Land legt Aktionsprogramm für Kinder und Jugendliche auf

Nachricht 07. Juli 2021

Breite Kritik von Landtagsopposition und Bildungsorganisationen

Kinder und Jugendliche haben massiv unter der Corona-Pandemie gelitten. Niedersachsens Landesregierung will die Betroffenen nun mit einem millionenschweren Programm unterstützen. Zu wenig und zu spät, sagen Opposition und Bildungsorganisationen.

Hannover (epd). Ein neues Aktionsprogramm der niedersächsischen Landesregierung, das Kinder und Jugendliche dabei unterstützen soll, die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bewältigen, ist bei der Landtagsopposition, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie einem Lehrerverband auf teils scharfe Kritik gestoßen. Grüne, FDP, GEW und der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte bezeichneten die beschlossenen Maßnahmen als bei weitem nicht ausreichend.

Für das Aktionsprogramm „Startklar in die Zukunft“ stehen nach Angaben der Landesregierung vom Dienstag für dieses und das nächste Jahr insgesamt 222 Millionen Euro bereit. 189 Millionen Euro davon sollen in den Schulbereich fließen, 33 Millionen Euro in die Kinder- und Jugendhilfe. Das Land stocke damit die bundesseitige Förderung aus dem Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ in Höhe von 122 Millionen Euro um 100 Millionen Euro aus dem landeseignen Covid-19-Sondervermögen auf, hieß es.

In- und außerhalb der Schule sollten Kinder und Jugendliche zusätzliche Angebote unter anderem zur Lernförderung, zur psychosozialen Stabilisierung, zur Freizeitgestaltung, Gesundheitsförderung und gesellschaftlichen Beteiligung erhalten, sagte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD). Sozialministerin Daniela Behrens (SPD) ergänzte, das Aktionsprogramm solle Kindern und Jugendlichen ihre Zukunftschancen sichern, ihnen Zutrauen geben und Kontakte ermöglichen. Sie hätten eine Hauptlast bei der Pandemiebekämpfung getragen. Nun sei es an der Zeit, ein wenig davon zurückgeben.

Die Grünen bemängelten, das Programm komme viel zu spät. „Dass die Landesregierung erst jetzt - nach 15 Monaten Pandemie - an die Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen denkt, zeigt, dass sie die Prioritäten viel zu lange falsch gesetzt hat“, kritisierte der Landtagsabgeordnete Volker Bajus. Das Aktionsprogramm lege den Fokus in erster Linie auf das Aufholen von Lernrückständen. Dabei hätten Kinder und Jugendliche nicht nur Schulstoff verpasst, sondern auch ein Stück ihrer Kindheit und Jugend - prägende Erlebnisse und einmalige Erfahrungen, aber auch ganz alltägliche Freizeitaktivitäten. Für entsprechende Jugendarbeit und Freizeitangebote seien aber nur 15 Prozent vorgesehen, gerade mal rund 25 Euro pro Kind, fügte Bajus hinzu: „Das ist viel zu wenig!“

Der FDP-Abgeordnete Björn Försterling begrüßte zwar, dass nun Klarheit über die Rahmenbedingungen des Programms herrsche und die Mittel des Bundes noch einmal aufstockt worden seien. Leider bleibe das Land aber weiterhin „meilenweit davon entfernt“, die Bildung im Internet mit den Lerninhalten der Kernfächer auszustatten". Freiwillige Lernangebote für Schülerinnen und Schüler in den Sommerferien fänden sich ebenfalls nicht in dem Konzept.

Auch nach Ansicht der GEW-Landesvorsitzenden Laura Pooth geht die Landesregierung mit dem Programm nur „ein Stück weit in die richtige Richtung“. Die vorgelegten Pläne behöben die Mängel in den Schulen nur ansatzweise. Statt der vorgesehenen rund 95 Millionen Euro pro Jahr müssten im Haushalt des Landes 750 Millionen mehr für die Bildung ausgewiesen werden. Noch immer fehlten in Niedersachsen rund 7.000 Lehrkräfte.

Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte mahnte Taten an. „Nett anzusehende Hochglanz-Broschüren verbunden mit freundlichen Worten reichen nicht aus“, sagte der Verbandsvorsitzende Torsten Neumann. Es sei zu hoffen, dass die jetzt in Aussicht gestellten Mittel auch wirklich schnell zur Verfügung stünden: „Die Schülerinnen und Schüler haben mehr Unterstützung verdient. Sie haben in der vergangen Zeit viel zu ertragen gehabt.“