Landesbischof Meyns: Missbrauchsbetroffene an Aufarbeitung beteiligen

Nachricht 17. November 2020

epd-Gespräch: Daniel Behrendt

Braunschweig (epd). Der neue Sprecher des Beauftragtenrates zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christoph Meyns, wünscht sich eine intensive Beteiligung Betroffener, um Missbrauchsfälle aufzuarbeiten. "Für eine Aufarbeitung, die diesen Namen verdient, müssen die Betroffenen intensiv beteiligt werden", sagte der braunschweigische Landesbischof dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Seit dem Sommer gebe es einen zwölfköpfigen Betroffenenbeirat, der den Aufklärungsprozess begleite. "Ich bin überzeugt, dass der Betroffenenbeirat uns ein kritisches Gegenüber sein wird - und wo nötig, ein Korrektiv", sagte Meyns. Er ist seit Anfang November Sprecher des Beauftragtenrats für Missbrauchsfälle im Bereich der EKD und der Diakonie. Er übernahm das Amt nach zwei Jahren turnusgemäß von der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs, die nach der Bildung des Beauftragtenrats die Sprecherinnen-Funktion als erste übernommen hatte.

Meyns sagte, die neue Aufgabe sei seelisch herausfordernd. Zwar sei er bereits seit 2018 Mitglied des fünfköpfigen Beauftragtenrats. Dennoch werde die Beschäftigung mit dem Missbrauch niemals Routine: "Die Emotionen bleiben." Sie seien ein starker Antrieb, dafür zu sorgen, dass sich insbesondere die Leitungsebenen der Kirche intensiv mit dem Missbrauch auseinandersetzen. "Was mich, was uns umtreibt, ist zuallererst das Leid der Betroffenen und unsere Verantwortung als Institution", hob der Bischof hervor.

Er gehe davon aus, dass die Dunkelziffer ein Vielfaches der bislang bekannten 881 Missbrauchsfälle seit etwa 1950 betrage, sagte Meyns. Die EKD habe deshalb eine umfassende Studie in Auftrag gegeben, die unter anderem die tatsächlichen Dimensionen sexualisierter Gewalt in der Kirche klären solle. Das sei jedoch ohne konkrete Hinweise und allein durch eine Sichtung von Personalakten schwierig: "Sofern im Einzelfall kein Disziplinarverfahren wegen entsprechender Vergehen verzeichnet ist, wird es komplizierter, Hinweise auf sexualisierte Gewalt zu finden."

epd lnb dab kfr/bjs
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