25-Jährige bekleidet Spitzenamt in der evangelischen Kirche

Nachricht 10. Mai 2021

Bei der Frühjahrstagung der evangelischen Kirche ist die Philosophie-Studentin Anna-Nicole Heinrich an die Spitze der Synode gewählt worden. In den inhaltlichen Debatten ging es erneut um das Engagement der Kirche bei der Seenotrettung.

Hannover (epd). Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat die Regensburger Philosophie-Studentin Anna-Nicole Heinrich an ihre Spitze gewählt. Die 25-Jährige setzte sich am Samstag bei der digitalen konstituierenden Sitzung des Kirchenparlaments überraschend gegen die 41-jährige Richterin und Grünen-Politikerin Nadine Bernshausen aus Marburg durch. Für Heinrich stimmten im ersten Wahlgang 75 Delegierte, für Bernshausen 39 von 128 Delegierten. Als Präses gehört Heinrich fortan auch dem Rat der EKD an.

Heinrich folgt auf die ehemalige FDP-Bundesministerin Irmgard Schwaetzer (79), die die Synode fast acht Jahre lang geleitet hatte und am Samstag mit viel Dank von den Synodalen verabschiedet wurde. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sprach von einer „historischen“ Wahl. Er hob hervor, dass sich Heinrich im Zukunftsteam der EKD engagiert hatte, das die zwölf Leitsätze für eine Kirche der Zukunft entworfen hatte. Das Zukunftspapier war von der vorigen Synode im November verabschiedet worden.

Dem Kirchenparlament steht ein Präsidium mit sieben Mitgliedern vor. Nach der Neubesetzung des Präsesamtes sollten am Samstagnachmittag auch die zwei Vizepräsides und vier Beisitzerinnen und Beisitzer neu gewählt werden. Die evangelische Kirche debattiert derzeit intensiv, wie sie mit Mitglieder- und Relevanzverlust in der Gesellschaft umgehen soll. Anna-Nicole Heinrich warb in ihrer Vorstellungsrede vor den Synodalen für eine „optimistische Perspektive hinaus in die Weite“, wenngleich sie begleitet sein werde „von Sparmaßnahmen, Rückbau und Umbau“. „Als Präses möchte ich für eine hoffnungsvolle, integrierende und pragmatische Kirche stehen“, sagte sie.

Der Ratsvorsitzende Bedford-Strohm sprach sich in seinem Bericht vor den Synodalen für eine neue Sicht auf sinkende Mitgliederzahlen und Sparmaßnahmen aus. Er forderte eine „geistliche Grundhaltung, die nicht von Knappheit, sondern von Fülle geprägt“ sei. Die Synode hatte neben den zwölf Leitsätzen auf ihrer letzten Tagung im November auch eine Finanzstrategie beschlossen, die Einsparungen in Höhe von 30 Prozent des Haushaltsvolumens von 2019 bis 2030 vorsieht.

Bedford-Strohm sagte zudem eine Einigung mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, über eine unabhängige Aufarbeitung in diesem Jahr zu. Die EKD verhandelt derzeit mit Rörig über eine Vereinbarung ähnlich der, die die katholische Kirche im vergangenen Jahr bereits unterzeichnet hatte.

Ein dominierendes Thema in der Debatte nach dem Ratsbericht war die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Einige Synodale, darunter die FDP-Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg, kritisierten, dass auf dem Rettungsschiff „Sea-Watch 4“, das auch mit kirchlichen Spenden unterstützt wird, eine Antifa-Flagge weht. Es müsse von der Kirche eine deutliche Distanz zu jeglicher Art von Extremismus geben, sagte sie mit Blick auf im Namen der Antifa begangene Gewalttaten. Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt, die ebenfalls der Synode angehört, widersprach: In der evangelischen Kirche werde keine Art von Gewalt toleriert. Sie freue sich, dass die Kirche wahrgenommen werden als diejenige, die „mit Ideen, Vorschlägen und praktischer Hilfe unterwegs“ sei.

Bedford-Strohm hatte selbst unterstrichen, dass es zwischen ihm und dem Trägerverein für das Schiff „unterschiedliche Auffassungen“ über Sinn und Bedeutung der Flagge gebe. Für Gewalt gebe es für ihn keine Rechtfertigung. Die Diskussion über die Flagge finde er aber „absurd“. Das Entscheidende sei, dass das Schiff Leben rette.