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Forscher kritisiert Fernreisen: "Rückfall in die Barbarei"

Nachricht 06. Juli 2019

Bremen/Oldenburg (epd). Der Oldenburger Volkswirt und Nachhaltigkeitsforscher Niko Paech (58) hat Fernreisen, den Trend zum Fliegen und eine Doppelmoral in der Klimadebatte scharf kritisiert. "Fliegen ist neben Kreuzfahrten der übelste ökologische Vandalismus, den man anrichten kann", sagte Paech dem Bremer "Weser-Kurier" (Donnerstag). Fliegen sei nackte Gewalt gegen die Überlebensfähigkeit der menschlichen Zivilisation: "Wir sollten anfangen, zwischen menschlichen Grundbedürfnissen und spätrömischer Dekadenz zu unterscheiden."

In einer modernen Gesellschaft brauche es Mobilität, räumte der Wissenschaftler ein, der in Oldenburg lebt und an der Universität Siegen lehrt. Menschen müssten ihren Arbeitsplatz erreichen und sich versorgen. Manche seien dabei auf ein Auto angewiesen. In seltenen Fällen müssten bestimmte Personen auch fliegen. Paech erwähnte in diesem Zusammenhang Funktionsträger aus Politik und Gesellschaft. Doch die Willkür und Häufigkeit, mit der heute geflogen werde, habe es vor Jahren nicht einmal in Science-Fiction-Filmen gegeben.

Individuelle Freiheiten zählten zu den höchsten modernen Errungenschaften, führte Paech aus. "Aber ein Recht auf Zerstörung ohne Zwang oder begründbare Notwendigkeit zu proklamieren, ist ein Rückfall in die Barbarei." Im Durchschnitt wüssten moderne Menschen immer mehr über Klimaschutz und zeigten sich betroffen, während sie gleichzeitig immer umweltschädlicher lebten. In hoch entwickelten Konsumgesellschaft lasse sich über Kompensationen Moral erwerben, um sich davon freizukaufen, genügsam zu sein.

Paech sagte, Studien zeigten, dass Fernreisen nicht unbedingt das Wohlbefinden steigerten. Er kenne viele Menschen, die nie ein Flugzeug von innen gesehen hätten und nicht nur zufrieden, sondern auch weltoffen lebten. Europa mit Zug, Fahrrad und Wanderschuhen zu entdecken, sei spannend. "Man bräuchte mehrere Menschenleben, um alle Schönheiten Europas zu erkunden."

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