Debatte ums Abendmahl: Manzke wirbt um Verständnis für Katholiken

Nachricht 22. März 2021

Hannover/Bückeburg (epd). Zwei Monate vor dem Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt am Main bekommt die Debatte um gemeinsame Abendmahlsfeiern von katholischen und evangelischen Christen neuen Aufwind. Die Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) hält die Teilnahme von Protestanten an einer katholischen Eucharistiefeier nach einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme für theologisch vertretbar. Zuvor hatte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, den Priestern seines Bistums eine allgemeine Einladung evangelischer Christen zur Eucharistie verboten. Im Einzelfall aber dürfe ein Nicht-Katholik die Kommunion empfangen, allerdings nur nach ernsthafter Gewissensprüfung und "in Übereinstimmung mit dem katholischen Glauben". Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erläutert der Catholica-Beauftragte der VELKD, Landesbischof Karl-Hinrich Manzke aus Bückeburg, was er evangelischen Christen rät.

epd: Herr Manzke, kann ein evangelischer Christ an der Eucharistiefeier teilnehmen, wenn er damit die "Übereinstimmung mit dem katholischen Glauben" bekundet?

Manzke: In der Abendmahlsfeier sollen nicht Lehrdifferenzen, sondern die Gemeinschaft in und mit Jesus Christus im Vordergrund stehen. Deshalb begrüße ich es, dass katholische Seelsorger die Gewissensentscheidung aller Getauften respektieren sollen. Indem Bischof Bätzing daran erinnert, schließt er direkt an das Votum des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und theologischer Theologen von 2019 an, wonach gegenseitiger eucharistischer Gastfreundschaft theologisch nichts im Wege steht. Auch wir, die Bischofskonferenz der VELKD, sehen dieses Papier als großen Fortschritt.

epd: Welche Gewissensgründe könnten einen evangelischen Christen davon abhalten, zur Eucharistie zu gehen?

Manzke: Nach dem katholischen Kirchenrecht darf ein Priester die Eucharistie bis auf wenige Ausnahmen nur katholischen Christen spenden. Deshalb wird ein evangelischer Christ sehr darauf achten, wann und wo er oder sie zur Eucharistie hinzutritt. Die Abendmahlsfeier ist nicht der Ort für Provokationen. Ebenfalls könnte ich mir vorstellen, dass evangelische Christen nicht teilnehmen möchten, wenn gelten soll, dass sie damit allen Gesetzen und Ordnungen der katholischen Kirche zustimmen. Sollte ein Priester eine solche ausdrückliche Zustimmung verlangen, raten wir von der Teilnahme ab. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass ein Priester das einem Protestanten zumutet.

epd: Viele empfinden Bätzings Klarstellung dennoch als herzlos.

Manzke: Nein, sie ist nicht herzlos. Bischof Bätzing geht so weit auf uns Protestanten zu wie möglich. Er ist ein wahrer Freund im ökumenischen Miteinander der Kirchen in Deutschland. Wir Protestanten müssen aber verstehen, dass er an das Kirchenrecht gebunden ist.

epd: Was raten Sie also einem evangelischen Christen, der mit sich ringt?

Manzke: Ich rate ihm oder ihr, mit anderen Mitbetroffenen darüber zu sprechen. Oft sind das katholische Familienangehörige oder Freunde, mit denen er oder sie zusammen Gottesdienst feiern möchte. Auch das Gespräch mit einem Pastor, einer Pastorin kann helfen, Missverständnisse und Befürchtungen zu klären. Auch kann ein Gespräch mit dem örtlich zuständigen Priester helfen. Wenn sich ein Protestant dann gegen die Teilnahme an der Eucharistie entscheidet, ist es auch gut. Ich kann mit anderen Christen auch ohne Abendmahl im Geist Jesu verbunden sein. Dennoch bleibt Kirchengemeinschaft auch in puncto Abendmahl unser Ziel.

epd: Kardinal Kurt Koch, der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates, meint, dass die evangelische Kirche erst für mehr Ordnung in ihren Gemeinden sorgen müsste.

Manzke: Aus Sicht von Kardinal Koch müssten wir klarer festlegen, dass nur ordinierte Pastorinnen und Pastoren das Abendmahl einsetzen und nur Getaufte dazu einladen. Die Diversität im Protestantismus ist in der Tat enorm und manchmal verwirrend. Mancherorts dürfen Prädikanten das Abendmahl einsetzen. Im württembergischen Pietismus etwa gibt es die Tradition des Hausabendmahls in Kommunitäten und Hauskreisen, das auch ohne ordinierten Pastor auskommt. Dass das Abendmahl nur Getauften gespendet werden darf, ist ökumenischer Konsens und sollte nicht hinterfragt werden. Diese evangelische Vielfalt ist nicht einfach Wildwuchs, sondern zeigt, dass evangelische Christen das Abendmahl lieben und von Herzen gern feiern. Sie ist im Übrigen vergleichbar mit der Vielfalt der Abendmahlsfeiern im weltweiten Katholizismus, etwa in den Orden und Kommunitäten. Die katholische Kirche lässt hier ebenfalls Ausnahmen zu.

epd: Was halten Sie von digitalen Abendmahlsfeiern?

Manzke: Die Debatte hierzu ist vor einem Jahr aufgekommen, als wir keine Gottesdienste in Präsenz feiern konnten. Ich bin hier eher skeptisch. Im Abendmahl gibt ein Christ einem anderen Brot und Wein, die als Leib und Blut Christi empfangen werden. Es ist ein unmittelbares und leibliches Geschehen. Digital kommt das kaum zum Tragen. Als Notlösung finde ich es legitim. Ich empfehle dennoch, die Notsituation auszuhalten und aufs Abendmahl zu verzichten. Das erhöht die Freude auf das nächste Abendmahl. Im Übrigen fordern auch einige Katholiken digitale Messfeiern.

epd: Welche ökumenischen Fortschritte erhoffen Sie sich vom Ökumenischen Kirchentag?

Manzke: Wegen der Pandemie wird der Ökumenische Kirchentag fast vollständig in den digitalen Raum verlegt. Das macht Begegnungen nicht leichter. Deshalb würde ich die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen. Wir werden uns aber auch über den Kirchentag hinaus weiter unverdrossen um die sichtbare Einheit der Kirche in versöhnter Verschiedenheit bemühen.

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Landesbischof Manzke: http://u.epd.de/1sw3
Nebenamt des Catholica-Beauftragten: http://u.epd.de/1sw4