Im Bild des Senfkorns eine hoffnungsvolle Kraft entdecken - Schülerinnen und Schüler einer sechsten Klasse der Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen entdecken das Gleichnis vom Senfkorn

von Bettina Kraft

 

Das Gleichnis vom Senfkorn (Mk 4,30-32)

Das Gleichnis vom Senfkorn wird von allen drei Synoptikern überliefert und zählt als "Reich-Gottes-Gleichnis" zu den Wachstumsgleichnissen. Da das Markus-Evangelium den Kontrast zwischen Samen und ausgewachsener Pflanze in den Mittelpunkt stellt, wurde dieser Text als Arbeitsgrundlage für den Unterricht gewählt.

Das Gleichnis beginnt mit einer doppelten Frage: "Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben?" (Mk 4,30). Deutlich wird, dass die Adressaten des Gleichnisses sich an der Suche nach einem Bild für die Gottesherrschaft beteiligen sollen. Im Mittelpunkt des Gleichnisses steht der Prozess des Wachstums: zum einen durch die Gegenüberstellung des kleinen Samens mit dem großen Gartengewächs und zum anderen durch die Beschreibung des Wachstumsprozesses. Das Ende des Gleichnisses beschreibt das Ziel des Wachstums: "so dass zelten können unter seinem Schatten die Vögel des Himmels". Es wird der Zusammenhang zwischen Anfang und Ende sowie zwischen Gegenwart und Zukunft betont.

In dieser Einheit wird nicht der Begriff "Gottesreich" verwendet, sondern die Schülerinnen und Schüler werden an "unseren Traum" erinnert. Die Rede von "unserem Traum" steht für die Vorstellung vom Reich Gottes. Die Schülerinnen und Schüler haben in der vorherigen Einheit an- knüpfend an die Vision Jesu – "Hungernde werden satt…" (Mt 5,6) – sich ihren Traum von einer veränderten Welt ausgemalt.

Das Gleichnis wird den Schülerinnen und Schülern in Form einer Geschichte präsentiert, eingebettet in eine Rahmenhandlung, die sich auf die doppelte Frage zum Beginn des Gleichnisses bezieht. Die Rahmenhandlung ist so konstruiert, dass Jesus mit dem Gleichnis auf die zuvor geäußerten Zweifel der Jünger am baldigen Beginn des Gottesreiches antwortet.

 

Didaktisch – Methodische Überlegungen

Im Unterricht wird das Gleichnis von seiner Bildhälfte her erschlossen, indem die im Gleichnis enthaltenen Bilder in einer erfahrungsorientierten Auseinandersetzung entfaltet werden. Mit den Schülerinnen und Schülern wird zunächst als zentraler Gedanke das Bild des Baumes entfaltet, der für Schutz und Geborgenheit steht und dessen Ursprung in einem kleinen Samenkorn liegt. Das Bild des Senfkorns steht für Hoffnung als Mut machende Kraft. Auch wenn es Bereiche in unserem Leben gibt, die defizitär sind, auch wenn es in der Welt Krieg oder in meinem Leben Trauer und Ungerechtigkeit gibt, gibt es die Hoffnung, dass aus kleinen Anfängen etwas "Großes" werden kann. Wir brauchen also "Senfkörner" in unserem Leben. Das Bild des Senfkorns zeigt, dass Hoffnung im Verborgenen wächst. In diesem Sinne gilt es Senfkörner in unserem Leben zu entdecken.

Ingo Baldermann gibt den Hinweis, dass der Rahmen, in dem das Gleichnis ursprünglich erzählt wurde – also die Zweifel der Jünger, auf die Jesus mit dem Gleichnis antwortet – den Schülerinnen und Schülern unmittelbar zugänglich gemacht werden müsse.1 Das Gefühl von Zweifel und Unsicherheit kennen die Schülerinnen und Schüler aus ihrem eigenen Leben. Das Zweifeln an der eigenen Person, an ihrem Wert und ihren Fähigkeiten auf Grund von schulischen Misserfolgen und die Zweifel an sozialen Beziehungen auf Grund von Hänseleien und familiär unsicheren Bindungen. Durch die Begegnung mit dem biblischen Text sollen den Schülerinnen und Schülern gerade in diesen Bereichen hoffnungsvolle Erfahrungen eröffnet werden. Es sollen Erfahrungen sein, die Mut machen und Hoffnung geben, dass man sich nicht von unbedeutenden Anfängen täuschen lassen soll. Die Schülerinnen und Schüler sollen das Senfkorn als ein Hoffnungsbild entdecken und erleben.

Aus diesem Grund wird das Gleichnis über verschiedene Angebote zur Identifikation erschlossen (Baum, Senfkorn, Jünger). Dadurch wird es möglich erfahrbar zu machen, was "Reich Gottes" heißt – ohne es begrifflich erfassen zu müssen.

Schülerinnen und Schüler der Schule für Lernbehinderte benötigen vielfältige methodische Angebote, die ihnen einen handelnden und vertiefenden Zugang zum Gleichnis eröffnen.2 Es werden Methoden der Identifikation und der Imagination eingesetzt. Die Arbeit mit der offenen Methode der Gestaltung eines Bodenbildes ermöglicht eine Vielzahl unterschiedlicher Beiträge, so dass alle Schülerinnen und Schüler ihrem Leistungsstand entsprechend einbezogen werden können.

 

Umsetzung im Unterricht

1. Stunde: Der Baum
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler finden mit Hilfe ihrer Assoziationen und Gedanken einen ersten Zugang zum Symbol Baum.

Die Stunde beginnt mit einer angeleiteten Wahrnehmungsübung. Die Schülerinnen und Schüler spielen einen großen, starken Baum, der sich im Wind bewegt, in dem Vögel nisten, der Wasser und Sonne aufnimmt und atmet.

Ein großer Baum (M 1) wird als stummer Impuls in die Mitte gelegt. Die Schülerinnen und Schüler äußern ihre Gedanken und Assoziationen zum Symbol Baum.

Es werden Eigenschaften des Baumes genannt: "Der ist super dick und stark"; "Der gibt uns Sauerstoff und Früchte"; "Das ist kein toter Gegenstand, der lebt"; "Der wird immer älter". Es wird auf Gefahren hingewiesen: "Der braucht unseren Schutz, den darf keiner abhacken"; "Der kann krank werden". Äußerungen wie: "Die Wurzeln helfen mir nicht umzufallen, aber dadurch ist es auch ganz schön langweilig, da ich nicht weglaufen kann"; "Ich habe mich ganz stark gefühlt, aber ich brauche auch Hilfe" zeigen deutlich, dass die eigenen Erfahrungen aus der Wahrnehmungsübung sehr hilfreich sind, um das Symbol Baum in seiner Vielschichtigkeit zu erschließen. Das Baumbild wird mit Hilfe von Blättern, auf die die Lehrerin die Schüleräußerungen notiert, vervollständigt. Diese Visualisierung unterstützt die Schülerinnen und Schüler ihre Eindrücke zu verbalisieren, sie können auf Äußerungen ihrer Mitschüler zurückgreifen. Das Bild eines großen, starken Baumes gewinnt immer klarere Formen.

 

2. und 3. Stunde: Mein Traumbaum
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler entfalten das Symbol Baum als ein Bild, das für Schutz und Geborgenheit steht.

Die Schülerinnen und Schüler vertiefen ihre Vorstellungen von einem starken Baum, indem sie mit Hilfe einer Beobachtungsaufgabe die Bäume auf dem Schulhof betrachten und "Fotos" (innere Bilder ohne Kamera) schießen.

Nun folgt im Klassenraum eine Imaginationsübung (M 2). Die Schülerinnen und Schüler setzen sich bequem auf ihre Stühle, schließen die Augen und folgen der Erzählung. Mit Hilfe der Imaginationsübung wird ein inneres Bild gespeichert, das für Stärke, Größe, Sicherheit und Geborgenheit steht. Damit ist die Zielperspektive des Gottesreiches initiiert. Es wird ihnen ein individueller, erfahrungsbezogener und meditativer Zugang ermöglicht, der offen ist für eigene Assoziationen und Erfahrungen. Der Leitgedanke der Imagination wird so offen gestaltet, dass er auch kogni- tiv entwickelt werden kann. Dadurch können auch die Schülerinnen und Schüler, die sich auf die Imaginationsübung nicht einlassen können, ihren Traumbaum entwickeln.

Im Plenum erzählen die Schülerinnen und Schüler ihre Eindrücke und beschreiben ihre inneren Bilder. Nun werden bei meditativer Wald-Musik die Traumbäume gemalt (M 3).

 

4. Stunde: Werde ich groß?
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler spüren dem "Klein-Sein" als einer elementaren Erfahrung ihres Lebens sowie dem Wunsch nach "Groß-Werden" nach.

Die Klasse trifft sich um eine gestaltete Mitte. Die Schülerinnen und Schüler schließen die Augen und erfühlen ein Senfkorn, das die Lehrerin ihnen reicht. Sie äußern ihre Gedanken. Es wird herausgestellt, dass es sich um den Samen eines Baumes handelt und dass der Samen klein ist und besonders behütet werden muss. Nun erzählt die Lehrerin aus der Perspektive ihres Senfkornes einen Dialog zwischen sich und dem Senfkorn (M 4). Der Text spricht verschiedenen Gefühle an, die mit dem Thema "Klein-Sein" verbunden sind (Angst, Trauer, Zweifel, Wut, Hoffnung).

Der folgende Impuls "Ich kann das Senfkorn gut verstehen, diese Gedanken kenne ich gut", regt ein Gespräch an, in dem die Kinder Bereiche in ihrem Leben nennen, in denen sie die "Winzigkeit" des Senfkornes teilen können. Ein Schüler leitet seine Erzählung ein, indem er sagt: "Ich fühle mich auch manchmal senfkörnig!" Die Äußerungen der Kinder spiegeln eine Bandbreite von unterschiedlichen Lebensbereichen wider, in denen man sich winzig fühlen kann ("Wenn mein Bruder bessere Noten schreibt und dafür gelobt wird"; "Wenn mein Bruder mit meinen Freunden spielt und die sich dann nicht für mich interessieren"; "Wenn meine Mutter mit ihrem Freund lacht und mich ignoriert"; "Wenn die Frau an der Kasse mich übersieht") Im nächsten Arbeitsschritt schreiben die Schülerinnen und Schüler einen Brief an das Korn. Ihr Mitgefühl und Verständnis für das Korn bringen sie zum Ausdruck: "Du tust mir richtig leid"; "Wenn man klein ist, dann ist das richtig blöd"; "Ich hatte mal das gleiche Schicksal"; "Das tut echt weh" oder "Ich fühle mich auch manchmal so klein" (M 5).

 

5. Stunde: Senfkorn und Baum im Gespräch
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler entdecken Hoffnung als Mut machende Kraft.

Die Klasse versammelt sich um das Bodentuch. Die Lehrerin leitet das Gespräch ein: "Ich kann das Senfkorn hören. Es sagt: Ich bin noch immer nicht gewachsen!" Die Schülerinnen und Schüler nennen weitere Äußerungen des Senfkorns, die für das "Klein-Sein" und dem Wunsch nach "Wachstum" stehen. Sie äußern sich zu dem Impuls "Irgendjemand muss mit dem Senfkorn mal reden!" und kommen auf die Idee, dass ihr Traumbaum mit dem Senfkorn reden könnte. Im Plenum wird überlegt, was der Baum dem Senfkorn antworten könnte. Nun erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Arbeitsbogen in Form eines Comics und erfinden ein Gespräch zwischen Baum und Senfkorn. Hier wird deutlich, dass der Baum als Hoffnungsbild bei den Kindern verankert ist, während das Senfkorn ihre Sorgen und Wünsche verkörpert. In der Einzelarbeit reden einige Schülerinnen und Schüler beim Schreiben mit verteilten Rollen und ihre Stimmen spiegeln die Sorgen des kleinen Kornes und die Ruhe und Sicherheit des großen Baumes wider: "Bald bist du groß, du musst nur warten, mehr musst du gar nicht tun!"; "Du bist doch schon ein Baum, daran musst du denken"; "Du hast dein ganzes Leben noch vor dir. Ich werde vielleicht gefällt"; "Genieße es, solange du noch klein bist kannst du spielen und musst dich um nichts sorgen" (M 6).

 

6. Stunde: Das Gleichnis vom Senfkorn
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler begegnen dem Gleichnis vom Senfkorn.

Die Klasse trifft sich um das Bodentuch. Die Erzählung beginnt mit den Sorgen der Jünger, dass ihr "großer Traum" von einer Veränderung der Welt sich nicht verwirklicht. Parallel zum Erzählen wird ein Senfkorn in die Mitte gelegt, dieses mit einem braunen Tuch bedeckt, kleine und größer werdende Zweige angelegt und zum Abschluss wird einer der Schülerbäume in die Mitte gelegt. Nun äußern sich die Schülerinnen und Schüler zu der Erzählung: "Das, was Jesus sagt, ist ja wie ein Rätsel"; "Jesus meint, dass es nicht nur Böses auf der Welt gibt"; "Es gibt schon auch Sachen, die gut sind"; "Der Traum wächst"; "Der Traum kommt langsam näher und näher". Die Schüleräußerungen werden von der Lehrerin auf "Zweige" notiert.

Mit Hilfe von Legematerialien (Blüten, Äste, Holzkugeln, Tücher etc.) entsteht auf dem Bodentuch ein großer Baum.

 

7. Stunde: Meine Zweifel
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler spüren der Hoffnungslosigkeit als elementarer Erfahrung ihres Lebens nach.
Die Klasse trifft sich um das Bodenbild. Ein Bild eines traurig aussehenden Kindes liegt in der Mitte. Eine Sprechblase "Es gibt Dinge, die ändern sich nicht…!" wird dazu gelegt. Die Schülerinnen und Schüler finden Bereiche ihres Lebens, in denen sie nicht glauben, dass sie sich positiv verändern werden. Die Aussagen werden auf "Papiersteinen" festgehalten. Es werden familiäre Probleme angesprochen: "Es wird sich nie ändern, dass meine Geschwister immer Recht bekommen"; "…, dass meine Schwester mich zwar mitnimmt ins Schwimmbad, mich dann aber dort stehen lässt"; "…, dass ich meiner Mutter ganz viel im Haushalt helfen muss", aber auch Einstellungen benannt: "Ich glaube nicht, dass ich jemals aufhöre so viel Angst zu haben"; "…, dass mich andere nicht mehr auslachen"; "…, dass ich mal glaube, dass ich etwas richtig gut mache"; und generelle Probleme angesprochen: "…, dass die Autos aufhören die Luft zu verschmutzen"; "…, dass Kinder sich nicht mehr streiten"; "…, dass Jugendliche aufhören kleinere Kinder zu bedrohen."

In einem nächsten Schritt überlegen die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe eines Arbeitsblattes, welche Beispiele bzw. Situationen für sie am bedeutsamsten sind. Diese werden benannt und gemalt.

 

8. Stunde: Wir entdecken Senfkörner in unserem Leben
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler lassen sich auf "Anfänge" in ihrem Leben ein, in denen sie Hoffnung auf Veränderungen entdecken.

Die Klasse trifft sich um das Bodentuch und die Lehrerin hält einen beschriebenen "Stein" aus der letzten Stunde in der Hand. Die Lehrerin gibt den Impuls: "Diese Enttäuschungen erinnern mich an jemanden…!" Die Schülerinnen und Schüler erinnern sich an das Gleichnis und erzählen von den enttäuschten Hoffnungen der Jünger und der Antwort von Jesus. Das Legematerial zum Gleichnis dient als Erinnerungshilfe. Sie entdecken eine Verbindung zwischen ihren Enttäuschungen und denen der Jünger.

Die Lehrerin gibt den nächsten Impuls im Blick auf das Senfkorn: "Es müssen kleine Situationen sein, durch die man wieder Hoffnung bekommen kann." Die Schülerinnen und Schüler überlegen, was das für Situationen sein könnten. Der folgende Impuls "Ich überlege, ob es in meinem Leben auch "Senfkörner" gibt!" führt das Unterrichtsgespräch fort. Die Schülerinnen und Schüler sammeln Situationen aus ihrem Leben, in denen sie die Hoffnung auf Veränderung entdecken: "Wenn mein Vater mich vom Bahnhof in Berlin abholt"; "Manchmal fragt mich meine Schwester, ob ich mit ihr spielen will"; "Wenn ich jemand an der Kasse vorlasse" Das mein Vater ganz ruhig zu mir gesagt hat: "Jetzt ist SchlussW und nicht geschrieen hat; "Wenn Thorsten mir hilft meine Schrift zu lesen; "Wenn ich bei meiner Schwester schlafen darf"; "Wenn ich meinem Bruder erlaube mit meinen Sachen zu spielen"; "Wenn ich Walid beschützen kann"; "Wenn ich meiner Oma helfe"; "Wenn Walid mit mir Karate übt"; "Wenn mein Vater mit mir spielt"; "Wenn ich mit meinem Bruder nicht stänkere!". Die Situationen werden auf Papiersenfkörner geschrieben und der "Entdecker" nimmt sich aus der Schatztruhe ein Senfkorn.

 

9. Stunde: Das soll Cindy auch erfahren!
Ziel: Die Schülerinnen und Schüler dokumentieren, wie sie das Gleichnis vom Senfkorn verstanden haben.

Mit Hilfe des Legematerials (Textzeilen des Gleichnisses, Senfkorn, Zweige und einen Traumbaum) und den dazu passenden Schülerbeiträgen (beschriebener Papierstein, beschriebenes Senfkorn, Traumbaum, Comic) werden Gleichniserzählung und Unterrichtsweg zusammengeführt. Die Schülerinnen und Schüler erinnern sich an das Gleichnis, mit dem Jesus auf die Zweifel der Jünger reagiert hat, und an ihre eigenen Gedanken, die sie im Laufe der Unterrichtseinheit formuliert haben. Nun werden sie angeregt, das Gleichnis zu deuten. In dieser Klasse wird zur Dokumentation ihrer Deutungen der Wunsch herangezogen, einer ehemaligen Klassenkameradin von dem Gleichnis zu erzählen (M 7). Die Schülerinnen und Schüler wollen Cindy mit dem Gleichnis Mut machen und ihr über ihren Umzugskummer hinweghelfen. Ihre Deutungen zeigen, dass sie das Gleichnis als eine Geschichte verstehen, die Trost, Zuversicht und Hoffnung geben kann. Sie deuten das Gleichnis für Cindy zunächst im Klassengespräch: "Das meint, dass du nach Dingen suchen musst, die schon gut sind"; "Du kannst dir sicher sein, dass wir immer an dich denken, dadurch brauchst du die Hoffnung nicht aufgeben"; "Du musst nach kleinen Punkten suchen, in denen du die neuen Kinder verstehst, dann werdet ihr ganz langsam gute Freunde"; "Erst hast du nur einen Freund, aber bald ganz viele, dann ist es wie in unserem Traum"; "Der Traum hat schon angefangen"; "Du sollst die Hoffnung nicht verlieren"; "Man darf noch nicht die Hoffnung aufgeben"; "Denke erstmal an die guten Dinge".

M 1

 

M 2: Mein Traumbaum

Setze dich nun bequem, aber gerade auf deinen Stuhl.

Beide Beine stehen fest auf dem Boden und deine Hände liegen auf den Oberschenkeln.
Atme tief ein und aus. Wenn du möchtest schließe deine Augen und atme ganz ruhig ein und aus. Wenn du dich so auf das Atmen konzentrierst, kannst du spüren, wie sich deine Nase ganz leicht durch die Luft, die du ein und ausatmest, bewegt.

Jetzt lass uns gemeinsam in Gedanken auf einen Spaziergang gehen.

Wir laufen einen kleinen Weg entlang. Du siehst eine Wiese, an der wir entlang laufen. Wir kommen an einen Wald. Du schaust dich um, ob dir ein Baum besonders gefällt. Du suchst deinen Baum!
 

Da plötzlich siehst du ihn etwas abseits. Ganz frei steht dein Baum. Schon von weitem siehst du, wie schön er aussieht und es zieht dich ganz doll zu ihm hin.

Jetzt stehst du vor deinem Baum. Ganz sorgfältig betrachtest du ihn: den Stamm, wie breit und stark er ist. Staunend blickst du am Stamm entlang bis nach oben. Wie weit du dabei den Kopf in den Nacken legen musst! Dein Blick bleibt in der Baumkrone hängen. Die Zweige strecken sich der Sonne entgegen. Auf einem Ast entdeckst du ein Vogelnest. Kannst du das Zwitschern der Vögel hören?

Aber nicht nur die Vögel fühlen sich in dem Baum sicher. Auch du merkst, dass du dich hier bei deinem Baum ganz besonders wohl fühlst. Es ist dein Wohlfühlort. Überprüfe, ob schon alles so richtig angenehm ist. Wenn es noch etwas gibt, was du verändern musst, dann tu das in deinen Gedanken. Das ist dein Baum, mit deinen Gedanken kannst du zaubern. Überprüfe, ob das was du hörst, für deine Ohren angenehm ist. Wenn du bei deinem Baum stehst, ist alles was du hörst angenehm? Sonst verändere es. Und überprüfe, ob die Gerüche angenehm sind bei deinem Baum. Sonst verändere sie.

Nun, wo du dich rundherum wohl fühlst, könntest du, wenn du magst deinen Baum umarmen. Dabei atmest du seinen Geruch ein. Du fühlst die Rinde deines Baumes. Und du lehnst dich mit dem Rücken an ihn. Du spürst die Stärke deines Baumes in deinem Rücken. Hier kannst du dich ausruhen und spüren, wie gut es tut bei deinem Baum zu sein. Hierher kannst du immer wieder zurückkehren. Du brauchst dir dann nur deinen Baum vorzustellen. Wenn du möchtest, kannst du dir einen Zaun oder eine Hecke um deinen Baum vorstellen, so dass nur die Personen zu deinem Baum kommen, die du herein lässt. So kannst du dich bei deinem Baum ganz sicher fühlen. Nun verabschiede dich von deinem Baum. Wenn du magst, kannst du dir vornehmen bald wieder zu kommen. Du kannst, wenn du magst, es ihm versprechen. Wenn es für dich passt, dann kannst du dich bei deinem Baum bedanken.

Nun nimm wieder wahr, dass du auf deinem Stuhl sitzt, dass dein Rücken die Lehne berührt. Und nimm den Raum um dich herum wahr, deine Klassenkameraden, die mit dir hier sitzen. Öffne langsam deine Augen und bewege langsam deine Hände. Strecke dich.

 

M 3

 

 

M 4: Identifikationsübung zum Senfkorn

Hey du, sei doch mal vorsichtig! Nur weil ich so klein bin musst du mich nicht so hin und her kullern. Du hattest mich doch schon wieder in deiner Hand vergessen oder? Frechheit!

Wenn ich in meinem Erdloch liege und mich keiner sieht, dann fühl ich mich so schrecklich winzig! Doch dann endlich wachse ich. Ich fühle mich dann schon richtig groß! Aber wenn ich mich dann so umschaue, bin ich noch immer ziemlich klein. Es gibt Menschen, die treten einfach auf mich drauf. Oder sie rempeln mich an, weil sie mich gar nicht gesehen haben. Und wenn ich dann so richtig losmeckern will, dann grinsen die nur. Die nehmen mich gar nicht ernst!

Oh man, ich sage euch, wenn ich erst einmal groß bin. Dann bin ich ein starker Baum und niemand traut sich auf mir rum zu trampeln! Dann habe ich nur noch vor Riesen Angst!

Aber wenn ich so hoch gucke und mir so einen Baum anschaue, dann glaube ich gar nicht, dass ich das je schaffen könnte. Die sind so groß und so schön. Ich bin so klein, so werde ich nie.

Aber trotzdem, ich sage dir, wenn du mich noch einmal verlierst, dann kriegst du richtig Ärger mit mir.

 

M 5

 

M 6

 

M 7

 

Anmerkungen

  1. 1 Vgl. Ingo Baldermann: Gottes Reich -Hoffnung für Kinder. Entdeckungen mit Kindern in den Evangelien, Neukirchen-Vluyn 1991, 85ff.
  2. 2 In der Unterrichtseinheit werden methodische Anregungen der Religionspädagogischen Praxis (RPP) aufgenommen. Vgl. zu den didaktischen Anfragen an das Konzept der RPP Carola Fleck: Ganzheitliche religiöse Erziehung. Eine kritische Auseinandersetzung mit der "Religionspädagogischen Praxis", Münster 2003.

Text erschienen im Loccumer Pelikan 1/2007

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