bedford-Strohm. Flugblätter hätten zum Hass angestachelt, der letztlich in den Dreißigjährigen Krieg gemündet sei. Aufgrund des ökumenischen Heilungsprozess sei dies in den Hintergrund getreten. Die Diffamierung des Judentums sei jedoch bis heute nicht überwunden, antisemitische Gewalt nach wie vor aktuell.

Vor diesem Hintergrund sollten Konfessionen die gegenseitigen Herabsetzungen überwinden, appellierte der Bischof. Die Zukunft der Kirchen könne nur eine ökumenische sein. „Nur durch die Überwindung der eigenen historischen Abgrenzungen können wir ein einer von Spaltung geprägten Welt ein kraftvolles Zeichen der Versöhnung und Einheit geben“, sagte Bedford Strohm. Der anti-hierarchische Charakter digitaler Kommunikation verändere dabei die Interaktion der Kirche im Inneren und nach außen. „Das entscheidende Kapital der Kirche könnte künftig Kommunikationsfähigkeit sein, nicht Amt und Würden“, so Bedford-Strohm.