Dem Schöpfer dienen - oder: Das Testament des heiligen Bernward

von Eva Busse

 

Thema der UE: Der Mensch auf der Suche nach Identität

Stundenthema: Bernwards Testament:
Interpretation im Rahmen der Unterrichtsreihe "Der Mensch auf der Suche nach Identität"

 

1. Unterrichtszusammenhang

Im Rahmen des Kursthemas "Der Mensch auf der Suche nach Identität" wurde einführend die christlich-religiöse Dimension der Leitfragen "Wer bin ich?" und "Wozu bin ich?" kurz umrissen. Auf der Grundlage poetischer und biblischer Texte erarbeiten die Schüler grundlegende Aussagen zu einem Menschsein, das durch das Wort Gottes seinen Halt und seine Bestimmung erfährt (insb. Bonhoeffer: 'Wer bin ich?'). Die Beschäftigung mit dem 'Gleichnis von den anvertrauten Talenten' (Mt. 25,14-30) rückte die Frage nach dem dankbaren Gebrauch geschenkter Gaben in den Vordergrund und wurde im Kontext der Parusie (Mt. 25, 31-46) entwickelt. Dabei stieß die Vorstellung eines vor Gott zu verantwortenden Handelns, welches das menschliche Dasein in Entscheidungssituationen stellt, bei den Schülern auf Unverständnis und Abwehr. Eine Bildbetrachtung zum Tympanon des Bamberger Doms (Christus, der Weltenrichter) verdeutlichte die Ernsthaftigkeit, die das Lebensbewusstsein früherer Generationen prägte, und leitete in die Welt des Mittelalters über.

Seit einer Woche beschäftigt sich nun die Lerngruppe mit Bischof Bernward. In Annäherung an seine Persönlichkeit sollen die Schüler Gelegenheit erhalten, im fernen fremden Leben den aufgeworfenen anthropologischen Grundfragen nachzugehen. Zu Beginn stand eine Originalbegegnung mit seinen hervorragenden Kunstwerken (Michaeliskirche mit Krypta, Bronzetür und Christussäule im Dom). Dem folgte die Lektüre einiger Kapitel aus der Biographie Thangmars, die den Schülern einen Eindruck von der besonderen Begabung Bernwards und seinem gewaltigen Kunstschaffen vermittelte (insb. Schulzeit, Pflege der Künste in Hildesheim). In dieser Stunde wird nun der Versuch unternommen, mit Hilfe seines Testaments den Ursprung und das Ziel seines Engagements zu verstehen. Im Anschluss daran ist die exemplarische Betrachtung eines Kunstwerkes hinsichtlich seines inneren religiösen Gehaltes vorgesehen (s. HA).

 

2. Sachanalyse

Bernward von Hildesheim (960 - 1022), der geniale Künstlerbischof, gehört zu den schillerndsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Sein Lebensweg, in der Vita seines Lehrers Thangmar überliefert, führt von der Hildesheimer Domschule bis zum ottonischen Kaiserhof. Im Jahre 993 tauscht er seine hochrangige Position im politischen Machtzentrum des Reiches - Bernward war Notar und Erzieher von Otto III. - gegen die Ernennung zum Oberhaupt der Hildesheimer Diözese ein. Unter seiner staatsmännisch klugen und innerkirchlich engagierten Leitung erlebt das Bistum eine Blütezeit. Die noch vorhandenen Zeugnisse seines fast 30-jährigen Wirkens, des 'Bernwardinischen Zeitalters', weisen Bernward als einen originellen und theologisch anspruchsvollen Künstler aus. Sein vielfältiges Schaffen kann dabei nur auf den Hintergrund seiner tiefen Glaubensüberzeugung verstanden werden: Architektur, Gussarbeiten, Malerei, Goldschmiedearbeiten u. v. m. veranschaulichen das Bekenntnis eines gottesfürchtigen Menschen.

Eine wertvolle Quelle für Bernwards Selbstverständnis bietet sein sogenanntes Testament von 1019. Der eigentlichen Dotation - Bernward überträgt seinen verfügbaren Besitz der Michaelis-Stiftung - geht eine persönliche Reflexion voraus. Nur dieser Teil der Schenkungsurkunde ist für die Unterrichtsstunde von Interesse. Seine Qualifizierung als 'Testament' ist äußerst treffend, da Bernward in einer Art Vermächtnis Einblick 1. in seine theologisch-anthropologischen Vorstellungen und 2. in seinen Lebensweg gewährt. Bernwards Ausführungen erhellen seinen leidenschaftlichen Einsatz für die religiöse Kunst und machen sie auf der Basis einer innigen Gottesbeziehung verständlich:

Ausgangspunkt und existentielle Grundlage seiner Überlegungen ist das konsequente Aufeinanderbezogensein von Gott und Mensch. Für Bernward entspricht es der "ursprünglichen Bestimmung" (Z.4)) des Geschöpfes, seinem Schöpfer zu dienen. Der Mensch steht dabei zwischen Himmel und Erde, d. h. er erfährt unter der gnadenreichen Führung Gottes Barmherzigkeit, auch wenn die Sünde ihn abzulenken droht. Gott hilft seinem Geschöpf, indem er sich ihm zuwendet, korrigierend eingreift und ihn mit "starker Hand" (Z.6) an sich zieht. Diese fundamentale Verhältnisbestimmung wird im folgenden durch biblische Beispiele veranschaulicht. In Abraham, Mose, Elia, David und Salomo wählt Bernward alttestamentliche Gestalten, die Gott vertrauten und durch ihre Taten (facta) seiner Ansprache und somit ihrer Bestimmung folgten. Ihren individuell verschiedenen Taten entspricht die individuelle Gewichtung der Verdienste (merita) bei Gott. Durch eine exponierte Stellung der aufgeführten Persönlichkeiten sowohl zur Erdenzeit als auch "in der Ewigkeit" (Z.15) wird ihr Einsatz von Gott anerkannt.

Im Anschluss an Salomo, den Erbauer des Tempels und persönlichem Vorbild des kunstsinnigen Bischofs, beginnt Bernward von sich zu sprechen und fügt sich damit in die Reihe der Großen ein: Noch hat er keine Verdienste vorzuweisen, doch er ist sich seiner besonderen Begabung und seiner Aufgaben vor Gott bewusst. So strebt er nach verdienstvollen Taten (Z.16f), die auch ihn den "Engeln gleich" sein lassen. Es entspricht seinem künstlerischen Talent, dass er in der "architectura meritorum" seinen persönlichen und einzig ihm von Gott zukommenden Weg zum Seelenheil sieht. Unter dieser Voraussetzung wird auch verständlich, warum ihn die hochrangige Stellung im Dienste des Kaisers nicht erfüllen kann. Für Bernward bedeuten die Jahre am Hof rückblickend eine Zeit in "recht bescheidenen Verhältnissen", da er seiner eigentlichen Berufung nicht nachzukommen vermag. "Von göttlicher Gnade gerührt" (Z.20) heißt in diesem Zusammenhang, dass er sich dank vieler Talente zum Kunstschaffen im Dienste Gottes bestimmt sieht! Doch die "damaligen Lebensumstände" (Z.25) lassen es nicht zu, dass er sich seiner Bestimmung gemäß entfaltet. Für Bernward muss dies einer Zuwiderhandlung im Verhältnis zu Gott gleichkommen: das quälende Bewusstsein seiner Sündhaftigkeit verstärkt die Unruhe seines Suchens und entkräftet jeglichen Vorwurf, er handele nur aus eitler Selbstgefälligkeit. Die Ernsthaftigkeit seines Anliegens, dem Schöpfer aktiv zu dienen, wird gerade in diesem persönlichen Lebensrückblick deutlich. Sie korrespondiert mit Bernwards dankerfülltem Schaffensdrang, der nach seiner gottgewollten Bischofswahl einsetzt: "Jetzt (...) wollte ich in die Tat umsetzen, was ich seit langem im Herzen plante" (Z.28).

Als ein in Stein gehauenes Vermächtnis darf auch die oberste Grabplatte Bernwards gelten (Nachbildung eines verlorenen Originals, 14. Jh.). Das lebensgroße Hochrelief zeigt die idealisierte jugendliche Gestalt Bernwards. In der Rechten hält der den Bischofsstab, in der Linken ein Modell der Michaeliskirche. Sie ist Inbegriff aller religiösen Kunst, zu der sich Bernward berufen fühlte und mit der er sich Gott gegenüber zu verantworten gedachte.

 

3. Didaktische Analyse

Sowohl das Kursthema als auch seine Zuspitzung auf Aspekte der Selbstverwirklichung und Sinnsuche sind für die gymnasiale Oberstufe ausdrücklich vorgesehen (RRL 1985:18). Die hohe didaktische Relevanz trägt den entwicklungspsychologischen Erkenntnissen Rechnung (Jugendalter, Identitätssuche). Die Auseinandersetzung mit sinngebenden Existenzformen kann dabei für die Jugendlichen zur Orientierungshilfe für die eigene Lebensgestaltung werden bzw. die Sinnperspektive verstärkt in ihr Bewusstsein rücken.

Die Beschäftigung mit dem Testament Bernwards stellt im Kontext der vorangegangenen Stunden den Versuch dar. Anregungen der regionalen (Halbfas) und biographischen (Biehl) Religionsdidaktik umzusetzen: Als Lehrbuch dient das in dem geschichtlichen und aktuellen Lebensprozeß der Region gegebene Programm. Vordergründiger - den Schülern sofort ersichtlicher - Anlass ist die Feier des Jubiläumsjahres (Bernwards Amtsantritt vor genau 1000, seiner Heiligsprechung vor 800 Jahren). Bischof Bernward rückt in das Bewusstsein seiner Heimatstadt und regt an, das in Person und Werk zugängliche religions- und kulturgeschichtliche Bildungspotential zu erschließen. Angesichts einer Lerngruppe, deren Interaktionserfahrungen mit dem Christentum jedweder Form defizitär sind - die illusionslose Wahrnehmung der Schülerwirklichkeit ist unabdingbar - erscheint mir dieser Ansatz sinnvoll. Der bisherige Unterrichtsverlauf zeigt, wie schwer es den Schülern fällt, ihre gewohnte Umgebung zu verlassen und Entdeckungen zu machen. Die Hilflosigkeit vor bzw. die Entfremdung von christlichem Traditionsgut macht es nötig, hier nicht zurückzuweichen, sondern Begegnung anzubahnen. Intendiert ist keine sofortige Betroffenheit der Schüler, sondern einzig die Annäherung an fremde Erfahrungen, die vielleicht im späteren Lebensvollzug als eigene Problemstellung wiederentdeckt werden.

Den Anknüpfungspunkt stellt nun die intensive Sinnsuche Bernwards auf dem Hintergrund seiner spezifischen Gottesbeziehung dar. Bernwards Leben hebt sich weit über den zeitgeschichtlichen Horizont ab, entbehrt aber nicht der anthropologischen Konstanten. Für Bernward war der Hildesheimer Bischofssitz der Ort, an dem er 'mit sich identisch' sein konnte und an dem seine theologische Lebensthematik "Wozu bin ich?" eine Antwort fand. Sein Ringen um den rechten Gottes-Dienst strahlt bis in unsere Gegenwart. Ein Jahrtausend später kann sie aufgegriffen, den Schülern vorgestellt und transparent gemacht werden. Bernwards Entfaltung in seiner religiösen Kunst ist besonders anschaulich und sinnenfreundlich. Als Kontrasterfahrung zum Alltäglichen ist das Anliegen Bernwards in seiner expressiven Umsetzung geeignet, die Schüler aufmerken zu lassen.

Bernwards Testament ist als engagiertes Glaubenszeugnis zu verstehen. Den Gedankengang zu erarbeiten und somit den Antrieb für sein ungewöhnliches Tun zu erhellen, ist vorrangiges Ziel der Stunde. Ihr Verlauf wird durch den Fortgang des Textes bestimmt sein. Der Text selbst (lt. Übersetzung Kallfelz; Hütter) wurde in seinem unterrichtsrelevanten Teil nur leicht gekürzt (Elia). Er ist, trotz der Fremdheit der Quelle, durch seine prägnante Formulierung gut verständlich. Angesichts der vorangegangenen Beschäftigung mit Bernward darf die Stundenfrage "Worin liegt der Antrieb für Bernwards unermüdliches Kunstschaffen begründet?" als implizit aufgeworfen gelten. Die Antwort darauf muss jedoch in ihrem Begründungszusammenhang erfasst werden.

Ein Problem der Texterschließung besteht in seiner Zweiteilung in Theorie und Biographie. Angesichts des Leistungsvermögens vieler Schüler scheint es mir hilfreich, die sorgfältige Gliederung des Textes beizubehalten. So bildet Bernwards theologische Reflexion, die im Tafelbild entwickelt wird, die Basis zur Ermittlung der lebensgeschichtlichen Bezüge. Um die Verschränkung von Theologie und Leben im Auge zu behalten, werden Einstiegs- und Vertiefungsphase durch die visuelle Präsenz Bernwards verbunden; das Grabbild ermöglicht zudem eine weitergehende Interpretation nach Kenntnis seines Testaments. Ein erster Schwerpunkt liegt in der Bestimmung des Verhältnisses von Gott und Mensch. Die Ausrichtung des Menschen auf Gott hin (vgl. Augustin: fecisti nos ad te) muss von den Schülern erkannt und durch die Beispiele erläutert werden. Die individuelle Ausprägung seiner Dienste für Gott ist bedeutsam, da letztendlich jeder einzelne mit seinen spezifischen Möglichkeiten zu einer Antwort berufen ist. Erst im Anschluss daran, wenn die theologische Grundlegung erfolgt ist, kann der narrative Teil entfaltet werden. Seine biographische Komponente wird das Testament aus Schülersicht lebendig werden lassen. Da in Krisenphasen die Sinn- und Identitätsfrage aufbricht, bietet der vorgestellte biographische Wendepunkt in Bernwards Leben den Schlüssel für ein besseres Verständnis seiner Intentionen. Es sollte deutlich werden, dass der Mensch in Entsprechung oder Widerspruch zu seiner Bestimmung leben kann -, hier findet die Entsprechung ihre göttliche Bestätigung in der Bischofswahl. Bernwards individueller Werg wird zum Schluss der Stunde durch die Deutung des Grabbildes von den Schülern vertieft (Michaeliskirche als Inbegriff aller religiösen Kunst, sichtbares Zeichen seines Gottes-Dienstes).

Mögliche Schwierigkeiten sehe ich darin, dass Schüler sich jeweils nicht konsequent auf den Gedankengang Bernwards einlassen und die Texterschließung durch vorschnelle Interpretationen erschwert wird. Da dies jedoch die Erstbegegnung mit einem Schriftstück des bildenden Künstlers ist, mag das Testament auch mit ernsthaftem Interesse aufgenommen werden. Der Rückschlag zur Lebenswirklichkeit der Schüler kann aus den oben genannten Gründen nicht geleistet werden; eine Verschränkung gegenwärtiger und überlieferter Sinnperspektive liegt allerdings im biographischen Teil nahe.

 

4. Lernziele

Stundenlernziel: Die Schüler sollen anhand der Analyse und Interpretation von Bernwards Testament erkennen, dass Bernward religiöses Kunstschaffen als seinen individuellen, göttlich geforderten und legitimierten Weg ansieht, seiner geschöpflichen Bestimmung nachzukommen.

Teillernziele:
Die Schüler sollen:

  1. durch die Rückbindung an die vorigen Stunden (Grabbild, immenses Kunstschaffen Bernwards) angeregt werden, sich mit der Stundenfrage "Worin liegt der Antrieb für Bernwards rastloses Kunstschaffen begründet?" auseinanderzusetzen, und durch die Primärrezeption seines Testaments zu ersten Hypothesen angeregt werden>; (k,a)
  2. indem sie das Verhältnis Gott-Mensch als Bezugspunkt für die Texterschließung nehmen, es durch eine genaue Textanalyse (Z.1-7) in seinem innigen Bezug beschreiben können; (k)
  3. indem sie die Beispiele (Z.8-13) in ihrer individuellen Ausprägung untersuchen, diese als Veranschaulichung von göttlicher Ansprache und konsequenter menschlicher Nachfolge verstehen, welche Rechtfertigung vor Gott findet; (k)
  4. durch die gemeinsame Lektüre des biographischen Teil Bernwards Anbindung an seine Vorbilder erkennen (David, Salomo, Bernward) und sein persönliches Anliegen als drängende Frage nach der gottgewollten Bestimmung (Z.16-18) herausstellen; (k)
  5. ausgehend von der Schilderung seiner Zeit am Hof (Z.19-25), Bernwards innere Unruhe (Sündenbewusstsein, Verantwortung vor Gott) aufzeigen und sie als Ausdruck einer kritischen - weil seiner Berufung widersprechenden - Lebensphase interpretieren und seine offensichtliche Stimmungsänderung bei Amtsantritt (befreiende Freude, Wille Gottes, ermöglicht dienstbare Verkündigung) erläutern; (k)
  6. sich Bernwards Anliegen als Künstler und Christ (Einsatz seiner Talente als wahrer Gottes-Dienst) vertiefend vor Augen führen, indem sie das Grabbild als Ausdruck seines letzten Willens (verdienstvoll dem Schöpfer gegenübertreten) auf dem Hintergrund des Testamentes interpretieren können (a,k).

 

5. Methodische Reflexion

Die Unterrichtsstunde gliedert sich in eine Einstiegs-, zwei Erarbeitungs- und eine Vertiefungsphase, in denen neben kurzer Stillarbeit und Lehrervortrag das gelenkte Unterrichtsgespräch bestimmend

Zu Beginn sollte man durch visuelle Impulse den Menschen Bernward mit seinem Werk in den Blickpunkt der Schüler stellen. Ihr Interesse soll gebündelt, eine Rückbindung geschaffen sowie die Perspektive der Weiterarbeit entwickelt werden. Das Grabbild Bernwards ist den Schülern in natura bekannt (Exkursion); die Wiederaufnahme einer OH-Folie der vorigen Stunde (Auflistung der Einzelheiten seines Kunstschaffens) knüpft an die Schülerreaktionen der letzten Stunde an. Bernwards künstlerische Ambitionen wurden mit Kopfschütteln bedacht, und genau dieses Unverständnis gilt es aufzunehmen, um das 'Rätsel' Bernward zu pointieren und die Stundenfrage nach dem Antrieb für sein Tun explizit zu formulieren.

Nach kurzer Einführung wird das Testament im folgenden im Schülervortrag (Mitleseverfahren) von zwei guten Schülern präsentiert. In einer freien Phase haben die Schüler Gelegenheit zur Artikulation spontaner Eindrücke und Beobachtungen. Es ist zu erwarten, dass die Schüler dem Text bezüglich der Leitfrage erste Antworten entnehmen bzw. Hypothesen bilden (Himmel verdienen, Schöpfer dienen, Rettung der Seele etc.).

Nach einer Zusammenfassung der wichtigsten Beiträge und der Klärung oder auch Zurückstellung möglicher Verständnisfragen erfolgt die Erarbeitung des theologischen Fundamentes im Rahmen einer Stillarbeit (Theorieteil Z.1-15). Sie soll die Schüler zu einer konzentrierten Auseinandersetzung mit dem Text anhalten und das Auswertungsgespräch vorbereiten. Ein entwickelnder Tafelanschrieb unterstützt die Strukturierung des Gespräches, veranschaulicht die gedankliche Entfaltung des Textes und die sichert Ergebnisse. Da das Tafelbild der Stunde im wesentlichen auf der ersten Erarbeitung basiert, jedoch als Gedankenstütze für den biographischen Teil von Bedeutung ist, soll es je nach Bedarf ergänzt und farblich gestaltet werden.

Die Erarbeitung des biographischen Teils erfolgt in einer zweiten Phase. Die Überlegung wird evtl. durch die Schüler selbst (Einführung Bernwards in die Reihe der Beispiele) oder durch einen Lehrerimpuls erfolgen. Eine gemeinsame Lektüre ruft den Schülern das Anliegen Bernwards erneut ins Bewusstsein und vergegenwärtigt den Text für die folgende Klärung im Unterrichtsgespräch. Seine persönliche Lebensfrage muss anhand des Schlüsselsatzes (Z:16f.) genau beschrieben werden, um auf den anschließenden Lebensrückblick zielgerichtet hinzuführen. Der Konflikt am ottonischen Hof wird vielleicht von den Schülern selbständig erkannt. Sollte dies nicht der Fall sein, kann man die hervorragende Position Bernwards ausmalen, um die Frage nach seiner wahren Bestimmung zu akzentuieren. Falls die vorangegangene Erarbeitung zügig erfolgt, ist es denkbar, die Schüler zu einem Tagebucheintrag Bernwards während seiner Zeit am Hof zu veranlassen (mündlich oder schriftlich). Auf diese Weise können die Schüler eine Einfühlung in diese Entscheidungsphase - vor seiner Lebenswende - ansatzweise vornehmen.

Bernwards Stimmungsänderung bei Amtsantritt leitet bereits in die Vertiefung über, in der das Eingangsbild aufgenommen wird. Eine Deutung seiner Darstellung auf der Grabplatte resümiert die wesentlichen Aussagen seines Testamentes.

 

6. Hausaufgabe

Als vertiefende Umsetzung der Stundenergebnisse und Einführung in die exemplarische Untersuchung eines religiösen Kunstwerkes gab ich den Schülern eine Postkarte des Widmungsbildes des kostbaren Evangeliars mit der Aufgabe: "Beschreiben Sie das Bild, und deuten Sie es auf dem Hintergrund von Bernwards Testament."

 

7. Geplanter Stundenverlauf

Zeit

Unterrichtsschritte/Sachaspekte

Methoden/Medien

LZ

10'

Einstieg

Anbindung an die letzten Stunden:

- Grabbild des Bischof Bernward

- Qualität und Quantität seiner Kunst

- Rätsel seines unermüdlichen Schaffens

Bestimmung der Stundenfrage:

"Wo liegt der Antrieb zu s. Kunstschaffen?"

Textpräsentation

Spontanreaktionen

Zusammenfassung, Überleitung zur Erarbeitung

OH-Folien, M1

UG

 

 

 

 

S-Vortrag, M2

freie Phase

 

1

5'

1. Erarbeitungsphase

Analyse des theoretischen Teils (Z.1-15)

AA: Verhältnis Gott-Mensch aus B.'s Sicht.

- Gott: starke Hand, barmherzig, gnädig ...

- Mensch: dient, verlangt nach Gnade, sündig ...

- Verhältnis: Schöpfer/Geschöpf, Bezogenheit ...

Funktion der Beispiele

- Zusammenspiel Gott-Mensch, Individualität von Tat und Verdienst, Ziel: Nähe zu Gott/bei Got-Sein

Stillarbeit

2

 

 

 

 

3

10'

Auswertung der Stillarbeit

gel. UG, entw. TA

 
 

Zusammenfassung und Überleitung

   

 

13'

2. Erarbeitungsphase

Analyse des biographischen Teils (Z. 16-30)

- Lektüre

Bernwards Anliegen und seine Realisierung:

- Frage nach der gottgewollten Bestimmung

- Deutung der Lebensphasen:

- innere Unruhe am Hof

- Erfüllung in Hildesheim

 

S-Vortrag

 

 

UG

4

 

 

 

5

6'

Vertiefung

Zusammenführung von Grabbild und Testament

- Grabbild als steinernes Testament

- Ausdruck des Wunsches, durch rel. Kunst (Tat)

Gott verdienstvoll gegenüberzutreten.

OH-Folie, M1

6


Mögliches Tafelbild

Das Verhältnis Gott-Mensch aus Bernwards Sicht

Schöpfer - Gott "Den Engeln gleich"
zieht M. an will dienen indiv. Verdienste
ist gnädig verlangt Gnade
barmherzig ist sündig
hilft
Abraham - Glaube indiv. Taten,
Mose - Gesetz Begabungen,
David - Kampf Talente
Salomo - Tempelbau
Mensch-Geschöpf - Bernward - rel. Kunst

Literatur

  • Biehl, Peter: Erfahrung, Glaube und Bildung: Studien zu einer erfahrungsbezogenen Religionspädagogik, Gütersloh 1991.
  • Bergau, Wilfried: "Der Traditionsabbruch bei Jugendlichen - Ursachen und Folgen." In: Arbeitshilfe für den Religionsunterricht, Nr. 47/1989:17-47.
  • Halbfas, Hubertus: Wurzelwerk. Geschichtliche Dimensionen der Religionsdidaktik, Düsseldorf 1989.
  • Hütter, Hermann: Die Lebensbeschreibung der Bischöfe Bernward und Godehard, Berlin 1858.
  • Kallfelz, Hatto: Lebensbeschreibungen einiger Bischöfe des 10. - 12. Jahrhunderts, Darmstadt 1973.
  • Niedersächsischer Kultusminister (Hg.): Rahmenrichtlinien Ev. Religionslehre für die Gymnasiale Oberstufe, Hannover 1985.
  • Nowak, Josef: Bernward von Hildesheim, Hildesheim 1982.
  • Von den Steinen, Wolfram: "Bernward von Hildesheim über sich selbst." In: Deutsches Archiv 12, 1956:331-362.
  • Wolff, Uwe: Himmel und Erde aus einem Guss, Hildesheim 1993.