Klosterschule – Ein Tag im Kloster am Reformationstag

von Susanne Link-Köhler

 

*aus: Lena Kuhl (Hg.): Den Reformationstag gestalten III für Kinder im Grundschulalter, Loccum, 2002, S. 38-54
 

 ” Wo soll ich den Lars am 31. Oktober lassen, wenn da schulfrei ist? Wir haben keine Oma oder so was...”

Die ratlose Frage einer berufstätigen Mutter auf dem Elternabend der Klasse 1a stand am Anfang des Projekts. ”Die können alle zu uns in die Kirche kommen”, antwortete der Pastor, selbst Vater in der 1a den ebenfalls betroffenen Müttern und Vätern.

”Oha! Klosterschule!” lachte ein anderer Vater. Und damit hatte das Projekt schon seinen Namen. Die ersten Ideen wurden gleich anschließend im ”Dorfkrug” gesammelt.

Einige Tage später, noch vor den Herbstferien, bekamen alle Kinder der Grundschule vom Loccumer Pastor eine Einladung zur ”Klosterschule am Reformationstag” für die Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Bis zum 30. Oktober lagen 130 Anmeldungen vor. 150 Kinder kamen.

Die große Zahl und das unterschiedliche Alter von Klasse 1 bis 4 erforderten mehrere Arbeitsgruppen und damit auch viele Mitarbeiter und Räume. Einige der Themen und Ideen leben natürlich von der besonderen Atmosphäre und Weitläufigkeit einer mittelalterlichen Klosteranlage. Dennoch lässt sich, so glauben wir, vieles auch auf ”normale” Kirchen und Gemeindehäuser übertragen. Es wäre auch denkbar, das Konzept auf einen ganzen ”Reformations-Tag”  im Gemeindehaus auszuweiten oder eine Kinderbibelwoche, die in vielen Gemeinden in den Herbstferien stattfindet, unter das Motto Kloster und Reformation zu stellen.

Da der Reformationstag 2002, wenigstens in Niedersachsen, aber weder in die Herbstferien fallen noch schulfrei sein wird, bietet sich auch eine Zusammenarbeit mit den Schulen an. Vielleicht ja im Rahmen einer ganzen Projektwoche ”Mittelalter”.

 

Vorüberlegungen grundsätzlicher Art 

Das Reformationsfest ist wie kein anderes kirchliches Fest ein historisches. Kirchengeschichte, die ja auch ihren Platz im Religionsunterricht an der Grundschule hat, kann hier erlebt und erfahren werden.

Begegnung mit Geschichte, mit dem eigenen Erbe, den eigenen weit hinten liegenden Wurzeln gehört auch in den Unterricht von Religion. Kinder spielen gerne, schlüpfen gerne in andere Rollen, verkleiden sich gerne und hören gerne Geschichten ”von früher”.

Wenn die evangelische Kirchengemeinde ausgerechnet am Reformationstag zu einem ”Klostertag” einlädt und Geschichte lebendig werden lassen will, dann greifen Klosterleben und reformatorischer Auszug aus dem Kloster ineinander – zwei Themen, die zwar miteinander zu tun haben, die aber doch jedes für sich allein eine ganze Projektwoche füllen könnten. Wir haben von unserer Dorfsituation aus geplant und gedacht und beschlossen, uns von der Komplexität des Themas nicht unterkriegen zu lassen:

In unserem Dorf gibt es ein Zisterzienserkloster, in dem noch immer Menschen leben und arbeiten, wenn auch nicht mehr als Nonnen und Mönche. Es gehört zum Dorf und hat seit 800 Jahren das Leben in der ganzen Region geprägt. Trotzdem waren viele Kinder noch nie innerhalb der Klostermauern und wissen fast nichts darüber.

Warum also nicht gerade am Reformationstag den Wurzeln der eigenen Gemeinde im Kloster nachspüren, Dorfgeschichte im Kloster vor und nach der Reformation auf die Spur kommen?

Vom Kloster ging viel Segen aus, angefangen bei der Trockenlegung und dem Urbarmachen des Landes über die Pflege und Bewahrung durchaus nicht nur des christlichen Kulturerbes, die Bildungsarbeit, die Kranken- und Armenpflege bis zu immer neuen geistlichen Erneuerungsbewegungen.

Das Kloster hat aber auch Grenzen gesetzt oder stabilisiert. Es gab ein ”Drinnen” und ”Draußen”, ein ”Oben” und ”Unten”, ein ”Abhängig” und ”Unabhängig”. Grenzen übrigens, die in den Klosterdörfern bis heute nicht vergessen sind und auf undurchsichtige Weise nachwirken.

Das lässt sich beispielhaft gut an der Macht der Sprache festmachen, die von Kindern dieser Altersstufe gerade entdeckt wird.

Martin Luther, der aus dem Kloster kam und seine Reformation, die ohne die Klöster nicht wäre, sollte an kleinen, überschaubaren Einheiten nachgezeichnet und als Verbindendes, Grenzen Überwindendes nachgezeichnet werden.

Reformatorisches Gedankengut – sola gratia – wollten wir am Beispiel des Reformationsliedes ”Ein feste Burg ist unser Gott” mit seiner eindrücklichen Bildersprache lebendig werden lassen. Nicht das Hymnische, Heldenhafte des Liedes sollte dabei die Mitte bilden, sondern vielmehr die Erkenntnis ”mit unserer Macht ist nichts getan” – eine ermutigende, tröstende, lebensbegleitende Zusage Gottes für jedes einzelne Kind ”ersungen” werden. Das Kloster ist wie eine Burg: es regelt das Leben, beschützt, umgrenzt, schafft Freiräume für Gebet, Meditation, Bildung, Kunst und Kultur (Güter, die für die meisten Menschen im Mittelalter unerreichbarer Luxus geblieben wären). Wie eine Burg grenzt das Kloster aber auch aus.

Luthers Erkenntnis: Gott baut die Burg, nicht etwa wir mit unserem ”frommen” Leben. Er lädt uns ein. Damit öffnen sich die Klostertüren und die Mauern werden durchlässig für das ”normale” Leben.

Das Lied besingt zwar den 46. Psalm. Wir haben uns aber für Psalm 91, 1+2 entschieden. ”Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben”, klingt abstrakter als: ”Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.”

 

Zu den Arbeitsgruppen

Die Zusammensetzung der einzelnen Gruppen muss außer auf Neigungen und Freundschaften auch auf die verschiedenen Altersstufen und Fähigkeiten Rücksicht nehmen.

Jede der Gruppen sollte auf ihre Weise einen Teilaspekt klösterlichen Lebens im Mittelalter und seine Veränderung durch die Reformation kennen lernen und mit einem Beitrag für den gemeinsamen Gottesdienst etwas ”Handfestes”, Vorzeigbares erarbeiten.

Folgende Gruppen haben sich gebildet:

 

1. Die Waldarbeiter

Hier wurde zusammen mit dem Förster der Klosterwald erforscht. Das Be- und Entwässerungssystem, die verschiedenen Teichanlagen, die gerodeten Wiesen und Weiden wurden erklärt und die harte Arbeit der ersten Mönche anschaulich gemacht.

Auch die allmähliche Trennung zwischen ”Laienbrüdern”, die die praktische Arbeit leisten (und nachts ihren Schlaf brauchen) und den ”Priestermönchen”, die die Gebetszeiten (acht Mal am Tag bzw. in der Nacht) einhalten, wird verständlich.

 Aufgabe: Schmuck für die Kirche, den Altar suchen und im Kirchenraum verteilen. (z.B. Efeu, Herbstlaub, Zweige, Kastanien, etc.)

Material: Finden die Kinder.

Symbol: Zweig

Anmerkung: Die wenigsten Gemeinden verfügen über einen eigenen Wald. Aber auch im Außengelände vieler Kirchen und Gemeindehäuser lässt sich von der Kultivierungsleistung der Mönche erzählen. Darüber hinaus könnte man auf Klostergärten, Heilkräuter und medizinisches Wissen zu sprechen kommen und dem Hausmeister oder Friedhofsgärtner zur Hand gehen. Ende Oktober ist schon Pflanzzeit für Tulpen- und Narzissenzwiebeln, die dann im nächsten Frühling an die ”Klosterschule” erinnern.

Da diese Gruppe erfahrungsgemäß von vielen Kindern gewählt wird, kann man auch beides – Wald und Garten – vorbereiten.

 

2. Die Schreiber

Diese ”Mönche und Nonnen” durften das Loccumer Refektorium benutzen, den ehemaligen Speiseraum der Mönche, der heute als Bibliothek und Festsaal dient. Wir konnten den Bibliothekar des Klosters als Mitarbeiter gewinnen. Er zeigte den Kindern ”echte” alte Handschriften mit kunstvollen Initialen, eine alte plattdeutsche Bibel mit wunderschönen Illustrationen und erste gedruckte Bücher. Die Kinder lernten das Wort Hand-Schrift in seiner ganzen mühseligen Bedeutung kennen und durften selbst das Schönschreiben ausprobieren.

Aufgabe: Psalm 91, 1f wird in Schönschrift auf ein großes Blatt Papier (”Elefantenhaut” sieht wie Pergament aus) abgeschrieben und verziert, besonders die Anfangsbuchstaben. Alle Blätter werden am Ende gesammelt und lose wie ein Buch zusammen gebunden.

Material: Buntstifte, Tusche, feine Pinsel, Wassergläser, eventuell Federn und Tinte. ”Elefantenhaut” und normales Papier (zum Üben).

Symbol: Papierrolle

 

3. Die Lateinschule

Die Kinder erfuhren etwas über die Bedeutung der lateinischen Sprache (die Sprache der Kirche,  der Kultur, der Gelehrsamkeit, die das ganze Abendland über alle Grenzen hinweg verbunden hat), aber auch über Schule im Mittelalter, über die Unterschiede zwischen arm und reich, Jungen und Mädchen, Gebildeten und Ungebildeten.

Wir haben auf Schiefertafeln geschrieben und lateinische Wörter gesammelt, die in unserem Alltag vorkommen (Omnibus= für alle, extra= außerhalb, außer der Reihe, etwas besonderes, aqua= Wasser, super= über, usw....)

Aufgabe: Psalm 91,1.2. auf lateinisch schreiben und auswendig lernen und/oder ”Laudate omnes gentes” sowie ”Lobet und preiset ihr Völker den Herrn” einüben. (EG 181,6 und 337)

Material: Kleine Schiefertafeln (rechtzeitig ausleihen), Griffel, eine Schultafel oder Kinderzimmertafel, Kreide, Papier, Stifte

Symbol: Schiefertafel

Anmerkung: Zu unserer Überraschung war diese Arbeitsgruppe sehr begehrt. Da reichten unsere Schiefertafeln längst nicht aus. Außerdem waren gut die Hälfte der Kinder in der 1. Klasse, d.h. sie konnten zwei Monate nach ihrer Einschulung kaum schreiben, vor allem aber das Geschriebene noch nicht lesen. Da war Auswendiglernen gefragt...

Wir haben uns entschieden, jedes Kind ein lateinisches Wort des Psalmverses und seine Übersetzung aufschreiben oder lernen zu lassen.  Sie standen dann in einer Reihe in der Folge ihrer Worte und sagten sie auf, erst lateinisch, dann deutsch.


4. Das Stickzimmer

In dieser Arbeitsgruppe stehen die Frauenklöster im Mittelpunkt, ihre Bedeutung für Frauen und Mädchen im Mittelalter als Versorgungsinstitution und einzige Bildungsmöglichkeit.

Aufgabe: Jedes Kind stickt auf ein Stück Stramin ein einfaches Motiv nach Vorlage (Kreuzstich) in selbstgewählten Farben.

Am Ende werden die Stoffstücke grob auf ein Tuch aufgeheftet, damit daraus eine Art Parament für den Altar entsteht.

Material: Stramin, Sticknadeln und -garn, Tuch für den Altar.

Symbol: Tuch

Anmerkung: In diese Gruppe sollten nicht zu viele Kinder aufgenommen werden, da die Kinder wenig bis keine Erfahrung mit dem Sticken haben und viel Anleitung und Hilfe brauchen. Drei geduldige Helferinnen sind in dieser Gruppe nötig, damit wirklich jedes Kind am Ende stolz auf ein ”fertiges” Werk sein kann.

Psalmus XCI

Qui sedet in latibula Altissimum             latibulum = Versteck, Schlupfwinkel 

in umbra Fulminatoris permanet:

Dicens Jehovae: o refugium meum

et propugnaculum meum                       propugnaculum = Brustwehr, Zinne

Deus mi, in quo confido.

 
Psalm 91, 1und 2

Wer unter  dem Schirm (unter dem Schutz) des Höchsten sitzt

und unter dem Schatten des Allmächtigen (dessen, der es blitzen lässt) bleibt,

der spricht zum Herrn: meine Zuversicht (Zuflucht) und meine Burg,

mein Gott, auf den ich hoffe.

Der lateinische Text stammt nicht aus der Vulgata oder einer anderen ”offiziellen” lateinischen Übersetzung. Er scheint mir eher eine Rückübersetzung des Luthertextes aus dem 18. Jh zu sein. Dadurch lässt sich aber die Übersetzung ins Deutsche leichter Wort für Wort aufzeigen. Mehr wollten wir nicht. 

 

5. Die Backstube

Hier konnte man nicht nur etwas über mittelalterliche Ernährung und Arbeitsweisen erfahren, sondern auch über Speisevorschriften, Fastentage und Festzeiten. Wir hatten das große Glück, dass die Kinder tatsächlich in die Backstube des Dorfbäckers eingeladen waren und dort unter fachkundiger Anleitung selbst Klosterbrötchen backen durften.

Aufgabe: Körner werden gemahlen, Teig gemischt und Brötchen gebacken. (Eventuell mit einem Kreuzeichen versehen.)

 Material: Zutaten für einen einfachen Hefeteig

 Symbol: Brot

 

6. Die Kerzengießerei

In dieser Gruppe ging es um das geistliche Leben im Kloster, um feste Gebetszeiten und um das Miteinander/Ineinander von ”ora et labora”.

Die Kinder haben die Kirche erkundet und gingen auf die Suche nach Symbolen für ihre Kerze.

Aufgabe: Eine große Kerze (Altarkerze) wird mit Verzierwachs beklebt.

Material: Große Kerze (mindestens 60 cm), Kerzenständer, Verzierwachs.

Symbol: Kerze

Anmerkung: Die Kerze wurde später ”feierlich” an die Schule übergeben und wird dort in Ehren gehalten. Bei besonderen Gelegenheiten, z.B. Schulgottesdiensten, Abschiedsfeiern, etc. angezündet.

 

7. Die Bauleute

In den folgenden beiden Arbeitsgruppen kommt nun Martin Luther ins Spiel. ”Ein feste Burg ist unser Gott” wurde vorgelesen (EG 362), Psalm 91,1.2 vorgestellt und von Luthers Zeit als Junker Jörg auf der Wartburg erzählt. Die Kinder kamen auf diese Weise ins Gespräch über die ”Burg”. Viel Geduld und Muße zum Unterrichtsgespräch hatten sie aber nicht, denn sie wollten endlich aus den vielen Pappkartons und Schachteln eine große Burg bauen.

Aufgabe: Aus großen und kleinen Pappkartons eine Burg bauen, mit Mauer, Zinnen, Turm, Tor, usw. (Unsere hatte sogar eine echte Zugbrücke!)

Material:Kartons (möglichst viele ähnliche), beidseitiges Teppichklebeband, Tesakrepp, Teppichmesser, Scheren, Bindfaden.

Symbol: Fahne

Anmerkung: Diese Gruppe muss in der Kirche bleiben, denn dort muss die Burg dann stehen und zu sehen sein.

 

8. Das Lied von der Burg – die Spielleute 

Auch hier wurden die ersten drei Strophen des Liedes vorgestellt und von Martin Luther, seiner Zeit im Kloster, seinem ”Turmerlebnis” und seiner Flucht auf die Wartburg erzählt. Aber hier wurde das Lied nun eingeübt und musikalisch untermalt.

Aufgabe: Vorsingen des Liedes mit instrumentaler Begleitung (Orffsches Schulwerk, selbstgebaute Instrumente – z.B. aus Kronkorken für das Rasseln der grausamen Rüstung.)

Material: Instrumente, die zur Verfügung stehen (Trommel, Tamburin, Xylophon, Schellen, Rasseln, Flöten, Triangel und/ oder Blechdosen, Kronkorken, Erbsen, Stöcke usw.)

Symbol: Instrument

Anmerkung: Glücklicherweise hat unser Kindergottesdienstteam der Gemeinde eine Menge der oben aufgeführten Instrumente. Die Gruppenleiter spielten Cello und Gitarre. Die Kinder ließen ”unsre Macht” in einem lauten Chaos untergehen, während ”der rechte Mann” mit richtigem Takt unterlegt war. ”Der altböse Feind” ließ seine grausame Rüstung ohrenbetäubend rasseln. Als ein letzter Triangelton könnte am Ende ”ein Wörtlein” seine Macht zunichte machen. Anderen Kindern wird ganz anderes einfallen.

 

9. Die Sängerinnen und Sänger 

Wir wollten es wagen und mit einer Gruppe von Kindern das Psalmodieren einüben. Es fand sich nur eine kleine, aber feine Gruppe, die mit großem Einsatz (im Kapitelsaal, wo es so schön klingt und man die eigene Stimme ganz neu erleben konnte) eine einfache Psalmodie lernte, einen Wechselgesang zwischen Vorsänger und Chor. Die Fremdheit der Melodie und der Zauber des Raumes ließen auch für die anderen vorbeihuschenden Kinder echte Klosteratmosphäre aufkommen.

Aufgabe: Vorsingen des Psalms von der Empore

Material: Psalmodie (M1)

Symbol: Stola (Vorsänger und Vorsängerin trugen besonders schöne Seidenschals)

Anmerkung: Wenn kein Kantor oder Chorsänger zur Verfügung stehen, die die Kinder in die fremde Welt einweisen und beim Singen anleiten können, dann kann man ebenso gut anstelle der Lateinschüler das ”laudate omnes gentes” einüben.

 

10. Die Beterinnen und Beter

Die Aufgabe dieser Gruppe sollte es sein, ein eigenes Gebet für den Gottesdienst vorzubereiten. Natürlich ließ sich auch hier Information über das geistliche Leben im Kloster unterbringen: die Gebetszeiten, das Schweigen und das Selbstverständnis der Mönche und Nonnen als ”wahre Bürger des Gottesstaates”. Sie betrachteten es als ihre Aufgabe, für die anderen in der Welt zu beten und Messen zu lesen.

Um diese Gruppe interessant und ihre Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes ”anschaulich” zu machen, bekam sie den Auftrag, ihr Gebet pantomimisch zu verstärken. 

Aufgabe: Sammeln von Gebetsanliegen und pantomimische Darstellung im Gottesdienst

Material: keines

Symbol: Gebetbüchlein

Anmerkung: Es bedurfte einer besonders  liebevollen Einladung, um diese Gruppe zu füllen. Ihre Fähigkeiten als Schauspieler waren gefragt.

Gerade diese Kinder waren aber besonders stolz auf ihren Auftritt und ihr Gebet war sehr beeindruckend.

 

Zum Ablauf des Vormittags 

8.00 Uhr: Empfang und Begrüßung der Kinder vor der Kirche. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die von nun an Klosterschwestern und – brüder heißen, erwarten die Kinder in besonderen Gewändern. Der Pastor bereitet die Kinder auf eine ungewöhnliche Zeitreise vor (”Mit einem Schritt über die Schwelle der Kirche überwindet ihr 700 Jahre... Ihr geht zurück und da war alles ganz anders...”)

Die Kinder begrüßen einander mit ”Schwester Jessica” und ”Bruder Dennis”. Hinweis auf das Schweigegebot: ”Gleich in der Kirche wird der Bruder Kantor ein Gebet singen: ‘Herr tue meine Lippen auf!’ Dann antworten wir mit dem Ruf: ‘dass mein Mund deinen Ruhm verkündige’. Das werden unsere ersten Worte am ganz frühen Morgen sein...”.

Einüben des Psalmverses (siehe Kasten)

Schweigendes Betreten der Kirche. Sammeln am Taufstein, der in unserer Kirche hinten steht. Durchschreiten der Kirche mit Orgelmusik. In der Mitte der Kirche – Halt – Pastor erzählt von dem Tag und von Luther.

Die Orgel spielt weiter, bis alle sitzen. Der Kantor übt mit allen ein altes Morgenlied ein: ”Steht auf, ihr lieben Kinderlein” (EG 442)

Der Pastor teilt die zehn Gruppen ein. Jede Arbeitsgruppe wird durch ein Symbol gekennzeichnet, das von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hochgehalten wird, damit sich die Kinder um ihre Gruppe sammeln können.

Anmerkung: Um diesen Engpass hatten wir die meiste Sorge. Wie soll man 150 Kinder in zehn Minuten auf 10 Gruppen verteilen? Es klappte besser, als erwartet. Vielleicht lag es daran, dass die Gruppenleiterinnen ihre Arbeitsgruppen selbst vorstellten und anpriesen. Unschlüssige wurden allerdings zügig auf aufnahmefähige Gruppen verteilt.

Die Gruppenleiter verteilen Tesakreppstreifen für die Namen. Dann gehen die Gruppen in ihre Klosterzellen.

9.00 – 11.00 Uhr: Nach einer Stunde waren alle bei ihrer Arbeit. Bis zum Gottesdienst hatte jede  Gruppe zwei Stunden Zeit. Es lag uns sehr daran, dass die Kinder nicht nur die Kirche kennen lernen, sondern auch das Kloster zu sehen bekommen sollten.

Darum gab es zwischendurch für jede Gruppe eine viertelstündige Führung durch die wichtigsten Räume und zum Turm.

Ein zugegebenermaßen eng gesteckter Zeitplan ermöglichte so allen Kindern einen Blick hinter die Klostermauern. Dieser Ausflug war zugleich verbunden mit der Frühstückspause.

Wir haben es als Bereicherung empfunden, dabei nacheinander die anderen Gruppen bei ihrer Arbeit zu erleben, zu hören und zu sehen.

 

Der Klostergottesdienst

Gegen 11.00 Uhr – Versammeln in der Kirche. Dabei ist die Orgel zu hören. Durch die Klosterschwestern und -brüder befördert tritt Stille ein.

Der Kantor singt von oben in die Stille hinein: ”Herr tue meine Lippen auf”. Die Gemeinde respondiert: ”Dass meine Mund deinen Ruhm verkündige” (M2).

Der Pastor kündigt den Abt an, der die Klostergemeinde begrüßt.

Der Kantor intoniert das Morgenlied ”Steht auf, ihr lieben Kinderlein”, das die Kinder jetzt schon richtig gut mitsingen können.

Der Pastor kündigt die Klosterwaldarbeiter an, die ihren Schmuck im Kirchenraum verteilen. Danach stellen die Kerzenmacher ihre Kerze auf dem Altar auf. Die Stickerinnen hängen ihr Parament an den Altar. Die Bibelblätter werden von den Klosterschreibern auf den Altar gelegt.

Die Sängerinnen und Sänger steigen auf die Empore und intonieren ihren Psalm.

Die Lateinschüler  sagen den Psalm auf lateinisch auf.

Die Klosterbaumeister stellen ihre feste Burg vor.

Wenn sie fertig sind, übersetzen die Lateinschüler den Psalm ins Deutsche.

Die Spielleute tragen ihr Lied von der Burg vor, die Klostergemeinde stimmt ein.

Der Pastor erzählt die Geschichte von der Burg.

Alle zusammen singen das Lied ”Ein feste Burg ist unser Gott” noch einmal.

Während endlich die Klosterbäcker ihre Brötchen verteilen, singen alle, angeleitet von den Lateinschülern und unterstützt von der Orgel ”Laudate omnes gentes”, bis alle Brötchen verteilt sind. Der Pastor spricht ein Segenswort über die Brote. Wir essen gemeinsam das Verteilte aus der Klosterbäckerei.

Mit der Gitarre begleitet wird das Lied ”Komm, sag es allen weiter” (EG 225) gesungen.

Die Beterinnen und Beter beten und spielen ihr Gebet.

Der Abt schließt mit dem Vater Unser und entlässt uns mit dem Segen.

Nach einem herzlichen Dank an alle Kinder und Helfer gehen wir mit dem Lied ”Lobet und preiset ihr Völker den Herrn” aus der Kirche hinaus in den 31. Oktober.

 

Rückblick

Auch wenn der Klostertag mit der heißen Nadel ”gestickt” war und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sich mehr Zeit für die Vorbereitung gewünscht hätten, hat die Arbeit doch für alle auf ganz verschiedene Weise Früchte getragen.

Der Bibliothekar in der Schreibstube bekam nicht nur für die Kinder ein Gesicht, sondern auch für die Erwachsenen wurde er auf ganz neue Weise ein Bekannter. Der Dorfbäcker, den die Kinder aus dem Laden kennen, hat mit ihnen zusammen Brötchen in der Kirche verteilt. Wir haben einander in unseren Berufen und Begabungen von neuen Seiten kennen gelernt.

Kloster und Kirchengemeinde sind einander begegnet, aber auch Schule und Kirche. Ein Miteinander, das allen Spaß gemacht hat und über den 31. Oktober hinausreicht

 

”Unterricht an kirchlichen Feiertagen und Veranstaltungen”

RdErl des MK vom 1.8.2002 – 303-82 013

Schon der Name des Erlasses zeigt deutlich die Veränderungen gegenüber dem bisher gelten Erlass ”Unterrichtsbefreiung aus Anlass kirchlicher Feiertage und Veranstaltungen”. Evangelische Schülerinnen und Schüler haben weiterhin am Epiphaniastag, am Gründonnerstag und Reformationstag und katholische Schülerinnen und Schüler am Epiphaniastag, am Gründonnerstag, an Fronleichnam und Allerheiligen unterrichtsfrei. Den Lehrerinnen und Lehrern der entsprechenden Konfession ist an diesen Feiertagen Gelegenheit zum Gottesdienstbesuch zu geben, ”soweit dringende dienstliche Gründe nicht entgegen stehen”. Schulen können auch nach dem neuen Erlass an diesen Feiertagen den Unterricht insgesamt ausfallen lassen, wenn dies von der Schulorganisation her geboten erscheint. Für die Lehrkräfte bedeuten die an diesem Tage nicht gegebenen Unterrichtsstunden ”Minderzeiten”. Die Zeit des Gottesdienstbesuches ist nur dann keine ”Minderzeit”, ”wenn es sich um eine Schulveranstaltung handelt”. Verlässliche Grundschulen haben an diesen Tagen nach Möglichkeit ein Betreuungsangebot vorzuhalten.

 

Die Arbeit an den öffentlichen Ganztagsschulen
RdErl. des MK vom 8.3.2002 – 304-81 005

Ganztagsschulen sollen in Niedersachsen in den kommenden Jahren verstärkt eingerichtet und gefördert werden. ”Die Ganztagsschule macht ihren Schülerinnen und Schülern ganztägige unterrichtliche und außerunterrichtliche Angebote.” Ein Ziel der   Ganztagsschule ist ”eine Öffnung von Schule und Unterricht zum außerschulischen sozialen, kulturellen und betrieblichen Umfeld”. In dieser grundsätzlichen Aufgaben- und Zielbeschreibung von Ganztagsschulen liegen große Möglichkeiten, gerade für Kirchengemeinden. Kirchengemeinden bilden ein primäres Umfeld von Schule und sind deshalb ein wichtiger Ansprechpartner für Schulen bei der Gestaltung von schulischen Angeboten. Sie können als ”außerschulischer Träger” Angebote in der Schule machen: Ziele dieser Angebote sollen soziales und ökumenisches Lernen oder die Förderung der Gemeinschaft von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung sein. Viele Kirchengemeinden arbeiten bereits gerade in diesen Bereichen auf ganz vielfältige Weise. Die Ganztagsschulen bieten die Möglichkeit, diese Angebote in die Schule hineinzutragen. Ein neuer Ansatzpunkt für kirchliche Kinder- und Jugendarbeit kann hierin gesehen werden.

Der Erlass sieht weiter vor, dass an Ganztagsschulen an zwei Nachmittagen verpflichtende Unterrichtsangebote eingerichtet werden, an zwei weiteren Nachmittagen werden ”Arbeitsgruppen” angeboten, die für Schülerinnen und Schüler verpflichtend sind, nachdem sie sich angemeldet haben. Ein Nachmittag ist unterrichtsfrei. Der Erlass sagt ausdrücklich: ”Auf die dem kirchlichen Unterricht vorbehaltenen Nachmittage ist bei der Planung des Ganztagsbetriebes Rücksicht zu nehmen.” Für die Konfirmandenarbeit heißt dies, dass sie entweder am unterrichtsfreien Nachmittag stattfindet oder dass in Vereinbarung mit der Schule an einem der beiden ”Arbeitsgruppen” Nachmittage für die Klassen 7 und 8 ein ”Konfirmandenarbeits freundliches” Angebot gemacht wird, damit dann Konfirmandenarbeit eingerichtet werden kann. Dazu sind immer Absprachen vor Ort zwischen der Schule und den beteiligten Kirchengemeinden erforderlich.

 

Text erschienen im Loccumer Pelikan 3/2002

PDF