„Es wirkt ein bisschen so, als könnten wir zaubern“, sagt Lena Sonnenburg und lacht dabei. „Die Kinder bekommen ganz große Augen, wenn wir biblische Geschichten auf diese Weise erzählen!“ Damit meint die RPI-Dozentin das Erzählen mit sogenannten Storybags; eine Idee, die aus der englischen Sonntagsschule stammt. Tatsächlich sehen diese Storybags auf den ersten Blick eher unscheinbar aus, doch zeigt jeder einzelne Stofftasche von ihnen durch Drehen und Wenden zehn bis zwölf verschiedene Bilder, die eine biblische Geschichte illustrieren können. Dazu Sonnenburg: „Wer mit Storybags erzählt, erzählt eine Geschichte nochmal neu und anders. Sie ist verlangsamt, man setzt eigene Akzente, die Kinder geraten ins Stauen – und selbst die, die die Geschichte schon kennen, hören nochmal ganz fasziniert zu.“
Gemeinsam mit ihrem Lernwerkstatt-Team hat sich Sonnenburg nun getroffen, um eigene Storybags zum Jonabuch und zur Schöpfungsgeschichte zu nähen. Alexandra Wilde von der Schule im Bockfeld, einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung in Hildesheim, hatte die Idee zu dem Jona-Storybag: „Das braucht richtig intensive Vorbereitung“, erzählt die Förderschullehrerin. „Ich habe sehr oft die Jonageschichte gelesen. Und dann habe ich mir ein richtiges Storyboard erstellt, damit ich genau weiß, welches Bild wohin muss, welche Stoffe ich dafür brauche und was ich eigentlich sagen will.“ Gerade bei Kindern mit dem Förderbedarf Geistige Entwicklung könne man Storybags auch verwenden, um erzählte Geschichten immer wieder in Erinnerung zu rufen. „Im Grunde erzähle ich jede Stunde neu die gleichen Geschichten mit den gleichen Bildern. Das prägt sich ein!“, sagt Wilde.
Spielerische Sprachförderung
Jutta Sydow, Lehrerin an der Oskar-Schindler-Gesamtschule in Hildesheim, beschreibt ihre Erfahrung mit Storybags im Religionsunterricht so: „Ich habe auch in der weiterführenden Schule gute Erfahrungen mit Storybags gemacht. In meiner 5. Klasse sind zwölf Kinder, davon vier mit verschiedenen Förderbedarfen und zwei ukrainische Jungen ohne Sprachkenntnisse. Sie alle haben die Storybag-Geschichte aus einer Mischung aus Begeisterung, ungläubigem Staunen und konzentrierter Erwartung verfolgt. Das schönste Kompliment war für mich, dass fast alle Schüler*innen den Storybag selbst ausprobieren und dabei erzählen wollten. Ganz ungeplant entstand ein Wettbewerb, wer es am besten konnte. Bis zum letzten Vortrag waren alle hoch motiviert. Zum Schluss sagte ein Schüler: ‚Das war eine echt coole Stunde. Diese Geschichte werde ich nie vergessen!‘“
Wer noch Anregungen für Storybags sucht, wird in der Lernwerkstatt des Religionspädagogischen Instituts Loccum fündig. Eine kleinschrittige Anleitung von der Vorbereitung bis zum Nähen eigener individueller Storybags liegt dort aus. Storybags eignen sich für alle Inhalte (nicht nur religionspädagogische), die man mit zehn bis zwölf Bildern darstellen kann. Wer Unterstützung dabei sucht, kann sich an die beiden Fachberaterinnen beim Regionalen Landesamt für Schule und Bildung Hannover wenden: alexandra.wilde@rlsb.de oder jutta.sydow@rlsb.de.
Text und Foto: Öffentlichkeitsarbeit des RPI Loccum