Tonne: Neues Schuljahr soll im Regelbetrieb starten

Nachricht 22. Juni 2021

Niedersachsens Kultusminister rechnet mit niedrigen Inzidenzen

Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) hat am Dienstag seine Planungen für den Schulstart vorgestellt. Vorgesehen sind Präsenzunterricht und eine mindestens einwöchige Einstiegsphase. Die Opposition kritisiert das Konzept als zu wenig konkret.

Hannover (epd). Nach den vorläufigen Plänen Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) soll das neue Schuljahr in Niedersachsen am 2. September im vollständigen Regelbetrieb mit Präsenzunterricht starten. „Wir planen auf der Basis von Normalität mit dem Szenario A“, sagte der Minister am Dienstag in Hannover. Die Pläne richteten sich nach den aktuellen Bedingungen eines niedrigen Infektionsgeschehens. Für den Fall wieder ansteigender Inzidenzen habe das Ministerium alternative Pläne für Szenarien B und C vorbereitet, also für den Wechselunterricht und das digitale Distanzlernen. Die Opposition kritisierte das Konzept des Ministers als zu wenig konkret.

Das Infektionsschutzkonzept für Szenario A sieht laut Tonne vor, dass bis Ende September an Schulen weiterhin die Testpflicht gilt. Auch die derzeit geltende Maskenpflicht bleibt bestehen. Im Unterricht müsse die Maske aber erst ab einer Inzidenz von 35 und auch dann nur in den Klassen ab Jahrgang 5 getragen werden.

In allen Schulen solle nach Schuljahresbeginn eine bis zu vier Wochen lange Einstiegsphase stattfinden, sagte Tonne. Sie solle die Gemeinschaft und die Persönlichkeit stärken, etwa indem sie Lehrkräften und Schülern Gelegenheit gebe, über die Erfahrungen mit der Pandemie ins Gespräch zu kommen. Größere pädagogische Freiheiten wie etwa flexible Stundentafeln sollen es Lehrkräften ermöglichen, auf besondere Bedarfslagen zu reagieren. Bis zum 24. September, also in den ersten vier Schulwochen, sollen keine Klassenarbeiten oder Tests geschrieben werden.

Außerdem kündigte Tonne faire Abschlussprüfungen an. „Den Prüflingen des kommenden Jahrgangs werden keine coronabedingten Nachteile entstehen“, betonte der Minister. Die Sondersituation für die Jugendlichen, die im neuen Schuljahr ihren Abschluss machen, solle angemessen berücksichtigt werden.

Die Grünen bemängelten, die Pläne des Ministers seien zu unkonkret. „Wer Präsenzunterricht nach den Ferien gewährleisten will, muss dafür auch etwas tun: die Schulen mit Lüftungsanlagen, zusätzlichem Personal und besserer Digitalisierung ausstatten“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Julia Willie Hamburg. Sie schlug vor, die ersten 14 Tage nach den Ferien zur Sicherheit nach Szenario B im Wechselunterricht zu starten.

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Björn Försterling, kritisierte ebenfalls Tonnes Haltung zu Luftreinigern und Belüftungsanlagen. „Die Schulen müssen wieder mit offenen Fenstern und geschlossenen Türen durch den Herbst und Winter kommen“, sagte er.

Auch aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ignorieren die Pläne den tatsächlichen Investitionsbedarf in Schulen. „Es fehlen noch immer festen Zusagen des Ministers, wie die bestehenden Mängel bei Personal, Ausstattung und Räumlichkeiten kompensiert werden sollen“, sagte die Vorsitzende des niedersächsischen GEW-Landesverbandes, Laura Pooth. Der Personalmangel an Haupt-, Real- und Oberschulen sowie an Berufsbildenden Schulen und Grundschulen könne nach den Ferien dramatische Ausmaße annehmen, warnte sie.

Außerdem kritisierte Pooth, dass die Präsenzpflicht weiterhin aufgehoben sei. Der Schulbesuch sei für alle Schüler elementar, betonte Pooth. Nach Angaben des Ministeriums lassen derzeit 2,5 Prozent der Eltern ihre Kinder vom Präsenzunterricht befreien. Diese Möglichkeit müsse wegen der bestehenden Testpflicht aus rechtlichen Gründen gewährt werden.

Der Vorsitzende des Philologenverbandes, Horst Audritz, kritisierte Tonnes Pläne als beliebig. „Alles ist möglich, jeder ist angesprochen, versäumter Fachunterricht spielt weniger eine Rolle“, sagte er. Es sei fahrlässig, die grundlegenden Wissenslücken auszublenden, die während der Pandemie entstanden seien. Audritz forderte verbindliche Förderangebote besonders für leistungsschwache Schüler.