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Bild: Rainer Sturm  / pixelio.de

Christian Weber: Wie andere Kulturen die Bibel sehen. Ein Praxisbuch mit 70 Kunstwerken aus 33 Ländern, hg v. Mission 21, Theologischer Verlag: Zürich 2020, ISBN 978-3-290-18274-8, 260 Seiten u. Begleit-DVD, 29,90 €

 

Christian Weber ist Studienleiter bei Mission 21 in Basel. Er kennt sich von Berufs wegen aus mit der Bibelhermeneutik verschiedener Kulturen. Nun hat er ein Praxisbuch vorgelegt, in das Eindrücke zur Bibel aus der weltweiten Ökumene eingeflossen sind. 


In Teil A geht es um die kulturelle Prägung, die jeder Mensch erfahren hat und die Auswirkungen hat auf das jeweilige Verständnis von Bibeltexten. Da es sich um ein Praxisbuch handelt, gibt es hier nicht nur Informationen; die Leser*innen werden angeleitet, die eigene kulturelle Prägung zu erkunden und auf diese Weise zu erkennen, dass auch sie selbst durch eine je eigene Brille die Bibel lesen. Es finden sich methodische Anregungen, wie mit verschiedenen Gruppen, z.B. im Gemeindekreis oder in der Konfi-Gruppe, gearbeitet werden kann. Diese Impulse müssen pädagogisch sicherlich noch an die konkrete Lerngruppe angepasst werden, bieten aber eine gute Grundlage und Ideenbörse. Dabei entstammen einige Methoden, wie z.B. das Bibelteilen, selbst der Ökumene. 


Teil B erkundet dann den kulturellen Kontext der biblischen Bücher selbst. Zunächst wird kurz beschrieben, dass die Texte der Bibel in einem bestimmten Kontext entstanden sind, aus dem heraus sie verstanden werden müssen. Mit jeweils vier Fotos werden die Lesenden angeregt, die Begriffswelt der Bibel zu erkunden. Dazu gehören Begriffe wie Salz, Landwirtschaft oder Zeit. Zu jedem Begriff werden Bibelstellen genannt. Die Fotos regen an, den Begriff in verschiedenen Kontexten zu deuten; d.h. es geht weniger darum, den jeweiligen Kontext des biblischen Textes vollständig zu erschließen, sondern überhaupt wahrzunehmen, dass Begriffe in ihrer Bedeutung kontextabhängig sind. Daran anschließend reißt der Autor den jeweiligen Kontext und damit zusammenhängende theologische Schwerpunkte bei Paulus, Markus, Matthäus, Lukas und Johannes an. 


Dieser Teil ist der schwächste des Buches, darf aber nicht übergangen werden. Er ist Vorbereitung auf den folgenden Teil.


Teil C beginnt damit, einen Überblick zu schaffen, wie die biblischen Texte in verschiedenen Kulturen heute konkret interpretiert werden. Dann folgt der Hauptteil des Buches, der es besonders wertvoll macht: Zu zehn biblischen, in der Mehrheit neutestamentlichen Texten hat Christian Weber jeweils sieben Kunstwerke aus aller Welt ausgesucht. Er führt jeweils kurz in das Bild ein und gibt Anregungen zur Interpretation. Außerdem stellt er auch die Künstler*innen vor. Zusätzlich gibt es Hinweise zu weiteren Kunstwerken, die sich auf den jeweiligen Bibeltext beziehen. 


Eine schier unerschöpfliche Quelle mit Material tut sich so auf, das sich im Unterricht, im Gottesdienst und in der Gemeindepädagogik einsetzen lässt. Dabei sind die Kunstwerke gut ausgewählt. Höchst unterschiedliche Stile bieten immer neue Anregungen. Es ist gut und konsequent, dass der Kunstbegriff hier weit gefasst ist, so dass auch Bilder vorkommen, die einem europäischen akademischen Verständnis von Kunst nicht unbedingt entsprechen.


Alle vorgestellten Bilder sind auch digital zugänglich, leider nur auf DVD. Hier wäre zu wünschen, dass der Verlag das Material auch online bereitstellen würde, da Laufwerke aus unserer Arbeitskultur schwinden. 

Andreas Behr