Weil, Lehrer und Ärzte gegen Aufhebung der Corona-Isolationspflicht

Nachricht 27. Juli 2022

Ministerpräsident: Pandemie ist keine Privatveranstaltung

Soll die Isolationspflicht für Corona-Infizierte fallen? Das hat Kassenärzte-Chef Gassen vorgeschlagen. Doch bei Ärzten und Lehrern stößt die Idee ebensowenig auf Gegenliebe wie bei Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.

Hannover/Berlin (epd). Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sowie Vertreter von Ärzten und Lehrern haben Vorstöße zur Aufhebung der Corona-Isolationspflicht zurückgewiesen. „Eine Pandemie ist keine Privatveranstaltung“, sagte Weil dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Dienstag). Infizierte, die sich nicht isolierten, könnten auch ohne eigene Symptome andere anstecken und deren Gesundheit gefährden. Zuvor hatte Kassenärzte-Chef Andreas Gassen die Aufhebung der Isolationspflicht im Falle einer symptomfreien Corona-Infektion gefordert. Auf diese Weise ließen sich Personalengpässe in Kliniken und anderswo vermeiden, sagte er zur Begründung.

Weil hielt dem entgegen: „Man löst zudem keinen Personalmangel, indem man viele Infizierte in die Betriebe lässt, die dann wieder andere infizieren.“ Im Fall einer Aufhebung der Isolationspflicht würden alle Beschäftigten einem unnötigen Gesundheitsrisiko am Arbeitsplatz ausgesetzt. „Auch ein Blick in die Kliniken und auf die Todeszahlen zeigt, dass derzeit überhaupt kein Anlass besteht, um über eine Aufhebung der wenigen verbliebenen Schutzmaßnahmen zu diskutieren“, betonte der Ministerpräsident.

Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund in Niedersachsen warnte vor einer Aufhebung der Isolationspflicht. Diese Forderung gehe an der Versorgungsrealität im Gesundheitswesen vorbei und hätte katastrophale Folgen, teilten die beiden Vorsitzenden der Gewerkschaft, Hans Martin Wollenberg und Andreas Hammerschmidt, am Dienstag in Hannover mit. Es könne keine Lösung sein, dass Menschen zur Arbeit gehen, obwohl sie ansteckend sind: „Eine Infektion mit Sars-Cov-2 ist und bleibt weiterhin keine einfache Atemwegserkrankung.“ Das Festhalten an der Isolationspflicht sei ein wichtiger Schutz für besonders verletzliche Patientengruppen und „gelebter Mitarbeiterschutz“.

Lehrerverbände und Lehrergewerkschaften wandten sich ebenfalls strikt gegen eine Aufhebung der Isolationspflicht. „Die Selbstisolation jetzt aufzugeben, käme bei den aktuellen Infektionszahlen einer Durchseuchung gleich“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Andreas Keller, dem „RedaktionsNetzwerk“. Speziell in den Lehrerzimmern bestehe die Gefahr von folgenreichen Ansteckungen. „Schon stehen wir wieder vor Schulschließungen. Das kann nicht das Ziel sein.“

Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, warnte: „Wenn alle Quarantäne- und Schutzmaßnahmen aufgegeben werden und sich Infektionen ungehindert ausbreiten können, besteht die Gefahr, dass sich der bestehende Lehrkräftemangel so verschärft, dass das Kartenhaus Schule endgültig zusammenbricht.“ Ähnlich äußerte sich der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger. Wenn alle Corona-Schutzmaßnahmen wegfielen, sei für den Herbst eine so große Infektionswelle an den Schulen zu befürchten, „dass der Schulbetrieb ernsthaft gefährdet sein könnte“.