Streit um Finanzierung: Ganztagsbetreuung in Grundschulen ungewiss

Nachricht 28. Juni 2021

Hannover, Berlin. (epd). Einigkeit beim Ziel, Streit um die Finanzierung: Trotz des grundsätzlichen Konsens, dass Grundschüler künftig einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung haben sollten, wackelt das Vorhaben. Niedersachsen und andere Bundesländer haben am Freitag einem entsprechenden Gesetz im Bundesrat nicht zugestimmt. Damit ist unklar, ob der Rechtsanspruch noch bis zur Bundestagswahl im September beschlossen wird. „Es kann nicht sein, dass der Bund bestellt und wir bezahlen“, sagte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) der Hannoverschen Allgemeinen (Samstag). Die Bundesregierung müsse sich dauerhaft an den Betriebs- und Personalkosten beteiligen.

Um eine Einigung herbeizuführen hat der Bundesrat nun den Vermittlungsausschuss angerufen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verteidigte dieses Vorgehen. Er sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag), sein Land halte einen Rechtsanspruch auf Ganztag in der Grundschule zwar für ausgesprochen sinnvoll: „Die Realisierung kann jedoch nur durch eine dauerhafte gemeinsame finanzielle Anstrengung von Bund und Ländern gelingen.“ Der Bund müsse seinen Beitrag deutlich erhöhen.

Auch der Deutsche Städtetag begrüßte, dass über die Verteilung der Kosten zwischen Bund, Ländern und Kommunen noch einmal verhandelt wird. Der Deutsche Kinderschutzbund warnte derweil vor einem endgültigen Aus des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung. Der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag): „Sollte der Rechtsanspruch endgültig scheitern, hat das schwerwiegende Folgen.“ Für viele Eltern würde es damit schwer, Beruf und Familie zu vereinbaren. Die Ablehnung des Gesetzes im Bundesrat nannte Hilgers ein Armutszeugnis für Deutschland. Er rechne nicht damit, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode noch kommt.

Der Rechtsanspruch soll ab 2026 nach und nach greifen, ab August 2029 sollen dann alle Grundschulkinder einen Anspruch auf Betreuung am Nachmittag haben. Ganztagsplätze sollen es Eltern erleichtern, Beruf und Familie zu vereinbaren, und die Lernchancen für Kinder aus bildungsfernen Familien erhöhen. Für Niedersachsen würde sich nach Angaben der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung bei einem Rechtsanspruch für die Klassen eins bis vier eine Finanzierungslücke von jährlich mindestens rund 212 Millionen Euro ergeben.