Sozialverband: Mitte der Gesellschaft rutscht in Armut ab

Nachricht 12. Mai 2021

Osnabrück/Berlin (epd). Der Sozialverband Deutschland hat vor einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich gewarnt. In den vergangenen fünf Jahren sei die Gruppe der Armen gewachsen und zugleich der Anteil der Reichen, sagte Verbandspräsident Adolf Bauer der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). „Die Mitte ist geschrumpft. Die Pandemie hat bewirkt, dass Teile der Mitte der Gesellschaft gefährdet sind, in Armut abzurutschen.“ Viele Selbstständige seien nicht mehr in der Lage, ihren Lebensstandard zu halten. „Für immer mehr Menschen wird die Lage prekär, während ein anderer Teil noch reicher geworden ist.“ Die Bundesregierung will nach eigenen Angaben in diesem Monat dem Bundestag den Sechsten Armuts- und Reichtumsbericht vorstellen.

Der Präsident befürchtet „eine weitere Spaltung der Gesellschaft, wenn die Zahl derer wächst, die staatliche Unterstützung benötigen, und gleichzeitig auf der anderen Seite wenige einen immer größeren Anteil des Vermögens besitzen“. Das werde zu Spannungen führen. „Die Regierung müsste schon jetzt Hilfen für die Zeit der Überbrückung nach der Pandemie in Aussicht stellen“, forderte Bauer. „Wir brauchen nach dieser Krise mehr Sozialstaat und auf keinen Fall weniger. Man wird gezwungen sein, die Steuern für Besserverdienende zu erhöhen.“

Vor allem Städte und Landkreise müssten besser ausgestattet werden. Sie seien schon vor Corona nicht mehr in der Lage gewesen, Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu unterhalten. „Man hat den ländlichen Raum sträflich vernachlässigt und nur noch auf die städtischen Regionen geschaut. Das rächt sich nun umso mehr“, sagte der Präsident des Sozialverbandes.

Bauer wirft der Bundesregierung vor, nicht rechtzeitig erkannt zu haben, dass ärmere Menschen stärker von der Pandemie betroffen sind. „Man hat als armer Mensch ein höheres Risiko, an Corona zu erkranken und zu sterben, als ein reicher.“ Deshalb müsse jetzt dort, wo viele Menschen mit Migrationshintergrund lebten, mit Personal dafür gesorgt werden, dass diese besonders gefährdeten Gruppen geimpft würden.