„Wer sitzt zur Rechten?“ – Ideen zu einem elementaren kompetenzbasierten Unterricht zu Abendmahl, Heiligem Gral und Maria Magdalena mit dem dekonstruierten „Sakrileg“ von Dan Brown

von Peter Noß-Kolbe

 

Zugänge

Die meisten meiner Schülerinnen und Schüler wissen, wer zur Rechten Jesu sitzt auf dem Bild „Das Abendmahl“ von Leonardo da Vinci. Sie glauben es nicht, sie wissen es, weil viele von ihnen den Film „Sakrileg“ nach dem Roman von Dan Brown gesehen haben. Auf dem Bild erkennen sie eine Frau wegen der roten Haare, der femininen Hände, des fehlenden Bartes und des tiefen Ausschnitts. Und sie wissen auch, dass diese Frau Maria Magdalena ist, die etwas mit Jesus hatte. Dann hört ihr Wissen auf.

Wenige wissen, dass Leonardo das Bild gemalt hat, kaum jemand, wann und wo der gelebt hat. Einige denken, dass dieses Bild wie ein Porträt in Jerusalem etwa im Jahr 30 unserer Zeitrechnung entstanden ist. Die Dreizehn saßen da so und wurden gemalt und ergo ist es so passiert wie es dort zu sehen ist. Wer noch auf dem Bild zu sehen ist, wissen meine Schülerinnen und Schüler meistens nicht. Mit Mühe bekommen sie die Namen von ein bis zwei Jüngern zustande. Manchmal weiß eine/r von ihnen, dass auf dem Bild ein Messer zu sehen ist, bei dem man nicht richtig sehen kann, wer es wozu braucht. Was auf dem Bild gezeigt wird, welche Szene dort dargestellt wird, ist meinen Schülerinnen und Schülern nur in Ansätzen bekannt. Sie wissen, dass es das Abendmahl ist, das Jesus mit seinen zwölf Jüngern gefeiert hat. Sie haben selbst in der Regel alle schon am Abendmahl teilgenommen. In welchem Kontext die Geschichte vom Abendmahl in den Evangelien steht, wissen nur wenige von ihnen und welche Situation innerhalb der Geschichte vom Abendmahl von Leonardo in Szene gesetzt wird, ist ihnen gänzlich unbekannt. Allerdings sind sie felsenfest davon überzeugt, dass Maria Magdalena auf dem Bild dabei ist, weil sie lange gewellte rote Haare habe und so weiter. Wie diese Frau Zugang zum erwählten Männerkreis bekommen haben soll, begründen meine Schülerinnen und Schüler mit Dan Brown und seinem vermeintlichen „alter ego“ aus dem Film: Sir Leigh. Sie war dessen Gefährtin. Manche glauben, das bedeutet: seine Frau; manche denken: seine Freundin, und manche haben schon einmal gehört, dass Maria Magdalena eine Prostituierte war. Den Clou aus dem Film/Buch, dass Maria Magdalena der Heilige Gral ist, das Gefäß, das den leiblichen Nachkommen von Jesus trug, den halten sie wiederum für ziemlich abstrus.

Nach diesem Überblick über die Meinungen wird es nun aber Zeit für eine Inhaltsangabe des Films bis an die Stelle, die den Schülerinnen und Schülern gezeigt wird:

Robert Langdon, Professor für religiöse Symbolforschung aus Harvard, ist in Paris, als der Chefkurator des Louvre mitten in der Nacht vor dem Gemälde der Mona Lisa ermordet aufgefunden wird. Allerdings hatte der Ermordete noch im Sterben eine Botschaft an seine Enkelin Sophie Neveu hinterlassen, die als Kryptologin bei der Pariser Polizei arbeitet. Langdon, der von der Polizei in den Louvre beordert wurde, wird von Bezu Fache, dem zuständigen Kommissar, verdächtigt und flieht. Zusammen mit Neveu findet er heraus, dass der Museumsdirektor ein Großmeister der Geheimbruderschaft „Prieuré de Sion“ war, der auch Leonardo da Vinci, Victor Hugo und Isaac Newton angehörten. Weitere Hinweise deuten auf den „Heiligen Gral“. Daher suchen Langdon und Neveu Rat bei Langdons altem Freund, Sir Leigh Teabing, einem Gralsforscher. Mit ihm zusammen entdecken sie ein großes Geheimnis, welches der ermordete Jacques Saunière bis zu dem Mord bewahrte.

 

Maria Magdalena und der Heilige Gral – Ingredienzien des Romans

„Sämtliche in diesem Roman erwähnten Werke der Kunst und Architektur und alle Dokumente sind wirklichkeits- bzw. wahrheitsgetreu wiedergegeben“ (Brown, 2004, S. 9, zitiert bei Valentin, 2006, S. 70). Dan Browns kurze Bemerkung, seinem Roman vorangestellt, kennzeichnet den Ausgangspunkt seiner Arbeitsweise. Er verwendet nachprüfbare historische, architektonische und kunstgeschichtliche Fakten, aus denen heraus er eine fiktionale Handlung konstruiert.

Für Joachim Valentin machen die Anknüpfungspunkte der Fiktion an der Realität der Glaspyramide im Louvre, die beiden Leonardogemälde und die Bernini-Architektur in Rom einen großen Teil des Erfolges von Sakrileg aus. Das Buch hat sich weltweit 40 Millionen mal verkauft, allein in Deutschland über vier Millionen mal, mehr als fünf Millionen Menschen haben hier den Film gesehen. Dan Brown spüle mit den Themen Maria Magdalena, Heiliger Gral und leibliche Nachkommen Jesu Ingredienzien an die Oberfläche, die im Religionsdiskurs seit Jahrhunderten ausgegrenzt werden (Valentin 2006, S. 72f.). Das Ganze wird aktuell verschwörungstheoretisch mit religiösen Geheimbünden und kirchlichen Verschleierungstaktiken garniert. „Formal vermischt Dan Brown darüber hinaus eine spezielle Topik eines Verborgenen, dessen Entbergung neue unerwartete Wendungen generiert und so eine Kette von ineinander verborgenen Geheimnissen erzeugt“. Mit dieser Technik löse Brown „von der breiten Mehrheit offenbar als ungelöst empfundene(n) theologische(n) Probleme(n) wie die der theologischen Relevanz der Geschlechter-Frage, der Gottessohnschaft Christi, der Institution Kirche und ihrer Ausschließmechanismen“. Diese „von Brown seismographisch erschlossene(n) Problemfelder auf ihr Fragepotenzial abzuklopfen“, sieht Valentin als Aufgabe einer erfolgreichen und zeitgenössischen Bildungsarbeit in Schule und Gemeinde (ebd.).

 

Dekonstruktion und Rekonstruktion – Dan Brown malt seine Ideen in das historische Bild

Der amerikanische Symbologe Robert Langdon, gespielt von Tom Hanks, kommt in Sakrileg den eigentlichen Wurzeln des Heiligen Grals auf die Spur. Dabei spielen der Kaiser Konstantin, Sarah, das Kind von Jesus und Maria, sowie der Hexenhammer tragende Rollen, die Realität und Fiktion verbinden. „Angestoßen von einem mysteriösen Mord im Louvre stößt Langdon auf die Liebesbeziehung Jesu zu Maria Magdalena als Initialzündung eines alternativen, seit dem Konzil von Nicäa aber erfolgreich unterdrückten Christentums, dem unter anderem das Geschlecht der Merowinger entstammt, und in dessen Mittelpunkt die Heilige Hochzeit zwischen Mann und Frau als religiöses Urereignis steht – symbolisiert durch ein Hexagramm oder eben den Gral.

Die Grundspannung des Romans speist sich dabei vor allem aus dem Zueinander zweier großer Verschwörungen – der „Prieuré de Sion“, die angeblich seit dem elften Jahrhundert (tatsächlich seit 1957) jene esoterische Gegengeschichte zu bewahren versucht und des „Opus Dei“, der – bei Dan Brown zum Killerorden mutiert – im Auftrag der Leitung der katholischen Kirche an der Vernichtung dieser Tradition mit allen Mitteln arbeitet“ (Valentin 2006, S. 69). Zur Wahrheitsfrage in Bezug auf das Verhältnis von Jesus und Maria Magdalena stellt der Heidelberger Neutestamentler Peter Lampe fest: „Eine Verschwörungstheorie verwebt drei Zeitebenen, Jesus, Leonardo und Gegenwart. Wackelt der Heilige Stuhl, der Jahrtausende ein Geheimnis vorenthielt? Sitzen Nachkommen des Jesus aus Nazareth und der Maria aus Magdala neben uns in der U-Bahn? Vom Sitz fällt niemand. Dan Brown spielt im Genre des Roman“.

Was ist Realität, was ist Fiktion? Und was ist wie wahrscheinlich? Für meine Schülerinnen und Schüler ist es sehr wahrscheinlich, dass Maria Magdalena beim Abendmahl zur Rechten von Jesus saß. Historisch ist das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Der didaktische Ertrag der Wahrheitsfrage liegt in der Möglichkeit, den Da Vinci Code von Dan Brown zu dekonstruieren. Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass der Code kein Geheimwissen aus der Antike verschlüsselt über das Bild von da Vinci in die Gegenwart vermittelt, sondern dass Dan Brown seine Thesen in das Bild und seine Geschichte(n) hinein malt.

 

Starke Bilder, die glauben machen wollen, und skeptische Fragen, die es schwer haben

Beim ersten Sehen des Films ist es mir gar nicht richtig aufgefallen, ich bin wohl zu sehr in den Action-Szenen des Films mitgefahren. Ziemlich in der Mitte des Films gibt es einen ungefähr halbstündigen hochtheologischen Disput mit drei Perspektiven.

Die treibende Kraft in diesem Gespräch ist Sir Leigh, möglicherweise ist dieser Name eine Reminiszenz an das Autorenpaar Baigent/Leigh, die Brown ein Plagiat ihres Titels vorwerfen und bereits aus der Verschlusssache Jesu im Zusammenhang mit Qumran bekannt sind. Leigh unternimmt in nächtlicher Stunde einen Parforceritt vom Heiden Konstantin über Nicäa mit der Zweinaturenlehre zurück zu Jesus, Maria Magdalena und ihrer Tochter und wieder hin zu Da Vinci und seinem Bild bis zum Hexenhammer und landet schließlich nach einem kurzen Intermezzo beim Heiligen Gral und der Prieuré.

Die zweite Perspektive ist die von Robert Langdon. Als Skeptiker wird er häufig vom forschen Leigh vorgeführt, nuschelt etwas und druckst herum, bis es einmal auch zarte Zustimmung zu den gewagten Thesen gibt. Meine Schülerinnen und Schüler schlagen sich an dieser Stelle ganz eindeutig auf die Seite von Sir Leigh, ihm glauben sie, während die zurückhaltenden Töne des Symbologen Langdon, der hier auch für den kritischen Theologen steht, bei ihnen kaum gehört verhallen.

Eine interessante dritte Perspektive könnte die Schülerinnen und Schüler eigentlich zur Identifikation einladen. Sophie Neveu steht für das Publikum in diesem Disput zwischen Leigh und Langdon, das überzeugt werden will. Sie weiß nur, was die Tradition sagt und wird von Leigh mit allen Argumenten, Bildern und Büchern überschüttet. So geht es uns als Zuschauenden auch. Der Film malt Leighs Thesen in üppigen bis dramatischen historisierenden Bildern aus der Antike und dem Mittelalter aus und verstärkt damit unseren Eindruck: „So muss es gewesen sein“.

Meine Schülerinnen und Schüler bleiben jedoch nicht in der fragend suchenden Position der Sophie, sondern nehmen die von Brown gewollte Perspektive Leighs ein, hier hat der Film sie gefangen. Er kann allerdings die Überzeugungskraft seiner Argumente und die Macht seiner Bilder im weiteren Verlauf nicht durchhalten. Gelingt die Wandlung Leighs vom Gelehrten zum Gegner noch und hält die Spannung eine Weile aufrecht, die durch Verfolgungsszenen angeheizt wird, so fällt der Schluss doch rapide ab. Die Prieuré tritt auf und schützt Sophie, die leibhaftige Nachfahrin von Jesus und Maria Magdalena, und offenbart ihr königliches Geblüt. Da fassen sich nun auch meine Schülerinnen und Schüler an den Kopf. Was macht man damit im Unterricht?

 

Lernwege

Ich skizziere eine geschlossene Unterrichtssequenz für 90 Minuten und benenne einige Varianten zu einzelnen Phasen und Abschnitten:


Die Hinführung (ca. 15 Minuten)

Impuls: Tafelanschrieb – „Was ist der Da Vinci Code?“
Die Doppelstunde wird mit einem nur benannten oder an die Tafel geschriebenen Impuls „Was ist der Da Vinci Code?“ von der Lehrkraft eröffnet. Manche Schülerinnen und Schüler haben bereits sehr genaues Vorwissen über den Film und stellen bereits erste Thesen zum Code in den Raum.


Sammlung der Schülerbeiträge

Strukturierte Wiedergabe des Filminhalts
In einem kurzen Unterrichtsgespräch wird auf die erste Hälfte des Filmverlaufs fokussiert, damit allen Schülerinnen und Schülern der Ablauf der Ereignisse in Sakrileg präsent und verständlich ist. Hier kann die kleine Zusammenfassung (M 1) genutzt werden. Die Schülerinnen und Schüler, die den Film gesehen haben, schildern seinen Handlungsgang, die Lehrkraft strukturiert die Beiträge, ergänzt oder berichtigt sie.

Der Filmausschnitt (ca. 25 Minuten)
Dann wird ein Ausschnitt des Films Sakrileg mit dem oben erläuterten theologischen Disput zwischen Leigh und Langdon vor Neveau gemeinsam angeschaut. Der Ausschnitt dauert etwa 25 Minuten (je nachdem, an welcher Szene man genau einsetzt) bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Mönch Silas im wahrsten Sinne des Wortes eingreift.
Die Schülerinnen und Schüler, die den Film kennen, fassen den zweiten Teil bis zum Ende zusammen, so dass die ganze Lerngruppe wieder auf einem gemeinsamen Ausgangspunkt für die folgenden Vertiefungen ist.

Die Dekonstruktion

Die Reflexion des theologischen Disputs aus dem Film kann in Gruppenarbeit mit Texten zu den drei Themen „Da Vincis Abendmahlsbild“, „Heiliger Gral“ sowie der „Beziehung von Jesus zu Maria Magdalena“ breit angelegt werden oder exemplarisch an einem Thema mit Bildbetrachtung im Plenum und Texterschließung in Einzelarbeit vertieft werden.

Textarbeit in Expertengruppen – Variante A (15 Min.)
Die Schülerinnen und Schüler teilen sich in Dreier-Stammgruppen und erhalten drei verschiedene Texte zur Erarbeitung in Einzelarbeit zu den genannten Themen (M 2).
Sie haben gut zehn Minuten Zeit, um sich ihren Text zu erschließen. Danach kommen sie thematisch gebündelt zu drei Expertengruppen zusammen und tauschen sich über die wesentliche Inhalte ihres Themas aus. Die Experten nehmen das Ergebnis mit zurück in ihre Stammgruppen und stellen es dort vor.

Der Arbeitsauftrag lautet:
„Bilden Sie Dreiergruppen. Sie bekommen in jeder Gruppe drei verschiedene Texte: zum Abendmahlsbild, zum Heiligen Gral und zu Maria Magdalena. Verteilen Sie diese Texte untereinander und wählen Sie Ihr Thema. Jede/r in der Dreiergruppe ist nun Experte für ein Thema. Sie haben zehn Minuten Zeit, Ihren Text zu erarbeiten. Danach treffen sich alle Experten aus einem Themenbereich und tauschen sich über die wichtigen Inhalte ihres Textes aus, dafür haben Sie gut fünf Minuten Zeit. Mit den Infos geht es zurück in Ihre Dreiergruppe, dort stellen Sie Ihr Thema vor, dafür insgesamt noch einmal knapp zehn Minuten Zeit.“

Bildbetrachtung im Plenum – Variante B (30 Min.)
Es gibt Lerngruppen, die kaum für Gruppenarbeit zu motivieren sind. Für sie legt sich folgende Vertiefung nahe. Im Plenum wird das Bild Abendmahl von Leonardo da Vinci betrachtet (Projektion per OHP, Dia, Beamer oder als (Farb)kopie an alle Schülerinnen und Schüler) und etwa nach der Sehschule von Günter Lange erschlossen. Dieser Abschnitt kann intensiv bis zu 30 Minuten durchgeführt werden und auf die Person zur Rechten Jesu fokussiert werden. Die Schülerinnen und Schüler können anhand diverser Stilmerkmale zwischen den Zuschreibungen dieser Person als Maria Magdalena oder als Lieblingsjünger Johannes differenzieren. Bei in dieser Methode eher ungeübten Lerngruppen schließt eine Erarbeitung des Textes über Maria Magdalena (M 2a) an eine kürzere Bildbetrachtung von zehn bis 15 Minuten an.

Der Ertrag (10 Minuten)
Zum Ende der Doppelstunde bleiben zehn Minuten für eine Ergebnissicherung im Plenum. Die Lehrkraft zeichnet eine Skizze des Abendmahlsbildes von Leonardo an die Tafel und schreibt „Da Vinci Code“ auf die Stirn des Abendmahlstisches und darunter die Worte Bild, Gral und Maria Magdalena.
Im Unterrichtsgespräch wird anhand dieser Stichworte der Ertrag gesichert, wie die Schülerinnen und Schüler den Da Vinci Code entziffern und dekonstruieren.

  • Die Schülerinnen und Schüler sehen auf dem Abendmahlsbild von Leonardo da Vinci die Jünger Jesu und erkennen in den weiblich anmutenden Merkmalen der Person zur Rechten von Jesus Insignien des Lieblingsjünger Johannes.
    Dekonstruktion: Maria Magdalena auf dem Bild zu sehen, ist nicht das Werk Leonardos, sondern gehört zum Dan Brown Code, den der Autor für Sakrileg nutzt.
  • Die Schülerinnen und Schüler kennen die beiden Traditionslinien des Grals in den biblischen Erzählungen vom Abendmahl und vom Kreuz sowie ihre Verknüpfung mit der Artussage und weiteren Legendenkränzen im Mittelalter.Dekonstruktion: Der Gral ist kein V zwischen Jesus und der Person zu seiner Rechten auf Leonardos Bild als Symbol für das Gefäß, den Schoß einer Frau, in dem eine königliche Traditionslinie (aus-)getragen wird.
  • Die Schülerinnen und Schüler eignen sich Grundkenntnisse über die historische Person der Maria Magdalena aus dem biblischen Befund an.
  • Dekonstruktion: Es gibt keine Beziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena, aus der leibliche Nachkommen entstanden sind.

 

Mögliche Weiterarbeit:
a. Leitungsfunktion von Frauen in der frühen Christenheit
Die im dritten Aspekt genannten Grundkenntnisse über Maria Magdalena lassen sich wirkungsgeschichtlich über den biblischen Befund hinaus erweitern. Dazu finden sich im Material zwei Texte zur Erarbeitung. Andrea Taschl-Erbers Text (M 3a) legt den Akzent auf die frühchristlichen Auseinandersetzungen um Leitungsfunktionen von Frauen in den ersten christlichen Gemeinden. Peter Lampes Text (M 3b) zeigt die Entwicklungen der literarischen Person Maria Magdalenas in gnostischen Texten aus den ersten Jahrhunderten auf. Beide Texte erläutern zahlreiche Hintergründe, auf die auch im theologischen Disput im Sakrileg Bezug genommen wird.

b. Vergleich von Roman und Verfilmung
Eine weitere zeitintensive Vertiefung bietet sich im Vergleich von Roman und Verfilmung, die hier nur angedeutet werden kann. Der theologische Disput umfasst die Kapitel 54 bis 63 des Romans.
Mit Hilfe von zwei Leseperspektiven kann die Erschließung des Unterschieds erfolgen: Eine erste Perspektive ist, sich den Unterschieden zwischen Buch und Film über die Darstellung der Personen zu nähern. Die oben ausgeführte Differenzierung im Film auf drei Positionen ist erst für diesen entwickelt, im Roman gibt es nur zwei.
Eine zweite Perspektive liest aus dem Buch, was für den Film übernommen wird, was wegfällt und was verändert wird . Für diese Vergleiche empfiehlt sich, zuerst den Textteil zu erarbeiten, dann die Filmausschnitte zu sehen und dann die Hintergründe zu re/dekonstruieren.
Die gemeinsame Lektüre der Kapitel 54 und 55 des Romans kann zu einer Erschließung der beiden Themenfelder Entstehung des neutestamentlichen Kanons und Zweinaturenlehre Jesu Christi hinführen. Die Darstellung der Kanonisierung des NT als Werk Konstantins mit der Absicht einer Säuberung der Schriften von der menschlichen Natur Jesu und einer Betonung der göttlichen ist am historischen Prozess zu widerlegen. Anschließend können die Ergebnisse des Konzils von Nicäa auf ihre Wiedergabe im Roman untersucht werden.

 

Literatur

  • Brown, Dan: Sakrileg, Bergisch Gladbach 2004.
  • Taschl-Erber, Andrea: Maria von Magdala. Galionsfigur in frühchristlichen Auseinandersetzungen um Leitungsfunktionen von Frauen, in: Frauen in der frühen Kirche, Bibel und Kirche 4/10, S. 238-242.
  • Lampe, Peter: Küsste Jesus Magdalenen mitten auf den Mund? Neukirchen 2007, S. 13-18.
  • Lange, Günter: Bilder zum Glauben, München 2002.
  • Valentin, Joachim: Sakrileg – eine Blasphemie? in: info 2/2006 (Beiträge für Religionslehrer/innen aus dem Bistum Limburg) 2006, S. 67-73.
Leonardo da Vinci
Leonardo da Vinci, Das Abendmahl, 1494 bis 1498, Kloster Santa Maria delle Grazie, Mailand