Wie lässt es sich mit dem Tod und angesichts des Todes gut leben? Mit dieser Frage ist das Religionspädagogische Institut Loccum (RPI) in die Sommerferien gestartet. Und mit überraschenden Antworten.
Wenn alle zwischen Orgel und Auferstehungsfenster in Loccums Klosterkirche innehalten, vernehmen sie nichts anderes als das leise regelmäßige Ticken eines Backofens. Die Uhr läuft, die Zeit verrinnt, steuert auf einen Höhepunkt zu. Darauf, dass das Ticken mit einem Klingelton endet. Dann soll es vollbracht sein, neigt sich die beste Beerdigung der Welt ihrem Ende entgegen, ist der Tote angekommen und wird das Fest mit einem Schmaus beendet.
Es geht um Abschied, um Tod und um Trauerrituale in dieser Sommerwerkstatt, zu der das RPI zum Ferienbeginn eingeladen hat. Die Sommerwerkstatt hat eine lange Tradition, Religionslehrkräfte sind dazu eingeladen. Mit vier Tagen in Loccum starten sie in den Sommer. Viele der rund 30 Teilnehmerinnen sind Wiederholungstäterinnen, ebenso der eine Mann, der unbeirrt und in der Frauenrunde keineswegs einsam Jahr für Jahr dabei ist.
Ein Thema, dem sie sich auf vielfältige Weise kreativ annähern, wird in jedem Sommer ausgegeben. Ein bisschen Leichtigkeit und Loslassen sollen dabei sein, neue Impulse gesetzt werden, der Schulalltag vergessen. Aber weshalb dann solch ein schweres Thema wie Abschied und Tod?
„Weil wir seit unserer Geburt darauf zusteuern und weil der Tod zum Leben dazu gehört“, sagt RPI-Dozentin Simone Liedtke. Sie hat das Thema ausgewählt, die Tagung organisiert und mit der Künstlergruppe Quartett PLUS 1 Partner gefunden, die mit ihr den Tod als Fest begehen wollen, gipfelnd in der „besten Beerdigung der Welt“.
Das ist auch der Titel der Performance des Quartetts, mit dieser Beerdigung stimmen sie auf das Thema ein. Preisgekrönt ist ihre Arbeit, unter anderem mit dem „Junge Ohren Preis“.
Die vier Frauen nehmen ihre Gäste in Loccums Klosterkirche in Empfang. „Schreibt etwas auf einen Zettel, was ihr loslassen wollt“, fordern sie die Gruppe auf. Danach gibt es im Seitenschiff Geschenke: ein Tischtuch, eine Trauerschleife, Farbtuben, getrocknete Blumen. Und schon kann die Beerdigung beginnen, wird mit den Geschenken ein Tisch gedeckt, um den alle Platz finden, wird auch ein Kuchenteig angerührt, in eine Form gestrichen und dem Ticken des Backofens überlassen.
Was fehlt dann noch für die Beerdigung? Musik natürlich. Das Quartett greift zu Violine, Viola und Violoncello, die eben noch an der Wand lehnten, spielt Weisen rund um das tickende Haushaltsgerät, musiziert durch den Raum, zwischen den Gästen, fordert sie auf, sich zum Reigen zu schließen, stampfend um den Tisch zu tanzen. Dann wieder Schweigen, Lauschen, im Kreis auf dem Boden sitzen, Konzentration auf die Mitte.
Alles ist Ritual, alle Elemente sind auf die eine oder andere Art irgendwie bekannt von zahllosen besuchten Beerdigungen. Aber alles ist auch anders. Diese Beerdigung ist anders. Denn sie ist ein Fest der Freude.
Dann das „Ping“ des Backofens, auf dem Tischtuch klopfen die Zeremonienmeisterinnen einen köstlich duftenden Totenkopf-Kuchen aus seiner Form. Ein Stück davon für jeden Gast, dann ist das Fest beendet. Durchatmen rundum, Applaus, ausschließlich positive Erinnerungen an diese Beerdigung – und jeder hat ein Stück von sich zurückgelassen. Denn dieses Ding, diese Sache zum Loslassen, die jeder zu Beginn einem Zettel anvertraut hat, ist längst in kleine Fetzen zerrissen und liegt als buntes Konfetti auf dem Totenschmaus-Tisch.
Text und Bilder: Beate Ney-Janßen, Loccum (im Auftrag des RPI Loccum)