Angehende Religionslehrkräfte tanken Kraft beim ersten niedersachsenweiten „Treffpunkt Referendariat“ im RPI Loccum
„Das Tor ist offen, das Herz umso mehr!“ Mit diesem traditionellen Spruch begrüßt Angelika Wiesel die Eintretenden an der Kirchentür und eröffnet einen Kirchenpädagogischen Abend in der Loccumer Stiftskirche. Diese ist Teil des „Treffpunktes Vorbereitungsdienst“, zu dem angehende Lehrkräfte aus ganz Niedersachsen ins Religionspädagogische Institut Loccum (RPI) gekommen sind. Sie alle bereiten sich mit dem Vorbereitungsdienst, auch weiterhin Referendariat genannt, auf ihr Zweites Staatsexamen vor.
Für Pastorin Angelika Wiesel, die diesen Treffpunkt gemeinsam mit der RPI-Rektorin Silke Leonhard ins Leben gerufen hat, ist der Abend im Kirchenraum einer der persönlichen Höhepunkte der Veranstaltung: „Der christliche Glaube kann eine Kraftquelle sein, das wollen wir erfahrbar machen. Und wenn wir jetzt in der Kirche sind, wird ganz ohne Worte so viel angestoßen.“ Zu Beginn der Tagung hatten die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, die direkt vom Unterricht nach Loccum gefahren waren, die Gelegenheit, am Freitagnachmittag mit Schulseelsorger Arnim Hermsmeyer durch einen systemischen Blick auf die herausfordernde Lebensphase eigene Energien wiederzuentdecken. Abends konnten sie dann die Kirche als Lern-Ort kennenlernen.
Schweigend betreten die angehenden Religionslehrkräfte die Klosterkirche, jede und jeder mit einer brennenden Kerze in der Hand. Leise und andächtig erkunden sie den Kirchenraum, bis alle ihren persönlichen Lieblingsort gefunden haben. „Mich hat gleich dieses Fenster hier im Chorraum angezogen“, sagt eine Teilnehmerin. Sie steht davor und blickt auf das bunte Fensterglas, durch das ein letzter Rest abendlicher Helligkeit fällt. Andere sitzen in den Stuhlreihen oder sogar auf dem Boden oder stehen vor dem Altar. Später liegen alle auf Matten in der Vierung und betrachten die Kirchendecke. „Ein bisschen, als ob wir Yoga machen würden“, sagt jemand und schmunzelt.
Doch es bleibt nicht nur beim eigenen Erleben des Kirchenraums, sondern es geht immer auch darum, wie man als Religionslehrkraft Schüler*innen solche Erfahrungen vermitteln kann. „Wir verbinden mit diesem kirchenpädagogischen Abend eine zweifache Absicht“, erklärt Wiesel. „Die Teilnehmenden sollen die Kirche als geistlichen Kraftraum erleben und das auch pädagogisch reflektieren.“
Überhaupt hat der ganze Treffpunkt diese doppelte Zielrichtung: Die Initiatorinnen wollen die spirituellen Ressourcen der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst stärken und sie zugleich mit Blick auf die anstehenden Prüfungen und den eigenen Unterricht coachen.
„Wir füllen mit diesem Angebot eine Leerstelle in der bisherigen Ausbildung“, sagt RPI-Rektorin Silke Leonhard. „Der Vorbereitungsdienst dauert anderthalb Jahre. Das ist eine Lebensphase im Dazwischen, oft verbunden mit einem Gefühl der Heimatlosigkeit, immer mit dem Eindruck von hohem Leistungsdruck, manchmal Prüfungsstress. Da wollen wir zukünftig noch intensiver kirchlich begleiten und unterstützen. Und die jungen Lehrkräfte haben uns zurückgemeldet, dass sie sich das auch wünschen.“
Um auszuloten, welche Angebote genau jungen Religionslehrkräften guttun würden, hat die Landeskirche Hannovers Projektmittel bereitgestellt. Zwei Jahre hat Angelika Wiesel Zeit, um zu sondieren, ob und wie eine Begleitung im Vorbereitungsdienst machbar ist.
Marc Wischnowsky, in der Hannoverschen Landeskirche zuständig für Belange von Schule und Religionsunterricht, ergänzt: „Immer wieder wird an uns Kirchen der Wunsch herangetragen, Lehrkräfte in dieser herausfordernden Zeit des Vorbereitungsdienstes zu unterstützen. Wir möchten gerne passgenaue Angebote machen, die tatsächlich als Hilfe und Erleichterung empfunden werden und nicht zusätzliche Hürden aufbauen. Spirituelle und geistliche Angebote werden da gerne angenommen, schulseelsorgliche Formate, aber auch das Nachdenken über die eigene Religiosität in geschützten Räumen. Wir freuen uns, dass Angelika Wiesel mit dem RPI zusammen hier einfach mal ausprobieren kann, was ankommt.“
Am Ende des Treffpunkts waren sich alle Beteiligten einig: Dieser Treffpunkt tat gut – persönlich und für die eigene Ausbildung. Im Anschluss an die Veranstaltung nutzen fast alle angehenden Lehrkräfte die Zeit, um noch in der Bibliothek und in der Lernwerkstatt des RPI an ihren Projekten weiterzuarbeiten. „Jetzt habe ich wieder richtig Lust, Unterricht vorzubereiten,“ sagt eine Teilnehmerin. „Am Freitag bin ich so erschöpft angekommen. Nach dem Austausch mit anderen und den neuen Impulsen habe ich wieder Power. Ich komme wieder“
Das RPI freut sich über den Erfolg dieses ersten Angebotes, das nun fortgesetzt und weiterentwickelt wird.