Bedford-Strohm zieht Bilanz als EKD-Ratsvorsitzender

Nachricht 08. November 2021

Den Mitgliederschwund, die Corona-Pandemie und denKlimaschutz spricht der scheidende EKD-Ratsvorsitzende in seinem letzten Bericht an die Synode an. Bei der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt räumt er Versäumnisse ein.

Bremen (epd). Der scheidende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat eine Bilanz seiner siebenjährigen Amtszeit gezogen. Vor der digital von Bremen aus tagenden EKD-Synode blickte der 61 Jahre alte bayerische Landesbischof am Sonntag auf innerkirchliche Themen wie den Mitgliederschwund und das 500. Reformationsjubiläum 2017. Er nahm aber auch zu gesellschaftlichen Konflikten wie der Klimakrise, der Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen und den gesellschaftlichen Verwerfungen in der Corona-Pandemie Stellung.

Bedford-Strohm rief in seinem letzten Ratsbericht an die 128 Synodalen entschieden dazu auf, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Mit der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in der EKD äußerte er sich unzufrieden. „Wir sind noch nicht so weit gekommen, wie wir wollten“, sagte Bedford-Strohm. „Viel zu oft ist das damit verbundene Unrecht in unseren eigenen Reihen nicht gesehen worden, oder man wollte es nicht sehen“, räumte er ein. Man sei „mitten in einem umwälzenden Lernprozess“, und es liege noch ein weiter Weg vor der Kirche.

Die evangelische Kirche hatte 2018 einen Maßnahmenplan zur Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt verabschiedet, der unter anderem eine Beteiligung Betroffener vorsah. Im Frühjahr wurde der zwischenzeitlich gegründete Betroffenenbeirat der EKD nach Auseinandersetzungen bereits wieder ausgesetzt. Bedford-Strohm sagte, er hoffe, dass aus dem gescheiterten ersten Anlauf einer Betroffenenbeteiligung gelernt und eine neue Form der Partizipation entwickelt werde, in der kritische Impulse „noch stärker zu Veränderungen in unserer Institution führen“.

Bedford-Strohm sagte angesichts der rasant ansteigenden Corona-Infektionszahlen, er appelliere an alle, „die jetzt noch zögern: Geben Sie sich einen Ruck. Auch um Ihrer selbst willen! Das Risiko, dass Sie selbst an Covid-19 schwer erkranken, ist bei weitem höher als jedes Impfrisiko!“ Die erdrückende Mehrheit der schwer Erkrankten seien Ungeimpfte, sagte der Theologe. Wer sich jetzt endlich dazu durchringe, sich impfen zu lassen, helfe sich selbst, „uns allen, aber ganz besonders den Kindern und den Menschen, die sich nicht impfen lassen können“.

Angesichts der laufenden Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow sagte Bedford-Strohm: „Wir haben hoffentlich verstanden, dass es um konkrete Menschenleben geht, die wir in der Zukunft opfern, wenn uns die notwendigen Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels heute zu teuer sind.“ Wer die wissenschaftliche Faktenlage nicht völlig ignoriere, könne aus dem christlichen Liebesgebot nur entschiedene Maßnahmen ableiten, die sicherstellen, „dass auch unsere Kinder und Enkelkinder, die jetzt schon leben und die wir lieben, mindestens genauso gut leben können wie wir selbst“.

Scharf kritisierte Bedford-Strohm die Lage an der Grenze zwischen Belarus und Polen und forderte ein Ende des Zurückdrängens von Flüchtlingen. Er schließe sich dem Appell von Amnesty International an alle politisch Verantwortlichen an, den Menschen dort Zugang zu einem regulären Asylverfahren zu geben und damit die menschenunwürdigen Zustände an der EU-Außengrenze zu beenden.

Die Synodentagung der EKD war am Morgen mit einem Gottesdienst im Bremer Dom St. Petri eröffnet worden. Die 128 Synodalen beraten bis Mittwoch digital, weil ein Teilnehmer einer vorbereitenden Gremiensitzung positiv auf das Coronavirus getestet worden war. Am Dienstag und Mittwoch werden der Rat der EKD als Leitungsgremium neu gewählt und der Ratsvorsitz neu vergeben. Bedford-Strohm stellt sich nach sieben Jahren an der EKD-Spitze nicht erneut zur Wahl.