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Filmleidenschaft

Christina Harder im Gespäch mit Silvia Büthe, Jugendwartin im Krichenkreis Hameln Pyrmont


Christina Harder: Hallo, Frau Büthe! Danke, dass Sie sich Zeit nehmen für dieses Interview per Zoom.

Silvia Büthe: Auch von mir Danke schön, dass es möglich ist, ein Interview zu führen!

Harder: Ich habe zu Ihnen Kontakt aufgenommen, weil wir, die Redaktion, auf Ihre Arbeit im Jugenddienst Hameln-Pyrmont hingewiesen wurden: Sie würden gemeinsam mit Jugendlichen Filmprojekte planen und Filme drehen. Zunächst würde mich interessieren: Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, mit Jugendlichen Filme zu machen? Und: Woher kommt Ihre Leidenschaft fürs Filmen?

Büthe: Ja, der Film und das Filmen waren eigentlich schon immer meine Liebe. Das ging damit los, dass ich schon als Jugendliche gerne Erinnerungen gesammelt habe. Gestern erst habe ich zufällig einen alten Urlaubs-Film mit meinen Eltern rausgekramt und angesehen. Mein Vater sagt da: „Jetzt mach diese sch … Kamera aus!“ (lacht) Heute, 40 Jahre später, diese Szenen wieder anzusehen, ist wunderschön!

Irgendwann habe ich damit begonnen, diese Erinnerungen auf Filmband nicht nur zu sammeln, sondern das Videomaterial im Nachhinein auch zu bearbeiten. Das ist bei mir als Leidenschaft mit dazu gekommen. Zunächst war das im privaten Bereich, später übernahm ich das Filmen auch im Beruflichen. Das fing ganz harmlos an: Egal, wer mit mir wegfuhr, ob nun ein Gruppenleiter*innenkurs, ein politisches Seminar, ein Spieleseminar – es gab am Ende immer einen Film. Von den schönsten Momenten, manchmal untermalt mit passender Musik. Das mache ich immer noch so. Ich überlege dann, was das Essenzielle in dieser gemeinsamen Zeit war, was wir wirklich gelernt haben und wo die spaßigsten Momente waren. Daraus bastele ich nicht nur am Ende jeder Fahrt und jedes Seminars einen Film, sondern am Ende des Jahres auch ein großes „Best-of“. Das stelle ich auch auf unsere YouTube-Plattform. Das ist mir unheimlich wichtig. Ich möchte die Erinnerungen am Laufen halten. Denn ich weiß, dass das die Gruppengemeinschaft stärkt. Manchmal treffen sich die Gruppen nach Jahren wieder, um sich diese Filme erneut anzusehen, um die gemeinsamen Erlebnisse noch einmal gemeinsam erleben zu können.

Das war erst einmal der Grundstein. Ich habe meine Liebe zum Filmen in meine Arbeit als Diakonin mitgebracht und immer weiter ausgebaut. Daraus ist auch entstanden, dass Kolleg*innen und einige Mitarbeiter*innen fragten: „Wie machst du das? Wir wollen das gerne von dir lernen.“ So kam es, dass ich zum Beispiel in der Kirchenkreiskonferenz einen Workshop zum Thema „Filmschnitt“ gegeben habe. Nach einem 90-Minuten-Workshop kann natürlich niemand gleich einen Film schneiden. Dafür braucht man schon etwas mehr Zeit und Übung. Aber ich glaube, ich habe da in diesem Workshop meine Liebe zum Filmen weitergegeben.

Harder: Für mich sind Sie gewissermaßen ein weiterer Beleg dafür, dass das Brennen für eine Sache die Grundvoraussetzung für das Gelingen ist – egal, was es ist.

Sie profitieren gerade jetzt in der Pandemie-Situation mit all den Kontaktbeschränkungen sehr von Ihren Film-Erfahrungen. Sie nutzen nämlich Ihre Film-Kompetenzen im Rahmen der Jugendarbeit. Einiges habe ich mir bei YouTube angesehen: den Jugendgottesdienst „spirit@work“ zum Beispiel.

Büthe: Das ist unsere Jugendgottesdienstreihe: „spirit@work“. Die fand schon immer einmal im Monat statt, immer am letzten Freitag im Monat. Eigentlich ist die nicht digital. Dass der „spirit@work“ es aktuell ist, ist Corona geschuldet. Ursprünglich ist „spirit@work“ ein ganz normaler Jugendgottesdienst, der durch den Kirchenkreis tingelt. Da gab es durchaus schon immer kleine Filme, die wir im Gottesdienst gezeigt haben. Meine Aufgabe war es dabei höchstens, aus Videomaterial einzelne Bausteine für den Film zu schneiden. Da habe ich beispielsweise gesagt: „Dieses Anspiel wirkt in der Kirche nicht so gut. Daraus machen wir lieber eine Filmsequenz oder nehmen ein Interview auf.“ Das heißt, wir sind also für den „spirit@work“ schon immer mit Leinwand und Beamer und der sonstigen Technik in die Kirche gezogen, um kurze Filme im Gottesdienst einzuspielen, die wir vorher gedreht hatten und die ich meistens bearbeitet hatte. Das Filmmaterial ist meistens in Gruppenleiter*innenkursen entstanden. Das habe ich gerne kombiniert: Neue Teamer*innen konnten in die Vorbereitung eines Jugendgottesdienstes reinschnuppern, und parallel habe ich gefilmt. Wenn man acht Tage zusammenlebt, ist das eine schöne Möglichkeit, nicht nur etwas zu lernen, sondern gleichzeitig etwas Kreatives und Witziges im Bereich Film auf die Beine zu stellen. Für den Jugendgottesdienst habe ich dann Auszüge aus dem gesamten Filmmaterial herausgenommen und geschnitten.

Aktuell aber machen wir auch Online-Programme, d.h. ausschließlich digitale Formate, die wir online stellen. Angefangen hat das mit unserem Jugendkreuzweg am 19. März 2020.

Harder: Den habe ich mir angesehen. Der hat mir sehr gut gefallen.

Büthe: Der Jugendkreuzweg, das hört sich komisch an, war eigentlich wenig durchdacht. Der war nie als digitales Format geplant gewesen. Geplant war, dass wir, wie üblich bei Kreuzwegen, mit einer großen Gruppe von Jugendlichen von Station zu Station ziehen. Dann kam aber der Corona-Lockdown und wir mussten spontan überlegen, was wir mit dem Jugendkreuzweg machen. Da wir nicht viel Zeit fürs Planen hatten, sind dann einfach ein paar Teamer*innen von Station zu Station gelaufen, und ich habe das gefilmt. Während dieses Jugendkreuzweges ist mir dann in den Sinn gekommen, quasi aus der Retroperspektive, dass es im Grunde wenig sinnvoll ist, einfach nur das abzufilmen, was man analog gemacht hätte. Deshalb haben wir in den darauffolgenden Projekten versucht, mit den Filmen ein wenig spielerischer umzugehen und mehr aus den Möglichkeiten des Filmens zu machen. Wir haben einfach ein wenig experimentiert. Zum Beispiel haben wir Aktionen gemacht, bei denen sich die Jugendlichen selber filmen: so ganz leichte Sachen zum Mittanzen oder auf einfache Fragen hin antworten und eine eigene Meinung zu einem Thema begründen. Das habe ich dann zusammengeschnitten.

Für den „spirit@work“ habe ich dann die Geschichten, die dort bislang erzählt wurden, von Jugendlichen darstellen lassen – wie im Film. Man kann aber sagen, dass ich dabei eher im Stil eines Dokumentationsfilms arbeite. Und wenn ich passende Musik für den Gottesdienst habe, dann lasse ich die Inhalte, die beispielsweise in einem Refrain erzählt werden, von Jugendlichen darstellen und lasse diese Videoaufnahmen dann im Film parallel zur Musik laufen. Das ist richtig super. Das mache ich einfach total gerne!

Harder: Da würde ich doch gerne noch mal nachhaken, damit es für unsere Leser*innen anschaulich wird. Sie haben gesagt, dass der Jugendkreuzweg noch weitgehend ohne vorherige Planungen, also sehr spontan entstanden ist. Haben Sie dann im Nachhinein, also nach dem Abfilmen der einzelnen Stationen, das Videomaterial noch bearbeitet, geschnitten oder auch Elemente eingebaut? Oder ist das, was zu sehen ist, das pure Ergebnis von „Da sind wir mit der Kamera mitgelaufen und haben einfach gefilmt“?

Büthe: Der Kreuzweg war komplett inszeniert mit den Stationen und den Schildern und den Texten. Eigentlich ist der Kreuzweg eine Veranstaltung, bei der ca. 120 Personen mitlaufen. Für den gefilmten Kreuzweg sind wir jetzt die Stationen ohne die vielen Jugendlichen abgelaufen. Das waren vorformulierte Texte, Gebete. Da passiert es immer wieder, dass sich jemand verhaspelt. Deshalb sitzen wir dann da mit einer richtigen Filmklappe, auch wenn ich die eigentlich gar nicht mag (lacht). Eigentlich mag ich es, wenn sich mal jemand verhaspelt und das auch im Film bleibt. Das wirkt irgendwie natürlicher, als wenn man da so brav und flüssig seinen Text aufsagt. Jedenfalls wirkten wir am Ende vielleicht professioneller als wir wirklich waren. Da steckt aber schon ein bisschen Schnittarbeit dahinter. Die Stationen sind wir aber wirklich nacheinander abgegangen und haben an jeder Station 20 bis 30 Minuten gefilmt. Anschließend habe ich das Filmmaterial dann geschnitten.

Harder: Ich möchte gern noch einmal auf die Jugendgottesdienst-Reihe „spirit@work“ zu sprechen kommen. Der letzte „spirit@work“ zum Thema „Home sweet home“1 wirkt auf mich schon sehr professionell inszeniert. Da haben Sie zum Beispiel Szenen eingebaut, in denen einzelne Jugendliche etwas zu dem Thema sagen. Ich vermute, Sie haben im Vorfeld geplant und abgesprochen, wer was sagt, wie die Kameraeinstellung ist usw., oder? Außerdem sind mehrere Ortswechsel in den Filmverlauf eingebaut. Wieviel und was genau haben Sie dafür im Vorfeld geplant?

Büthe: Das stimmt. Den hatte ich schon anders geplant als meine Filmprojekte davor. Bei diesem Element beispielsweise mit der Klappe, die wir auf und zu machen, bevor der*die nächste Jugendliche eingeblendet wird, haben wir vorher überlegt, dass wir uns gegenseitig quasi den Ball zuspielen wollen. Wir haben da erst einmal einiges ausprobiert, auch draußen. Das gefiel uns aber alles nicht und funktionierte auch nicht. Schließlich kamen wir auf die Idee mit diesem „Klappe auf – Klappe zu“, die jetzt zu sehen ist. Klar, mussten wir auch da noch schneiden. Es ist übrigens lustig, die Outtakes dazu anzusehen. Da wurde nämlich u.a. auch aus dem Kühlschrank heraus gefilmt, und dann ging die Tür nicht auf und dann fiel das Handy runter …

Harder: Sie haben also sogar Outtakes ans Ende des Film-Jugendgottesdienstes gestellt?

Büthe: Nein, bei diesem Film nicht. Ich sammle die besten Momente für mich. Aber es stimmt: In diesem „spirit@work“ haben wir schon mit richtig vielen verschiedenen filmischen Elementen gearbeitet. Insofern ist er auf jeden Fall professionalisierter als das erste spontane längere Filmprojekt, der Jugendkreuzweg.

Harder: Für mich hört es sich insgesamt nach sehr viel kreativem Experimentieren an; mehr als nach einem festgelegten Drehbuch.

Büthe: Wir haben natürlich einige feste Elemente geplant. Ich gebe aber gerade in der jetzigen Situation immer einzelne Bausteine an die Jugendlichen ab. Und ich habe auch viele Praktikant*innen, die ich einbinden möchte. Also überlegen wir gemeinsam zwar grob, welche Bausteine wir brauchen. Die Umsetzung gebe ich dann aber an einzelne Jugendliche ab. Die drehen dann viel mit ihren eigenen Handys. Und das merkt man auch. Doch, ich muss sagen, da ist mir die Qualität nicht das Allerwichtigste, sondern dass die Jugendlichen etwas aus der Situation heraus entstehen lassen und selbst machen.

Harder: Gut, dann erhalten Sie also von den Jugendlichen ihre Aufnahmen als Filmbausteine. Und dann schneiden Sie daraus eine längere Filmsequenz. Ich frage mal ganz direkt: Mit welchem Programm arbeiten Sie denn?

Büthe: Ich arbeite mit „Pinnacle Studio“. Das ist aber ein kein kostenloses Programm, sondern schon ein etwas Wertvolleres. Es gibt auf dem deutschen Markt auch zwei Programme für Hobbyfilmer*innen, mit denen man gut schneiden kann. Das eine ist „Adobe Premiere“. Und das andere ist „Pinnacle“. Ersteres ist ein Filmprogramm von „Photoshop“, wo man durchaus schon Leidenschaft und Knowhow mitbringen muss. Kostenfrei kann man allerdings mit dem Windows Movie Maker erstmal einsteigen.

Ich arbeite aber gerne mit Pinnacle, weil es für mich leichter ist und ich es intuitiver finde. Dabei kommt man sich schon wie eine kleine Videokünstlerin vor. Man hat da nämlich sechs, sieben Spuren, die man alle übereinanderlegen kann.

Harder: Das machen Sie alles über einen ganz normalen PC?

Büthe: Ja, über einen ganz normalen PC. Jetzt haben wir uns übrigens auch eine Drohne gekauft. Also, so etwas Schönes!

Harder: Mit einer Drohne kann man wirklich tolle Sachen machen.

Büthe: Die Flug-Genehmigung zu bekommen, ist zwar gar nicht so einfach. Außerdem braucht man jemanden, der dafür einen Führerschein besitzt. Aber mit einer Drohne lassen sich einfach so tolle Aufnahmen machen. Dafür hat dann mein normaler PC leider nicht mehr ausgereicht. Im Herbst letzten Jahres habe ich nachgefragt, welche Grafik-Leistung ich brauche. Es gibt nämlich nichts Schlimmeres, als vor Filmmaterial zu sitzen und dann nur stückchenweise damit arbeiten zu können, weil es immer wieder hakt.

Harder: Ich würde jetzt gerne noch mal von Ihnen wissen, wie viel Zeit Sie ungefähr benötigen, um einen „spirit@work“ komplett fertig zu haben für die Premiere bei YouTube.

Büthe: Grundsätzlich lässt sich sagen: Wenn ich eine halbe Stunde Film mache, dann sitze ich an dieser halben Stunde ungefähr zehn Stunden. Nein, Moment. Das ist noch viel mehr. Wenn ich nämlich noch die Zeit für die Absprachen und Planungen im Vorfeld mitrechne sowie die arbeitsteilig gefilmten einzelnen Bausteine, dazu noch die notwendigen Wiederholungen, wenn sich z.B. jemand verhaspelt oder etwas schiefgeht, dann komme ich insgesamt sogar auf 40 Stunden Arbeitszeit für eine halbe Stunde Film.

Harder: Das hört sich zunächst einmal zumindest nicht nach wenig Arbeit an. Jetzt würde ich gerne noch einen Blick in die Zukunft werfen. Für Ende Februar haben Sie den nächsten „spirit@work“ geplant, diesmal zu dem Thema: „Ich liebe mich. Ich liebe dich.“2 Da würde mich natürlich interessieren, ob Sie schon dabei sind zu filmen bzw. wie viel Sie schon gefilmt haben.

Büthe: Das ist die einfachste Aufgabe. Diesen Gottesdienst begleite ich im Grund nur aus der Ferne. Da muss ich gar nicht so viel machen, da mein lieber Kollege Norman Leide, den ich selbst ausgebildet habe, gesagt hat, dass er diesen Gottesdienst übernehmen möchte. Die Themenfindung war auch ganz einfach. Die Jugendlichen, die alle 16, 17 Jahre alt sind, waren ganz schnell beim Thema Liebe. Außerdem haben wir mit einem Musiker zusammengearbeitet, der uns vertraut ist, weil er ein Jahr lang selbst bei uns im Jugenddienst engagiert tätig war. Der ist schon mal für den nächsten „spirit@work“ mit im Boot. Einige Videos hat er auch schon dafür produziert. Ansonsten ist der nächste „spirit@work“ als Diskussions-Format geplant. Die Jugendlichen haben überlegt, welche, auch kniffligen, Fragen zum Thema Liebe mit reingehören. Diese Fragen werden dann von den Jugendlichen in kleinen Szenen besprochen. Darüber hinaus ist geplant, dass vor der Kamera von Ereignissen zum Thema Liebe erzählt wird. Diese Ereignisse wurden jetzt erst mal gesammelt. Da die aber nicht bei mir, sondern meinem Kolleg*innen angekommen sind, bin ich wirklich gespannt, was dabei herauskommt.

Harder: Jetzt haben wir einen Blick in die ganz nahe Zukunft auf den nächsten „spirit@work“ Ende Februar geworfen, der aber beim Erscheinen dieser Ausgabe des Loccumer Pelikan mit diesem Interview auch bereits Geschichte sein wird. Deshalb möchte ich noch einen Blick in die fernere Zukunft werfen. Würden Sie sagen, dass durch die Erfahrungen in Ihrer Filmarbeit während der Pandemie sich auch nach der Pandemie etwas ändern wird? Werden Sie etwas davon mitnehmen in die Nach-Corona-Zeit?

Büthe: Das ist schwer zu sagen. Beim Kirchentag, der hybrid stattfinden wird, planen wir einen Gottesdienst im hybriden Format. Wir wollen dafür das erste Mal einen Jugendgottesdienst schreiben und hoffen, dass der dann zum Kirchentag live stattfinden kann. Wir machen den gleichen Gottesdienst an drei Orten in 50 Kilomenter Entfernung und schalten uns dann immer gegenseitig zu (Aerzen, Hameln, Bad Münder). Da müssen wir die Technik schon anders nutzen. Schwierig ist dabei, dass das Internet in Kirchen immer so schlecht ist. Wir arbeiten aber bereits daran, dass wir digitale und filmische Möglichkeiten in diesen hybriden Gottesdienst einbauen.

Ich würde sehr gerne weiter digitale Gottesdienste machen. Sagen wir mal, dass wir dann von den neun bis zehn „spirit@works“ pro Jahr drei digital machen, also als gefilmten Gottesdienst, der dann online gestellt wird. Aber ich weiß auch, dass das nicht so einfach sein wird, weil die Jugendgottesdienstreihe bisher ja davon lebte, dass wir innerhalb des Kirchenkreises unterwegs und deshalb immer mit handfesten Jugendlichen vor Ort waren. Deswegen, denke ich, wird das Digitale eher eine zusätzliche Möglichkeit sein.

Harder: Das heißt, dass Sie den Film dann eher wieder, wie vorher auch, als kleinen Einspieler, ca. fünf Minuten lang, innerhalb des analogen Jugendgottesdienstes einsetzen werden.

Büthe: Genau, richtig. Ungefähr als fünfminütigen Einspieler, der dann so eine Art Impuls zum Thema geben soll.

Es gibt darüber hinaus aber ein Format, das ich unbedingt weiter, auch nach Corona, beibehalten möchte. Im Sommer 2020 hatten wir, nachdem alles ausgefallen war, überlegt: Was könnten wir jetzt machen? Worauf haben wir Lust? Die Teamer*innen wollten erst verschiedene Kurzfilme erstellen. Dann hat uns aber das Jobcenter angesprochen, das Land Niedersachsen habe eine Ausschreibung unter dem Titel „Niedersachsen packt an“. Das Jobcenter kam nun zu uns und sagte: „Wir wollen Geschichten von Geflüchteten, die hier bei uns im Landkreis gut angekommen sind.“ Das Jobcenter hat uns dann auch Kontakte zu Geflüchteten gegeben und gesagt: „Interviewt die doch mal.“ Ich fand, das war eine super interessante Idee. Wir haben vom Land Niedersachsen auch ganz viel Technik bekommen. Wir sind dann in Schrauberwerkstätten gefahren. Einen Arzt haben wir auch interviewt. Wir waren auch hier in der Chipsfabrik. Aus diesen Interviews sind dann Kurzfilme entstanden, viereinhalb Minuten lang, immer sehr prägnant und verdichtet. Das ganze Arbeitsumfeld ist immer mit zu sehen. Dazu dann Musik geschnitten. Das ist überwiegend das Werk von Jugendlichen. Ich habe dabei gemerkt, wie sehr dieses Thema das ganze Team bewegt hat. Deshalb ist das für mich auf jeden Fall eine Arbeit, die ich in Zukunft auch in einigen anderen Themenfeldern, die gesellschaftlich, politisch wichtig und praxisrelevant sind, umsetzen möchte.

Harder: Sie sagten, dass die Jugendlichen viel gemacht haben: auch die Musik ausgesucht? Wie ist das eigentlich mit der Musik? Das ist noch eine wichtige Frage für die Praxis des Filmens. Worauf muss dabei geachtet werden?

Büthe: Also, man kann die Musik über YouTube bekommen. Das ist da richtig, richtig fair, wie die das handhaben. Es ist so, dass man eigentlich auf jegliche Musik, die es bei YouTube gibt, zugreifen kann. Vorausgesetzt, damit wird kein Geld verdient. Das heißt, die Musik darf für Videos verwendet werden, die keine kommerziellen Ziele verfolgen. Unter dem Video steht dann, dass die Musik von dem und dem Interpreten ist und nicht zu kommerziellen Zwecken verwendet wird. Das war vor zwei, drei Jahren noch anders. Da wurden diese Videos dann blockiert. So aber ist es möglich und macht vieles einfacher für unsere Filmarbeit.

Harder: Danke! Das ist noch mal ein sehr wichtiger und hilfreicher Hinweis.

Eine letzte Frage und dann noch eine Bitte. Zunächst die Frage: Gibt es ein Filmprojekt, das Sie noch nicht umgesetzt haben, aber gerne noch angehen würden? Und schließlich meine Bitte: Sie haben das letzte Wort in diesem Interview. Könnten Sie einfach ein, zwei Sätze an den Schluss setzen, mit dem Sie Interessierten richtig Lust und Mut machen können, ins Filmen einzusteigen? An dieser Stelle danke ich schon einmal herzlichst für dieses Interview.

Büthe: Sehr gern! Zu Ihrer Frage: Ich denke da spontan an Dokumentationen aus Berlin in Kneipen. Es gibt tolle Dokus an der Spree. Und die Leute haben davon erzählt, was sie alles gemacht haben und warum. Das fand ich so toll! Wir haben bei uns auch so tolle Teamer*innen, die ganz selbstbewusst sagen können, warum sie sich in der Kirche für Kirche und Gesellschaft, für andere Menschen engagieren. Über sie würde ich gerne eine Doku machen bzw. würde sie gerne über sich selbst eine Doku machen lassen. Ich glaube, da könnte man etwas machen, was wirklich ergreifend ist, wo man am Ende sagen kann: „Hut ab. Chapeau!“ Nicht weil der Film gut ist, sondern weil die jungen Menschen, die Kirche wirklich zum Leben bringen, so wichtig sind, aber von vielen anderen Menschen in der Gesellschaft kaum noch wahrgenommen werden. Weil es zu Kirche 1.000 Klischees gibt. Ich würde also gerne so eine Art Short Stories über engagierte junge Menschen in der Kirche, in der Evangelischen Jugend machen. Ja, dazu hätte ich richtig Lust.

Und jetzt noch zu guter Letzt etwas Motivierendes zum Selbst-Filmemachen: Nicht von anderen, scheinbar professionellen Videos beeindrucken und abschrecken lassen, nach dem Motto: „Das kriege ich nie so hin.“ Sondern einfach anfangen und ausprobieren! Einfach mal eine halbe Stunde Zeit nehmen: etwas aufnehmen, passende Musik aussuchen und mit einem Umsonst-Schnittprogramm ausprobieren, was da so geht. Und los geht’s!

 

Anmerkungen

  1. Premiere war am 29.01.2021: Spirit@work Jugendgottesdienst „Home Sweet Home” – YouTube
  2. Premiere am 26.02.2021: https://youtu.be/vP2VzHwFFuo.