Nachgefragt von Sönke von Stemm – Brauchen Jugendliche Theologie?




Im Folgenden geben Jugendliche selbst eine Antwort auf diese Frage. Die ausgewählten Texte sind einer Fortbildungsveranstaltung für jugendliche Ehrenamtliche in der Konfirmandenarbeit unter dem Titel “Theologie für und mit Konfis” entstanden. Alle Autorinnen und Autoren sind engagierte kirchliche Mitarbeitende, so dass die durchweg positive Beantwortung der Frage nicht verwundert. Differenziert und spannend ist jedoch die Akzentsetzung. Und so danke ich den Jugendlichen für die Bereitschaft, ihre Positionen an dieser Stelle zu veröffentlichen:

Meine erste Reaktion war ein klares “Ja, klar! Natürlich brauchen sie Theologie!” Nur fiel mir dann keine Begründung ein und ich dachte: Schuld und Gerechtigkeit, das ist doch eher was für Juristen, Leiden, Tod und Hoffnung, was für Ärzte, Gemeinschaft und Vertrauen für Familie und Freunde, Orientierung und Wegweiser für Philosophen!

Aber ich denke, Theologie bietet den Jugendlichen Antworten auf ihre Fragen, die viel lebensnäher sind als die aller Juristen, Ärzte und Philosophen. Und noch etwas ist mir wichtig an Theologie: Sie beantwortet nicht nur ein oder zwei Fragen eines Teilbereiches, sondern hat den Anspruch, für alle Fragen des Lebens Antworten zu suchen. Für Theologen bin ich nicht reduziert auf Angeklagter, Patient oder Idee, sondern bleibe Mensch.
Fiona Klenke 15

Ja, meiner Meinung nach brauchen Jugendliche Theologie, um an sich selbst zu wachsen. Gerade in der Prägungsphase der Jugend (zwischen elf und 14 Jahren) ist es wichtig, sich mit vielen Fragen auseinanderzusetzen. Jede/r hatte bestimmt schon einmal im Leben den Punkt, an welchem man sich von allen verlassen fühlt. Wer ist dann noch für einen da? Wer eine christliche evangelische Erziehung genossen hat, hat sofort Gott im Sinn. Was aber ist mit denen, die daheim nicht mit Gott aufgewachsen sind? […]

Glaube führt eher in die gute Richtung, wobei diese Wertung immer im Auge des Betrachters liegt. Ohne Antworten finden viele Menschen nicht den Weg, den ihre Liebsten ihnen zuschreiben würden. Theologie hilft, offen über Dinge zu sprechen. Sich Fragen zu stellen, ist ein völlig normaler Bestandteil unseres menschlichen Daseins, gehört zum Leben einfach dazu und hilft jeder Persönlichkeit, sich zu entfalten. Außerdem lernt man ja schon als Kind: wer nicht fragt bleibt dumm!
Denise Klein, 17

Theologie ist die Rede von Gott, also brauchen Jugendliche, sowie Menschen aller anderer Altersgruppen, Theologie, um über Gott und ihren Glauben zu sprechen. Mit dem Glauben beginnen wir uns im steigenden Alter zu identifizieren. Als Kind ist der Glaube noch weit entfernt und unwirklich; Geschichten über Gott und Jesus gleichen Gute-Nacht-Geschichten, die man nicht hinterfragt.

Doch ab einem bestimmten Alter fügen sich die einzelnen Geschichten und Aussagen zu einem Ganzen zusammen, dem man entweder zustimmt, oder das man ablehnt. Dies wird bei der Konfirmation von der Kirche hinterfragt. Religionsunterricht wird hier die Grundlage für die Entscheidung FÜR die Kirche oder DAGEGEN.

Für viele Jugendliche ist das Thema Glauben und Gott ein relatives Tabuthema – darüber zu reden, wird als schwer empfunden. Doch nach und nach beginnt man eine eigene Meinung zu bilden und zu dieser auch zu stehen. Glaube ist nur eins der vielen Themen, über die man sich im jugendlichen Alter ein Bild macht. Je jünger man ist, desto beeinflussbarer ist man auch.

Jugendliche brauchen Theologie, um sich mit Gott und dem Glauben zu identifizieren, um so eine Persönlichkeit aufbauen zu können. Sie bilden sich Meinungen und beginnen damit, Aussagen, gerade von Erwachsenen, zu hinterfragen: “Mama sagt, Gott sei barmherzig. – Woher weiß sie das?” Man beginnt nach Quellen des Beweises zu suchen, in diesem Fall die Bibel.
Lydia Stuckenberg, 16, und Philipp Mayer, 16.

Ja, weil die Theologie jungen Menschen Antworten auf Fragen geben kann, die mit anderen, logischen und realistischen Erklärungsversuchen unbeantwortet bleiben. Sie gibt ihnen eine völlig andere Sicht auf alltägliche Dinge. Manchmal ist es vielleicht einfacher, gerade für Jugendliche, mit Teamern über Probleme zu reden, und dies in Verbindung mit dem Glauben. Und dies zu Gott bringen, kann Hoffnung schenken, wo normales Reden einen nicht weiter bringt. Außerdem ist Theologie eine Hilfe, um Gott besser kennen zu lernen und auf anderer Ebene über ihn zu reden.
Mareike Franzen, 16

Möglichkeiten aufzeigen! Die Fragen, die wir aufgestellt haben, begegnen jedem mal irgendwann im Leben, auch wenn man sie sich nicht so bewusst macht.

Aber ich denke, gerade wenn man sie sich bewusst macht, ist es leichter Antworten zu finden und somit einen (Handlungs-)Weg. Diese Antworten kann man auf sehr vielfältige Weise suchen und finden, z.B. anhand des Gesetzes, doch auch die dort formulierten Regeln und Rechte beruhen auf christlichen Prinzipien.

Ich finde es wichtig, Menschen und speziell Konfirmanden mit den Möglichkeiten der Theologie vertraut zu machen, damit sie, wenn sie es wollen oder brauchen, ihre Antworten auch auf diesem Weg finden können.
Karla Schulze, 17

In der Öffentlichkeit es ein umstrittenes Thema, doch meiner Meinung nach brauchen Jugendliche egal welcher Religion Theologie. Warum? Weil durch Theologie einiges geklärt werden kann, man findet Hilfe und kann sich mit Gott auseinandersetzen.

Aber Theologie bedeutet ja nicht nur Gott, mit Theologie kann man vieles erreichen, Verständnis, Gerechtigkeit usw. Gerade bei Jugendlichen gibt es viele “theologische” Fragen, die beantwortet werden wollen, z.B. Wer bin ich? Was bin ich wert? usw.

Allerdings ist es für noch viele der Jugendlichen ein Fremdwort, ganz einfach weil “Kirche” heute nicht “cool” ist. Es halten zu viele Kirchen an den alten Konzepten fest. Um Kirche interessanter zu machen, müssen neuere Konzepte mit alten verbunden werden.

Wer sich mit Theologie auseinander setzt, wird schnell merken, was sie für eine Vielfalt bieten kann, und vor allem in vielen Lebenslagen helfen, z.B. Trauer, Liebe, Freundschaft etc. Bei all diesen Dingen “kann” die Theologie helfen … also, Ja, Kinder brauchen Theologie!
Tobias König, 19

Ich bin der Meinung, dass Jugendliche Theologie in der heutigen Zeit brauchen und durch Antworten im Leben weiter kommen, da Theologie für sie wichtig ist. Sie hilft ihnen durch die Pubertät und im Alltag. Jugendliche brauchen Theologie, um sich mit Gott und dem Glauben identifizieren zu können. Jeder Mensch hat mal Fragen zum Thema Theologie und zum Beispiel durch den Konfirmandenunterricht können sie vielleicht ein paar Fragen selbst beantworten.
Raphael Scharbach, 16

Ja …, um Antworten auf Fragen von ihrem Leben zu finden, die alternativ zu denen sind, die ihnen durch Politik, Medizin, Stammtische vorgegeben werden.

Ja …, um ihren vorgegebenen Glauben zu verstehen und sich zu entscheiden, ob sie mit ihm Leben wollen.

Nein …, um zu glauben. Glauben kann man auch ohne Verstand.
Joscha Quade, 17

Jugendliche brauchen Halt und Erklärungen. Dazu ist nicht mal Religion notwendig, die Religion kann ein Mittel sein. Es gibt andere Möglichkeiten, Halt und Erklärung zu finden durch Sport, durch Freundschaften, Liebe oder Glaube anderer Art.

Wer nie auf der Suche nach Antworten war, kann auch nicht glauben oder wird den Glauben nie entdeckt haben. Glaube ist das Naheliegendste, er kann einem alles geben, was man sich erträumt, kann einem aber auch vieles nehmen. Ein Mensch muss bereit sein, dieses Risiko einzugehen, um einem höheren Ziel entgegenzusteuern, der persönlichen Vollendung.
Lars Ohlendorf, 20

Ich bin der Meinung, dass Jugendliche Theologie brauchen. Theologie ist wichtig, da Menschen aller Art über Glaube und Gott offen reden sollten. Jeder bildet seine eigene Meinung über Theologie und viele versuchen sich über Theologie mit Gott und dem Glauben zu identifizieren und so auch eine Persönlichkeit aufzubauen.
Martin Mählig, 17

Ich denke schon, da z.B. Konfer wie ein roter Faden im Leben sein kann. In dem Lebensabschnitt, in dem die Konferzeit stattfindet, ändern sich die Jugendlichen, und Theologie hilft immer dabei und gibt ihnen den nötigen Halt und Antworten auf unausgesprochene Fragen. Außerdem zeigt es ihnen andere Lebenswege als die vertrauten und hilft dabei, sich eine eigene Meinung zum Glauben zu bilden.
Carolyn Dreesmann, 14

Meiner Meinung nach brauchen Jugendliche Theologie, da es in der Theologie unterschiedliche Ansichten gibt, es gibt kein theologisch richtig oder falsch.

In Schuldfragen oder in Situationen, wo man sich fragt, ob man das Geschehene, die Handlung eines Menschen verzeihen kann, kann einem ein Jurist zwar behilflich sein, jedoch hat es für mich nicht den gleichen Effekt, da sich dies lediglich auf die Gesetze bezieht, nicht auf das menschliche Verständnis, was man immer wieder aufbringt. […]
Carina Meyer, 16

Ich denke, dass Theologie eine andere Sichtweise bietet, als den Rat, den man von Freunden oder Eltern bekommt. Jugendliche suchen Halt und Antwort. Deswegen denke ich schon, dass Theologie für Jugendliche brauchbar ist, auch wenn sie nichts damit zu tun haben wollen. Das liegt aber, denke ich, daran, dass man bei dem Wort Theologie an Kirche, Gottesdienst, “langweilig” denkt. Dem ist aber nicht so, denn Theologie heißt nach dem Leben fragen, Geschehnisse zu hinterfragen!
Lina Schulze, 16

Text erschienen im Loccumer Pelikan 4/2012

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