"Leb wie du dich fühlst" - Gottesdienst mit Konfirmandentaufen

von Silke Steveker 

 

Am Ende des ersten Jahres KU (klassisch zwei Jahre, 7. + 8. Schuljahr) finden bei mir die Konfirmandentaufen statt. Zuvor wird im Unterricht ausgiebig das Thema Taufe behandelt. So kann die Taufe als eine Art Abschluss des ersten Jahres verstanden werden und die Taufe behält mit gebührendem Abstand von der Konfirmation ihr eigenes Gewicht. Der Gottesdienst findet an einem Freitagabend kurz vor den Sommerferien statt und wird oft auch von den Gruppen mit vorbereitet und gestaltet.

Thema dieses Taufgottesdienstes ist Identität. Die Jugendlichen sind während der Pubertät auf dem Weg zu einer gebildeten Identität, probieren sich und ihre Möglichkeiten aus, versuchen sich zu finden und zu stabilisieren. Taufe kann eine wichtige Hilfe sein, denn sie kann identitätsstiftend wirken, in dem sich die Täuflinge als Kinder Gottes begreifen. Das "Du bist mein liebes Kind. An dir habe ich Wohlgefallen" –Gottes gilt jedem und jeder und kann, wenn diese Botschaft zugesprochen wird, eine gute Ausgangsposition für den schwierigen Weg zum Erwachsen werden bilden.

Ausgangspunkt dieses Gottesdienstes war für mich der Titelsong von Big Brother (M 1). Diese Sendung wurde von den meisten meiner KonfirmandInnen oft und gern gesehen. Die Schicksale der "Helden" diskutiert und auch jetzt nach dem Ende der ersten Staffel hat sich das Thema Big Brother für die meisten noch lange nicht erledigt (s. Erfolge von Zlatko und Alex und den Nachrichtenwert, den die einstigen Containerbewohner noch immer für die Boulevardmedien, die von den Jugendlichen konsumiert werden, haben.). Und der hipe geht weiter.

Material: CD und CD-Player, Stempelkissen, Blätter, Liedblatt

 

Gottesdienstverlauf

Begrüßung, Bereitung

Psalm: Du hast mich gemacht, Herr, wie ich bin; und ich kann viel aus meinem Leben machen aus: Sagt Gott, wie wunderbar er ist, Leinfelden-Echterdingen 1995, S.103 (M 2)

EG 503, 1-3+8

Evangelium Markus 1, 9-11

Glaubensbekenntnis

EG 209, 1-3

Aktion mit Fingerabdrücken

Mindestens die Täuflinge, besser aber jeder Gottesdienstteilnehmer soll einen Fingerabdruck von sich machen und ihn sich dann beim Verlesen des Meditationstextes ansehen.

Meditationstext aus G.Ottmar, P. Hitzelberger (Hg.), Wir träumen eine Kirche, Leinfelden-Echterdingen 1999, 103f. = M 3)

Du bist du (z.B. ebd.,105 = M 4)

Ansprache mit Einspielung des Liedes

EG 604 1-3

Taufen

EG 334, 1-6

Fürbitten

Vater unser Segen

EG 171, 1-4

 

Ansprache

Liebe Yasmin, Nadine, Kim und lieber Roland, Markus, lieber Kevin,

liebe Festgemeinde!

Habt Ihr Big Brother gesehen? Habt Ihr auch mit Jürgen, Zlatko, Manu, Andrea, Alex, Sabrina und John und wie sie alle hießen mitgelitten und mitgelebt? Oder fandet Ihr das Leben im Container langweilig und blöd. Egal wie Ihr es gefunden habt, sicher habt Ihr den Titelsong im Radio gehört, oder den Videoclip auf MTV, VIVA oder VH-1 gesehen. Zur Erinnerung spiele ich Euch jetzt ein kleines Stück daraus vor.

Ich finde das Lied richtig gut. Leb wie du dich fühlst. Was sich beim ersten Hören nach Egoismus pur anhört, nach Leben ohne Rücksicht auf Verluste, das entpuppt sich beim genauen Hinsehen als etwas ganz anderes. Vergiss niemals, du bist ein Einzelstück. Leb Dein Leben, so wie du selber nur bist, heißt es da. Wenn andere dir sagen, was du tun sollst, die Clique z.B., und du hast gar keine Lust zu klauen oder zu kiffen, dann hab den Mut, deinen eigenen Weg zu gehen. Pass dich nicht zu sehr der Allgemeinheit an uns lass dich nicht irgendwo reindrängen. Du bist einmalig und etwas ganz besonderes – so wie dein Fingerabdruck. Deswegen leb so wie du selber nur bist.

Ja, und verpass das Leben nicht. Verbring Deine Zeit nicht damit, Dir im Fernsehen das Leben von Serienstars oder Containerbewohnern anzusehen. Leb selber. Genieße jede Stunde deines Lebens, singt die 3. Generation. Die Uhr tickt, Mann, gib dir selber den Kick, denn nicht eine Stunde kommt je zurück.

Leb, so wie du dich fühlst. Aber wenn Ihr jetzt denkt, das Lied ist eine Aufforderung, so zu leben, als sei man allein auf der Welt und jeder könnte tun und lasen, was er wollte, ganz egal ob er anderen damit schadet oder sie verletzt, dann seid Ihr auf einer falschen Spur. Denn keiner lebt für sich allein. Jeder ist auf andere Menschen angewiesen. Als Ihr kleiner wart, noch stärker als jetzt, aber auch die Erwachsene brauchen andere Menschen zum Leben so nötig wie das tägliche Brot. Deswegen singt die 3. Generation auch: "Niemand der allein die ganze Wahrheit kennt, der ohne anderen Menschen durchs Leben rennt. ... Wir leben zusammen, das ist unser gebot, die haut ist verschieden, doch das Blut ist rot. Jeder einzeln, die Sensation."

Wir brauchen einander, das ist klar. Und jeder und jede von uns ist eine Sensation, vor der es gilt, Achtung und Respekt zu haben.

Geh deinen Weg, genieße dein Leben, koste jeden Augenblick aus, und achte die anderen Menschen genauso wie du dich magst, dann gelingt die dein Leben.

Solch ein Leben, das ganz genau Euch entspricht, gelingt aus einem einzigen Grund: weil ihr geliebt werdet. "Leb, du wirst geliebt, das Wunder geschieht, weil es dich gibt. ," heißt es in dem Lied. Liebe ist die Kraft, die Dich leben lässt, die Dir den Mut gibt, zu Dir zu stehen und deinen eigenen Weg zu gehen. Und das ist jedes Mal, wenn es geschieht ein Wunder. Das Wunder der Liebe geschieht ganz einfach, nur, weil es dich gibt.

Mit diesen Aussagen ist der Hit ganz nah dran an den Worten des Evangeliums, das wir vorhin gehört haben. "Du bist mein lieber Sohn. An dir habe ich Wohlgefallen." Das sagt Gott zu Jesus, als er getauft wird. Ich hab dich lieb. Du gefällst mir gut, so wie du bist. Ganz genauso habe ich dich gewollt und sage Ja zu dir. Mit diesem Ja Gottes ging Jesus seit seiner Taufe durch das Leben und das hat ihm Mut und Kraft gegeben, seinen eigenen, oft schweren Weg zu gehen.

Dieses Ja Gottes bekommt Ihr heute mit Eurer Taufe auch zugesprochen. Auch zu Euch sagt Gott heute: Du bist mein Kind. Ich hab dich lieb. Du gefällst mir gut. Das gilt für Kim Laura, Kevin, Yasmin, Roland, Markus und Nadine. Und diese Liebe Gottes zu Euch, die bleibt bestehen, ganz gleich, wie Ihr Euch in Zukunft dazu verhalte. Wenn Ihr nachher auf meine Frage, ob Ihr getauft werden wollt, Ja sagt, dann sagt Ihr Ja zu dieser Liebe Gottes. "Ja, Gott, ich weiß, dass du mich liebst und ich will versuchen, deine Liebe zu erwidern. Deine Liebe gibt mir den Mut, meinen eigenen Weg zu gehen."

Dass Ihr dieser Liebe Gottes in Eurem Leben vertraut und ihr und Euch treu bleibt, das wünsche ich euch von Herzen, damit Ihr Euer Leben so lebt, wie Ihr seid und nicht vergesst: "Leb, du wirst geliebt, das Wunder geschieht, weil es dich gibt".
Amen.
 

M1

Leb 

Leb wie du dich fühlst.

Niemand ist alleine der Looser oder Held.

Es gibt ein Leben nach dem Augenblick – Das seh ich –

Die Welt liegt dir zu Füßen, wenn du ehrlich zu dir bist.

Leb dein Leben, so wie du dich fühlst.

Vergiss niemals, du bist ein Einzelstück.

Genieße jede Stunde voller Trauer und Glück.

Die Uhr tickt, Mann,

gib dir selber den Kick,

denn nicht eine Stunde kommt je zurück.

Niemand kann nur Hass oder nur Liebe spüren,

beides hast du schon tausendmal gefühlt.

Alle Höhen und Tiefen, es ist viel passiert.

Nur wer Gefühle zulässt, wird auch berührt.

Im Herzen. Jo.

So läuft das Spiel deines Lebens, he,

nichts ist vergebens, also:

Leb wie du dich fühlst.

Leb, so wie du dich fühlst.

Leb dein Leben so, wie du selber nur bist.

Leb, du wirst geliebt. Das Wunder geschieht, weil es dich gibt.

Weil es dich gibt.

Weil es dich gibt.

Leb wie du dich fühlst.

Niemand der alleine die ganze Wahrheit kennt,

der ohne andere Menschen durchs Leben rennt.

Ob schwarz oder weiß, wir sind alle gleich.

Wer das nicht abrafft, ist alles andre als reich.

Wir leben zusammen, das ist unser Gebot.

Unsere Haut ist verschieden, doch das Blut ist rot.

Jeder einzeln die Sensation.

Leb, so wie du dich fühlst. Leb dein Leben so, wie du selber nur bist.

Leb, du wirst geliebt. Das Wunder geschieht, weil es dich gibt.

Weil es dich gibt. (2x)

Die 3. Generation

M2

Du hast mich gemacht, Herr, wie ich bin 

Du hast mich gemacht. Herr, wie ich bin:

und ich kann viel aus meinem Leben machen.

Ich möchte, was ich tue, richtig machen

und Bescheid wissen, worauf es ankommt.

Ich möchte fair sein zu den Menschen,

die mir begegnen;

krumme Wege will ich nicht gehen.

Du hast mich gemacht, Herr, wie ich bin:

und ich kann viel aus meinem Leben machen.

Ich möchte sagen können, was ich denke,

und schweigen, wenn ich nichts zu sagen habe.

Böse Absichten und hinterlistige Gedanken

möchte ich mir aus dem Kopf schlagen;

und wenn jemand Verleumdungen verbreitet,

möchte ich, dass niemand auf ihn hört.

Du hast mich gemacht, Herr, wie ich bin:

und ich kann viel aus meinem Leben machen.

Ich möchte nicht mehr sein wollen, als ich bin,

auch nicht mehr haben, als mir zusteht.

Ich möchte nicht stolz und aufgeblasen sein,

sondern ein Mensch, von dem man denkt:

Auf den ist Verlass.

Du hast mich gemacht, Herr, wie ich bin:

und ich kann viel aus meinem Leben machen.

Lass mir gelingen, was ich mir wünsche,

Mach du mein Leben gut.

M3

Niemand, weil du einzigartig bist.

Weil Gott dich einmalig erschaffen hat.

Darum, nimm dich an.

Sei die, die du bist.

Sei der, der du bist.

Erst dann fängst du an zu werden,

was du sein möchtest.

Was du erlebt hast, hat dich geprägt.

Die Entscheidungen, die du bisher getroffen hast,

haben dir Wege geöffnet,

und dafür andere verschlossen.

Die offenen Türen sind nur für dich.

Nur deine Unentschiedenheit wird sie schließen.

Den Weg, den du vor dir hast, kennt keiner.

Nie ist ihn einer so gegangen,

wie du ihn gehen wirst.

Er ist dein Weg. Unverwechselbar.

darum, geh deinen Weg.

Weil du auf dem Weg bist,

gehört es auch zu dir, dass du dich änderst.

Du bist auch, wenn du wirst.

Hauptsache, du bleibst dir treu.

Und vergiss nicht zu träumen –

dir eine Welt vorzustellen,

in der die Liebe sich ausbreitet,

in der die Hoffnung nicht aufhört,

und Friede erlebbar wird.

Niemand hört Gott so wie du.

Denn Gott wendet sich dem Einzelnen zu.

Jeder und jedem von uns ist er nah.

Wenn er dich anspricht,

öffnen sich Wege.

Wege, die nur die offen stehen.

Gehen musst du sie selbst.

Gott geht sie nicht für dich.

Aber er begleitet dich.

Denn du bist du.

Niemand hat deine Fingerabdrücke.

Niemand hat deine Stimme.

Niemand ist wie du.

Niemand hat deine Geschichte.

Niemand spürt die gleiche Trauer,

das gleiche Glück wie du.

M4

Text erschienen im Loccumer Pelikan 4/2001

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