Für circa 80.000 Kinder beginnt nach den Sommerferien die Schule. Die Einschulung ist oft verbunden mit Vorfreude und Aufregung, aber manchmal auch begleitet von kindlichen Sorgen oder Ängsten. Wie Eltern ihre Kinder bei diesem Schritt unterstützen können, was wichtig ist zu beachten und was unbedingt vermieden werden sollte, verrät Lena Sonnenburg, Dozentin für den Bereich Grundschule am Religionspädagogischen Institut Loccum, im Interview.
Was kann ich in den Sommerferien tun, um mein Kind auf den Schulanfang vorzubereiten? Und was sollte ich vermeiden?
Sonnenburg: Inhaltlich ist im letzten Jahr in den Kitas ja schon viel passiert. Die Kinder haben sich bestimmt mit Reimwörtern beschäftigt oder Silbenklatschen gelernt. Was ein Kind kurz vor Schulanfang vor allem braucht, ist Selbstvertrauen. Jetzt geht es daher darum, mit ihnen Dinge zu unternehmen, die sie stark machen: Den Schulweg üben, so dass sie ihn ganz oder in Teilen alleine gehen können. Oder ihnen beizubringen, sich selbstständig an- und auszuziehen oder die Schuhe selbst zu binden. Was man auf jeden Fall vermeiden sollte, ist, Leistungsdruck aufzubauen, frei nach dem Motto: Und dann machst du Abitur…
Viele Kinder freuen sich auf die Schule. Was mache ich, wenn das bei meinem Kind anders ist? Wenn es vielleicht sogar Angst hat?
Sonnenburg: Dann ist es ganz wichtig zuzuhören, die Sorgen und Ängste ernst zu nehmen und nicht beiseitezuwischen. Vielleicht muss man auch erst herausfinden, was eigentlich die Ängste sind: Haben die Kinder Angst wegen des Leistungsdrucks oder weil sie befürchten, dass sie keine Freunde finden? Solchen Nöten kann man gut begegnen, indem man seinem Sohn oder seiner Tochter Selbstbewusstsein vermittelt. Das passiert, wenn man mit dem Kind gemeinsam etwas macht, das es schon gut kann und ihm so zu Selbstwirksamkeitserfahrungen verhilft. Vielleicht kann es alleine Brötchen holen gehen oder eine neue Fensterdeko basteln – die dann natürlich ausführlich gelobt werden will. Oft helfen die kleinen Dinge im Alltag, anhand derer die Kinder merken: Ich bin schon ziemlich groß und ich kann schon ziemlich viel.
Manche Kinder können schon vor der Einschulung etwas rechnen und schreiben. Ist mein Kind vom ersten Tag an abgehängt, wenn es das noch nicht kann?
Sonnenburg: Nein, absolut nicht. Die Lehrkräfte gucken ganz genau, welches Kind auf welchem Stand ist, und fördern es entsprechend. Und was viele Menschen außerhalb von Schule gar nicht wissen: Lesen und Schreiben lernen dauert bis zum Ende der 2. Klasse. Die Kinder haben also viel Zeit dafür. Viel wichtiger als das, was die Kinder vor dem Schuleintritt inhaltlich schon können, ist: ihr Interesse zu wecken und ihre Neugierde zu erhalten auf das, was kommt, und auf all das, was es Spannendes zu lernen gibt.
Die Fragen stellte Michaela Veit-Engelmann im Auftrag des RPI Loccum.
Lena Sonnenburg. Foto: Michaela Veit-Engelmann