Phänomene sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität

Von Theodor Adam

 

Genderthemen sind sensible Themen. Sie streifen die eigene Persönlichkeit und auch die des Gegenübers, sie fragen Identitätskonzepte an und haben somit das Potential, Reifungsprozesse in Gang zu setzen, die zugleich aber auch verunsichern können. Um so besser ist es zu wissen, wovon gesprochen wird, was gemeint ist, um einander genau zu verstehen. Im Folgenden finden sich dazu einige Begriffsklärungen:

 
Androgyn:
Dieser Begriff bezeichnet Menschen, deren äußeres Erscheinungsbild oder deren Verhaltensweisen nicht eindeutig oder nicht sofort eindeutig einem der beiden Geschlechter, wenn man von einem Geschlechterdualismus ausgeht, zuzuordnen ist, da androgyne Menschen sowohl männlich konnotierte als auch weiblich konnotierte Merkmale auf sich vereinigen. Anders als der Begriff  >Intersexualität bezieht sich dieser Begriff nicht vorrangig auf die biologischen Gegebenheiten, sondern auf die Erscheinung eines Menschen.
 

Biologisches Geschlecht
Das so genannte biologische Geschlecht beschreibt die Geschlechtszugehörigkeit, die sich auf Grund biologischer Merkmale ergibt (Gegensatz: Gender). Hierbei gibt der Genotyp, die chromosomale Kombination, in der Regel den Phänotypen, die Ausbildung der Geschlechtsmerkmale, vor (>Intersexualität). Das biologische Geschlecht wird zumeist bei der Geburt bestimmt (>Geburtsgeschlecht).
 

Cis-Gender
Das Wort cis ist latein und bedeutet diesseits. Ein Cis-Gender ist demnach ein Mensch, dessen soziales Geschlecht bzw. dessen Geschlechterrolle kongruent ist mit seinem biologischen (diesseitigen) Geschlecht (Gegensatz: Trans*Phänomene).
 

Coming-Out
Das Coming-Out dient der Aufklärung der Umwelt über die eigene sexuelle Orientierung oder die (empfundene) Geschlechtszugehörigkeit und findet meist dann statt, wenn kein >Cis-Genderismus und / oder keine >Heterosexualität vorliegen.
 

Drag King / Drag Queen
Drag-Menschen verwandeln sich mittels Verkleidung in eine Kunstfigur des Gegengeschlechts, wenn von einem >Geschlechterdualismus ausgegangen wird. Dabei muss jedoch keine gegengeschlechtliche Identität vorliegen.
 

Gender
Mit Gender wird die soziale Geschlechterrolle jenseits aller körperlichen Ausprägungen / aller Geschlechtsmerkmale beschrieben.
 

Geschlechterdualismus
Wird von der alleinigen Existenz von Männern und Frauen ausgegangen, liegt das soziale / gesellschaftliche Konstrukt eines Geschlechterdualismus vor, in dem es allein zwei Geschlechter gibt, die sich diametral gegenüberstehen.
 

Geburtsgeschlecht
Dieser Begriff bezeichnet das >biologische Geschlecht, das jedoch nicht mit der empfundenen Geschlechtsidentität übereinstimmen muss (>Transidentität).
 

Geschlechtsangleichung
In der Geschlechtsangleichung werden die Geschlechtsmerkmale, die nicht mit der empfundenen Geschlechtsidentität vereinbar sind, an die empfundene Geschlechtsidentität angeglichen (>Transidentität).
 

Geschlechtsumwandlung
Die Geschlechtsumwandlung beschreibt die ungewollte Veränderung der Geschlechtsmerkmale, die häufig bei dem Vorliegen von >Intersexualität vollzogen wurde.
 

Geschlechtsidentität
Das Geschlecht, dem sich ein Mensch zugehörig fühlt, wird Identitätsgeschlecht genannt. Geschlechtsidentität als Begriff sensibilisiert dafür, dass Geschlechtszugehörigkeit jenseits der biologischen Gegebenheiten auch eine Frage der eigenen Identitätsempfindung ist.
 

Heterosexualität
Wird von der Existenz eines >Geschlechterdualismus´ ausgegangen, beschreibt Heterosexualität die Liebe zwischen Menschen des je anderen Geschlechts.

Homosexualität, lesbisch, schwul
Wird von der Existenz eines >Geschlechterdualismus´ ausgegangen, beschreibt Homosexualität die Liebe zwischen Menschen des je eigenen Geschlechts. Lieben Frauen Frauen gelten sie als lesbisch; lieben Männer Männer, gelten sie als schwul.
 

Heteronormativität
Eine heteronormative Gesellschaft sieht Heterosexualität als Normalfall an und damit Homosexualität als Abweichung von der Norm. Oft geht mit Heteronormativität eine Normensetzung einher, die einen >Geschlechterdualismus und >Cis-Genderismus postuliert.
 

Intersexualität
Vereinigt ein Mensch in sich Geschlechtsmerkmale beider Geschlechter, wenn von einem >Geschlechterdualismus ausgegangen wird, so gilt er als intersexuell. Geschlechterdualismusdekonstruktivistische Konzepte hingegen gehen von mehreren als allein zwei biologischen Geschlechtern aus, sodass Intersexualität in ihnen als eine weitere biologische Variante angesehen wird, aber nicht als Sonderfall.
 

Queer
Dieser Begriff umfasst alle Phänomene jenseits der >Heteronormativität, des >Geschlechterdualismus´ und des >Cis-Genderismus´.
 

Trans*
Dieser Begriff fasst alle Phänomene der Überschreitung von Geschlechterzugehörigkeiten zusammen.
 

Transgender
Menschen, die soziale Geschlechterrollen überschreiten, verlassen oder neu bestimmen, die ihnen die Gesellschaft zuweist, werden als Transgender beschrieben.
 

Transsexualität
Der Begriff beschreibt das Phänomen der >Transidentität und ist deswegen missverständlich, weil er durch die Anlehnung an das englische „sex“ (Geschlecht) im Deutschen nahelegt, es ginge um eine Frage der sexuellen Orientierung oder um eine sexuelle Spielart, nicht aber um Identität.
 

Transidentität, Transmann, Transfrau
Transidente Menschen identifizieren sich nicht mit den Geschlechtsmerkmalen ihres Körpers, ihrem >Geburtsgeschlecht und ihrer Geschlechterrolle und empfinden somit eine immanente Unstimmigkeit. Wird von einem >Geschlechterdualismus ausgegangen, sind Transmänner Menschen, die als weiblich geboren wurden und eine männliche >Geschlechtsidentität haben und Transfrauen Menschen, die als männlich geboren wurden und eine weibliche >Geschlechtsidentität haben.
 

Transition
Die Transition beschreibt alle Prozesse, die eine transidente Person durchläuft, um zu einer Lebensform zu gelangen, die ihrer >Geschlechtsidentität entspricht.

Travestie
Der Begriff beschreibt eine Kunstform, bei der >Cis-Männer sich als weibliche Wesen präsentieren, ohne eine >Transidentität auszubilden.