Hat Gott auch an die Tiere gedacht? – Ein Weg durch die Bibel mit Lieblingstieren. Stationenarbeit für Grundschulkinder

Von Martina Steinkühler

Vorüberlegungen zum Thema

Ein Blick auf die Umschläge von Kinderbibeln beantwortet die titelgebende Frage: Natürlich hat Gott an die Tiere gedacht; von jedem ein Paar durfte mit in die Arche. Und doch ist die Frage komplexer. Menschen dürfen sich – nach Aussage der Bibel – mit Gott auf „Du“ und „Du“ fühlen, z.B. wenn sie beten. Die Psalmen machen es deutlich. Und die Tiere? Gott zeigt sich Menschen, spricht mit ihnen, nimmt sie in die Verantwortung und verheißt ihnen Segen. In den Mose- und Erzelterngeschichten ist das zu erleben. Und die Tiere? In Jesus erfahren Menschen Gottes Nähe; sie träumen mit ihm von einem Himmelreich, in dem Gott und Mensch miteinander Schalom haben. Und die Tiere?

Kinder, die Tiere lieben, treibt das um: Sie fragen nach dem Verbleib der Tiere in Krieg und Untergang, fragen nach einer Taufe für Tiere und nach einem Tier-, Haustier-, Kuscheltierhimmel. Ganz elementar: Wer mich liebt, der liebt doch auch, was ich liebe, nicht wahr? Unbedingt einleuchtend, dachte ich, als ich im Kindergottesdienst mit solchen Fragen und Erwartungen konfrontiert war – und machte mich daran, Belege zu suchen.

Nun ist es mit der Bibel ja so: Ich finde immer und – ein bisschen um die Ecke gedacht – für fast alles Belege, auch für ganz widersprüchliche Thesen. Anders – ernsthafter und theologischer – formuliert: Die Bibel ist ein Buch der versöhnten Gegensätze. Sie versammelt eine ungeheure Lebensweisheit; vor allem weiß sie, was Menschen, denke ich, wieder neu lernen müssen: Das Wichtige im Leben hat zwei Pole, die zueinander gehören wie Ying und Yang (also, das ist natürlich eine andere Tradition!):

Der Mensch ist gut und böse; Gott ist fern und nah; Jesus ist Gott und Mensch, gestorben und auferstanden; Natur ist kostbar und profan. Tiere sind Gottes gesegnete Geschöpfe wie die Menschen und wurden am selben Tag geschaffen (Gen 1,24-28) – und: Tiere sind dem Menschen untergeordnet (Gen 1,28). Tiere sind dem Menschen zu Gefährten bestimmt (Gen 2,19) – und sie genügen ihm nicht dauerhaft als Gegenüber (Gen 2,20). Tiere sind nicht als Speise der Menschen vorgesehen (Gen 1,29), und: Unter Vorbehalt darf er sie essen (Gen 9,3f.). Tiere werden nach Gottes Anweisung geopfert (z.B. Gen 22,13); und: Lieber als Opfer hat Gott Achtsamkeit, Zuneigung und Treue (z.B. Hos 6,6).

Es finden sich viele Stellen, an denen die Bibel wertschätzend von Tieren spricht, ihnen aktive Rollen zugesteht oder ihre Passivität respektiert. Es gibt Stellen, in denen Tiere als Bilder verwendet werden, dem Menschen zum Sinnbild oder Vorbild. Und es gibt Stellen, da zählen Tiere schlicht gar nichts – in Krieg, Zerstörung, Vernichtung; das sind die gleichen Stellen, an denen auch Menschenleben nichts zählen. Und schließlich gibt es Stellen, die durchscheinen lassen, dass es auch eine Geschichte Gottes mit den Tieren gibt, eine, in der der Mensch nicht vorkommt. Das wird deutlich, wenn Gottes schöpferisches und ordnendes Handeln erzählt wird: über Gott (siehe Psalm 104) oder aus Gottes eigenem Mund (siehe Hiob 38f. 40f.). Da ist eine besondere Beziehung zu ahnen, an die der Mensch nicht rührt.

 

Didaktische Überlegungen

In der Bibelliteratur für Kinder werden die guten Beziehungen zwischen Gott und Mensch, Mensch und Tier gern hervorgehoben. Man weiß, dass Kindern das gefällt. Schaf und Taube, Wiedehopf und Esel werden als Erzähltiere verwendet – oder auch die Schildkröte, weil Kinder das aus anderer Kinderliteratur gewöhnt sind, weil es zu ihrer Kuscheltierwelt passt und zu ihrem Bedürfnis nach Nähe. Tiere bilden eine selbstverständliche Brücke zwischen Bibelwelt und Lebenswelt (und das ist theologisch korrekt!).

Im Bildungskontext Schule darf es aber gern „ein bisschen mehr“ sein. Kinder ansprechen, ja – aber zugleich: sie verantwortlich weiterführen, hinein in die Bildersprache der Bibel und in Erfahrungen der Menschen- (und Tier-) Freundlichkeit Gottes. Ich habe Bibelstellen gesucht, an denen durch das Bild oder Beispiel Tier etwas von Gott und besonders von Gottes Beziehung zu seiner Schöpfung erzählt wird. Dass die Tierbeispiele dabei häufig als Hintergrund dienen, um von Gottes Beziehung zum Menschen übertrumpft zu werden, macht sie nicht weniger aussagekräftig. Und dies sind meine Funde:

 

Gott sorgt für die Tiere (und für die Menschen)

1. Gott, du lässt Wasser quellen in den Bergen, dass alle Tiere des Feldes trinken und das Wild seinen Durst stille … Du lässt Gras wachsen für das Vieh und Getreide für die Menschen (nach Psalm 104,10.11.14).

2. Kein Spatz fällt vom Baum, ohne dass euer himmlischer Vater es sieht. Und ihr? Glaubt ihr nicht, dass ihr wertvoller seid als Spatzen (nach Mt 10,29)?

3. Warum sorgt ihr euch um euer Essen? Seht die Vögel unter dem Himmel an; sie säen nicht, sie ernten nicht, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch (nach Mt 6,26).

(Hier wäre auch noch an das verlorene Schaf zu denken, aber das ist ein anderes Thema.)

 

Gott gibt den Tieren wichtige Aufgaben (im Interesse der Menschen)

4. Aber der Herr ließ einen großen Fisch kommen, um Jona zu schlucken. Und der Fisch barg Jona in seinem Leib, so dass er nicht ertrank (nach Jona 2,1).

5. Die Taube kam zu Noah zur Abendzeit und siehe: Ein Ölblatt hatte sie abgebrochen und trug’s in ihrem Schnabel (Gen 8,11

6. Der Engel sprach zu Bileam: Deine Eselin hat mich dreimal gesehen und ist mir ausgewichen. Sonst hätte ich dich getötet (nach Num 22,33).

 

Gott baut sein Reich für Tiere und Menschen

7. Da werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern (Jes 11,6a) und: Ein kleiner Junge wird Kälber und junge Löwen miteinander auf die Weide treiben (nach Jes 11,6b).

8. Das Senfkorn wächst zum Baum, so dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen (Mt 13,32).

 

Gott gibt dem Menschen Tiere zum Vorbild

9. Gott spricht: Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn – aber mein Volk hat keine Ahnung von mir (nach Jes 1,3)!

10. Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben (Mt 10,16).

 

Gottesvergleiche mit Tieren

11. Er wird dich mit seinen Fittichen decken und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln (Ps 91,4).

12. Von Jesu Taufe wird erzählt: Da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube über sich kommen (Mt 3,16).

(Hier wäre natürlich auch noch an das „Lamm Gottes“ zu denken, aber das ist ein eigenes Thema!)

 

Zur Praxis des Unterrichts (Bausteine)

Die Funde umfassen eine Mehrzahl an Lernchancen: zum Vorkommen von Tieren in der Bibel, zu biblischen Gottesvorstellungen, zur (Bild-)Sprache der Bibel. Die Schüler*innen entdecken Vögel und Fische, Landtiere – große und kleine, Vierbeiner und Kriechtiere, Grasfresser und Fleischfresser, wilde und zahme – kommen in der Bibel vor; im Vergleich mit Gen 1: die ganze belebte Schöpfung.

Die Schüler*innen theologisieren; zum Beispiel:

• Gott achtet auf Spatzen. Menschen sind ihm näher. Gott achtet erst recht auf Menschen.

• Ochs und Esel kennen Gott. Menschen sind klüger. Menschen können erst recht Gott kennen.

• Wolf und Lamm sind natürliche Fressfeinde. Gottes Liebe kann sie versöhnen. In den künstlichen Kriegen der Menschen geht es um Leben und Tod. Gottes Liebe kann erst recht Frieden schaffen.

Dabei lernen sie sowohl etwas von Gottes Willen zum Schalom auf allen Ebenen als auch von biblischer Sprache: Dass sie Geschichten erzählt und Geschichten zueinander in Beziehung setzt; dass biblische Geschichten am Ende oft eine Pointe haben und dass diese Pointe oft das Verhältnis von Gott und Mensch betrifft.

Anmerkung: So etwas lernen Grundschulkinder nicht theoretisch. Dagegen spricht alle entwicklungspsychologische Expertise. Aber intuitiv und konkret können sie es lernen. Im Hören und Erzählen und im Gebrauch. Das lohnt sich alle Mal. Wie das zu machen ist, zeigen die folgenden drei Unterrichtsvorschläge, die variabel kombiniert werden können:

a. Beschäftigung mit einzelnen der Funde (ab Klasse 2)

b. Erzählung einer Geschichte von Gott und Mensch aus „tierischer Perspektive“ (Klasse 3/4)

c. Stationenarbeit, in der die Schüler*innen selbst das Nachdenken über Theologie und biblische Sprache anfänglich einüben. (Klasse 4, mit Gruppen, die selbstständig-kooperatives und eigenständig kreatives Arbeiten gewöhnt sind; ggf. mit Hilfsangeboten).

 

a. Tier-Verse als rote Fäden

Immer wieder gibt es Vorschläge, das „Insel-Wissen“ der Schüler*innen im Fach Religion zu vernetzen, z. B. mit wiederkehrenden Bibelversen. Die zwölf Tierverse stellen inhaltlich einen guten Querschnitt wichtiger theologischer Themen dar. Daher bietet es sich an, alle zwölf Verse / Vers-Paare gemeinsam im Klassenraum sichtbar zu machen (M 3, M 4) und von Zeit zu Zeit einen von ihnen zu bedenken (M 5 bis M 16; Die „Lese“- und „Denkaufgaben“). Das Sichtbar-Machen kann nach Art des Adventskalenders geschehen: Die Verse sind z.B. hinter Klappen mit entsprechenden Tierbildern versteckt. Wenn Sie die Verse überdies von den Kindern abschreiben und als Schmuckkarten gestalten lassen, gibt es zugleich einen Vertraut-Werdung-Effekt und ein schönes Produkt. Im Morgenkreis sucht sich ein Kind eines der Tiere oder einen der Sprüche aus. Er wird gelesen, bedacht und besprochen – evtl. ein Dankgebet dazu gesprochen.

 

b. Erzählung

Da die Verse so viele wichtige theologische Aspekte vereinen, ist es möglich, sie zu einer Gesamterzählung zu verarbeiten (M 1). Die Schüler*innen hören zu mit dem Auftrag, sich die Tiere zu merken, von denen die Rede ist – und anhand der Tiere dann Inhalte zu rekapitulieren. Die Erzählung ist vielfältig einsetzbar, z. B. auch zur Bearbeitung in der Hand der Schüler*innen.

 

c. Stationenarbeit

Die Schüler*innen finden Stationen vor, an denen sie in kleinen Gruppen arbeiten. Ein Laufzettel (M 2) hilft bei der Organisation und Ergebnissicherung. In der Vollform gibt es fünf Stationen mit je zwei bis drei Bibelstellen, die folgendermaßen ausgestattet sind:

• ein Plakatstreifen mit dem Namen der Station (M 3),

• die Bibelstellen in leichter Sprache, (M 4),

• Tiere entsprechend den Bibelstellen (z. B. Spielzeug, Bildkarten, Tierbücher),

• Bastelmaterial (so es nicht auf einer Materialtheke angeboten wird),

• zu jeder Bibelstelle je eine Lese-, Denk- und Aktionskarte (M 5 bis M 16).

Die Lesekarten bilden die Basis. Sie stellen die Bibelstelle in einen nachvollziehbaren Kontext. Da, wo es um Gebet oder Predigt geht, ist das relativ leicht zu verstehen; wenn jedoch, wie bei Jona, Noah und Bileam, eine längere Erzählung im Hintergrund stehen, müssen „grobe Züge“ reichen – hier müssen die Schüler*innen vielleicht noch eigens ermutigt werden zu spekulieren. (Es ist aber auch gut denkbar, dass der Eine oder die Andere mit Vorkenntnissen aufwartet.)

Die Denkkarten sollen ein Gespräch motivieren. Oft glauben die Schüler*innen (geprägt von Abfrage-Unterricht in anderen Fächern), dass sie keine „richtige“ Antwort wissen; wenn sie aber erst entdecken, dass Spekulationen okay sind und (gerade in der Gruppe), auch weiterführen, werden sie mutiger. Wichtige Gedanken sollten notiert werden, evtl. auf einem „Tischtuch“, also einem Plakat, das auf dem Tisch liegt.

Die Aktionskarten regen zum Spielen oder Gestalten an – in der Regel als kooperative Aufgabe. Für manche Ideen wird besonderes Material benötigt. Bitte lesen Sie die Karten in der Vorbereitung durch und legen Sie das Nötige bereit.

Ob mit Denk- oder Aktionskarte oder beidem weitergearbeitet wird, entscheiden die Gruppen. Die Gruppen entscheiden auch, mit welcher Bibelstelle sie sich beschäftigen.

Natürlich ist es auch möglich, nur einige der hier vorgeschlagenen Bibelstellen zu verwenden – oder andere, die Ihnen einfallen. Dann entwickeln Sie entsprechend andere Aufgaben.