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Harmjan Dam, Selçuk Do gruer,
Susanna Faust-Kallenberg
Begegnung von Christen und Muslimen in der Schule
Eine Arbeitshilfe für gemeinsames Feiern
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2016
ISBN 978-3-525-70219-2, 112 Seiten, 20,00 Euro.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die drei Autoren, eine Christin, ein Christ und ein Muslim, haben die Zeichen der Zeit erkannt. Ihre Tätigkeit als Pfarrer, Pfarrerin und Imam und zugleich ihre professionelle Beschäftigung mit interreligiösen Fragen schlägt sich in Struktur und Inhalt des Büchleins nieder.

Schade, dass der Untertitel das Buch als „Arbeitshilfe für gemeinsames Feiern“ ausweist – denn das betrifft nur die beiden letzten der insgesamt sechs Kapitel. Das Buch leistet nämlich mehr als „nur“ eine Arbeitshilfe zu sein. Und es geht vor allem um sehr viel mehr als um die Gestaltung gemeinsamer religiöser Feiern.

Im Eingangskapitel machen die Autoren klar, wovon sie ausgehen: nämlich von Schule als Lebensraum, von der Ambivalenz des Fremden und von der Aufgabe der staatlichen Schule Integration aktiv zu befördern, auch in religiöser Hinsicht. „Die Schule ist keine ‚religionsfreie Zone’“ (Seite 11). Aus diesem Faktum – und dem Bildungsauftrag der Schule – erwächst die Aufgabe, Fremdes und Eigenes wahrzunehmen und in ein produktives Verhältnis zu setzen.
Das zweite Kapitel bietet aus islamischer und evangelischer Sicht (Autor ist Reinhold Bernhardt, Professor für Systematische Theologie an der Universität Basel) eine Einführung in die theologischen Grundlagen für das Beten in der Schule. Beide Beiträge leisten auch eine kleine Einführung in die Bandbreite, mit der im jeweiligen theologischen Kontext die Frage des Gebets diskutiert wird.

Das dritte und vierte Kapitel bietet Antworten auf ganz konkrete, praktische Fragen. Zum einen werden hier basale Wissensfragen beantwortet: Was Christen über den muslimischen Glauben wissen sollten. Natürlich ist es auf 19 Seiten nicht möglich, ohne Vereinfachungen zu arbeiten: Die Antwort auf die Frage „Was denken Muslime über das Christentum?“ deckt sicher nicht ab, was alle Muslime der Welt über „das“ Christentum tatsächlich denken. Aber es informiert über die Antwort, die ein religiös gebildeter Muslim auf die Frage nach dem Verhältnis zum Christentum aus muslimischer Sicht geben sollte. Zum anderen werden spezielle Fragestellungen im schulischen Begegnungskontext behandelt: Schwimmunterricht, Moschee-Besuch, Klassenfahrten, Ramadan usw. Beim Moscheebesuch plädieren die Autoren dafür, nicht einfach irgendeine Moschee in der Nähe zu besuchen, sondern sich im Vorfeld Rat bei den entsprechenden Fachstellen für Ökumene in den evangelischen und katholischen Kirchen zu holen, welche Moschee „geeignet“, d. h. auf christliche Besucher eingestellt ist. Es fehlt auch nicht der Hinweis auf Respekt und Höflichkeit – angesichts der verheerenden „Diskussionskultur“, die den Schülerinnen und Schülern medial begegnet und die sie oftmals für „normal“ halten, hätte dieser mögliche Konfliktpunkt, der sich für interreligiöses Lernen als völlig kontraproduktiv entpuppen kann, ruhig noch ein wenig verstärkt werden können.

Im fünften und sechsten Kapitel schließlich geht es um gemeinsame religiöse Feiern. Hier werden vier verschiedene Typologien vorgestellt, die von religiöser Gastfreundschaft bis zur Schulveranstaltung mit religiösen Elementen reichen. Im sechsten Kapitel finden sich ausgearbeitete „Liturgien“ für einen Einschulungsgottesdienst in der Grundschule, für einen Trauergottesdienst in der Grundschule und für einen Trauergottesdienst in einer weiterführenden Schule. Abgeschlossen wird das Büchlein mit Formulierungshilfen für Gebete und Segensworte.

Alles in allem eine informative und hilfreiche Sammlung für Schulen, die ihre muslimische Schülerschaft auch in religiöser Hinsicht wahrnehmen, respektieren und bilden will.

Bärbel Husmann

Text erschienen im Loccumer Pelikan 3/2016

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