De Vries: Soziales Handeln eröffnet neue Chancen für Kirche

Nachricht 23. November 2020

epd-Gespräch: Daniel Behrendt und Michael Grau

Hannover (epd). Der Theologe und scheidende kirchliche Vizepräsident Arend de Vries (66) sieht im sozialen Handeln der Kirche die Chance, neue Kontakte zu vielen bisher kirchenfernen Menschen zu knüpfen. Gerade in der Coronakrise gehe es um den Zusammenhalt in der Gesellschaft und um "Achtsamkeit gegenüber dem Nächsten", sagte de Vries im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Da kann sich manches wiederholen, was wir 2015 anlässlich des Flüchtlingszustroms erlebt haben: Viele Menschen wollten sich einbringen, und die Kirche bietet einen Raum dafür", betonte de Vries: "Über soziales Engagement gewinnen Menschen Zugang zu Kirche und Gemeinde, die über den klassischen Gottesdienst nicht erreicht werden."

De Vries wird am Freitag (27. November) in Hannover aus seinem Amt als Geistlicher Vizepräsident im Landeskirchenamt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers verabschiedet. Er bekleidete dieses Spitzenamt 14 Jahre lang. Sein Nachfolger wird Oberkirchenrat Ralph Charbonnier (58), der bislang Leiter des Referats für Sozial- und gesellschaftspolitische Fragen im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover war. Zum Amtswechsel feiert die Landeskirche am Freitag um 13.30 Uhr einen Festgottesdienst mit geladenen Gästen und nach strengen Hygieneregeln in der Marktkirche.

Die Coronakrise habe die Kirche vor bislang unbekannte Herausforderungen gestellt, bilanzierte de Vries. Sie habe einen glaubwürdigen Weg zwischen Gesundheitsschutz und der Religionsfreiheit finden müssen. "Ich glaube, das ist uns alles in allem ganz gut gelungen." Allerdings habe die Kirche auch Gegenwind bekommen.

De Vries zeigte sich besorgt, dass manches kirchliche Angebot die Krise nicht überdauern werde: "Viele Seniorenkreise, aber auch Chöre werden womöglich nicht wieder in Gang kommen. Der Schaden für die Kirchenmusik insgesamt ist massiv, das ist schon jetzt sicher." Auf der anderen Seite habe die Krise bei den digitalen Angeboten ungeahnte Kräfte freigesetzt: "Viele Kolleginnen und Kollegen haben über die sozialen Medien Reichweiten erzielt, die sie mit Präsenz-Gottesdiensten niemals erreicht hätten." Digitale Angebote müssten aber gut gemacht sein: "Einfach nur analoge Angebote abfilmen und ins Netz stellen reicht nicht."

Für die Zukunft sieht de Vries die Kirche im Umbruch. "Wir werden zukünftig noch viel stärker Abschied nehmen müssen von manchen liebgewonnenen Kirchenbildern", sagte er. Pfarrermangel, ungewisse finanzielle Perspektiven und die sich wandelnde Rolle in der Gesellschaft erforderten neue Prioritäten: "Kirchengemeinden werden stärker arbeitsteilig und zugleich besser vernetzt arbeiten müssen. Ehrenamtliche, die heute schon eine tragende Kraft unserer Kirche sind, werden noch wichtiger werden, um Kirche vor Ort am Laufen zu halten. Wir müssen sie weiter stärken und qualifizieren."

epd lnb mig/dab
epd-Service

Internet
www.landeskirche-hannover.de