Abiturgottesdienste?! Ja bitte! – Homiletische Gedanken und Anregungen aus der Praxis

von Albert Gerling

 

1. Einleitung

Nach der Abkehr von Schulgottesdiensten seit den 60er Jahren erleben sie und in diesem  Rahmen auch die Abiturgottesdienste eine erfreuliche Renaissance.

Dahinter steht wohl auf der einen Seite der wieder stärker spürbare Wunsch von Schülerinnen und Schülern, in Zeiten schwierig gewordener Zukunftsperspektiven nach Orientierung auch bei Kirche und deren Vertretern zu suchen und somit auch christliche Inhalte stärker zu bedenken.

Auf der anderen Seite merken Schulpastorinnen und -pastoren, dass Gottesdienste und speziell Abiturgottesdienste mit Schülerinnen und Schülern nicht bloß (zugegebenermaßen) mühsame Aufgabe sind, sondern die Chance bieten, mit jungen Menschen die Bedeutung der christlichen Botschaft für ihre (Grenz-) Situation zu bedenken und gemeinsam für den erfolgreich beendeten Lebensabschnitt zu danken, für die Zukunft zu beten und dem in einer gottesdienstlichen Feier Ausdruck zu geben.

Die folgenden Überlegungen beziehen sich auf meine Erfahrungen mit Abiturgottesdiensten in Verden und möchten Mut machen, die Chance solcher Gottesdienste zu nutzen. Vieles ist sicher nicht ohne weiteres auf andere Orte übertragbar, aber ich hoffe, dass dennoch viele Anregungen und Hinweise verwertbar sind und eigene Planungen unterstützen können.

 

2. Der Kasus ‘Abiturgottesdienst’

Abiturientinnen und Abiturienten befinden sich in einer ambivalenten Übergangssituation, die geprägt ist von einem wehmütigen Blick auf das Vergangene und der Vorausschau die Zukunft.

Eine Zeit der relativen Sicherheit, gewährleistet durch Schule und Elternhaus, durch die sozialen Bezüge im Heimatort und dem Status in den Freundschaftsgruppen etc. geht zuende. Es heißt Abschied zu nehmen von Freundschaften, von vertrauter Umgebung und vom Elternhaus. Nicht selten spielen die Vorbereitungen und Durchführungen der diversen Abschiedsfeten und Abi-Feiern eine größere Rolle in den Gedanken als das Abitur selbst.

Hingegen steht vor ihnen eine oftmals ungewisse Zukunft. Die Frage, ob das Gelernte sich später auszahlen wird, um sich einen Platz in der Welt zu sichern, ist offen. Auch bei Gymnasiasten steht die Angst vor Arbeitslosigkeit an erster Stelle von Problemnennungen im Blick auf die Zukunft (vgl. Shell Jugendstudie 97, S. 279). Daneben aber freuen sich viele auf größere Selbständigkeit, auf gewonnene Freiheit und auf das Neue, was kommt.

Dieser ‘doppelte’ Blick auf Vergangenheit und Zukunft prägt die Themen der Abiturgottesdienste. Die Trennung vom Alten und Verlässlichen und der Übergang zum Neuen und Unbekannten will gestaltet sein. Beim Brainstorming zur Themenfestlegung (s.u. 3.2.1) tauchen in jedem Jahr ähnliche Stichworte auf: ‘Seiten des Lebens’, ‘Neue Wege’, ‘Angst’,

‘Vertrauen wagen’, ‘Abschied’ u.ä. In diesem Zusammenhang sei auch der Wunsch nach einem ‘klaren Wort’ und Zuspruch erwähnt ( s.u. 5).

 

3. Durchführung

In Verden gibt es seit 1989 Abiturgottesdienste. Bis 1992 wurde der Gottesdienst gemeinsam von den beiden allgemeinbildenden Gymnasien Verdens, dem Gymnasium am Wall und dem Domgymnasium, vorbereitet und gefeiert. Seit 1992 ist auch das Fachgymnasium der BBS Verden beteiligt. Dies setzt eine umfangreiche Koordination voraus, die schon bei den Vorüberlegungen beginnen muss.

 

3.1. Vorüberlegungen

3.1.1 Zeitlicher Rahmen
Die terminliche Planung des Abiturgottesdienstes beginnt rechtzeitig, d. h. November im Vorjahr des Abiturs. Zunächst sind bei der Schulleitung die offiziellen Termine  des Abiturs abzufragen: Tag der letzten mündlichen Prüfung, Entlassungsfeier bzw. Zeugnisausgabe­termin. Stehen diese Termine fest, setze ich mich mit den Kolleginnen und Kollegen der Schulen zusammen, die in dem entsprechenden Jahr den Abiturkurs Religion unterrichten, und bespreche den Termin des Abiturgottesdienstes. Aufgrund der Erfahrungen in Verden hat es sich als sinnvoll erwiesen, den Abiturgottesdienst am Vorabend der Zeugnisausgabe oder falls es keinen einheitlichen Termin der verschiedenen Schulen dafür gibt, auf jeden Fall vor der ersten Entlassungsfeier zu feiern.

Folgende Gründe sind ausschlaggebend für diese Terminwahl:

  1. Der Gottesdienstbesuch ist bei Abendterminen besser, da viele Eltern oder Verwandte berufstätig sind und wegen eines Gottesdienstes keinen Urlaub nehmen wollen. Daneben nutzen nach meiner Beobachtung viele Familien den Abend nach dem Gottesdienst zu einem gemeinsamen Essengehen o.ä..
  2. Den Gottesdienst nach einer offiziellen Entlassungsfeier zu veranstalten hat wenig Sinn, weil erfahrungsgemäß viele Abiturientinnen und Abiturienten unmittelbar nach der Abiturien­tenentlassung in Urlaub fahren oder die jungen Männer zur Bundeswehr müssen (Dies ist z.B. in dem Jahr 1998 ein Problem, da der frühestmögliche Entlassungstermin nach dem 1.7. liegt, an dem viele schon zur Bundeswehr eingezogen sind.).

Nachdem so der Termin abgestimmt ist, teile ich ihn den Schulleitern brieflich mit, so dass er in die offizielle Liste der Veranstaltungen zum Abitur aufgenommen und auch den Eltern mitgeteilt werden kann. Dazu mache ich noch einen persönlichen Besuch bei den Schulleitern.

In dem ersten Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen wird außerdem ein ungefähres Raster für die Vorbereitung mit den Schülerinnen und Schülern festgelegt. Ein erstes Treffen kurz nach dem schriftlichen Abitur zur Themenfindung, ein Termin am Wochenende (2 Tage), um im Blockseminar zu arbeiten, ein abschließender Termin, um letzte inhaltliche und formale Dinge zu klären, und die Generalprobe kurz vor dem Gottesdienst (im einzelnen s.u. 3. 2. ). Diese Termine teilen die an der Vorbereitung beteiligten Kolleginnen und Kollegen den interessierten Schülerinnen und Schülern in den jeweiligen Schulen mit.

In Verden haben wir entschieden, dass nach Möglichkeit nicht mehr als eine Kollegin/ein Kollege pro Schule an der Vorbereitung beteiligt ist, um die Schüler nicht mit einer ‘Lehrerübermacht’ zu ersticken.

Zu klären ist an dieser Stelle auch die Frage der Ökumene. Ein Abiturgottesdienst sollte m. E. ökumenisch sein. In Verden sind an der Vorbereitung immer katholische Religionslehrerinnen und - lehrer beteiligt. Um dem auch äußerlich Ausdruck zu geben, findet der Gottesdienst im regelmäßigen Wechsel in einer evangelischen und katholischen Kirche statt. Problematisch ist der von den Schülern bisweilen geäußerte Wunsch nach einem gemeinsamen Abendmahl im Abiturgottesdienst. Dies ist aus bekannten Gründen (leider) nicht möglich. An dieser Stelle spielt das Verhältnis zu den katholischen Geistlichen vor Ort eine wichtige Rolle, um z. B. andere Formen (Agape-Feier) zu finden. Mitunter sind zähe Verhandlungen nötig, und es kommt vor, dass keine Einigung erzielt wird.

Letzter Schritt innerhalb der Vorplanung ist die Abstimmung des Termins mit der Kirchengemeinde, in deren Kirche der Gottesdienst gefeiert werden soll. In Verden hat sich dies mittlerweile mit einer zentralen Innenstadtgemeinde so eingespielt, dass der Gottesdienst immer in derselben evangelischen im Wechsel mit der katholischen Kirche gefeiert wird.

 

3.2. Praxis

3.2.1. Themenfindung
Vor dem ersten gemeinsamen Treffen etwa 2 Wochen nach dem schriftlichen Abitur bitten wir die Schüler in den jeweiligen Abiturkursen Religion um ein Brainstorming zum Abiturgottesdienst unter folgenden Fragestellungen: “Was ist euch wichtig in Bezug auf den Abiturgottesdienst?” und “Welches Thema soll der Gottesdienst haben?”. In der Regel hat man am Ende eine umfangreiche Liste von Fragestellungen und Themen. In den ersten Jahren haben wir diese Fragen lediglich der Vorbereitungsgruppe gestellt. Wir sind aber zur obigen Lösung übergegangen, weil dann auch Schülerinnen und Schüler, die nicht aktiv an der Vorbereitung beteiligt sind, zu Wort kommen können.

Die verschiedenen Brainstorming-Ergebnisse werden beim ersten gemeinsamen Treffen der drei Schulen vorgestellt und diskutiert. Hierbei versuchen wir, lediglich moderierend einzugreifen, da der Abiturgottesdienst der Gottesdienst der Abiturientinnen und Abiturienten sein soll. Am Ende steht die Einigung auf ein Thema des Gottesdienstes. Es kommt vor, dass in der Diskussion schon ein Bibeltext genannt wird, falls dies nicht der Fall ist, sind hier besonders der Pastor oder / und die Lehrerinnen und Lehrer gefragt.

Ich halte dies Verfahren für sinnvoll, denn es ermöglicht den Schülerinnen und Schülern eine größere Identifikation, es ist “ihr” Gottesdienst.

Im weiteren Verlauf der Vorbereitung behalten die Schülerinnen und Schüler die thematische Arbeit in komplett eigener Verantwortung. Es muss allerdings gewahrt bleiben, dass es sich nicht um irgendein “Happening”, sondern um die Vorbereitung eines Gottesdienstes handelt.

Die geistliche Aufgabe, sprich die biblische Verkündigung ist naturgemäß Sache der Pastorin bzw. des Pastors. (s. u. zu Predigt, 5.)

Daraus ergeben sich Konsequenzen für den liturgischen Ablauf des Gottesdienstes, der bereits in dieser ersten Sitzung festgelegt werden sollte (vgl. liturgischer Ablauf, 3.2.3.).

Sinnvoll ist es, Protokolle der Vorbereitungstreffen zu schreiben, damit Besprechungser­gebnisse und Termine nicht verloren gehen und evtl. später dazukommende Schülerinnen und Schüler den Gang der Vorbereitung nachvollziehen können. Die Protokolle werden jeweils am Beginn des nächsten Treffens verteilt. Dazu erhält jeder eine Adressenliste der gesamten Vorbereitungsgruppe.

 

3.2.3.  Liturgischer Ablauf
Die in 3.2.2. angesprochene Themenfindung schlägt sich im liturgischen Ablauf nieder. Die Schüler bestimmen das Thema des Gottesdienstes ( z.B. “Angst und Vertrauen”) und setzen im Gottesdienst dies Thema in Beziehung zu ihrer Situation. Da in Verden 3 Schulen beteiligt sind, einigen sich die Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Schulen, welchen Aspekt des Themas sie vorbereiten wollen. Dieser Teil des Gottesdienstes ist allein Sache der Schülerinnen und Schüler. Es sollte ihnen an dieser Stelle so wenig wie möglich hineingeredet werden.

Das Gleiche gilt für die musikalische Gestaltung. Die Schülerinnen und Schüler kümmern sich selbst darum, welche Lieder gesungen werden sollen, wie sie begleitet werden (Orgel, Gitarre, Band etc.) und sprechen mögliche Musiker selbst an.

Daneben gibt es einen festen Rahmen, der Begrüßung, Eingangsgebet oder Glaubensbekennt­nis, Fürbitte, Vater Unser und Predigt umfasst und nicht zur Disposition gestellt werden sollten.

Daraus hat sich etwa folgende Liturgie ergeben:

  • Vorspiel
  • Begrüßung ( hierfür kann man auch Eltern gewinnen)
  • Lied
  • Gebet / Glaubensbekenntnis
  • Lied
  • 1. Schülerbeitrag zum Thema
  • Lied oder Musik
  • 2. Schülerbeitrag zum Thema
  • Musik
  • 3. Schülerbeitrag zum Thema
  • Lied
  • Predigt
  • Lied
  • Fürbitte und Vater Unser
  • Segenslied
  • Sendung und Segen
  • Nachspiel

 

3.2.4.  Die weitere Vorbereitung
Aus dem ersten Treffen werden die Schülerbeiträge zum Thema in Arbeitsgruppen ( i.d.R. nach den verschiedenen Schulen geordnet) aufgeteilt. Sie erhalten den Auftrag, die Aspekte des Themas, für das sie sich entschieden haben, zu bearbeiten, d.h., sich Gedanken über inhaltliche Dinge zu machen und Formen möglicher Präsentation zu überlegen.

Dies hat sich als sinnvoll erwiesen, da die kleineren Gruppen arbeitsfähiger sind und termin­lich leichter zu koordinieren.

Etwa 4 Wochen später (Ende März, Anfang April) treffen wir uns zu einem Blockseminar (Freitagnachmittag bis Samstagabend). Wir treffen uns in einem Gemeindehaus am Freitag um 15.00 Uhr, arbeiten bis zum Abend, gehen gemeinsam abends in die Kneipe oder ins Kino und treffen uns am Samstag um 9.00 Uhr zum gemeinsamen Frühstück, arbeiten dann je nach Stand bis nachmittags oder abends.

Diese Form trägt dazu bei, dass die verschiedenen Gruppen sich besser kennen lernen und intensivere Arbeit möglich ist, als an einzelnen Nachmittagen.

Die verschiedenen Gruppen stellen zunächst die Konzepte vor und haben nach einer ersten Austauschrunde am Nachmittag die Möglichkeit, inhaltliche Dinge zu diskutieren, zu verfeinern, Texte zu schreiben und sprachlich zu überarbeiten, Präsentationsmöglichkeiten zu entwickeln und zu proben.

Die thematischen Teile sollten von den Abiturientinnen und Abiturienten so gestaltet werden, dass sie nicht textlastig sind und andere Präsentationsformen wie Anspiel, Bewegungsformen, Bildbetrachtung u.ä. bieten.

Am Samstagvormittag werden die einzelnen Teile in der Gesamtgruppe inhaltlich genauer aufeinander abgestimmt, Übergänge festgelegt und schließlich inhaltlich passende Lieder ausgesucht. Am Ende des Blockseminars ‘steht’ der Gottesdienst. Falls nicht, bleibt ausreichend Zeit, um einen zusätzlichen Nachmittag als Vorbereitung anzusetzen.

Nach dem Blockseminar findet etwa Mitte bis Ende Mai (je nach Termin des mündlichen Abiturs) ein weiteres Treffen statt, wo es um letzte inhaltliche Fragen, vor allem aber um Organisatorisches des Gottesdienstverlaufes geht, d.h. es wird die Frage gestellt: wer kümmert sich konkret um was? und entsprechende Aufgaben verteilt.

Plakate und Einladungen für die Lehrerschaft und die Eltern werden ebenso entworfen wie der Liederzettel, der auch die Gebete enthalten kann (Siehe die Gestaltungsvorschläge aus Braunschweig und Hildesheim). An diesem Nachmittag wird auch die Kollekte des Gottesdienstes festgelegt. Der Kollektenzweck sollte örtlich angebunden sein.

Ein bis zwei Tage vor dem Gottesdienst ist Generalprobe mit allen am Gottesdienst Beteiligten in der Kirche. Dies ist zwingend notwendig, denn die meisten sind es nicht gewohnt, vor Menschen zu reden, zumal in einer Kirche. So können die Schüler ihr Sprachtempo und die Bewegung im Kirchenraum in Ruhe ausprobieren. Die klare und deutliche Aussprache kann nicht häufig genug geübt werden. Der gesamte Gottesdienst sollte einmal komplett geprobt werden.

 

4. Der Gottesdienst

Etwa 2 Stunden vor dem Gottesdienst sollten alle Beteiligten in der Kirche sein, dazu gehört auch die Küsterin oder der Küster. So bleibt genug Zeit, aufzubauen, den Raum zu gestalten und sich einzustimmen.

Dieser Einstimmung kommt eine große Bedeutung zu. Da aufgrund des guten Besuches die ersten Teilnehmer etwa eine dreiviertel Stunde vor Beginn des Gottesdienstes eintreffen, sollte schon Musik im Kirchenraum erklingen und dann mit dem Einsingen der Lieder begonnen werden. Das Singen gehört wesentlich zum Gottesdienst dazu, und das Gelingen hängt auch davon ab, dass alle Gottesdienstteilnehmer mitsingen können.

In der Begrüßung, die entweder eine Abiturientin/ein Abiturient oder ein Elternteil übernimmt, wird Inhalt und Ablauf des Gottesdienstes erläutert und auf die Kollekte hingewiesen.

Eingangs- und das Fürbittengebet sollten nach Möglichkeit von den Abiturientinnen und Abiturienten formuliert und im Wechsel gesprochen werden. Beim Glaubensbekenntnis rate ich zum traditionellen apostolischen Bekenntnis, da dies bekannt und ökumenisch abgesichert ist.

Ein wichtiges Element im Gottesdienst ist der Segen. Die Jugendlichen nehmen den Segenszuspruch sehr ernst und sollten von der Pastorin oder dem Pastor gesprochen werden. Segenswünsche können in der Vorbereitung von den Abiturientinnen und Abiturienten formuliert und können dem Aaronitischen Segen vorangestellt werden.

 

5. Die Predigt im Abiturgottesdienst

Die Predigt im Abiturgottesdienst ist m. E. unverzichtbar. Die Abiturientinnen und Abiturienten bestimmen den Gottesdienst eher ‘weltlich’, indem sie Thema und Situation aufeinander beziehen. Dies schließt allerdings keinesfalls aus, dass auch in den Teilen, die von den Schülerinnen und Schülern im Gottesdienst dargestellt werden, Fragen nach Gott, nach der Bibel und dem Sinn ihres Lebens vorkommen.

Aber die Auslegung des Bibeltextes und die Predigt wird vom Pastor erwartet. Dies wird von den Abiturientinnen und Abiturienten in aller Deutlichkeit formuliert und verlangt. Dahinter steht der eingangs schon erwähnte Wunsch nach Zuspruch, nach christlicher Antwort auf die Fragen ihres Lebens, nach Antwort auf die Frage, inwieweit der christliche Glaube Kraft gibt bei der Bewältigung des zukünftigen Lebens. Predigt wird gefordert als deutliches, klares Wort. Jugendliche orientieren sich auch an Vorbildern, persönliches Wort und persönliches Bekennen hilft ihnen.

Die Kritik junger Menschen an der Predigt ist weniger inhaltlich begründet - sie sind auch in der Lage, einem Monolog zuzuhören - ihre Kritik konzentriert sich auf die Länge der Predigten, auf ihre Unverständlichkeit und auf ihre uninteressanten Themen (vgl. W. Neuser, Gottesdienst in der Schule, Stuttgart 1994, S.126 f.).

Neben der Beanstandung der langatmigen, belanglosen Abstraktheit gottesdienstlicher Verkündigung ist auch zu berücksichtigen, dass die Schülerinnen und Schüler damit nicht grundsätzlich die Verkündigungsformen der Predigt ablehnen, sondern lediglich deren fehlende Lebendigkeit und mangelnde Relevanz monieren”. (Neuser, a.a.O., S. 126.

Das Entscheidende ist somit, dass die Predigt nicht zur theologisch abstrakten Belehrung wird, sondern erkennbare Relevanz für die Abiturientinnen und Abiturienten hat.

“(1) Jugendliche ‘ wollen es genau wissen’! Deshalb weg von ‘großen Worten’  und ‘dogmatischen Allgemeinplätzen’ hin zu konkreter, mit Anschauung und Erfahrung gefüllter Rede.

(2) Jugendliche haben ein gutes Gespür für Stimmigkeit bzw. Unstimmigkeit. Deshalb: Wo Wirklichkeit zur Sprache kommt, muss das Gesagte stimmen. Die Anfälligkeit und Gebrochenheit christlicher Existenz darf und muss nicht verschwiegen werden.” (Neuser, a.a.O., S.127)

Welche Form die Predigt letztendlich hat, ob monologisch oder dialogisch, ob mit oder ohne Schülerbeteiligung soll hier nicht weiter ausgeführt werden.

Aber sie ist unverzichtbar, wenn wir nicht auf die Zusage verzichten wollen, dass der christliche Glaube es ermöglicht ,”Vertrauen zu wagen, Unrecht zu erkennen, Schritte zu erwägen und Glauben zu bekennen” (EG 607).

 

6. Auswirkungen

Schulgottesdienste und somit auch Abiturgottesdienste zählen trotz erfreulicher Entwick­lungen der letzten Jahre immer noch zu den Stiefkindern von Schule und Kirche. Die Verantwortung für solche Gottesdienste wird immer noch hin- und hergeschoben zwischen den Pastorinnen und Pastoren und den Religionslehrerinnen und -lehrern. Sind die einen durch unterrichtliche Belastung nicht bereit, eine mögliche, aber nicht pflichtgemäße Veranstaltung wie einen Gottesdienst  mitzuplanen oder mitzutragen, ziehen sich die anderen wegen der hohen Belastung des Pfarramtes zurück.

Aber ich möchte noch einmal Mut machen, in dieser Frage aufeinander zuzugehen, denn Abiturgottesdienste haben Auswirkungen auf Abiturientinnen und Abiturienten, die oft noch Jahre später bei Ehemaligentreffen oder in Briefen auf ‘ihren’ Abiturgottesdienst Bezug nehmen. Er ist für viele eine positive Erfahrung mit Kirche, die in einer entscheidenden Situation ihres Lebens nicht abseits steht, sondern ihre Fragen ernst nimmt und versucht, aus dem christlichen Glauben heraus Antwort zu geben.

Abiturgottesdienste haben Auswirkungen auf die Schule(n). In Verden ist der Abiturgottesdienst inzwischen fester Bestandteil im Ablauf des Abiturs. In den Kollegien werden solche Gottesdienste (wie übrigens andere Schulgottesdienste auch) als positiver Beitrag der Kirche zu bestimmten Situationen des Schullebens gesehen.

Auch die kirchliche Seite profitiert von den Gottesdiensten. Viele Elemente dieser Gottesdienste haben auf verschiedenen Wegen Eingang in Gemeindegottesdienste oder andere Schulgottesdienste gefunden.

Und nicht zuletzt haben Abiturgottesdienste Auswirkungen auf die Arbeit des Pastors. In Verden haben sie erheblich dazu beigetragen, mit Kolleginnen und Kollegen der eigenen, aber auch der anderen beteiligten Schulen über Dinge ins Gespräch zu kommen, die den Rahmen des RU sprengen würden.

 

7. Checkliste

  1. November - sechs Monate vor dem Abiturgottesdienst
    ·           offizielle Termine des Abiturablaufs (Mündliche Prüfung, Entlassung etc.)
                 Absprache mit Kollegen über Vorbereitung
    ·             Festlegung des Gottesdiensttermins
    ·             Mitteilung an Schulleiter (Brief, Besuch) über Termin des Gottesdienstes
    ·             Mitteilung an die A. über Vorbereitungstermine und Gottesdiensttermin
    ·             Klärung des Vorbereitungsortes (Gemeindehaus)
    ·             Ökumene

    ·             Kontakt zu Kirchengemeinde
  2. Anfang März - erstes Treffen der Vorbereitungsgruppe
    ·             Brainstorming zum Thema und Bibeltext
    ·             Aufgabenverteilung (wer macht was, bis wann?)
    ·             liturgischer Ablauf
    ·             Bildung von thematischen Arbeitsgruppen
    ·             Arbeitsaufträge an die einzelnen Gruppen, was bis Blockseminar zu tun ist
    ·             Protokolle und Adressenliste
  3. Ende März / Anfang April - Blockseminar
    ·             Zusammentragen der Arbeitsergebnisse der Arbeitsgruppen
    ·             Detaillierte Planung des Gottesdienstes
    ·             Stand der Organisation (Musiker etc.)
  4. Mitte / Ende Mai - letztes Treffen
    ·             Abfrage des Standes der Dinge (steht alles - inhaltlich / organisatorisch)
    ·             Erstellen eines Plakates/Liederzettels/Einladungen (s. Gestaltungsvorschläge)
    ·             Kopien der Texte an alle
    ·             Kollekte
    ·             mögliche Pressenachricht (s. Gestaltungsvorschläge)
  5. Generalprobe
    ·             alle Beteiligten
    ·             1-2 Tage vor dem Gottesdienst
    ·             Klärung letzter offener Fragen