Das traditionelle Osterfest hat zwei ganz verschiedenen  Wurzeln. Die eine ist     die Auferstehung Christi. Sie wird in dem  ersten und zugleich wichtigsten Fest     der Christen gefeiert. Das  heute so beliebte Weihnachten ist dagegen erst spät     entstanden.  Auferstehung, die Überwindung des Todes setzt aber den Tod     voraus.  Darum bildeten Karfreitag und Auferstehungsfest von Anfang an eine  Einheit.
 
 Die andere Wurzel von Ostern ist ein Frühlingsfest. Es ist sehr viel  älter,     und wie stark sein Einfluss auf das christliche  Auferstehungsfest war,     zeigt sich schon an der Datierung von Ostern.  Während Weihnachten wie jedes     geschichtliche Datum immer am 24./25.  Dezember gefeiert wird, folgt Ostern jahreszeitlichen     und  kosmischen Zyklen: es wird jeweils am ersten Sonntag nach dem ersten  Vollmond     nach Frühlingsanfang, d.h. der Tag- und Nachtgleiche im  Frühjahr gefeiert.     Doch nicht nur bei der Berechnung des  Ostertermins sind Auferstehungs- und Frühlingsfest     eine enge  Verbindung eingegangen. Wenn die Tage länger als die Nacht sind,      dann ist damit in nördlichen Breiten der Beginn des Vegetationszyklus  verbunden.     Die Natur erwacht aus der Winterstarre zu neuem Leben.  Was das für die     Menschen nördlich der Alpen bedeutete, lässt sich  angesichts     elektrischer Beleuchtung auf Knopfdruck und  zentralbeheizter Räume nur     noch erahnen. So wurden viele  Erscheinungen des Frühlings und viele Traditionen     der Frühlingsfeste  in das Brauchtum des Osterfestes integriert, die Winterstarre     mit  dem Tod und das Erwachen der Natur mit der Auferstehung gleichgesetzt.  Die     verschiedenen Wurzeln lassen sich nicht mehr eindeutig  voneinander trennen.
 
 Doch gerade dieses Ineinander bietet die Möglichkeit, sich mit Hilfe  der     Frühlingsmotive dem christlichen Auferstehungsfest zu nähern.  dass der Tod überwunden ist, übersteigt ja alle menschliche Erfahrung.      Soll diese Hoffnung erschlossen werden, so bleibt sie auf Bilder und  Zeichen     angewiesen.
Der vorliegende Vorschlag, im Kindergarten Passion  und Ostern zu erarbeiten,     bedient sich der Motive "toter" Steine und  kahler Äste, grüner     Blätter und bunter Blüten. Benötigt werden  beliebig viele Steine,     jedoch mindestens für jedes Kind einen, ein  kahler Ast, verschiedenfarbiger     Tonkarton und Zwirnsfaden.
 
 Zuerst wird der Ast als kahler Baum aufgestellt. Dafür genügt ein      Eimer Sand, in den der Ast gesteckt wird. Mit dem so aufgestellten Baum  wird     dann in zwei Schritten gearbeitet.
- Jedes Kind erhält einen Stein. Entsprechend den Möglichkeiten kann nun ein Kummer (Etwas, worüber ich traurig bin) benannt, gemalt oder aufgeschrieben werden. Wird der Kummer gemalt oder aufgeschrieben, so kann dies mit Filzstift direkt auf dem Stein geschehen. Das setzt allerdings voraus, dass die Steine glatt sind. Anderenfalls können Zettel aufgeklebt werden. Anschließend werden die Steine ggf. unter Nennung des Kummers um den Baum herum abgelegt.
- Aus dem Tonkarton werden Blätter und Blüten hergestellt. Auf diese kann ein Grund zur Hoffnung (Etwas, worüber ich mich freue) festgehalten werden. Die Blüten und Blätter werden an den Baum gehängt, der nun - wie im Frühling - Blüten treibt.
Die Gestaltung des Baumes kann von dem Lied "Dunkel soll es nun nicht bleiben" begleitet werden. (Strophe 1) Nach dem ersten Schritt kann der erste Teil gesungen werden, das ganze Lied nach dem zweiten Schritt.
Am Ende wächst der Baum aus den Steinen heraus. Die Hoffnungsblüten haben die Kummersteine nicht ersetzt und auch nicht überwuchert. Damit wird auf bildhafte Weise deutlich, dass Kummer und Hoffnung sich nicht gegeneinander aufrechnen lassen. Beide haben ihre Berechtigung und ihre Zeit, und beide sind nicht endgültig. Selbst aus Kummer, Angst und Sorge kann Hoffnung wachsen. Damit entspricht dieses Bild der biblischen Osterbotschaft. Die Auferstehung Jesu ist kein "happy end". Mit ihr werden die Leiden und der Tod am Kreuz nicht aufgehoben. Die Evangelien erzählen das auf ihre Weise, indem sie auf die Wunden auch des Auferstandenen hinweisen.
Natürlich können die Kummersteine und Hoffnungsblüten  nicht     für sich alleine stehen. Sie sind ein Baustein, mit dem  Passion und Ostern     veranschaulicht und in Beziehung zu persönlichem  Erleben gesetzt werden     können. Das Gestalten des Baumes muss in  Erzählungen von dem     Leiden, der Kreuzigung und der Auferstehung Jesu  eingebettet sein. Auch wenn     viele sich scheuen, von so etwas  Grausamem wie der Kreuzigung zu erzählen:     die Frage kann nicht  lauten, ob Kindern davon erzählt wird, sondern nur     wie dies  geschieht. Anders kann nicht angemessen von Ostern gesprochen werden.      Und auch das Erleben der Kinder rechtfertigt nicht, alles Negative zu  vermeiden.     Es kann im Gegenteil hilfreich sein, negative Erfahrungen  auch zu benennen und     die Hoffnung daneben zustellen.
 
 Anknüpfend an das Bild von den Kummersteinen und den Hoffnungsblüten      können die Erzählungen von Leiden, Kreuz und Auferstehung das Motiv      des Gartens aufnehmen. Dafür bietet sich die Szene im Garten  Gethsemane     an (Markus 14,32-42; Matthäus 26,16-46; Lukas 22,40-46).  Kurz vor seiner     Verhaftung begibt sich Jesus mit den Jüngern in  diesen Garten. Alleine     betet er zu Gott. Dieses Gebet trägt die Züge  eines Ringens mit Gott     und dem Tod. Dieser wird vorweg- und  angenommen. Anders als die Erzählung     von der Kreuzigung lässt sich  in einer Erzählung vom Garten Gethsemane     durch die Jünger und ihre  Unfähigkeit, mit Jesus zu wachen, leicht     eine Beziehung zu dem  Erzählten herstellen.
 
 Auch bei den Auferstehungsgeschichten findet sich das Motiv des  Gartens wieder.     Das Felsengrab, zu dem die Frauen am frühen Morgen  gehen, befindet sich     ebenfalls in einem Garten (Markus 16,1-8;  Matthäus 28,1-10; Lukas 24,1-11     - im Johannesevangelium hält Maria  Magdalena den auferstandenen Jesus sogar     für den Gärtner, Johannes  20,15).
 
 In einigen Kindergärten gibt es die Tradition, in den Wochen vor und  nach     Ostern ähnlich wie die Weihnachtskrippen einen Ostergarten zu  gestalten.     Mit seiner Hilfe lassen sich die Geschichten von Passion  und Auferstehung darstellen.     Auch dazu stellen Kummersteine und  Hoffnungsblüten eine angemessene Ergänzung     dar.
 
