Landeskirche startet "Zukunftsprozess" nach kontroverser Debatte

Nachricht 25. November 2021

Hannover (epd). Nach kontroverser Debatte im Kirchenparlament hat die hannoversche Landeskirche einen mehrjährigen „Zukunftsprozess“ gestartet. Damit will sich Deutschlands größte evangelische Landeskirche auf Herausforderungen wie Mitgliederverluste und Einnahmerückgänge sowie den gesellschaftlichen Wandel und neue Zielgruppen einstellen. Die Entscheidung in der Landessynode fiel am späten Mittwochabend mit 46 Ja-Stimmen. 15 Synodale stimmten dagegen, fünf enthielten sich.

Zuvor hatten Mitglieder eines Vorbereitungsausschusses das Konzept für den Zukunftsprozesses vorgestellt, der zunächst bis 2024 laufen soll. „Wir suchen in dieser Bewegung nach vorn nach aktuellen Formen kirchlichen Lebens, die passen, die gesucht, gehört und geschätzt werden“, sagte der Synodale Roger Cericius. Die Synodale Wencke Breyer betonte, der Druck auf Gemeinden und Einrichtungen wachse: „Trotz vielfältiger Angebotsformate erleben wir, wie Mitglieder in der Gemeinde immer weniger werden und wie sich immer mehr Aufgaben auf immer weniger Personen verteilen.“

In der Debatte äußerten mehrere Mitglieder des Kirchenparlaments allerdings Kritik an dem Projekt. „Belasten wir die Gemeinden nicht mit einem Prozess, für den sie im Moment weder Zeit noch Kraft haben“, sagte der Synodale Andreas Hannemann. Durch Corona seien sie ohnehin schon sehr gefordert. Andere Synodale monierten ein unklares Profil des Projektes oder hielten den Zeitpunkt für verfrüht.

Die Befürworter des Zukunftsprozesses unterstrichen dagegen, gerade jetzt müsse der Sprung in ein solches Projekt gewagt werden. „Wenn wir so bleiben wollen, wie es ist, brauchen wir keinen Zukunftsprozess“, sagte die Synodale Maike Selmayr. „Aber dann wird uns die Zukunft den Prozess machen.“

Das Projekt soll durch ein Team mit viereinhalb Vollzeitstellen gesteuert und durch einen Koordinierungssrat aus kirchlichen Entscheidungsträgern begleitet werden. Die Gesamtkosten bis Ende 2024 sind mit drei Millionen Euro veranschlagt.

Der Prozess soll Ideen und Visionen für die Zukunft sammeln, schon laufende Innovationsprozesse bündeln und die Akteure zusammenbringen. In „Erkundungsworkshops“ sollen konkrete Probleme und Anliegen in der täglichen kirchlichen Arbeit identifiziert und diskutiert werden. Dabei sollen auch Erfahrungen anderer Kirchen sowie außerkirchlicher Organisationen einfließen. Eine der Fragen soll sein, was die Mitgliedschaft in der Kirche heute und in Zukunft bedeutet.

Zur hannoverschen Landeskirche gehören rund 2,4 Millionen evangelische Christen in 1.230 Gemeinden zwischen Hann. Münden und der Nordsee. Sie umfasst drei Viertel Niedersachsens.