Solidarität mit Reformierten Kirchen in der Ukraine

Nachricht 22. Februar 2022

Kollabierende Wirtschaft beunruhigt mehr als die Kriegsgefahr

Die reformierten Kirchen weltweit unterstützen ihre Schwesterkirchen vor allem im Westen der Ukraine. Dort sorgen sich die Menschen mehr um die kollabierende Wirtschaft mit explodierenden Preisen als um einen drohenden Krieg im Osten des Landes.

Hannover, Berehowe (epd). In der Krise solidarisieren sich die Reformierten Kirchen mit ihren Schwesterkirchen in der Ukraine und planen im März eine Reise in den Westen des Landes. Dort wollen sie Friedensgebete halten und Gespräche führen, sagt der Geschäftsführer der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, Hanns Lessing, in Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Leiter des Diakonischen Zentrums der Reformierten Kirche in Transkarpatien, Bela Nagy (67), bat um Gebete und finanzielle Unterstützung. Der Kollaps der ukrainischen Wirtschaft mit explodierenden Preisen bedrohe die immer wichtigere Sozialarbeit der Diakonie.

Die Vertreter der reformierten Kirchen in der Ukraine seien relativ gelassen, sagte Lessing. „Sie erwarten keinen offenen Krieg, befürchten aber, dass die Destabilisierung der Ukraine durch Russland etwa mit Cyber-Attacken weiter geht.“ Weltweit rückten diese Kirchen näher zusammen, erläuterte Lessing. Auch die zu dieser Kirchenfamilie gehörende Presbytarian Church in den USA schalte sich in die Solidaritätsbekundungen ein.

Bela Nagy zufolge belasten die Menschen im Westen der Ukraine vor allem die extrem steigenden Preise insbesondere für Lebensmittel und Energie. Ein möglicher Krieg werde dagegen gerade bei der ungarisch-ukrainischen Minderheit weniger als Bedrohung angesehen. „Der Konflikt ist mehr als 1.000 Kilometer von uns entfernt“, sagte er am Montag in Berehowe dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem sei die Situation im Osten der Ukraine „sehr komplex“ und nicht einfach zu bewerten. Dort lebten viele russischstämmige Menschen.

Nagy begrüßte die Zurückhaltung der deutschen Bundesregierung zu Waffenlieferungen: „Wir brauchen hier nicht noch mehr Waffen.“ Auch einen möglichen Beitritt seines Landes zur Nato sehe er kritisch. Die Ukraine sei „noch nicht reif genug“, um dem Militärbündnis beizutreten.

Mit Friedensgebeten wollen Vertreterinnen und Vertreter der Reformierten Kirchen Anfang März in Lemberg (Lwiw) und Kiew Zeichen der Verbundenheit setzen, insbesondere im Grenzgebiet zu Ungarn, wo historische Wurzeln der Reformierten liegen, sagte Lessing. Er gehe davon aus, dass die Delegation im März zumindest in die Westukraine reisen kann.

Reformierte Kirchen entstanden während der Reformation und gehen auf die Theologen Johannes Calvin und Ulrich Zwingli zurück. Sie sind in Ungarn, der Schweiz, den Niederlanden und Schottland besonders stark vertreten. In Deutschland sind sie in kleineren Landeskirchen wie der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer, der Lippischen Kirche sowie als „Unierte“ in der rheinischen Landeskirche präsent. Die Weltgemeinschaft der Reformierten Kirchen, die „World Communion of Reformed Churches“, hat ihren Sitz in Hannover.