„Ehe Erfolgreich“ – Vier Abende für (Ehe-)Paare – Ein evangelischer Beziehungskurs

Von Johannes Luck

 

Ein Kurs für Paare – Was erwartet uns da?

Ein würziger Duft liegt in der Luft, als Susanne und Mark1)  auf den Raum zusteuern, der mit seinem warmen Licht in der langsam einsetzenden Abenddämmerung auf sich aufmerksam macht und in dem heute Abend der Kurs mit dem Titel „Ehe erfolgreich“ stattfindet. Hier soll es darum gehen, wie sich über viele Jahre hinweg eine gelingende Partnerschaft führen lässt. Susanne hatte von diesem Angebot in der Zeitung gelesen, es Mark vorgestellt und gemeinsam hatten sie beschlossen: Wir probieren das mal aus. Vielleicht tut es uns ja gut. 
Jetzt ist ihnen beiden allerdings fast ein bisschen mulmig zumute. Was wird wohl an den vier Abenden des Kurses geschehen? Aber sie sind auch neugierig. Während sie die letzten Meter auf den Raum zulaufen, rätselt Susanne über den würzigen Geruch in der Luft. „Ob Mark das überhaupt auffällt? Bestimmt nicht!“, denkt sie sich still und schaut ihn an. Sie sind beide echt verschieden, ob das wohl ein Vor- oder ein Nachtteil für ihre Beziehung ist? Noch während sie darüber nachdenkt, betreten die beiden den Raum. In der Mitte steht ein großer Tisch aus hellem Holz. Hinter ihm ist eine Leinwand ausgefahren, auf der noch nichts zu sehen ist. An der Seite liegen einige Bögen Papier. Auf dem Tisch stehen mehrere Kerzen, ein paar Flaschen Wein und Saft und Wasser und Schalen mit süßen und salzigen Snacks. Und dann stehen auf dem Tisch allerhand Töpfe mit verschiedensten Kräutern. Dazu Zwiebeln, Knoblauch. Das ist also die Erklärung für den würzigen Geruch. Nur: Wozu stehen hier so viele Kräuter auf dem Tisch, fragen sie sich. Wohl nicht nur zur Dekoration. Aber wahrscheinlich wird der Abend das ja noch zeigen, denken sie sich. Ihre Vorfreude ist auf jeden Fall schon mal geweckt. Sie freuen sich über die gemütliche Stimmung und sind gespannt auf den Abend.


Ein Kurs für Paare – Was soll das bringen?

Planung und Ziel

„Ehe erfolgreich – Vier Abende für (Ehe-)Paare“ ist der Titel eines Kurses für verheiratete und unverheiratete Paare, der Gestaltungsmöglichkeiten und besondere Klippen einer lebenslangen Beziehung in den Blick nimmt. Der Kurs soll die Möglichkeit geben, sich pädagogisch angeleitet und in lockerer Atmosphäre mit dem*der Partner*in über Ehe und Partnerschaft auszutauschen. Zudem bietet der Kurs die Gelegenheit, sich auch mit anderen Paaren über das Thema Partnerschaft und Beziehung zu unterhalten. Die Sitzungen des Kurses bauen aufeinander auf, können aber auch als einzelne Abende wahrgenommen werden, damit das einmalige Fehlen nicht zu einer gänzlichen Absage führen muss. 
Der Kurs hat zum Ziel, Paaren eine methodisch unterstützte Austauschmöglichkeit über ihre Beziehung zu geben, die ihnen hilft, eine vertiefte Sicht auf ihre Partnerschaft zu gewinnen. Dabei sollten die anwesenden Paare zunächst miteinander und dann anschließend nach Belieben auch mit den anderen Paaren über unterschiedliche Dimensionen von Partnerschaft und Ehe ins Gespräch kommen. 

Charakter

Da das Thema Partnerschaft und Beziehung mit einer gewissen Scham besetzt sein kann, selbst wenn es nur darum geht, sich gegenüber dem*der eigenen Partner*in zu öffnen, ist ein vertrauensvoller Rahmen für die Durchführung des Kurses elementar. Hierzu zählt neben dem vertrauensvollen Auftreten der kursleitenden Person ein Raum, der Sicherheit vermittelt und in dem sich die Teilnehmenden wohlfühlen. Eine gemütliche Atmosphäre wird erzeugt. Der Raum kann mit Kerzen und Servierten dekoriert werden. Wein, Säfte und Wasser sowie verschiedene Snacks vermitteln mehr den Eindruck eines Abends in einer Bar als den eines Seminars. Außerdem wird dem Tisch jeden Abend ein Symbol hinzugefügt, welches das Thema darstellt und das zumindest teilweise auch an den folgenden Abenden mit auf den Tischen steht, um die Facetten von Beziehungsthemen, die im Kurs thematisiert wurden, am Ende in Gänze sichtbar werden zu lassen.

Werbung

Es bietet sich an, den Kurs als gemeindeübergreifendes Projekt auszurichten, also z.B. für die Region oder den gesamten Kirchenkreis. Aus diesem Grund liegt auch die Zusammenarbeit z.B. mit einer evangelischen Familienbildungsstätte und Beratungsstellen nahe, da auf diese Weise mehr Menschen erreicht werden können. Neben Anzeigen in Programmheften von Bildungseinrichtungen, im Gemeindebrief, den Zeitungen und Social Media bietet sich die aktive Werbung bei den Brautpaaren der Kirchengemeinden z.B. durch direkte Ansprache, Anschreiben oder auch Werbung auf einer Hochzeitsmesse an. Ein ansprechendes Design der Werbematerialien, das einen vertrauensvollen und für die jeweilige Generation passenden Rahmen für dieses sensible Thema Partnerschaft vermittelt, ist hierbei elementar.


Ein Kurs für Paare – Wie läuft der ab?

Erster Abend: Zeit zu zweit und die Sprachen der Liebe

Der Abend beginnt mit einer Kennenlernrunde. Hierzu werden Kräutertöpfe auf dem Tisch verteilt. Die Teilnehmer*innen erhalten den Auftrag, sich ein Blatt von dem Kraut abzuzupfen, das ihrer Vorstellung von Partnerschaft am ehesten entspricht, und dieses der Runde bei ihrer eigenen Vorstellung mitzuteilen. Anschließend erfolgt eine kurze Einleitung zum ersten Teilthema des Abends: „Eine gemeinsame Zeit nur für sich als Paar finden“. Hierzu wird, wie zu den folgenden thematischen Einheiten, ein kurzer Video-Clip mit satirisch dargestellten Paarszenen2)  eingespielt, die zum Denken anregen und das Eis brechen. Anschließend erhält jede*r Teilnehmer*in einen Bogen (M 1) zum Thema, den sie*er zunächst für sich beantwortet. Nach dieser Einzelarbeit tauschen sich die Teilnehmer*innen mit ihren Partner*innen über ihre Ergebnisse aus. Es hat sich gezeigt, dass die Durchführung dieses Arbeitsschrittes intensive Gespräche zwischen den Partner*innen in Gang setzte. Im Anschluss an diese Partnerarbeit wird dann durch eine offene Frage als Impuls zu einem allgemeinen Austausch zwischen allen Teilnehmer*innen ermöglicht, die nicht ergriffen werden muss (!), jedoch in der Durchführung bisher immer zu einem spannenden Austausch zwischen den Paaren führte. Neben der Frage nach einer gemeinsamen „Beziehungs-Qualitytime“ wird als zweites Teilthema des Abends auch das Konzept der „fünf Sprachen der Liebe“ vorgestellt; es geht davon aus, jeder Mensch spreche eine bevorzugte Sprache der Liebe (z.B. „Zärtlichkeit“ oder „Hilfsbereitschaft“). Das Kennen seiner eigenen Sprache der Liebe und die des*der Partner*in soll helfen, Kommunikationsproblemen zwischen Liebespartnern zu vermeiden. Das Thema wird wieder mit einem Video-Clip eingeleitet. In der Einzelarbeit mit dem Bogen (M 2) haben die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, ihre Sprache der Liebe herauszufinden. In der Partnerarbeit können sie sich dann mit ihrem*ihrerPartner*in darüber austauschen, welche Sprache der Liebe sie jeweils sprechen.

Zweiter Abend: Richtig streiten können mit dem Modell der gewaltfreien Kommunikation

Als Symbol dieses Abends stehen Playmobilmännchen auf dem Tisch, die sich auf unterschiedliche Weise streiten. Nach einer Einführung mit einem Video-Clip über Formen der Auseinandersetzung in einer Beziehung und der Einzelarbeit an einem Fragebogen (M 3) über das Streiten werden die Teilnehmer*innen dazu aufgefordert, mit ihrem*ihrer Partner*in für sich das Playmobilmännchen-Paar zu finden, das ihrer Streitkultur am ehesten entspricht. Sie können sich darüber zu unterhalten, ob dies die Form ist, die ihnen am meisten zusagt. In das Gespräch können sie die Ergebnisse von ihren Bögen mit einbeziehen. Es folgt eine Einführung in das Konzept der „Gewaltfreien Kommunikation“ 3), das auf „Beobachten“ – „Gefühlsbeschreibung“ – „Bedürfnisäußerung“ und „Wunschäußerung“ beruht, und ein Gespräch zwischen den Paaren zu diesem Konzept4)

Dritter Abend: Lebensaufgaben meistern – Lebensziele verfolgen

Als Symbol für diesen Abend liegt ein kleiner alter Koffer auf dem Tisch, der dafür steht, dass Beziehung eine Reise ist. Wieder erfolgt eine Einführung mit Video-Clip, dieses Mal über „Träume und Ideale“, eine Einzelarbeit mit Bogen (M 4) und ein Austausch mit dem*der Partner*in. Es schließt sich eine Einleitung und ein Video-Clip über die Schwierigkeit an, Zeit und ein Konzept für ein Paargespräch über gemeinsame Ziele zu finden. Durch einen weiteren Fragebogen (M 5), der wieder erst in Einzel- und dann in Partnerarbeit bearbeitet wird, können sich die Paare ihre eigene Situation vor Augen rufen. Anschließend wird ihnen das Konzept der „Ehe-Reisemappe“ (M 6) vorgestellt und Vorlagen dazu ausgeteilt. Hier können gemeinsame Ziele auf einen Bogen notiert und in eine schöne Mappe geheftet werden. In einem unter den Zielen vorbereiteten Bereich kann später aufgeschrieben werden, wie das Ziel umgesetzt wurde. Dann kann der Zettel nach hinten in die Mappe zu den Erinnerungen geheftet werden. Die „Ehereisemappe“ kann zu festen Terminen hervorgeholt werden und bietet einen Rahmen, um sich über Ziele zu verständigen.

Vierter Abend: Partnerschaft und Gott

Der vierte Abend hat das Thema „Partnerschaft und Gott“. Als Symbol liegt eine rote Schnur auf dem Tisch. Mit Prediger 4,9-12 wird auf die dreifache Schnur hingewiesen, die nicht so leicht reißen kann wie eine einfache oder zweifache. Gott als dritter Faden in der Schnur, die zwei Menschen miteinander verbindet, ist das Grundschema des Abends. Ein Bogen (M 7) mit Fragen über die Rolle, die Gott im Beziehungsleben der Paare spielt, wird einzeln bearbeitet und dann mit dem*der Partner*in besprochen. Anschließend suchen die Paare nach drei bevorzugten Bibel-Sprüchen zum Thema Partnerschaft, die auf einem roten Faden aufgehängt sind. Im Plenum kommen die Paare darüber ins Gespräch. Danach wechseln alle Teilnehmer*innen in einen Kirchraum zu einer Andacht. Gestaltet wird die Andacht mit eingespielter Musik, einer gespielten Lesung mit den »Szenen einer Ehe« von Loriot5)  und dem gegen diese »Szenen einer Ehe« gestellten Vers aus dem Epheserbrief. Dem folgt eine Ansprache, die die Ergebnisse der letzten Abende noch einmal zusammenfasst und vor Gott stellt, und eine Anwendung, bei der jeder*jeder Teilnehmer*in einen grauen Faden bekommt, und die Paare ihre beiden grauen Fäden mit einem roten (Gottes-)Faden zu einer dreifachen Schnur zusammenbinden. Den Höhepunkt der Andacht bildet – auch nach Aussage bisheriger Teilnehmer*innen – der Segen, der jedem Paar – wenn gewünscht – persönlich zugesprochen wird. An die Andacht schließt sich noch ein geselliges Beisammensein an, das Raum für allgemeine Themen und Wünsche und für Feedback bietet.

 

  1. Namen fiktiv gewählt
  2. Entnommen aus Berger, J.: Wir Beide. Der Kurs.
  3. Vgl. Rosenberg, M. B.: Gewaltfreie Kommunikation, Paderborn 2016.
  4. Schaubild: Gewaltfreie Kommunikation.
  5. Loriot: Szenen einer Ehe, Zürich 1989.