Starkregen und Dürre: Die Zukunft gehört der blau-grünen Schwammstadt

Nachricht 19. Juli 2022

epd-Gespräch: Julia Pennigsdorf

Hannover (epd). Angesichts von Starkregen und Überschwemmungen sowie Hitze- und Trockenheitsperioden setzt Professor Stephan Köster Hoffnungen in das Modell der „blau-grünen Schwammstadt“. „Wir sollten das Regenwasser nicht mehr so schnell wie möglich aus den Städten herausleiten, sondern es speichern, aufbereiten und nutzbar machen“, sagte Köster, der am Institut für Siedlungswasserwirtschaft an der Leibniz Universität Hannover forscht, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Nötig seien dafür neue Wege des Regenwassermanagements.

Der Begriff „Schwamm“ symbolisiert Köster zufolge anschaulich das zugrundeliegende Prinzip. Mit ihrer porösen Struktur seien Schwämme in der Lage, Wasser effektiv aufzunehmen und bei Bedarf abzugeben. „Das brauchen wir für unsere hitzegeplagten Städte“, sagte Köster. Historisch betrachtet sei das ein Paradigmenwechsel. „Früher war es aus hygienischen Gründen immer wichtig, Städte möglichst trocken zu halten. “

Die Beschreibung „blau-grün“ stehe für Wasser, für Brunnen, Teiche, Bachläufe in den Städten. Und für Pflanzen, die Wasser aufnehmen, Schatten spenden und die urbane Lebensqualität verbessern. „Die ‚blau-grüne Schwammstadt‘ ist ein vielversprechender Ansatz, die Resilienz von Städten gegenüber dem sich verschärfenden Klimawandel zu erhöhen“, ist Köster überzeugt. Angesichts vertrockneter Grünfläche, sinkendem Grundwasserspiegel und abnehmendem Baumbestand sei es offensichtlich, dass die Hitze ein mindestens gleichrangiges Problem darstellt wie Überschwemmungen.

Die Schwammstadt leistet Köster zufolge Überflutungsvorsorge ebenso wie die Bereitstellung von Wasser in Trockenperioden. Regen werde gespeichert und je nachdem, ob der Niederschlag von sauberen Dachflächen oder verschmutzten Straßen stammt, in Kläranlagen in verschiedenen Qualitätsstufen aufbereitet.

Das so entstehende „qualitätsgesicherte Stadtwasser“ könne überall dort eingesetzt werden, wo keine Trinkwasserqualität erforderlich ist, sagte Köster. So für die Bewässerung von Grünflächen, Gärten, Kleingartenkolonien, Fassaden- und Dachbepflanzungen und urbane Nahrungsmittelerzeugung. UV-desinfiziertes Wasser könne zudem für Springbrunnen genutzt werden und zur Vernebelung und Abkühlung von Straßenzügen.

Voraussetzung für die Umsetzung der Schwammstadt sei eine Modernisierung des urbanen Wasserkreislaufes. „Das heißt nicht, dass die gesamte Entwässerungsstruktur neu gemacht werden muss“, sagte Köster. „Aber wir werden das bestehende unterirdische Rohrsystem ergänzen, Transport- und Speicherstrecken neu definieren müssen.“

Oberirdisch seien etwa lokale „City-Water-Hubs“ denkbar. In den gläsernen Anlagen könne gering verschmutzter Niederschlag gefiltert und dezentral für die Stadtquartiere aufbereitet werden. „Diese neuartige Regenwasserbewirtschaftung eröffnet die Option, die städtische Wasserversorgung dauerhaft und nachhaltig abzusichern.“