Die Zeichentrick-Kultschweine Piggeldy und Frederick werden 50

Nachricht 08. Mai 2021

Frederick ist ein bedachtes Schwein, dem immer eine Antwort einfällt, wenn sein kleiner Bruder Piggeldy etwas von ihm wissen will. 1971 entstanden die Figuren, die im ARD-Sandmännchen Karriere machten. Mit Themen, die Kindern bis heute wichtig sind.

Stade (epd). Am Anfang geht es immer um eine Frage. „Frederick“, schaut der kleine Piggeldy zu seinem großen Bruder hoch, „Frederick, sag mir, was ist Liebe?“ Und Frederick beginnt seine Antwort mit einem Satz, der längst zum geflügelten Wort geworden ist: „Nichts leichter als das, komm mit.“ Und schon traben die beiden durch das Bild, immer von rechts nach links, mittlerweile seit 50 Jahren. Denn im Mai 1971 wurden die Schweine Frederick und Piggeldy erdacht, mehr als 100 Folgen der Trickfilmserie entstanden danach für das ARD-Sandmännchen.

Urheber sind die Schriftstellerin Elke Loewe, geboren 1940 in Celle, und ihr 1998 verstorbener Mann, der Grafiker Dieter Loewe. „Ich lege Ihnen hier eine neue Serie vor, die Geschichten von den Schweinen 'Piggeldy und Frederick', die zu einem Lieblingsobjekt der Kinder werden könnten“: Mit diesen Worten warb Loewe am 13. Mai 1971 in einem Brief an den NDR für die Schweine. Tatsächlich schlossen die Kinder das Bruderpaar nach der Erstausstrahlung im Februar 1973 schnell in ihre Herzen - und sie tun es heute noch.

Was ist Geduld, was Langeweile, Sehnsucht, Feuer, Stille, ein Apfel, Wind, Glück, Gesang, ein Geheimnis oder Faulheit? Der pfiffig-freche Piggeldy und sein großer Bruder wandern über den Deich und klären auf immer gleiche Art die wichtigen Fragen des Lebens - leicht verständlich, mit reduziertem Strich gezeichnet und in der Legetrick-Technik animiert.

„Vorbild waren unsere beiden Söhne, der 13-jährige Jan, und der dreijährige Tilmann“, erinnert sich Elke Loewe. „Tilmann hat den Großen ständig ausgefragt. Und Jan war eher wortkarg, antwortete fast immer geduldig, manchmal auch leicht brummelig, aber immer freundlich.“

Als die Loewes dann den Bauern aus der Nachbarschaft dabei beobachteten, wie er seinen Eber mit einem Stöckchen in der Hand in aller Gemütsruhe zur Sauenzucht trieb, war auch die zweite prägende Idee zur Serie geboren: Die Protagonisten sollten Schweine sein. „Ein frecher Kleiner und ein bedachter Großer, das hat sich dann beim Schreiben ergeben“, sagt Elke Loewe. Der Schauspieler Gottfried Kramer (1925-1994) war gleichzeitig Erzähler und gab den Tieren seine Stimme. „Kongenial“, wie die Autorin findet.

Gezeichnet und animiert wurden die jeweils etwa dreiminütigen Folgen gleich dort, wo die Loewes wohnten: in einer damals schon zum Trickfilmstudio umgewidmeten ehemaligen Schule mitten im Moor nahe Stade. Und in Stade bei Hamburg, im dortigen Kunsthaus, wird das Jubiläum von Piggeldy und Frederick nun auch mit einer Ausstellung gefeiert, die von Samstag (8. Mai) an bis zum 5. September läuft. „Die Themen sind nach wie vor aktuell“, schwärmt Kuratorin Regina Wetjen. Sie findet die Machart der Trickfilme großartig: „Die Folgen geben den beiden Brüdern stets Zeit, auf die Lösung zu kommen. Das ist gemeinsames Philosophieren.“

Fast wäre das Piggeldy-und-Frederick-Projekt ganz zu Beginn noch gescheitert, denn diejenigen, die sich beim NDR über die ersten Produktionen beugten, fanden die Texte zu einfach, die Zeichnungen zu grob. Schließlich gab es doch einen Zuschlag für die Ausstrahlung im West-Sandmännchen. Am Ende zählten Piggeldy und Frederick zu den Reihen in der Gute-Nacht-Sendung, die am längsten liefen. „Es gab eine Welle begeisterter Zuschauerpost“, blickt Elke Loewe zurück. „In Hamburg hat sich sogar eine Kita nach Piggeldy benannt.“

Bei ihren Texten habe sie keine pädagogische Mission verfolgt: „Es ging mir um Spaß, ich habe geschrieben, was mich bewegte.“ Bei ihrem Mann sei das schon anders gewesen. „Der brauchte einen Überbau. Er wollte vermitteln: Achtet auf die Umwelt.“ Kritik habe es auch gegeben, erinnert sich Elke Loewe: „Der Bayerische Rundfunk verweigerte sich den aufsässigen Schweinen. Und im niedersächsischen Landtag soll von einem Abgeordneten der Einwand gekommen sein, diese Kinderfilme seien zu respektlos.“

Widerborstig, zugewandt, frech und fröhlich: Es ist dieser Mix, der bis heute Kinder, Eltern und Großeltern fasziniert, beobachtet Martin Fuchs, Puppenspieler im badischen Helmstadt-Bargen. Er hat Piggeldy und Frederick in sein Repertoire aufgenommen und tourt damit auch, wenn es Corona zulässt. „Die Stücke bieten in kleinen Sequenzen Spannung und Spaß, das lieben die Kinder. Und was die beiden Brüder fragen, das sind auch die Fragen der Kinder. Das ist witzig und philosophisch zugleich, einfach zeitlos.“

Apropos, was ist nun Liebe? Wenn man Ohr an Ohr reibt, demonstriert Frederick seinem kleinen Bruder, der das sichtlich genießt. Liebe sei aber noch mehr: „Wenn man sich mag, auch wenn der andere einen dicken Bauch hat oder ein Humpelbein oder ein Loch im Ohr.“ Und wenn man nichts von alledem habe, brauche man „einen kleinen Bruder, der frech und doof ist und lieb und alles zusammen“. Und einen großen Bruder, antwortet Piggeldy, „der fett ist und schlau und alt und alles zusammen“.

Neue Trickfilm-Folgen hat es nach dem Tod von Dietrich Loewe und Synchronsprecher Gottfried Kramer nicht mehr gegeben. Von Zeit zu Zeit werden die Geschichten, die auch in mehreren Büchern, als Hörbücher und auf DVD erschienen sind, im Fernsehen wiederholt. Einige sind im Internet auf Youtube zu sehen. Stets mit dem gleichen Anfang. Und dem gleichen Schluss, denn Kinder lieben wiederkehrende Abläufe. Dann heißt es immer: „Und Piggeldy ging mit Frederick nach Hause.“