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Bild: Rainer Sturm  / pixelio.de

Uwe Hauser, Stefan Hermann (Hg.)
RU kompakt Berufliches Gymnasium, Anregungen und Materialien für den Evangelischen Religionsunterricht, Calwer Verlag
Stuttgart 2021, ISBN 978-3-7668-4504-7, 64 Seiten, 17,95 €

 

RU Kompakt – Berufliches Gymnasium

Die neue Reihe „RU kompakt – Berufliches Gymnasium“ verspricht „Anregungen und Materialien für den Evangelischen Religionsunterricht“; herausgegeben wird sie von Uwe Hauser vom RPI Baden und Stefan Hermann vom PTZ Stuttgart. Der 2021 bei Calwer erschienene erste Band widmet sich dem Thema Religionen und enthält zwei Unterrichtseinheiten in Anlehnung an den baden-württembergischen Bildungsplan 2021 für evangelischen Religionsunterricht.

Der vorliegende Band kommt ganz praxisorientiert daher. Er möchte unterrichtliche Wege aufzeigen, wie Schüler*innen zu einer eigenen Positionierung in Bezug auf „Religion(en)“ gelangen können. Dazu bietet er zwei Unterrichtseinheiten: eine von Wilhelm Gräb und Karsten Jung erarbeitete zu dem Thema „Religion neu wahrnehmen – Religion als Entdecken von Sinn“ (5-18) und eine Einheit von Harald Becker unter dem Titel „Zwischen Gleichgültigkeit und Fanatismus – Der Anspruch von Religion in einer pluralen Welt“ (19-59). Sofort fällt der sehr unterschiedliche Umfang der beiden Einheiten ins Auge; damit geht auch ein qualitativer Unterschied einher.

Eine Lehrkraft auf der Suche nach Unterrichtsmaterialien wird sofort von dem klaren Aufbau und der umfassenden didaktischen Hilfestellung angesprochen sein, die dieser Band verspricht: Beide Einheiten enthalten, so ist auf S. 4 zu lesen, theologisch-didaktische Überlegungen, einen expliziten Bezug zu den Kompetenzen des Bildungsplans, Bausteine für den Unterricht sowie weiterführende Literaturangaben. Auch die einzelnen Bausteine sind im didaktischen Kommentar jeweils mit Angaben zu den prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen sowie zum vorrangigen Anforderungsbereich versehen.

Und auch wenn sich die Zielformulierungen an dem baden-württembergischen Bildungsplan orientieren (müssen), so ist eine Übertragung auf die Formulierungen des niedersächsischen Kerncurriculums Evangelische Religion für die gymnasiale Oberstufe problemlos möglich. Sowohl im Kompetenzbereich „Mensch“ als auch im Kompetenzbereich „Religion und Religionen“ sind die Themen des hier vorliegenden Arbeitsheftes anschlussfähig an die im KC benannten möglichen Inhalte für den Kompetenzerwerb.

Die erste Einheit, „Religion neu wahrnehmen – Religion als Entdecken von Sinn“, bietet Ideen, wie die Schüler*innen dabei unterstützt werden können, das Vorkommen von Religion außerhalb von Religionen wahrzunehmen (vgl. 5); die Materialien wollen dabei helfen, „ausgehend von biographischen Einsichten die eigene Entwicklung [zu reflektieren] und die gesellschaftliche Lage [zu analysieren] – immer flankiert von wissenschaftlichem Input, der zu einer vertiefenden und sachgerechten Beurteilung beitragen soll“ (5). Soweit der Selbstanspruch. Das Kapitel selbst überzeugt jedoch nicht: Die vorweggeschalteten theologischen und didaktischen Überlegungen umfassen insgesamt gerade mal eine halbe (!) Seite, der vorgeschlagene Einstieg über ein Brainstorming zum Begriff „Religion“ und einen Zeitstrahl zur eigenen (Glaubens-)Biografie ist kaum innovativ zu nennen. Unter den wenigen Materialien findet sich ein umfangreicher Text zu den Glaubensstufen von Fowler; hier wird jedoch nicht ausreichend reflektiert, dass dieses Modell heute kritisiert wird. Die erste der beiden Einheiten vermag daher leider nicht zu überzeugen.

Dies sieht bei dem von Harald Becker gebotenen Material mit dem Titel „Zwischen Gleichgültigkeit und Fanatismus – Der Anspruch von Religion in einer pluralen Welt“ anders aus. Es ist umfangreich und vielfältig und spannt einen weiten Bogen. Denn die Karikatur, die am Beginn der Einheit steht, dient nicht nur als Eröffnung, sondern strukturiert auch die vorgeschlagenen Bausteine. Die verwendeten Materialien sind stets an die Ausgangsfrage rückgebunden, die didaktischen Angaben sehr durchdacht und gut erläutert. Dass am Ende, gleichsam als Handlungsergebnis, eine eigene Karikatur der Schüler*innen steht, rundet die Einheit ab. Es dürften sich spannende Gespräche und neue Impulse ergeben, wenn man sich auf Basis dieser Materialien mit den Schüler*innen über Religionen und ihr Konfliktpotential austauscht.

Michaela Veit-Engelmann