Mit Konfirmanden das Abendmahl feiern

 von Wolfhard Pohlmann und Klaus Klees

 

Zu verstehen und zu begreifen suchen, was bei der Feier des Abendmahls geschieht, gehört zu den Grundanliegen der Konfirmandenarbeit. Der vorliegende Entwurf zur Erarbeitung der Thematik – in Gestalt einer tabellarischen Übersicht – ist für eine Konfirmandenfreizeit konzipiert worden, kann aber auch in einzelne Abschnitte und Unterblöcke aufgeteilt werden. Das Ziel ist es, möglichst erfahrungs- und erlebnisorientiert mit den Jugendlichen zu arbeiten.

Der Beitrag wurde in einer ersten Phase von Superintendent Wolfhard Pohlmann und Kirchenkreisdiakon Klaus Klees erarbeitet und im zweiten Schritt von einigen Mitgliedern der KU-Projektgruppe des Kirchenkreises Alfeld/Leine überarbeitet, von Superintendent Wolfhard Pohlmann sowie den Pastoren Hennig Forwergk und Udo Joswig.

Einheit: 1

Schwerpunktthema: Erfahrungsbezogene Hinführung und Erschließung der Elemente

Literatur: H.-M. Lübking, Kursbuch Konfirmation; Düsseldorf 3/1997

Materialien: Tapete; Eddings, Tonträger und Abspielgerät, ggf.: vorbereitete Karten, Zeitschriften, Scheren, Papier, Klebstoff

 

Arbeitsform

Methode

Arbeitsauftrag

Ziele

Warming-up

Plenum /
Stuhlkreis

Bewegungsspiel 
Reaktionsspiel 
Vertrauensspiel

...

   

musik. Gruppenfindung

 

Lied

...

- Komm, sag es allen wei-
ter (EG 225)

- Ich bin das Brot
(Lebenslieder)

...

 

Einstieg in das Thema

Plenum

   

Die Konfirmanden sollen sich Erfahrungen, Assoziationen bewusst machen und eigene Fragen formulieren

Vertiefung

Plenum und Gespräch in Klein-
gruppen

     
 

Einzelarbeit

Einzelarbeit / Gruppenarbeit

     

Ergebnissicherung

Plenum

     

meditativer Abschluss

Plenum / Stuhlkreis

  - In der Mitte steht eine
Kerze, die einer der Konfirmanden anzündet

- Einer liest einen Psalm

- Einer der Konfirmanden
spricht (liest) ein (vorher von ihm) vorbereitetes Gebet

- Vaterunser wird gemeinsam gesprochen

Segenssatz

(* Anmkg. d. Verf.: 
In unserem Unterricht hat
es sich bewährt, diese meditative Phase im Schluss-
teile jeder Stunde gleichsam
zu ritualisieren. Der Schluss
der Stunde bietet sich u.E.
eher an, da sich im Verlauf
der gemeinsamen Stunde 
die Konfirmanden deutlicher zusammengefunden haben
als zu Beginn).

 

Einheit: 2

Schwerpunktthema: Passamahl – Traditionsgeschichtlicher Zugang

Literatur: H.-M. Lübking, Kursbuch Konfirmation; Düsseldorf 3/1997

Materialien: Textblatt: Ex 12, 1-14 + 16, Fladenbrot, Schafskäse, Oliven, Fladenbrotrezept und benötigtes Material lt. Materialblatt

 

Arbeitsform

Methode

Arbeitsauftrag

Ziele

Warming-up

Plenum/

Stuhlkreis

Bewegungsspiel / Reaktionsspiel / Vertrauensspiel

...

   

musik. Gruppenfindung

 

Lied ...

Ich bin das Brot (U. Joswig)

 

Einstieg in das Thema

Plenum

Arbeitsblatt M 2

Stummer Impuls

Traditionsgeschichtlicher Zugang: Exodus 12, 1-14 + 16 (Passamahl):

  • Alternativen:

- In der Mitte liegt ein Fladenbrot: Erzählen der Exodusgeschichte

 

Vertiefung

 

Rollenspiel

Arbeitsblatt

- Nachspielen von Ex 12, 1-14 + 16

Lübking S. 57: Festritus – jüdisches Passafest

 

Ergebnissicherung

 

Arbeitsblatt

M 3

Pitah backen nach dem Rezept

Gemeinsames Essen und Trinken (Fladenbrot, Schafskäse, Oliven, Traubensaft)

 

meditativer Abschluss

Plenum/Stuhlkreis

 
  • In der Mitte steht eine Kerze, die einer der Konfirmanden anzündet
  • Einer liest einen Psalm
  • Einer der Konfirmanden spricht (liest) ein (vorher von ihm) vorbereitetes Gebet
  • Vaterunser wird gemeinsam gesprochen
  • Segenssatz

Anmerkung d. Verf.: siehe unter Einheit 1

 

Einheit: 3

Schwerpunktthema: bibl. Abendmahl und Einsetzungsworte

Literatur: H.-M. Lübking, Kursbuch Konfirmation; Düsseldorf 3/1997

Materialien: Materialblätter M 5-7, Scheren, Klebstoff

 

Arbeitsform

Methode

Arbeitsauftrag

Ziele

Warming-up

Plenum / Stuhlkreis

Bewegungsspiel
Reaktionsspiel Vertrauensspiel

...

   

musik.
Gruppen-
findung

 

Lied ...

Brich mit den Hungrigen dein Brot

(EG 420)

 

Einstieg in das Thema

Plenum

Gruppenarbeit

Einzelarbeit

Plenum

Arbeitsblatt

M 4

Stummer

Impuls

Abendmahlslied von Leonardo da Vinci 
(Lübking, S. 55)
wird per Arbeitsblatt
den Konfirmanden in
die Hand gegeben.

Nach eingehender Betrachtung werden
die Konfirmanden gebeten, die Bildszene nachzustellen und die Gesten 
und Mimik der abgebildeten Personen zu
imitieren. Dies kann mit einer Polaroid-Kamera
oder normalem Fotoapparat festgehalten werden (Gut wäre, eine Bilderläuterung für das Da-Vinci-Bild zur Hand
zu haben, damit man(n) frau selber kundig in
das Gespräch mit den Konfirmanden einsteigt. Eine Bilderläuterung liegt uns z.Zt. nicht vor, ist
aber sicherlich über die Medienzentrale oder das RPI in Loccum erhältlich)

Alternativen:

- Falls der "eigene" Altar eine Abendmahlsabbildung enthält, werden die Konfirmanden gebeten, dieses Bild abzumalen oder abzumodellieren

- Film aus der Medienzentrale zum Thema: "Abendmahl"

 

Vertiefung

Einzelarbeit

Materialblatt M 5 * M 6 Schnippel-
text

Lehrer - Schüler - Gespräch

Die Konfirmanden werden gebeten, die Streifen des Textes der Einsetzungs-
worte auszuschneiden und sie in der richtigen Reihenfolge auf das Blatt mit
dem abgebildeten Kelch zu kleben

Die Konfirmanden sollen den vorfindlichen Text auf ihr Bild vom Abendmahl beziehen.

Die Konfirman-
den sollen die Einsetzungs-
worte (kl. Katechismus) kennen- und verstehen lernen

Ergebnissicherung

Plenum

Materialblatt

M 7

Der Markustext und die
daran angefügte Deutung (Lübking, S. 58)
wird mit den Konfirman-
den gelesen.

 

meditativer Abschluss

Plenum / Stuhlkreis

  - In der Mitte steht eine Kerze, die einer der Konfirmanden anzündet

- Einer liest einen Psalm

- Einer der Konfirmanden spricht (liest) ein (vorher von ihm) vorbereitetes Gebet

- Vaterunser wird gemeinsam gesprochen

- Segenssatz

Anmerkung d. Verf.:
siehe unter Einheit 1

 

Einheit: 4

Schwerpunktthema: Bedeutungsebenen des Abendmahles: 1) Gemeinschaft; 2) Vergebung; 3) Stärkung, Rettung; 4) Teilen, Gerechtigkeit; 5) Liebe, Dienen, Helfen

Literatur: H.-M. Lübking, Kursbuch Konfirmation; Düsseldorf 3/1997
Materialien: Die benötigten Materialien ergeben sich aus der Auswahl der Methoden und können daher nicht in der Kopfzeile aufgelistet werden

 

Arbeitsform

Methode

Arbeitsauftrag

Ziele

Warming-up

Plenum / Stuhlkreis

Bewegungsspiele
Reaktionsspiel
Vertrauensspiel

...

   

musik. Gruppen-
findung

 

Lied

- Wenn das Brot wir teilen als Rose blüht

- Unser Leben sei ein Fest (EG 557)

 

Einstieg in das Thema

Plenum / Stuhlkreis

Gespräch

Tapete v. Schreibgespräch i.d. Mitte

Leiterimpuls

Gruppenarbeit

(arbeitsteilig)

1. Schritt:

Impulse: Haben sich eure Aussagen über das "Abendmahl" bestätigt 
oder nicht? Könnt ihr schon einige eurer Fragen zum "Abendmahl" selbst beantworten?

2. Schritt:

Hinführung zur Gruppenarbeit: "Wir haben am Anfang auf Satzkarten geschrieben, was Brot und Wein für mich bedeuten. Jetzt soll es darum gehen, was das Abendmahlals Ganzes für mich bedeuten könnte."

 

Vertiefung

Gruppenarbeit / Einzelarbeit

 

Arbeitsgruppenangebote:

1. Gemeinschaft(s-mahl) exemplarische Geschichte: Zachäus Lk 19, 1ff (oder: Mk 2, 13-17)
Methoden der Bearbeitung:
Rollenspiel (Stegreifspiel/Hörspiel) Film drehen Overhead/Schattenspiel; Figuren auf Overhead schieben oder mit Figuren im Lichtkegel des Overhead mit Handpuppen spielen. Comic malen

2. Vergebung(s-mahl) exemplarische Geschichte: Verlorener Sohn Lk 15, 11-32 Methoden der Bearbeitung: Rollenspiel (als Nachspiel) Rollenspiel (als aktualisierendes Rollenspiel) Einzel-/ oder Gruppenarbeitsauftrag: Umschreibung der Geschichte auf eine moderne Geschichte als Brettspiel mit Ereigniskarten, die Konfirmanden in die Geschichte einbeziehen und Vergebung über die Aufgabenkarten erfahrbar machen

3. Stärkung/Rettung(s-mahl) exemplarische Geschichte:
Das große Abendmahl Lk 14, 15-24 (oder: 1. Kön 19, 1-8/oder: Ex 16, 1ff) Methoden der Bearbeitung: Collage anfertigen (Mit wem würden wir feiern? Jesus feiert mit ...) äthiopisches Hungertuch (oder auch andere geeignete) als stummer Impuls Brotgeschichte (Hoffsümmer, oder Lübking, S. 60) Geschichte von S. Lenz, Die Nacht im Hotel, in: Alles reift um Gabe zu werden, Radius-Verlag, Stuttgart, S. 74ff. "Überleben durch Zuwendung". Ein aktueller Bericht aus der "Bravo" nach dem Muster: "Jonas besucht die Kelly-Familiy" (als Beispiel dafür, dass persönliche Zuwendung stärken kann.)

4. Teilen/Gerechtigkeit(s-mahl) exemplarische Geschichte: Die erste Gemeinde Apg 2, 42-47/Speisung der 5000 Lk 9, 10-17par. Mk 6, 30-44par. Mt 14, 13-21 Methoden der Bearbeitung: Exkursion: Missionshaus am Weinberg (Hildesheim Essen Teilen – Eine Schüssel mit halb so viel Schokoküssen, wie Konfirmanden im Saal wird in die Mitte des Tisches gestellt. Wie gehen die Konfirmanden damit um? Brot für die Welt: Materialien und Medienpakete

5. Liebe / Dienen / Helfen – als ethische Konsequenz ist diese Bedeutungsebene latent in den anderen Bereichen vorhanden. So wird an dieser Stelle auf eine Ausführung dieser Bedeutungsebene verzichtet.

 

Ergebnissicherung

Plenum

 

Die Konfirmanden gestalten aus den verschiedenen Arbeitsgruppen (Bedeutungsebenen) des Abendmahles heraus ein Hungertuch.

Hierbei können Stoffreste, als auch Farbkreiden verwendet werden, die mit Haarlack fixiert werden. Aus diesen Elementen lässt sich eine Abendmahlsfeier mit Eltern und Konfirmanden, oder auch ein Vorstellungsgottesdienst heraus entwickeln.

 

meditativer Abschluss

Plenum / Stuhlkreis

  - In der Mitte steht eine Kerze, die einer der Konfirmanden anzündet

- Einer liest einen Psalm

- Einer der Konfirmanden spricht (liest) ein (vorher von ihm) vorbereitetes Gebet

- Vaterunser wird gemeinsam gesprochen

- Segenssatz

Anmerkung d. Verf.: siehe unter Einheit 1

 SO SOLL ES SEIN / ABENDMAHLSLIED

M 1

Das Mensch - ärgere - dich - nicht - Spiel

sei so genannt, weil es mit Hilfe farbiger Mensch - Ärgere - Dich - Nicht-Spielsteine die Gruppe der Konfirmanden in bewegter Form in Kleingruppen unterteilt.

Für das Spiel werden benötigt: 
1 Tonträger
1 Abspielgerät
verschiedenfarbige Spielsteine nach Anzahl der Teilnehmer und der gewünschten Gruppenzahl
1 Würfelbecher (oder anderes Hohlgefäß zur Sammlung der Steine)
Liste mit Impulsfragen zum Thema

Spielerklärung:
Der Spielleiter sucht nach Anzahl der Teilnehmer und gewünschten Gruppen Spielsteine in einen Würfelbecher zusammen. Werden z.B. drei Gruppen gewünscht, kann hier die Anzahl der Steine gleichmäßig auf die drei Farben: blau, grün, rot verteilt werden.
Zu Beginn des Spiels erklärt der Spielleiter die Spielregeln (wie folgt:)
Jeder Mitspieler darf sich zu Beginn aus dem Würfelbecher einen Spielstein heraussuchen. Aufgabe für jeden Spieler ist es nun, diesen Spielstein wahllos mit anderen zu tauschen. Dabei spielt Musik. Wenn die Musik unterbrochen wird, stellen sich die Spieler im Raum gemäß der Farbe ihres Spielsteines, den sie nun in den Händen halten, in Farbgruppen zusammen.
Der vom Spielleiter in den Raum gesagte Impulssatz (jeweils nur 1 kurzer Satz!) wird in den Gruppen kurz diskutiert.
Nach einer kurzen Diskussionsphase in den Gruppen wird die Musik wieder in Gang gesetzt und die Spieler tauschen erneut ihre Spielsteine und finden sich nach erneuter Musikunterbrechung in neu zusammengesetzten Gruppen zusammen, um den nächsten Satz zu diskutieren.

Erfahrung: 
Diese Form der thematischen Auseinandersetzung hat den Konfirmanden Spaß gemacht, weil sie mit Bewegung, Begegnung und kurzen Impulsen verbunden war, die aber zum Teil angeregte Diskussionen in Gang gesetzt haben.

M 2
Die Einsetzung des Passafestes

Text: 2. Mose 12, 1-16 (vgl. 4. Mose 9, 1-14; 5. Mose 16, 1-8)

M 3
Pitah

Man nehme:

5 Tassen Weizenvollkornmehl
1-2 Teelöffel Salz
knapp 2 Tassen Wasser

Daraus knete man(n)/frau einen Teig. Er soll fest sein und man(n)/frau muss ihn ausrollen können.

Eventuell muss noch etwas Wasser hinzugefügt werden. Der Teig muss eine halbe Stunde liegen. Dann können daraus 5 Kugeln geformt werden, die jeweils auf einer mehlbestäubten Fläche mit dem Nudelholz ausgerollt werden. Nun lässt sich die Pitah in einer heißen Pfanne backen – am besten verzichtest Du auf Fett. Die Backzeit beträgt ca. 10 Minuten.

Nun lässt sich die Pitah (hoffentlich!!!) mit Oliven, Salat, Schafskäse oder anderem füllen. Guten Appetit.

(Aus diesem Rezept lassen sich etwa 10 Pitahs backen)

M 5

M 6

Die Einsetzungsworte zum Abendmahl

sind durcheinander geraten. Schneide die Streifen aus und lege sie in der richtigen Reihenfolge auf den Kelch.

Du kannst die Streifen auch noch weiter zerschneiden, so dass Du längere oder kürzere Zeilen selbst gestalten kannst.

Unser Herr Jesus Christus

und brach’s und gab’s seinen Jüngern

solches tut zu meinem Gedächtnis

dankte

zu meinem Gedächtnis

nahm er auch den Kelch

nach dem Abendmahl

das für euch vergossen wird

zur Vergebung der Sünden

in der Nacht, da er verraten ward

Dieser Kelch ist

das neue Testament in meinem Blut,

Desselbengleichen

und sprach: Nehmt hin und esst

solches tut, so oft ihr’s trinkt

nahm er das Brot, dankte

Nehmt hin und trinkt alle daraus:

Das ist mein Leib

der für euch gegeben wird

und gab ihnen den und sprach:

M 7

Das Abendmahl

Am Abend vor seinem Tod ist Jesus mit seinen Freunden zusammen. Sie feiern das Passafest ihres Volkes. Jemand hatte ihnen in einem vornehmen Haus einen Raum überlassen. Dort ist alles vorbereitet: Der Tisch ist mit Brot und Wein gedeckt, das Passalamm ist gebraten, die Kräuter stehen bereit. Jesus und seine Freunde liegen auf flachen Polstern um den Tisch, sie reden miteinander, sie essen und trinken.

Doch dann wird dieses Passamahl ganz anders. Jesus weiß, dass dies das letzte Mahl für ihn ist. Er sagt: "Amen, ich sage Euch, einer von Euch wird mich verraten." Seine Freunde reagieren bestürzt. Einer nach dem anderen fragt: "Doch nicht etwa ich?" "Einer von Euch wird es tun", sagt Jesus. "Einer, der mit mir aus derselben Schüssel isst".

Während sie alle essen, nimmt Jesus das Brot, spricht ein Dankgebet, bricht das Brot in Stücke und gibt es den Freunden: "Nehmt und esst! Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird." Dann nimmt er den Becher mit Wein, spricht noch einmal ein Dankgebet, reicht ihn den Freunden, und sie trinken alle daraus. Jesus sagt zu ihnen: "Nehmt und trinkt alle daraus! Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für Euch vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Solches tut, so oft ihr es trinkt, zu meinem Gedächtnis!" Und er fügt hinzu: "Ich sage Euch: Von nun an werde ich keinen Wein mehr trinken, bis ich zusammen mit Euch trinken werde im Reich Gottes."

Danach singen sie zusammen ein Loblied und gehen in die Nacht hinaus. (Nach Markus 14, 12-26)

Was Jesus mit dem Abendmahl sagen wollte, haben seine Freunde erst später begriffen: Wie das Brot, so wurde auch sein Leib zerbrochen. Wie der Wein, so wurde auch sein Blut vergossen. Jesus, der Schuldlose, starb für uns, die Schuldigen: als Zeichen für die neue Verbundenheit zwischen Gott und den Menschen. Wenn wir im Namen Jesu zusammenkommen, miteinander Brot essen und Wein trinken, dann geht die Geschichte Jesu weiter.

Himmel und Hölle

Ein Rabbiner wurde von seinem Sohn gefragt: "Vater, wie stellst du dir Himmel und Hölle vor?" Der Rabbi antwortete: "Ich sehe einen Saal. Darin steht eine große Tafel mit köstlichen Speisen. Die Menschen an dieser Tafel haben steife Handgelenke. Sie haben Messer und Gabeln mit überlangen Stielen. Sie sind ihnen an ihre steifen Handgelenke gebunden. – Dann ertönt ein Zeichen, und alle stürzen sich auf die Speisen. Sie fahren mit ihren überlangen Messern und Gabeln umher, erreichen aber nichts. Sie werden immer gieriger, aber sie bekommen nichts in ihrem Mund. So", sagte der Rabbi, "scheint mir die Hölle zu sein."

"Und wie sieht es im Himmel aus?" fragte der Sohn. "Wieder stelle ich mir einen Saal vor. Darin steht eine große Tafel mit köstlichen Speisen. Die Menschen an der Tafel haben steife Handgelenke. Sie haben Messer und Gabeln mit überlangen Stielen. Sie sind ihnen an ihre steifen Handgelenke gebunden. – Dann ertönt ein Zeichen, und alle beginnen zu essen. Sie schneiden mit ihren überlangen Messern und füttern sich gegenseitig mit ihren überlangen Gabeln an den steifen Handgelenken. Sie essen und feiern miteinander ein Freudenmahl. So", sagte der Rabbi zu seinem Sohn, "scheint mir der Himmel zu sein."

M 8

Siegfried Lenz

Die Nacht im Hotel

Der Nachtportier strich mit seinen abgerissenen Fingerkuppen über eine Kladde, hob bedauernd die Schultern und drehte seinen Körper zur linken Seite, wobei sich der Stoff seiner Uniform gefährlich unter dem Arm spannte.

"Das ist die einzige Möglichkeit", sagte er. "Zu so später Stunde werden Sie nirgendwo ein Einzelzimmer bekommen. Es steht Ihnen natürlich frei, in anderen Hotels nachzufragen. Aber ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass wir, wenn Sie ergebnislos zurückkommen, nicht mehr in der Lage sein werden, Ihnen zu dienen. Denn das freie Bett in dem Doppelzimmer, das Sie – ich weiß nicht, aus welchen Gründen – nicht nehmen wollen, wird dann auch einen Müden gefunden haben."

"Gut", sagte Schwamm, "ich werde das Bett nehmen. Nur, wie Sie vielleicht verstehen werden, möchte ich wissen, mit wem ich das Zimmer zu teilen habe; nicht aus Vorsicht, gewiss nicht, denn ich habe nichts zu fürchten. Ist mein Partner – Leute, mit denen man eine Nacht verbringt, könnte man doch fast Partner nennen – schon da?"

"Ja, er ist da und schläft."

"Er schläft", wiederholte Schwamm, ließ sich die Anmeldeformulare geben, füllte sie aus und reichte sie dem Nachtportier zurück; dann ging er hinauf.

Unwillkürlich verlangsamte Schwamm, als er die Zimmertür mit der ihm genannten Zahl erblickte, seine Schritte, hielt den Atem an in der Hoffnung, Geräusche, die der Fremde verursachen könnte, zu hören, und beugte sich dann zum Schlüsselloch hinab. Das Zimmer war dunkel. In diesem Augenblick hörte er jemanden die Treppe heraufkommen, und jetzt musste er handeln. Er konnte fortgehen, selbstverständlich, und so tun, als ob er sich im Korridor geirrt habe. Eine andere Möglichkeit bestand darin, in das Zimmer zu treten, in welches er rechtmäßig eingewiesen worden war und in dessen einem Bett bereits ein Mann schlief.

Schwamm drückte die Klinke herab. Er schloss die Tür wieder und tastete mit flacher Hand nach dem Lichtschalter. Da hielt er plötzlich inne: neben ihm – und er schloss sofort, dass da die Betten stehen müssten – sagte jemand mit einer dunklen, aber auch energischen Stimme: "Halt! Bitte machen Sie kein Licht. Sie würden mir einen Gefallen tun, wenn Sie das Zimmer dunkel ließen."

"Haben Sie auf mich gewartet?" fragte Schwamm erschrocken; doch er erhielt keine Antwort.

Statt dessen sagte der Fremde:
"Stolpern Sie nicht über meine Krücken, und seien Sie vorsichtig, dass sie nicht über meinen Koffer fallen, der ungefähr in der Mitte des Zimmers steht. Ich werde sie sicher zu Ihrem Bett dirigieren: Gehen Sie drei Schritte an der Wand entlang, und dann wenden Sie sich nach links, und wenn Sie wiederum drei Schritte getan haben, werden Sie den Bettpfosten berühren können."

Schwamm gehorchte:
Er erreichte sein Bett, entkleidete sich und schlüpfte unter die Decke. Er hörte die Atemzüge des anderen und spürte, dass er vorerst nicht würde schlafen können.
"Übrigens", sagte er zögernd nach einer Weile, "mein Name ist Schwamm."

"So", sagte der andere.

"Ja."

"Sind Sie zu einem Kongress hierher gekommen?"

"Nein. Und Sie?"

"Nein."

"Geschäftlich?"

"Nein, das kann man nicht sagen."

"Wahrscheinlich habe ich den merkwürdigsten Grund, den je ein Mensch hatte, um in die Stadt zu fahren", sagte Schwamm.

Auf dem nahen Bahnhof rangierte ein Zug. Die Erde zitterte, und die Betten, in denen die Männer lagen, vibrierten.

"Wollen Sie in der Stadt Selbstmord begehen?" fragte der andere.

"Nein", sagte Schwamm, "sehe ich so aus?"

"Ich weiß nicht, wie Sie aussehen", sagte der andere, "es ist dunkel."

Schwamm erklärte mit banger Fröhlichkeit in der Stimme:
"Gott bewahre, nein. Ich habe einen Sohn, Herr... (der andere nannte nicht seinen Namen), einen kleinen Lausejungen, und seinetwegen bin ich hierher gefahren."

"Ist er im Krankenhaus?"

"Wieso denn? Er ist gesund, ein wenig bleich zwar, das mag sein, aber sonst sehr gesund. Ich wollte Ihnen sagen, warum mich hier bin, hier bei Ihnen, in diesem Zimmer. Wie ich schon sagte, hängt das mit meinem Jungen zusammen. Er ist äußerst sensibel, mimosenhaft, er reagiert bereits, wenn ein Schatten auf ihn fällt."

"Also ist er doch im Krankenhaus."

"Nein", rief Schwamm, "ich sagte schon, dass er gesund ist, in jeder Hinsicht. Aber er ist gefährdet, dieser kleine Bengel hat eine Glasseele, und darum ist er bedroht."

"Warum begeht er nicht Selbstmord?" fragte der andere.

"Aber hören Sie, ein Kind wie er, ungereift, in solch einem Alter! Warum sagen Sie das" Nein, mein Junge ist aus folgendem Grund gefährdet: Jeden Morgen, wenn er zur Schule geht – er geht übrigens immer allein dorthin -, jeden Morgen muss er vor einer Schranke stehen bleiben und warten, bis der Frühzug vorbei ist. Er steht dann da, der kleine Kerl, und winkt, winkt heftig und freundlich und verzweifelt."

"Ja und?"

"Dann", sagt Schwamm, "dann geht er in die Schule, und wenn er nach Hause kommt, ist er verstört und benommen, und manchmal heult er auch. Er ist nicht im Stande, seine Schularbeiten zu machen, er mag nicht spielen und nicht sprechen: das geht nun schon seit Monaten so, jeden lieben Tag. Der Junge geht mir kaputt dabei!"

"Was veranlasst ihn denn zu solchem Verhalten?"

"Sehen Sie", sagte Schwamm, "das ist merkwürdig: Der Junge winkt, und – wie er traurig sieht – es winkt ihm keiner der Reisenden zurück. Und das nimmt er sich so zu Herzen, dass wir – meine Frau und ich – die größten Befürchtungen haben. Er winkt, und keiner winkt zurück; man kann die Reisenden natürlich nicht dazu zwingen, und es wäre absurd und lächerlich, eine diesbezügliche Vorschrift zu erlassen, aber..."

"Und Sie, Herr Schwamm, wollen nun das Elend Ihres Jungen aufsaugen, indem Sie morgen den Frühzug nehmen, um dem Kleinen zu winken?"

"Ja", sagte Schwamm, "ja".

"Mich", sagte der Fremde, "gehen Kinder nichts an. Ich hasse sie und weiche ihnen aus, denn ihretwegen bin ich – wenn man’s genau nimmt – meine Frau verloren. Sie starb bei der ersten Geburt."
"Das tut mir leid", sagte Schwamm und stützte sich im Bett auf. Eine angenehme Wärme floss durch seinen Körper; er spürte, dass er jetzt würde einschlafen können
.
Der andere fragte: "Sie fahren nach Kurzbach, nicht wahr?"

"Ja."

"Und Ihnen kommen keine Bedenken bei Ihrem Vorhaben? Offener gesagt: Sie schämen sich nicht, Ihren Jungen zu betrügen? Denn, was Sie vorhaben, Sie müssen es zugeben, ich doch ein glatter Betrug, eine Hintergehung."

Schwamm sagte aufgebracht: "Was erlauben Sie sich, ich bitte sie, wie kommen Sie dazu!" Er ließ sich fallen, zog die Decke über den Kopf, lag eine Weile überlegend da und schlief dann ein.
Als er am nächsten Morgen erwachte, stellte er fest, dass er allein im Zimmer war. Er blickte auf die Uhr und erschrak: Bis zum Morgenzug blieben ihm noch fünf Minuten, es war ausgeschlossen, dass er ihn noch erreichte.

Am Nachmittag – er konnte es sich nicht leisten, noch eine Nacht in der Stadt zu bleiben – kam er niedergeschlagen und enttäuscht zuhause an.

Sein Junge öffnete ihm die Tür, glücklich, außer sich vor Freude. Er warf sich ihm entgegen und hämmerte mit den Fäusten gegen seine Schenkel und rief:
"Einer hat gewinkt, einer hat ganz lange gewinkt."

"Mit einer Krücke?" fragte Schwamm.

"Ja, mit einem Stock. Und zuletzt hat er sein Taschentuch an den Stock gebunden und es so lange aus dem Fenster gehalten, bis ich es nicht mehr sehen konnte."

Quelle unbekannt

 

Text erschienen im Loccumer Pelikan 1/2000

PDF