Wir schenken, weil wir beschenkt sind – Geschenke zu Weihnachten? – Pro

von Oliver Flanz

 

Wenn ich ehrlich bin: Vielleicht bekomme ich einfach nur zu gern Geschenke. Vielleicht mag ich auch den Gesichtsausdruck von Menschen zu sehr, die beschenkt werden – das Leuchten ihrer Augen, ihre Freude, das Strahlen ihres Gesichts.

Ich bin mir nicht sicher, ob das allein schon reicht, um als kritisches und reflektiertes Argument für das Schenken von Weihnachtsgeschenken durchzugehen, aber ich kann mich nicht mit der Vorstellung anfreunden, das Schenken und Beschenkt-werden an Weihnachten aufzugeben. Und ich denke, dass genau hier schon eines der wichtigsten Argumente für das Schenken von Weihnachtsgeschenken liegt: Schenken und Beschenkt-werden sind ihrem Wesen nach zutiefst christliche Handlungen.
Schlägt man im Internetlexikon „Wikipedia“ nach, so findet mal als Definition für ein Geschenk: „Ein Geschenk […] ist die Übertragung des Eigentums an einer Sache oder an einem Recht an einen anderen, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Im übertragenen Sinne kann man auch jemandem seine Aufmerksamkeit, sein Vertrauen oder seine Liebe schenken.“

Ein Geschenk sagt: „Du bist mir wichtig! Du bist mir etwas wert! Ich habe mir Gedanken über dich gemacht und darüber nachgedacht, worüber du dich freust!“ Ich rede dabei nicht von der Krawatte, den Socken oder dem Topflappen, bei dem man sich denkt: „Na super! Den hab ich mir ja schon immer gewünscht!?!“, sondern von Geschenken, die persönlich sind und von Herzen kommen. Sie wollen eine Freude machen (gerade am Fest der Freude). Sie sind genau für eine Person und Lebenssituation ausgesucht. Sie erwarten keine Gegenleistung. Sie vermitteln Annahme, Aufmerksamkeit und Wertschätzung – manchmal sogar Liebe. Und darin entsprechen sie dem Wesen von Weihnachten: Jesus Christus, Gottes Sohn (Gott selbst) wird als Kind geboren, um den Menschen das Leben zu schenken.

Und warum? Aus Liebe zu uns! Und genau das wollen auch Geschenke sein: Zeichen der Liebe und der Beziehung zweier Menschen zueinander. Darum schenken wir! Mal ganz abgesehen von allen dia-konischen Aspekten, die das Schenken in unserer Kirche hat. Denn was sind das Almosen-Geben und die Unterstützung einer anderen Person ohne Gegenleistung, was sind das Teilen und das Weitergeben anderes als Schenken?

Ähnlich verhält es sich aber auch mit dem Beschenkt-werden. Was sind wir anderes als Beschenkte? Unser Leben, unser Glauben, dass ich einen Menschen an meiner Seite habe, der mich liebt – wir sind von Gott Beschenkte. Auch dafür kann das Schenken ein Symbol sein. Viel zu sehr versuchen wir in unserer heutigen Zeit uns alles zu verdienen. Sei es Anerkennung, Aufmerksamkeit, Lob, der Lebensunterhalt, bis hin zu Liebe – alles hängt an uns und es fällt uns schwer etwas als Geschenk anzunehmen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen.

Ein Geschenk will aber sagen: „Ich liebe dich um deiner Selbst willen! Du musst dir meine Liebe nicht verdienen. Ich beschenke dich einfach, weil ich es will – aus Liebe!“

Schenken und Beschenkt-werden, beides ist tief mit unserem christlichen Glauben verbunden und theologisch unaufgebbar. Und gerade deshalb besteht an Weihnachten – Gott schenkt sich selbst ganz in diese Welt und in unser Leben – ein guter Anknüpfungspunkt dafür, einem lieben Menschen in meinem Leben ein Geschenk zu machen. Denn so können unsere Weihnachtsgeschenke ein Abglanz des einen Geschenks werden, dass Gott uns in Jesus Christus gemacht hat. Sie können über sich selbst hinaus verweisen und so die Geschichte des viel größeren Geschenks der Liebe Gottes erzählen.

Denn darum schenken wir:
Wir schenken, weil wir beschenkt sind!

Text erschienen im Loccumer Pelikan 4/2007

PDF