Kirchen rechnen mit deutlichen Einnahmeverlusten wegen Corona-Krise - Rücklagen sollen Einbußen ausgleichen - Projekte werden teils aufgeschoben

Nachricht 15. Mai 2020

Die Corona-Krise trifft auch die Kirchen in Niedersachsen und Bremen hart. Nach Auskunft ihrer Finanzexperten wird bis zu einem Fünftel ihrer Einnahmen wegbrechen. Zwar haben alle Kirchen ein Finanzpolster, doch spätestens 2021 wird es eng.

Hannover/Bremen (epd). Die Kirchen in Niedersachsen und Bremen stellen sich auf drastische finanzielle Einbußen aufgrund der Corona-Krise ein. Das ergab eine epd-Umfrage unter den evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern. Allein die hannoversche Landeskirche, die größte evangelische Landeskirche in Deutschland, erwartet Verluste in Höhe von bis zu 105 Millionen Euro. Damit würden die Einnahmen doppelt so stark einbrechen wie bei der Finanzkrise 2009. Im laufenden Jahr würden der Landeskirche damit etwa 18 Prozent an Kirchensteuern fehlen. Ursprünglich hatte die hannoversche Landeskirche für das Jahr 2020 etwa 586 Millionen Euro aus der Kirchensteuer eingeplant.

Allerdings hoffen die meisten Landeskirchen und Bistümer, dass sie die Verluste zumindest für 2020 durch angesparte Rücklagen ausgleichen können. Zudem soll in einigen Kirchen bei geplanten Projekten gespart werden. So will das katholische Bistum Osnabrück Baumaßnahmen bis auf weiteres aufschieben. Auch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg will Projekte verschieben. "Bei Vorhaben, die sich noch in der Anfangsphase befinden, wird die Realisierbarkeit kritischer hinterfragt werden", sagte Oberkirchenrätin Susanne Teichmanis.

Die Zuweisung an die Kirchengemeinden vor Ort sollen nach Auskunft der Landeskirchen und Bistümer für 2020 durchweg zunächst nicht verändert werden. Allerdings werde die Krise Auswirkungen auf die Haushaltsplanungen für 2021 haben. In Turbulenzen geraten die kirchlichen Haushalte auch deshalb, weil auf Kurzarbeitergeld keine Steuern gezahlt werden müssen.

Ein Sprecher der hannoverschen Landeskirche sagte, dass 2021 voraussichtlich Mittel im deutlich zweistelligen Millionenbereich fehlen würden: "Für den Haushalt 2021/22 ist klar, dass eine sehr sorgfältige Planung nötig sein wird." Dabei werde sehr genau darauf geachtet, für welche Vorhaben Geld vorhanden sei und für welche nicht mehr. Die Lücke für 2020 will die Landeskirche durch Überschüsse und die Umwidmung von Mitteln schließen.

Die oldenburgische Kirche erklärte, die bestehende Ausgleichsrücklage reiche voraussichtlich nicht aus, die entstehende Lücke zu schließen. So seien Verluste vorzutragen, die in den kommenden Jahren kompensiert werden müssten. Die braunschweigische Landeskirche verfügt über eine Steuerschwankungsrücklage von rund zehn Millionen Euro. Sie hat für 2020 Kirchensteuer-Einnahmen von rund 94 Millionen Euro eingeplant. Projekte seien momentan nicht gefährdet, sagte ein Sprecher.

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) erklärte: "Die BEK verfügt über eine solide Finanzausstattung, die uns sicher durch diese Zeit bringt." Projekte seien nicht gefährdet. Die bremische Kirche arbeite seit Jahren daran, ein strukturelles Defizit zu vermeiden, um die Rücklagen zu erhalten. Die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz in Leer rechnet nach Angaben von Vizepräsident Helge Johr mit einem Minus von zehn bis 20 Prozent. Im April habe der Rückgang bei 14 Prozent gelegen. Projekte seien nicht in Gefahr, allerdings könne die Kirche voraussichtlich keine Stiftungen oder Fonds aufstocken.

Das katholische Bistum Hildesheim will nach Angaben eines Sprechers Investitionen überprüfen und wenn nötig zurückstellen. Das Bistum Osnabrück verfügte bereits einen Investitionsvorbehalt.

Die Kirchensteuer ist die mit Abstand größte Einnahmequelle der Kirchen. Sie ist direkt an die Einkommenssteuer gekoppelt. Der Kirchensteuersatz liegt beiden Bundesländern bei neun Prozent der Lohn- oder Einkommenssteuer sowie der Kapitalertragsteuer.

epd lnb mig dab
# epd-Service