Journalist Mascolo fordert besonnenen Journalismus in Krisenzeiten

Nachricht 16. September 2022

Bückeburg (epd). Der Journalist Georg Mascolo hat vor zunehmendem Alarmismus in der Medienberichterstattung gewarnt. „Gerade in Zeiten der Krisen und Verunsicherung wünschen sich die Menschen Sachlichkeit und Erklärung, nicht Überspitzung und Superlative“, betonte der einstige „Spiegel“-Chefredakteur am Donnerstagabend beim Jahresempfang der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe in Bückeburg. Guter Journalismus sei „dienend“ und helfe Menschen dabei, sich auf Grundlage sauber recherchierter und verständlicher Berichterstattung zu orientieren und zu einer eigenständigen Einschätzung komplexer Themen zu gelangen.

Mascolo, der bis zum Frühjahr dieses Jahres Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und der „Süddeutschen Zeitung“ war, sagte vor rund 900 Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft, „dass guter und schlechter Journalismus im Social-Media-Zeitalter oft nur einen Klick auseinanderliegen“. Entsprechend gefragt seien wache und kritische Mediennutzer und -nutzerinnen. Diese könnten seriösen und redlichen Journalismus unter anderem daran erkennen, wie Redaktionen mit eigenen Fehlern umgingen: „Ehrlichkeit und Transparenz im Umgang mit Fehleinschätzungen und Fehlberichterstattungen sind für glaubwürdigen Journalismus unerlässlich.“

Mit Blick auf die Energiekrise, steigende Lebenshaltungskosten und Sorgen vor wachsender sozialer Not kritisierte Mascolo, dass jetzt Berichte über einen drohenden „Wut-Winter“ zu lesen seien. „Die steilsten Prognosen bekommen oft die größte Aufmerksamkeit“, sagte er. Dabei zeige sich im Rückblick zumeist, dass die Vorhersagen drastischer seien als die Realität. Mascolo plädierte für Journalismus, der sich nicht „von der Daueraufgeregtheit der sozialen Medien mitreißen lässt“.

Zudem betonte er, dass die Unterdrückung von Presse- und Meinungsfreiheit weltweit betrachtet weiter zunehme. Einst sei die Bekämpfung der freien Marktwirtschaft ein zentraler Indikator für Demokratiedefizite gewesen, heute sei es die Unterdrückung unabhängig arbeitender Journalisten. Gerade deshalb müsse immer im Bewusstsein bleiben, dass die freien Medien einen lebenswichtigen Beitrag zur Demokratie leisteten, indem sie „den Mächtigen und Einflussreichen auf die Finger schauen“.

Beim Empfang in der Bückeburger Stadtkirche zeichnete Landesbischof Karl Hinrich Manzke 115 Musikerinnen und Musiker der unterschiedlichsten Sparten und Genres für ihr unermüdliches Wirken auch während der Corona-Pandemie aus. Obwohl die zurückliegenden zwei Jahre für sie angesichts erschwerter Auftrittsmöglichkeiten und herber wirtschaftlicher Einbußen eine schwere, mitunter existenzbedrohende Zeit gewesen seien, hätten Sie den Menschen gerade während der Pandemie viel Freude und Zuversicht vermittelt.