Vom Symbol zum Zeichen - Plädoyer für eine semiotische Revision der Symboldidaktik

von Michael Meyer Blanck 

 

1. “Symbol ja – Zeichen nein”: Schlaglichter aus der gegenwärtigen Symboldidaktik

Was ist ein Symbol? Die Etymologie scheint die Beantwortung der Frage zunächst leicht zu machen: etwas Zusammengefügtes. Doch was ist im Symbol zusammengefügt? Gegenwärtige und vergangene Erfahrung? Erfahrungen von verschiedenen Menschen? Transzendenz und Immanenz, Natur und Übernatur? Oder allgemeiner?: “erster” und “zweiter” Sinn? Alles dies wird man mit den unzähligen Arbeiten zum Symbol aus Psychologie, Philosophie und Religionswissenschaft irgendwie bejahen können. Je mehr man jedoch zum Thema liest , desto weniger hilfreich wird die Auskunft: Ein Symbol ist etwas Zusammengefügtes.

An dieser Stelle helfen sich Theologie, Didaktik und praktische Unterrichtshilfen bisher gern mit einem Minimalkonsens. Diesen habe ich bewusst plakativ mit der Sentenz “Symbol ja – Zeichen nein” umschrieben. Wenn die diffizilen Unterscheidungen zwischen primären und sekundären , zwischen präsentativen und diskursiven Symbolen zu kompliziert sind, rettet man sich mindestens für die Unterrichtspraxis in die Definition: Ein Symbol ist mehr als ein Zeichen. Symbole geben zu denken, ja: Symbole geben zu lernen. Zeichen hingegen sind eindeutig. So heißt es im neuen Kursbuch Religion:

“Zeichen sagen etwas aus. Man versteht sie nur, wenn man ihre Bedeutung kennt. [...] Ein Zeichen nennt man Symbol, wenn es mehr aussagt, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Manche Zeichen können mit der Zeit zu Symbolen werden.”

Diese Sätze sind sicher nicht falsch und zumal für Schülerinnen und Schüler der 5./6. Klasse gut nachvollziehbar. Dennoch dürfte der hier beschrittene Weg im Dickicht der Symboltheorien, erst recht aber für die religionspädagogische Konzeptionsentwicklung in die Irre führen. Denn die zugrunde gelegte Hierarchisierung impliziert leicht auch die Stufenfolge: eindeutiges Zeichen, mehrdeutiges Zeichen, Symbol, religiöses Symbol, christliches Symbol, “Zentralsymbol des christlichen Glaubens”. Mag dies religionsphänomenologisch bzw. theologisch hilfreich sein, so dürfte die Symboldidaktik so gerade an ihrer wichtigsten Aufgabe vorbeigehen. Denn geht es nicht vorrangig um die Vermittlung von Symbolen, sondern um Aneignung durch probeweises Umgehen mit Symbolen und um das Verstehen von Zeichenprozessen, dann legt ein hierarchisierender Zeichen und Symbolbegriff vor dem gemeinsamen Aneignungsprozess das Ergebnis fest. Die Gefahr einer Abbilddidaktik, welche mit zeitbedingten, jugendgemäßen Zeichenprozessen nicht wirklich ernsthaft rechnet, liegt zumindest nahe.

Der Rekurs auf die Archetypenlehre C.G. Jungs führt in der symboldidaktischen Konzeption von Hubertus Halbfas zu einer Vereinnahmung nicht nur der einzelnen Schülerinnen und Schüler, sondern auch zu einem zeit und weltumspannenden, gigantischen Integrationswahn (um nicht “Allmachtswahn” zu sagen):
“Es gibt nicht zweierlei Kategorien archetypischer Symbole. Darum ist die Symbolsprache der Mythen, Riten, Märchen, Sagen, Legenden – eine einheitliche Symbolsprache, die man erlernen mag, wo immer man will: sie macht kundig für die gesamte Menschheitsüberlieferung.”

Auch dieses Konzept beruht auf der Entgegensetzung (bzw. Hierarchisierung) von Symbol und Zeichen, denn: “Symbole fordern im Gegensatz zu Zeichen eine offene Kommunikation heraus.” Das Symbol nimmt den Menschen mit in die Tiefe (bzw. in die Höhe) und erschließt ihm als solches neue Erfahrungen:

“Indem der Mensch sich in die Bewegung des symbolischen Gefüges stellt, sich von der tendenziellen Ganzheitsrichtung des Symbols erfassen lässt, partizipiert er an dessen Sinnstiftungspotential.”

Mit der theologischen und religionspädagogischen Problematik der Konzeption von Halbfas will ich mich an dieser Stelle nicht weiter auseinandersetzen. Ich habe nur so ausführlich zitiert, um zu zeigen, dass das Problematische bei Halbfas ganz eng verknüpft ist mit dem Minimalkonsens der Religionspädagogik “Symbole ja – Zeichen nein”. Wenn Halbfas unmittelbar nach dem letzten Zitat die “Symbolische Offenheit gegen zeichenhafte Eindeutigkeit” setzt , dann scheinen mir Offenheit und Festlegung gerade vertauscht zu sein; denn die massive archetypische Ontologisierung führt bei Halbfas zu der Regel: je symbolischer, je archetypischer, desto “offener” und: je weniger tief und ganzheitlich, desto “geschlossener”. Auf solche Offenheit kann ich als Christ und denkender Mensch getrost verzichten.

Problematisch bei Halbfas erscheint mir jedoch nicht nur die Archetypik als solche zu sein, sondern die Tendenz zur Ontologisierung überhaupt, welche Symbole als religiöse Manifestationen postuliert und so dem Zeichen entgegensetzt. Diese Tendenz findet sich auch in den Büchern von Peter Biehl, obwohl dieser für das religiöse Lernen eine “kritische Symbolkunde” propagiert. Hand, Haus und Weg bzw. Brot, Wasser und Kreuz haben offensichtlich als solche, auch abgesehen von dem aneignenden Lernprozess, eine religiöse Potenz. Explizit weist Biehl zwar die Annahme ab, christliche Symbole seien “mit sakramentaler Kraft geladene Manifestationen des Heiligen”. Andererseits jedoch gilt für Biehl: “Christliche Symbole haben hinweisenden Charakter und repräsentieren, worauf sie verweisen.” Ja, noch mehr: Für das Symbol in Kunst und Religion bringt Biehl den Begriff der Realpräsenz ins Spiel (wenn auch in Anführungszeichen). Dort gehe es “nicht nur um ein bloß es Erinnerungszeichen [...], sondern um ‘Realpräsenz’. Es wird also nicht nur auf etwas verwiesen; sondern das, worauf verwiesen wird, wird zugleich verkörpert und verbürgt.”

An dieser Stelle allerdings müsste Biehl präzisieren, wodurch denn verwiesen wird. Dieses dreifache “wird” provoziert für mich die Fragen: Wer ist das Subjekt dieses hier passivisch ausgedrückten Vorgangs, wer oder was verkörpert, verbürgt, präsentiert real das, worauf es verweist? Ist es wirklich das Symbol als solches, nur weil es nicht Zeichen ist?

Für die realpräsentische Abendmahlstheologie in Auseinandersetzung mit der Transsubstantiationslehre wurde in der Konkordienformel das Prinzip formuliert: “Nihil [...] potest extra [...] usum [...]” – die Realpräsenz ist theologischrelational und nicht philosophischontologisch gemeint.

Ich möchte im folgenden die These entfalten: Für eine evangelische Symboldidaktik kommt es darauf an, dieses relationale Symbolverständnis gegen die im Symbolbegriff mitschwingenden Ontologisierungen zu betonen, wofür der Gegensatz von “Symbol” und “Zeichen” ein Symptom ist. Es gibt Symbole und Zeichen nur “in usu”, im Kommunikationsprozess zwischen Zeichen und Rezipient. Und ob ein Symbol ein Symbol “ist” oder “nur” ein Zeichen, dies lässt sich nicht abgesehen von Rezeptionsprozessen sagen. Bestimmte Menschen nehmen bestimmte Zeichen in bestimmten Situationen als religiöse Zeichen wahr, indem sie sie in einer spezifischen Weise rezipieren. Diese Prozesse untersucht die Semiotik: Zeichen funktionieren, indem ihre Signifikanten durch einen Code mit bestimmten Signifikanten verbunden werden, welche ihrerseits im Prozess der Semiose weiter ausgelegt werden. Ein konkretes Beispiel kann die Bezeichnung der Abendmahlselemente als Leib und Blut Christi durch den Code einer liturgischen Kommunikation sein. Auch für das realpräsentische “est” gilt theologisch wie semiotisch das “nihil extra usum”. Das bedeutet: Die Symboldidaktik müsste semiotisch gesichtet und nötigenfalls revidiert werden, um dem evangelischen Prinzip zu entsprechen und Reste von Ontologisierungen didaktisch zu verflüssigen.

Semiotisches und didaktisches Denken sind an mehreren Punkten vergleichbar: Beiden geht es um ein Denken im Zirkel statt in Deduktionen; beiden geht es darum, nicht nur verbale, sondern auch nonverbale, soziale und räumliche Texte wahrzunehmen und zu gestalten; beide denken Lerninhalte und Traditionen nicht unabhängig von Kommunikation, oder noch einmal: non extra usum.

Von daher scheint es eigentlich verwunderlich, dass es zwar gelegentliche Reflexionen im Überschneidungsbereich von Semiotik und Religionsdidaktik gibt , weiterhin eine zunehmende Rezeption der Semiotik in Homiletik und Liturgik , aber gerade keine nennenswerten Einflüsse der Semiotik auf die Symboldidaktik , welche so viel – via negativa – über Zeichen spricht und den Prozess von Verweisung und Repräsentation zu ihrem Hauptthema gemacht hat. Dabei dürfte erst eine semiotisch reflektierte Symboldidaktik den Anspruch Peter Biehls wahrhaft einlösen, kritische Symbolkunde zu sein. In diesem Zusammenhang müssten auch die Symboltheorien von Tillich und Ricœur, auf die sich Biehl vor allem bezieht, noch einmal kritisch befragt werden. Bevor ich dies andeute, möchte ich jedoch einige Impulse aus der Semiotik Umberto Ecos entfalten.


2. “Zeichen ja – Ontologie nein”: Die Semiotik Umberto Ecos als Gesprächspartnerin von Theologie und Religionspädagogik

An dieser Stelle kann ichselbstverständlich keine Einführung in die Semiotik Umberto Ecos geben. Ich nähere mich vielmehr den Arbeiten Ecos als Religionspädagoge und als interessierter semiotischer Laie mit dem spezifischen Interesse, den Symbolbegriff einerseits zu weiten und damit andererseits gleichzeitig in seiner kommunikativen Einbindung schärfer zu fassen.

Ecos Semiotik will alle kulturellen Phänomene als Kommunikationsprozesse untersuchen. Dabei soll die Frage, ob die ganze Kultur Kommunikation “ist”, bewusst in der Schwebe gehalten werden. Auf jeden Fall jedoch gilt: “Alle Aspekte einer Kultur können als Inhalte der Kommunikation untersucht werden.”

Ausführlich und mit großem Scharfsinn reformuliert Eco von diesem Axiom her die klassische Semiotik von C.S. Peirce, welcher Index, Ikon und arbiträres Zeichen unterschieden hatte. Arbiträre Zeichen beruhen auf Vereinbarungen, wie z.B. das Klingelzeichen am Schluss einer Schulstunde. Ein Index ist mit dem Objekt verbunden: Der Kreidestaub auf dem Fußboden indiziert intensive Tafelarbeit. Ein Ikon schließlich hat Merkmalsähnlichkeit mit dem Objekt, etwa der Grundriss einer typischen romanischen Kirche in Kreuzform, welchen die Religionslehrerin im Unterricht an die Tafel gezeichnet hat.

Eco entwirft die Semiotik neu, indem er sie radikal von den Gegebenheiten der Kommunikation und deren Vereinbarungen her, den Codes, entwirft. Alle Zeichen, so Eco, sind als konventionell zu untersuchen, weil sie “an einer codifizierten ‘Sprache’ teilhaben.” (199) Angewandt auf mein Beispiel: Den Kreidestaub auf dem Fußboden interpretiere ich als Zeichen von Tafelarbeit nur, wenn ich gelernt habe, eine konventionelle Beziehung zwischen diesem Zeichen und der intensiven Arbeit als Lehrerin herzustellen. Ebenso “besitzt” der Grundriss der romanischen Kirche an der Tafel nicht einige Eigenschaften des Originals, sondern ich verknüpfe die Kreuzform an der Tafel damit aufgrund einer Konvention, Kirchen so darzustellen, welche ich gelernt habe. Auch Farben, Fensterformen oder Turmschnitte wären als ikonische Zeichen denkbar, aufgrund christlicher Codes wird jedoch der kreuzförmige Grundriss als besonders signifikant konventionalisiert.

Damit behauptet Eco, dass alle Zeichen als konventionell interpretiert werden müssen (S. 199. 220 f.). Weil Konventionen auf Lernprozessen beruhen, zeigt sich an dieser Stelle die vergleichbare Tiefenstruktur von Didaktik und Semiotik: So genannte “Inhalte” werden nicht als solche isoliert gedacht, sondern im Zusammenhang von Aneignung und Kommunikation unter bestimmten Regeln. Mit dem Plädoyer für eine semiotische Revision der Symboldidaktik ist also nicht nur gemeint, anstelle von “Symbolen” von “Zeichen” zu sprechen; es geht vielmehr darum, die didaktische Potenz semiotischen Denkens für die Vermittlung von Symbolen ins Spiel zu bringen.

Aber bleiben wir noch einen Moment bei Eco selbst. Wie ungewohnt die semiotische Denkweise ist, muss an zwei entscheidenden Punkten präzisiert werden, an den Phänomenen von Bedeutung und Wahrheit. Beide liegen für Eco außerhalb des semiotischen Fragens. Für ihn ist die schädliche Auffassung von Bedeutung (im Sinne des Objektbezuges) “aus jeder semiotischen Untersuchung kurz und bündig zu eliminieren als ein Residuum, welches verhindert, das kulturelle Wesen der Signifikationsprozesse zu begreifen.” (S. 71)

Dem gleichen Verdikt unterliegt – und hier wird es für die Religionspädagogik noch brisanter – die Wahrheitsfrage. Vor einer allzu schnellen Abqualifizierung als “postmoderne Beliebigkeit” sei jedoch gerade gewarnt. Die Semiotik versteht sich als deskriptive Wissenschaft, und ihre Ergebnisse dürfen nicht normativ kurzgeschlossen werden. Die Semiotik verweist in dieser Einseitigkeit die Religionspädagogik jedoch gerade an ihre fundamentale Aufgabe, das Verhältnis von Deskriptivität und Normativität im Blick zu behalten.

Innersemiotisch, so Eco, ist die Wahrheitsfrage suspendiert.

“Die Semiotik interessiert sich für die Zeichen als gesellschaftliche Kräfte. Das Problem der Lüge (oder der Falschheit), das für die Logiker von Bedeutung ist, ist prä oder postsemiotisch.” (S. 73, im Original kursiv)

Keinesfalls wird die Frage nach Realität und Wahrheit von Aussagen für beliebig erklärt. Aber diese Frage gehört nicht in die Semiotik. Eco erläutert das mit einem eindrücklichen Beispiel. Wenn jemand die Botschaft erhält: “Dein Haus ist abgebrannt”, so denkt er wahrscheinlich an sein Haus, in dem er wohnt. Wenn er klug ist, versucht er dann sicher, schnellstens herauszufinden, ob die Aussage wahr ist, auch wenn er ein Professor der Semiotik ist. Aber als Semiotiker interessiert er sich trotzdem nur für die “Mitteilbarkeit und Verstehbarkeit der Botschaft” (S. 72).

Der Bezug zu religionspädagogischen Fragestellungen ist gerade in diesem letzten Satz evident. Es geht um die Mitteilbarkeit und Verstehbarkeit der Botschaft. Nur ist dabei zu bedenken, dass es um eine ganz bestimmte Botschaft geht, die zwar mitteilbar und verstehbar ist, aber allem Mitteilen und Verstehen vorausliegt und niemals im Mitteilen oder Verstehen aufgeht. Denn das Evangelium zielt nicht auf die unendliche Semiose, sondern auf die Durchsetzung der in der Geschichte Jesu Christi realisierten Gottesherrschaft. Die Formulierung einer semiotischen Theologie im dogmatischen Sinne wäre also nicht nur ein theologischer Selbstwiderspruch, sondern auch ein Missverständnis Ecoscher Semiotik. Für die Praktische Theologie und damit die Religionspädagogik geht es jedoch um die didaktische Formulierbarkeit und Mitteilbarkeit der evangelischen Wahrheit mit Hilfe von Zeichen. Nach Eco ist nicht zu fragen, was ein Symbol “ist”, sondern wie ein “symbolischer Modus” zu initiieren ist.

Meine plakative Überschrift dieses Abschnitts “Zeichen ja – Ontologie nein” möchte ich nun in drei vorläufigen Konsequenzen für den unterrichtlichen Umgang mit Symbolen zusammenfassen.

  1. Auch Symbole sind im Unterricht als konventionelle Zeichen ernst zu nehmen, die in bestimmten Kodierungen und Dekodierungen funktionieren,
  2. Die Aufgabe einer “kritischen Symbolkunde” besteht gerade darin, funktionierende Codes symbolischer Kommunikation zu erproben, zu erkennen und zu benennen.
  3. Die Fragen nach der Funktion und nach der Wahrheit von Symbolen sind zu unterscheiden. Damit hat der unterrichtliche Streit um das “est” des symbolischen Modus an die Stelle unausgewiesener Ontologisierungen zu treten.

Bevor ich von dem dritten Punkt ausgehend die Konsequenzen für den Unterricht konkretisiere, möchte ich diesen Abschnitt mit einer zusammenfassenden Bemerkung Ecos schließen. Im letzten Teil seines Buches über Zeichen spricht Eco über die relationale Natur des Zeichens und formuliert:

“In diesem Sinn existiert das Zeichen nie als beobachtbare und stabile körperliche Entität, denn es ist Produkt einer Reihe von Relationen.”

Genau dies muss für den unterrichtlichen Umgang auch mit Symbolen in Anschlag gebracht werden, damit nicht Entitäten gesetzt werden, sondern der Streit um das “est” auf verschiedenen Ebenen geführt werden kann unter Berücksichtigung der jeweiligen unterrichtlichen Relationen und Kommunikationsformen.


3. Symbole als Zeichen oder: Unterricht als Aufdecken von theologischen Codierungen

Mit dem angedeuteten semiotischen Impuls wird man einige andere Akzentsetzungen in den vorhandenen religionspädagogischen Entwürfen vornehmen müssen. Ohne einen unnötigen Gegensatz zwischen Semiotik und Hermeneutik konstruieren zu wollen , wird man doch sagen müssen: Auch die kritische Symboltheorie Peter Biehls steht im Banne der so genannten “Teilhabemetapher” , welche das Symbol als am Symbolisierten Anteil habend vorstellt. Die Teilhabemetapher ist ein wesentlicher Punkt in der Symboltheorie Biehles und geht auf die Theorien Paul Tillichs und Paul Ricoeurs zurück. Die Gefahr der Teilhabemetapher liegt darin, die Subjektgebundenheit der Zeichen zu ignorieren und stattdessen eine “Bedeutung” als Entität zu postulieren, die nur mit Hilfe hermeneutischer Bemühungen zu erschließen ist. Unterricht ist dann zwar nicht mehr Texthermeneutik (wie im hermeneutischen Religionsunterricht um 1960), aber Symbolhermeneutik. Eine semiotisch revidierte Symboldidaktik jedoch hätte nicht das Verstehen von Symbolen zum vorrangigen Ziel, sondern die Verständigung und Selbstverständigung von symbolisierenden Subjekten. Ihre Aufgabe wäre eine semiotisch gedachte Symbolisierungshermeneutik, keine ontologisch gedachte Symbolhermeneutik. Ihr wäre nicht am Staunen über den verborgenen Reichtum der Symbole und ihrer Bedeutungen gelegen, sondern am Staunen über den Reichtum an Codierungen und Konnotationen in der Kommunikation. Im Unterricht müssten verschiedene symbolische Codierungen von Zeichen durch Subjekte, Gruppen und Institutionen aufgedeckt und ins Gespräch gebracht werden, um erst danach in einem konfessorischen theologischen Diskurs bewertet zu werden. Die semiotische Frage nach der Kommunikation und die außersemiotische Frage nach der Wahrheit müssten (der Semiotik Ecos entsprechend) klar unterschieden und nicht in einer Hermeneutik der Teilhabemetapher miteinander vermischt werden. So könnten die semiotische und die theologische Sicht von Symbolen als Deutungsmuster gut nebeneinander stehen. Die semiotische Sicht der Symbole als konventionelle kulturelle Zeichen nimmt den Symbolen so wenig ihre Würde wie die historischkritische Exegese der Heiligen Schrift.

Diese Unterscheidung lässt nun allerdings gerade in Peter Biehles zweitem Band “Symbole geben zu lernen” zu wünschen übrig. Hier wird der lutherische Begriff der “Realpräsenz” in symbolhermeneutischer Funktion in die Didaktik überführt. In einer erneuten Gegenüberstellung von “Symbol zum bloßen Zeichen” bringt Biehl das Kennzeichen der “Repräsentation” als das entscheidende Kriterium für die theologische Sachgemäßheit des Symbolgebrauchs ins Spiel. Solange vom theologischen Zusammenhang und vom theologischen Gebrauch die Rede ist, kann dem zweifellos zugestimmt werden. Hier ist nochmals an das Prinzip “nihil extra usum” zu erinnern. Im didaktischen Teil seines Buches klingt dies allerdings wieder so, als seien die Symbole nicht kommunizierte Zeichen, sondern als solche religiös aufgeladene Entitäten:

“Der symboldidaktische Ansatz erfordert nicht, dass die TeilnehmerInnen Religion in die Lernprozesse mitbringen; sie wird vielmehr dort anhand  der Vorgabe religiöser Symbole erschlossen. Die Symbole geben nämlich einen Erfahrungsraum vor, der dazu einlädt, ihn [...] auszugestalten [...]. Authentische religiöse Symbole gewähren eine Bleibe, halten den Erfahrungsraum aber zugleich offen für das Kommen Gottes. Es sind vor allem kreative Verfahren, die den vorgegebenen Sinn der Symbole [...] zu entbinden helfen [...].”

Symbole sind also doch keine normalen Zeichen, sondern Repräsentationen religiöser Wahrheiten. Die Metapher der “Entbindung” vorgegebenen Sinnes dürfte nicht nur Zufall sein, sondern in dem Konzept einer letztlich doch ontologischidealistischen Symbolhermeneutik begründet sein. Dafür spricht, dass die Symbole in dem Zitat den Charakter von Subjekten annehmen: Sie geben Raum vor, sie laden ein, sie gewähren eine Bleibe und ermöglichen sogar das Kommen Gottes, indem sie den Erfahrungsraum dafür offen lassen.

Ich wiederhole: Der Fehler bei Biehl liegt darin, dass die liturgischsakramentale Realpräsenz auf das Symbol “extra usum” übertragen und unbesehen in die Didaktik überführt wird. In der Unterscheidung der Semiotik von Ch. W. Morris formuliert: die semantische Dimension der sakramentalen Zeichen wird aus den syntaktischen und pragmatischen Zusammenhängen isoliert und transferiert. Dabei muss das Zeichen sich jedoch radikal verändern, weil es immer nur in der syntaktischen, semantischen und pragmatischen Dimension zugleich funktioniert. Biehl beruft sich auf die Unterscheidung Luthers zwischen theologischem und philosophischem Zeichengebrauch:

“Signum philosophicum est nota absentis rei, signum theologicum est nota praesentis rei” – “Das philosophische Zeichen ist Merkmal einer abwesenden Sache, das theologische Zeichen ist Merkmal einer gegenwärtigen Sache.”

Das “est” dieses Satzes und der Abendmahlstheologie Luthers ist jedoch eine theologische Deutekategorie und keine symbolhermeneutische Gegebenheit an sich. Zu Unrecht parallelisiert Biehl die theologische Realpräsenz mit der sprachphilosophischen Teilhabemetapher bei Ricœur und formuliert: “Im Symbol ist der erste Sinn mit dem zweiten durch ein nichtwillkürliches Band verbunden.” Wenn die Semiotik gegenüber Ricœur darauf beharrt, dass alle Semiosen als Prozesse zwischen kommunizierenden Subjekten beschreibbar sein müssen (oder noch deutlicher gesagt: wenn es für die Semiotik kein “nichtwillkürliches Band” geben kann), dann dürfte der Theologie damit mehr gedient sein als mit einer ontologisierenden Stufenfolge Zeichen – doppelter Symbolsinn – Realpräsenz. Semiotik und Theologie könnten eine begrenzte “Koalitionsvereinbarung” treffen zwecks klarer Unterscheidungen und kontrollierter Übergänge anstelle der Annahme von verborgenenen ontologischen Bändern zwischen Sinn und TiefSinn, welche symbolhermeneutisch zu erspüren wären.

Werfen wir in diesem Zusammenhang einen Blick auf die bei Biehl dokumentierte Unterrichtseinheit für die 11. Klasse, welche mit “Elementare Zugänge zum Abendmahl mit Hilfe der Symbole ‘Brot’ und ‘Mahl’” überschrieben ist. Nach einer Annäherung über eine Brotmeditation, über ein so genanntes “ökologisches Mahl” als gemeinsames Essen, nach der Arbeit an biblischen Texten und Abendmahlsdarstellungen in der Malerei wurde im zweiten Teil der fünften Doppelstunde schließlich die Gegenwart Christi im Abendmahl thematisiert (S. 103105). Ist es nur Zufall, dass es aus Zeitgründen unterblieb, “den SchülerInnen mit Hilfe des Symbolbegriffs die zentrale Bedeutung der Realpräsenz verständlich zu machen” (S. 104)? Liegt die Schwierigkeit vielleicht nicht nur in der Zeit, sondern auch in der Sache, also im Symbolbegriff und in der zugrunde gelegten Symbolhermeneutik? Und sind die Schülerinnen und Schüler wirklich informiert, wenn in einer anderen Klasse im Tafelbild das Verständnis der Einsetzungsworte so beschrieben wird: “Katholisch – wörtlich, reformiert – zeichenhaft, lutherisch – symbolisch” (S. 104)? Legte Luther nicht gerade Wert auf das wörtliche Verständnis? Ist die katholische Transsubstantiation nicht auch “symbolisch” im Sinne der Teilhabemetapher? Und sind nicht alle drei Verständnisse zeichenhaft, indem sie sinnlich wahrnehmbare Zeichen mit einer transzendentalmetaphysischen Glaubensrealität ineinssetzen? Ich bezweifle, ob man wirklich mit dem Symbolbegriff Jugendlichen das Verständnis der Sakramente erschließen kann. Dies zeigt schon die Äußerung einer Schülerin im Unterricht, die das Wort “symbolisch” als eine Abschwächung und Reduktion von “wörtlich” auffasst und damit einem offensichtlich unausrottbaren allgemeinen Sprachgebrauch von “symbolisch” folgt, welchen bereits Tillich zu überwinden suchte. Gegen die provozierende Abendmahlsdarstellung von Harald Duwe interpretiert die Schülerin die Einsetzungsworte so:

“Ja, aber das ist doch symbolisch gemeint – ich habe das Gefühl, die nehmen das wörtlich. Das ist ja Kannibalismus!” (S. 103)

Wenn wie hier “symbolisch” durch den Gegensatz zu “realistisch” konnotiert ist, dürfte gerade der Symbolbegriff kaum dazu helfen, die Realpräsenz zu verstehen!

Versuchen wir demgegenüber positiv einige alternative Schritte anzudenken, welche sich aus der bisherigen semiotischen Kritik ergeben, aber keine Semiotik als solche im Unterricht beinhalten. Zunächst und vor allem müsste herausgearbeitet werden, dass die Abendmahlsverständnisse nicht von der Brot und WeinSymbolik als solcher abzuleiten sind, sondern von Kommunikationsgemeinschaften, welche Brot und Wein in unterschiedlicher Weise transzendental interpretieren. Dabei müsste herausgearbeitet werden, wie verschiedene Gruppen verschiedene transzendente Realitäten als präsent denotieren mit Hilfe eines bestimmten theologischen Codes. Die Etikettierungen “wörtlich – zeichenhaft – symbolisch” verdunkeln den Sachverhalt eher als dass sie ihn erklären. Die Frage müsste eher sein: Was wird von wem in welchem Zusammenhang mit den sakramentalen Signifikanten signifiziert? Und vor allem: Mit welchen unterschiedlichen GebrauchsSituationen hängt das zusammen? Wie verhalten sich nichttheologische und theologische Signifikationen zueinander?

So ließe sich z.B. herausarbeiten: Brot, Käse, Obst und Saft während eines ökologischen Mahls in einer Schulstunde , nicht theologisch als willkommene Unterbrechung des Schulvormittags, theologisch als Gabe des Schöpfers mit Impuls zur Verantwortungsübernahme signifizierbar. Brot und Wein bei einer Rast auf einer Hüttenwanderung einer Jugendgruppe: nicht theologisch als Erfrischung und Zeichen von Erwachsensein, theologisch als Zeichen von Gemeinschaft mit Erinnerung an gelungene Abendmahlsfeiern signifizierbar. Brot und Wein beim Erstabendmahl während der Konfirmation: nicht theologisch mit Angst vor offizieller Feierlichkeit, theologisch mit der Gegenwart Jesu im Gottesdienst signifizierbar.

Ist so der Vorgang der Signifikation und der IneinsSetzung erarbeitet, lässt sich auch der eigentliche Unterschied zwischen katholischontologischer und protestantischrelationaler Signifizierung der Elemente erarbeiten am Prinzip “in usu” contra das Prinzip ordnungsgemäß vollzogener priesterlicher Wandlung (etwa bei einem Gespräch über das Fronleichnamsfest ). Dann könnten die historischen und die gegenwärtigen konfessionellen Profile auf theologische GesamtCodes rückbezogen werden, als theologische Deutungen von Lebenssituationen.

Schließlich könnte vielleicht sogar der Begriff der “Transsignifikation” aus der katholischen Abendmahlstheologie der letzten Jahrzehnte als Weiterführung oder als Oberbegriff angeboten werden und verdeutlichen: Alle Abendmahlstheologien sind bestimmte Signifizierungen mit Interessen, Aussagemöglichkeiten und Grenzen. Kurz: Der Begriff der Signifikation bzw. Transsignifikation stellt die Theologie und Konfession in Frage und setzt damit konfessorisches Reden und Streiten im Unterricht gerade ins Recht. Im Religionsunterricht führt die Alternative “wörtlich oder symbolisch” wohl nicht weit. Diese sollte vielmehr durch einen verstehendkritischen Umgang mit eigenen und fremden theologischen Zeichen und Codes eingeholt werden. Es muss kein “symbolisches Est” postuliert werden, es kann vielmehr der Streit um die verschiedenen Signifikationen des “Est” initiiert werden.


4. Zusammenfassung: Aufgaben für die Weiterentwicklung der Symboldidaktik aus semiotischer Sicht

Ich möchte nun noch über das Beispiel Abendmahl hinaus Aufgaben für die Weiterentwicklung der Symboldidaktik benennen. Es dürfte klar geworden sein, dass ich nicht den symboldidaktischen Ansatz als solchen verwerfen möchte. Es geht mir auch nicht um ein terminologisches Problem, wenngleich ich dafür plädiere, künftig besser von einer Didaktik religiöser und christlicher Zeichenprozesse zu sprechen.

dass bestimmte Symbole für religiöse Kommunikation entscheidend wichtig sind, ist unbestritten. Allerdings dürfen neben den stark kirchlich konnotierten Symbolen diejenigen aus der Lebenswelt der Jugendlichen nicht zu kurz kommen. Warum z.B. spielt das so schrecklich real präsente Symbol des Hakenkreuzes in Biehles zweitem Band so gut wie keine Rolle? Vor allem aber sollten nicht Symbole als Entitäten gelehrt, sondern Symbolisierungsprozesse verständlich gemacht werden. Nur so kann theologisch wirklich die Geschichtlichkeit der Heiligen Schrift auch beim Sprechen über Symbole berücksichtigt werden. Didaktischem Denken entspricht das Prinzip “die Kommunikation gibt zu denken” wohl eher als das Prinzip “das Symbol gibt zu denken”. Das heißt: Auch historische und gegenwärtige Symbole müssten als Phänomene von Kommunikation, Konvention und Code thematisiert werden. Sie gehen theologisch gesehen darin gewiss nicht auf. Aber gerade die theologische Sichtweise ist semiotisch betrachtet auch eine Folge von Codierung, eine ganz spezifische Signifizierung, welche einen radikalen Bezugsrahmenwechsel (semiotisch: einen Referentenwechsel) vollzieht. Diese radikale Sicht wird Schülerinnen und Schülern wohl nur dann ohne Ideologieverdacht einsehbar sein, wenn sie sich gerade einer allgemeinsäkularen kommunikationstheoretischen Sicht stellt, wie sie die Semiotik formuliert.

Ja, erst dies öffnet wieder die Augen für die radikale Semiotik dessen, der nicht der Tiefgründigkeit der Symbole nachsann, sondern Buße und Umkehr als richtige Zeichenlektüre der Jonageschichte angesichts der nahenden Gottesherrschaft einforderte (Mt 12, 3841).
 


Anmerkungen

  1. Am ausführlichsten vgl. die (katholische) Mainzer Dissertation von Anton Bucher: Symbol – Symbolbildung – Symbolerziehung. Philosophische und entwicklungspsychologische Grundlagen, St. Ottilien 1990. Das Buch bringt es auf stattliche 505 klein bedruckte Seiten, hinzukommen 70 Seiten Literatur und Register.
  2. So die späte Unterscheidung bei Paul Tillich: Recht und Bedeutung religiöser Symbole, in: ders., Ges. Werke Bd. V, Stuttgart 1964, S. 237244 [1961]. Dazu s.u.
  3. So unterscheidet Susanne Langer, Philosophie auf neuen Wegen. Das Symbol im Denken, im Ritus und in der Kunst, Frankfurt/M. 1965 [amerik. 1942]. Zu S. Langer s. A. Bucher (s.o. Anm. 1), S. 108131.
  4. So der Titel der beiden Bände von Peter Biehl: Symbole gebe zu lernen. Einführung in die Symboldidaktik anhand der Symbole Hand, Haus und Weg, NeukirchenVluyn 1989 und ders.: Symbole geben zu lernen II. Zum Beispiel: Brot, Wasser und Kreuz. Beiträge zur Symbol und Sakramentendidaktik, NeukirchenVluyn 1993. Wie ebenfalls A. Bucher (s.o. Anm. 1), S. 69 gezeigt hat, taucht die Sentenz “Symbole geben zu denken” nicht erst bei Paul Ricœur auf: Schon für Friedrich Creuzer (17711858) “gibt das Symbol zu denken” (F. Creuzer, Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen, Leipzig/Darmstadt 1810, S. 68, zitiert nach Bucher).
  5. Das neue Kursbuch Religion 5/6. Arbeitsbuch für den Religionsunterricht im 5./6. Schuljahr, Stuttgart/Frankfurt 1984, S. 130. 132. Das dazu gehörende Lehrerhandbuch, Stuttgart/Frankfurt 21993 [1989] rekurriert explizit und ausführlich auf die Symboltheorie Tillichs (S. 203 f.). Aufgrund des Titels vielleicht tut sich das Buch LebensZeichen, Band 1: Arbeitsbuch für das 5. und 6. Schuljahr, Göttingen 1988 mit der Entgegensetzung von Symbol und Zeichen schwerer. Das Kapitel heißt dort: “Zeichensprache des Glaubens – Wie Christen ihr Bekenntnis ‘zeigen’” (S. 162174). Aber auch hier ist die Nähe zu den Symboltheorien von Ricœur und Tillich erkennbar, wenn es heißt: “Symbole sind sozusagen Sinnbilder – Zeichen, Bilder, Worte –, die über das hinaus, was man im ersten Moment sieht oder hört, noch einen viel weiterreichenden Sinn haben.” (S. 163, Hervorhebung dort.)
  6. So bezeichnet P. Biehl, Bd. II (s.o. Anm. 4), S. 13 das Kreuz.
  7. Die Gegenüberstellung einer “Hermeneutik der Vermittlung” und einer “Hermeneutik der Aneignung” hat entfaltet: Wilhelm Gräb, Religion und Erwachsenwerden – die Aufgaben von Religionsunterricht und Jugendarbeit, in: Gemeinde und Schule 5, hrsg. vom Religionspädagogischen Institut Loccum, 1994, S. 719; vorher bereits Klaus Goßmann/Norbert Mette, Lebensweltliche Erfahrung und religiöse Deutung. Ein religionspädagogischhermeneutischer Zugang, in: Religion in der Lebensgeschichte. Interpretative Zugänge am Beispiel der Margret E., hrsg. vom ComeniusInstitut Münster, Gütersloh 1993, S. 163175, bes. S. 163. Die Entgegensetzung von Aneignung ohne Vermittlung ist so unmöglich wie Vermittlung ohne Aneignung oberflächlich und sinnlos.
  8. Hubertus Halbfas, Auf dem Wege zu einer Symboldidaktik, in: ders., Das dritte Auge. Religionsdidaktische Anstöße, Düsseldorf 51992 [1982], S. 84141, Zitat S. 132.
  9. Ebd., S. 116.
  10. Ebd., S. 122.
  11. Ebd., S. 123.
  12. Der Einwand der Geschichtslosigkeit wird so immer wieder erhoben, indem die “Innenwelt nicht zu vorschnell als Partizipation an einer im Grunde geschichtslosen und überweltlichen Tradition interpretiert werden darf.” (Joachim Scharfenberg: Symboldidaktik zwischen Tradition und Situation, in: JRP 1/1984 (1985), S. 211215, Zitat S. 213.)
  13. P. Biehl, Bd. II (s.o. Anm. 4), S. 12.
  14. P. Biehl, Bd. I (s.o. Anm. 4), S. 54, im Original kursiv.
  15. Ebd., im Original kursiv.
  16.   Ebd., S. 47, Hervorhebungen im Original. Bezüglich des Abendmahls kommt Biehl in Bd. II, S. 26 auf den “realpräsentischen Symbolbegriff” zurück.
  17. Vollständig lautet das Zitat: “Nihil enim rationem sacramenti habere potest extra mandatum Dei et usum a Christo institutum ut supra monuimus.” (FC, SD VII, BSLK S. 1010.)
  18. Dazu s. Dirk Röller, Definitionsversuche zu einer “Semiotischen Didaktik des Religionsunterrichts” in der gymnasialen Oberstufe im Sekundarbereich II, in: Linguistica Biblica 49/1981, S. 2736: “Zeichen realisieren die Beziehungen der Kommunikatoren untereinander und zu den vorgegebenen Sinnentwürfen.” (S. 29)
  19. Vgl. Wilfried Engemann, Semiotische Homiletik. Prämissen – Analysen – Konsequenzen, Tübingen/Basel 1993.
  20. Rainer Volp, Liturgik. Die Kunst, Gott zu feiern, 2 Bde., Gütersloh 1992/1994. Vgl. dazu M. MeyerBlanck, Zwischen Zeichen und Historie. Zu Rainer Volps Liturgik und den zukünftigen Aufgaben der Liturgiewissenschaft, unveröff. Ms. (1994).
  21. P. Biehl erwähnte zwar schon in seinem ersten Band (s.o. Anm. 4) die Semiotik und erklärte die Entgegensetzung von Symbol und Zeichen für “so uneingeschränkt nicht mehr möglich” (S. 50, Anm. 138), verfolgte diesen Ansatz im zweiten Band aber gerade nicht weiter, sondern blieb bei den Konzepten von P. Tillich und P. Ricœur. So sind auch quasi “semiotische” Sätze funktionslos, weil sie nicht vom Kommunikationsprozeß her semiotisch gedacht sind (Bd. II, S. 19: “Wir verstehen die Symbole nicht mehr (wie Tillich) im Gegensatz zu den Zeichen schlechthin, sondern nur zu einer bestimmten Zeichensorte, den arbiträren Zeichen (bzw. Signalen). Das Symbol selbst ist ein Zeichen, aber ein Zeichen mit einem mehrfachen Sinn.”). Das “ist” indiziert die nicht semiotische Denkweise.
  22. Umberto Eco, Einführung in die Semiotik, München 61988 [1972], S. 38.
  23. Ebd., S. 33, im Original kursiv. Seitennachweise im folgenden in Klammern im laufenden Text.
  24. Wobei Peirce nun gerade die arbiträren Zeichen mit dem Terminus “Symbol” belegte, was für die religionspädagogische Symboldiskussion einigermaßen kurios ist (s.o. Anm. 21!).
  25. Generell darf die Ecosche Kritik an Ontologisierungen nicht ihrerseits ontologisiert werden. So stellte schon Nietzsches Metaphysikkritik mit Hilfe der Kategorie “Leben” ihrerseits eine massive Metaphysik dar (dazu: M. MeyerBlanck, Leben, Leib und Liturgie. Die Praktische Theologie Wilhelm Stählins, Berlin/New York 1994, S. 102105). Die Gleichsetzung von Ecos Semiotik mit einem (zudem popularisierten) Verständnis “postmoderner Beliebigkeit” wäre gerade ein solches ontologisierendes Mißverständnis.
  26. U. Eco, Semiotik und Philosophie der Sprache, München 1985, S. 212230.
  27. Umberto Eco, Zeichen. Einführung in einen Begriff und seine Geschichte, Frankfurt/M. 1977 [1973], S. 169.
  28. Diesen Gegensatz hat Umberto Eco aufgestellt und sich prononciert von einem Sprachverständnis abgesetzt, wie es sich etwa bei Baudelaire oder Heidegger findet: “Sprache ist die Stimme des Seins, Wahrheit nur das Sichenthüllen des Seins mittels der Sprache. [...] In der Hermeneutik konstruiert man keine Theorie der Zeichenkonventionen: Man lauscht, im Geist der Treue, einer Stimme, die von jenem Ort her spricht, an dem es keine Konvention gibt, denn diese Stimme ist die des ersten Menschen.” (U. Eco, Zeichen (s.o. Anm. 27), S. 114 f.) Trotz Ecos Überzeichnungen wird man urteilen müssen, daß die Symboldidaktiken von Halbfas und Biehl dieser Art von Hermeneutik erheblich näher stehen als der Semiotik Ecos. So hat schon 1989 Dirk Röller kritisiert, daß die Symboldidaktik den weiten Symbolbegriff Ernst Cassirers “nicht semiotisch weiterführt, sondern von einem Gegensatz zwischen der Auffassung E. Cassirers und derjenigen P. Ricœurs ausgeht. Dadurch überwindet sie die hermeneutischen Fragestellungen nicht semiotisch, sondern verengt sie wieder [...].” (Dirk Röller, Kreatives Lernen ... als Zeichenprozeß? In: P. Schmitter/H.W. Schmitz (Hrsg.), Innovationen in Zeichentheorien, Münster 1989, S. 283295, Zitat S. 292, Anm. 11.) – Für eine Vermittlung zwischen Semiotik und Hermeneutik und damit für eine “semiotische Hermeneutik” plädiert Wilfried Engemann, Vom Nutzen eines semiotischen Ritardando im Konzert hermeneutischer Plädoyers. Zur Bedeutung der Semiotik für eine Praktischtheologische Hermeneutik, in: Praktischtheologische Hermeneutik. Ansätze – Anregungen – Aufgaben, hrsg. von D. Zilleßen, S. Alkier, R. Koerrenz und H. Schroeter, RheinbachMerzbach 1991, S. 161179.
  29. So formuliert kritisch Rudolf Roosen, Taufe lebendig. Taufsymbolik neu verstehen, Hannover 1990, S. 111 f. Roosen stellt seine semiotische Symboltheorie derjenigen in der Tradition Tillichs gegenüber, welche er mit anderen als “phänomenologische” Symboltheorien zusammenfaßt und kritisiert: “Besonders unter Theologen scheint [...] die Neigung verbreitet zu sein, das Zeichen deutende Individuum außer acht zu lassen und die Bedeutung religiöser Zeichen festzuschreiben.” (S. 111) Wie A. Bucher, a.a.O., S. 5461 (s.o. Anm. 1) gezeigt hat, läßt sich das von Roosen mit dem Terminus “Teilhabemetapher” belegte Symbolverständnis schon bei J.W. Goethe finden, indem bei ihm “das sinnliche Symbol geistige Gehalte unmittelbar aufschließt und vergegenwärtigt.” – Wenn auch nur in einer Nebenbemerkung hat jüngst auch Dietrich Zilleßen für eine Symboldidaktik “mit einem weiten, semiotischen Symbolverständnis” plädiert (Dietrich Zilleßen, Abschied von der Symboldidaktik? Was die Symboldidaktik zu lernen gegeben hat, in: EvErz 46/1994, S. 3139, Zitat S. 39).
  30. P. Biehl, Bd. II (s.o. Anm. 4), S. 56.
  31. Ebd., S. 30. Biehl ersetzt den Tillichschen Begriff der “Partizipation” durch den der “Repräsentation”, um (mit D. Rohloff) auch die Differenz von Repräsentierenden und Repräsentiertem sowie eine Verbindung zur “Realpräsenz” anklingen zu lassen.
  32. Ebd., S. 225 f.
  33. Charles William Morris, Grundlagen der Zeichentheorie, Frankfurt/M. 1988 [1938], S. 3268. Zu den behavioristischen Grundlagen der Semiotik von Morris vgl. Roland Posner, Charles Morris und die verhaltenstheoretische Grundlegung der Semiotik, in: Die Welt als Zeichen. Klassiker der modernen Semiotik, hrsg. von Martin Krampen u.a., Berlin 1981, S. 5197.
  34. Die Berücksichtigung eben dieses Zusammenhangs für die Liturgik hat in einem wegweisenden Aufsatz formuliert: KarlHeinrich Bieritz, Struktur. Überlegungen zu den Implikationen eines Begriffs im Blick auf künftige Funktionen liturgischer Bücher, in: JLH 23/1979, S. 3252, bes. S. 49 f. Wird in der bisherigen Liturgik am ehesten die syntaktische Dimension (“Struktur”) überbewertet, so in der Symboldidaktik offensichtlich die semantische Dimension. Der Pragmatik müßte die Didaktik eigentlich als einer ihr ureigenen Dimension am ehesten Priorität einräumen!
  35. P. Biehl, Bd. II (s.o. Anm. 4), S. 24: Zitat aus WA Tr 4, 666 (Hervorhebungen bei Biehl).
  36. P. Biehl, ebd., S. 37, Anm. 82 unter Berufung auf Ricœur (Hervorhebung von Biehl). Bei Ricœur stehen noch folgende Sätze: “In dieser Verbindung von Sinn zu Sinn liegt, was ich das Volle der Sprache genannt habe. Diese Fülle besteht darin, daß der zweite Sinn gewissermaßen dem ersten Sinne innewohnt. In seinem Traité d'histoire générale des religions zeigt Mircea Eliade sehr gut, daß die Kraft der kosmischen Symbolik in dem nichtwillkürlichen Band zwischen dem sichtbaren Himmel und der Ordnung liegt, die er offenbart [...]. Das Symbol ist gebunden, und zwar in doppeltem Sinne: gebunden an und gebunden durch. [...] Und eben dies bringt es in Gegensatz zum technischen Zeichen, das nichts weiter bezeichnet, als was in ihm gesetzt ist [...]. Einzig das Symbol gibt, was es sagt. [...] Die Ähnlichkeit, in der die Kraft des Symbols liegt [...], ist eine existentielle Angleichung meines Seins an das Sein, gemäß der Bewegung der Analogie.” (Paul RicŒur, Die Interpretation. Ein Versuch über Freud, Frankfurt/M. 41993 [1965], S. 44 f., Hervorhebungen dort.) Wenn Ricœur den Abschnitt mit dem “alte[n] Thema der Teilhabe” zusammenfaßt, dann ist der religionsphänomenologische Hintergrund seiner Kategorien transparent, welcher (mindestens für reformatorisch geschultes Denken) nicht einfach theologisch adaptierbar ist. Theologische Hermeneutik bräuchte im Rahmen allgemeinreligiöser Hermeneutik mindestens ein “semiotisches Ritardando” (so W. Engemann, s.o. Anm. 28).
  37. P. Biehl, Bd. II (s.o. Anm. 4), S. 93108, Seitennachweise im folgenden im laufenden Text.
  38. Vgl. z.B. M. Luther, Großer Katechismus (BSLK, S. 710): “Aus dem Wort kannst Du Dein Gewissen stärken und sprechen: wenn hunderttausend Teufel sampt allen Schwärmern herfahren: ‘Wie kann Brot und Wein Christus' Leib und Blut sein?’ etc., so weiß ich, daß alle Geister und Gelehrten auf einen Haufen nicht so klug sind als die göttliche Majestät im kleinsten Fingerlein.”
  39. Vgl. dazu schon Otto Weber, Grundlagen der Dogmatik, Bd. II, NeukirchenVluyn 51977 [1962], S. 691 f. zum “est” im biblischen Zeugnis, welches vom Willen Gottes, nicht von Substanz oder Qualität her zu verstehen sei: “Signifikationen bestehen hier sicher in dem Sinne nicht, daß sich irgendetwas sinnbildlich darstellte. [...] Oder wieso ‘ist’ die Ekklesia der Leib Christi? Sicher nicht nur symbolisch, und sicher nicht im Sinn einer handgreiflichen Identifikation. Das ‘ist’ (z.B. Eph. 1, 23) meint nicht Gleichheit, aber auch nicht gleichnisweise Ähnlichkeit, sondern reale, aber nicht handgreifliche Ineinssetzung.” (Hervorhebungen im Original)
  40. P. Biehl, Bd. II (s.o. Anm. 4), S. 96
  41. Vgl. dazu Erwin Iserloh, Art. “Abendmahl” III/2, in: TRE 1 [1977], S. 89106, bes. S. 97 f. Die westliche Fixierung auf die Einsetzungsworte und den Wandlungsmoment könnte durch die Symboldidaktik übrigens gerade perpetuiert werden, während die Liturgiewissenschaft gerade das altkirchliche Verständnis wiederzugewinnen sucht. Vgl. dazu HansChristoph SchmidtLauber, Die Zukunft des Gottesdienstes. Von der Notwendigkeit lebendiger Liturgie, Stuttgart 1990, S. 6695; Eucharistie als Anamnese und Epiklese).
  42. Die Umschreibung der Transsubstantiation als “Transsignifikation” und als “Transfinalisation” kam in der katholischen Dogmatik seit 1959 auf und wurde seitdem kontrovers diskutiert. Der ontologische Begriff der Substanz wird dort durch die Interpretamente “nova significatio” bzw. “nova finis” im Sinne eines anderen Verständnisses von “Realität” neu interpretiert. Vgl. dazu Ulrich Kühn, Art. “Abendmahl” IV, in: TRE 1 [1977], bes. S. 172 ff., ferner Wolfhart Pannenberg, Systematische Theologie, Bd. III, Göttingen 1993, S. 332335 und Notker Slenczka, Realpräsenz und Ontologie. Untersuchung der ontologischen Grundlagen der Transsignifikationslehre, Göttingen 1993.
  43. Vgl. dazu die vorsichtige Kritik an Biehles Bd. II in der Rezension von Rainer Lachmann, in: PTh 83/1994, S. 305: die Realität der Schülerinnen und Schüler sei gegenüber der Theologie bei Biehl schwach repräsentiert. – Ein interessantes Beispiel einer völlig unterschiedlichen Signifikation des Hakenkreuzes durch Jugendliche und Erwachsene gibt Bodo Morshäuser: Neulich, als das Hakenkreuz keine Bedeutung hatte. Der Achtzigerjahrespaß und der Ernst der Neunziger, in: Kursbuch 111 (1993): Deutsche Jugend, S. 4153. – Positiv an den beiden Bänden Biehles ist im übrigen vor allem die Arbeit mit dem Körpersymbol “Hand”, welche gerade für Jugendliche angesichts der Suche nach dem Verständnis der eigenen Leiblichkeit wichtig werden könnte (P. Biehl, Bd. I, s.o. Anm. 4, S. 127153).
  44. Dazu s. Henning Schröer, Zwischen Wort und Zeichen. Biblische Kriterien einer Symboldidaktik des Evangeliums, in: EvErz 46/1994, S. 915: “Der prophetische Umgang [...] darf nicht unterschlagen werden. Damit öffnet sich der Blick für die reiche Skala biblischer Formen, verbale und nonverbale, die in einer Symboldidaktik zu berücksichtigen sind.” (S. 12)