Gender Parcours

von Heike Schlottau

 

Wie im Sport beim Zirkeltraining bietet diese Arbeitseinheit Gelegenheit, an mehreren Stationen etwas zu lernen. Die Teilnehmenden besuchen mit ihrer Gruppe nacheinander verschiedene Stationen zum Thema “Gender” und lösen die Aufgaben. Die Aktion eignet sich zum Beispiel für den Konfirmandenunterricht oder JuLeiCa-Kurse (Ausbildung zur Leitung von Jugendgruppen). Sie dauert – je nach Anzahl der Stationen im Parcours – ca. zwei bis drei Stunden und ist hier für zwölf bis 24 Teilnehmende geplant. Die Vorüberlegungen zum Thema in der Einleitung und die kurze Begriffsklärung können als Einstieg genutzt werden. Danach bilden die Teilnehmenden Gruppen und starten den Parcours.

 

1. Junge oder Mädchen? Der erste Blick kann täuschen

Gott nimmt uns an, so wie wir sind, es spielt keine Rolle, ob wir Mann sind oder Frau. Nach biblischem Verständnis vertraut Gott den Menschen seine Schöpfung an und beauftragt sie gemeinsam, Verantwortung füreinander und für die Erde zu tragen. Alle Menschen haben vor Gott gleichen Wert und gleiches Recht.

Wir wollen etwas davon leben in der Art, wie wir miteinander umgehen, wie wir uns Menschen gegenseitig wahrnehmen und achten. Wir sind oft noch entfernt davon, gerecht miteinander umzugehen.

Am Beispiel der Verhältnisse zwischen Männern und Frauen, Mädchen und Jungen können wir unsere Aufmerksamkeit und unser Handeln schulen.

In einer fremden Gruppe gibt es einige wenige, mit denen wir zuerst ein Lächeln austauschen, wenn wir uns begegnen. Bei einer Tagung mit Jugendlichen gehörte sie dazu: eine junge Frau, kräftig, mit burschikosem Auftreten und mit sehr kurzen, blond gefärbten Haaren. Eine lange Strähne hing ihr in die Stirn. Beim Essen erklärte ich – von Tisch zu Tisch gehend – wohin das Geschirr abgeräumt werden solle. Sie saß an einem Tisch mit fünf Jungen. Da ich fürchtete, die Jungen würden nicht zuhören, weil Geschirr abräumen nicht ihre Sache sei, war ich froh, dass sie mit am Tisch saß, und ich erklärte ihr mein Anliegen in der Hoffnung, sie würde den Auftrag an ihre Gruppe weitergeben. Das tat sie dann auch. Sie hatte Verständnis – ganz so, wie ich es unterstellt hatte.

In einem Teamgespräch am späten Nachmittag stellte sich heraus: Sie ist ein Junge. Ich hatte mich heftig getäuscht. Meine Kollegin, die ihn gleich als Jungen erkannt hatte, fand ihn von Beginn an recht schwierig. Ich war sehr irritiert: darüber, dass ich mich getäuscht hatte, darüber, dass ich das Klischee “Jungen räumen nicht ab” ohne Überlegung angewendet hatte und schließlich viel mehr noch über etwas anderes: Weil ich geglaubt hatte, sie sei ein Mädchen, war ich ihr – oder jetzt besser: ihm – offenbar anders begegnet. Hätte ich sie für einen Jungen gehalten, hätte ich Dominanzgebaren erwartet. Vorsorglich hätte ich mein Anliegen etwas forscher und entschiedener vorgebracht, um Einwände gar nicht aufkommen zu lassen. Ihm begegne ich anders und – merkwürdig – auch er verhält sich anders.

In alltäglichen Situationen entscheiden wir sehr schnell, ob uns gerade ein Mädchen oder ein Junge, ein Mann oder eine Frau begegnet. Kleidung, Haltung, Gestik, Mimik scheinen uns genug Anhaltspunkte zu bieten, um im Bruchteil einer Sekunde das Geschlecht des Gegenübers festzulegen. Spontan ordnen wir das Gegenüber zu. Diese Unterscheidung ist im Alltag hilfreich und erleichtert die Orientierung und Kommunikation, doch sie hat enorme Konsequenzen: Eine Identifikation des Gegenübers als Frau bzw. als Mann ist mit der Zuschreibung von Eigenschaften, Verhaltensweisen und Erwartungen verbunden. Dies geschieht jeden Tag unzählige Male. Mit diesen Verhaltensmustern ordnen und stabilisieren wir unsere Welt- und Gesellschaftsbilder. In alltäglichen Interaktionen schaffen und bestätigen wir handelnd immer wieder neu, was uns als Normen, Regeln, Strukturen begegnet.

Diese Überlegungen lassen erkennen, welche Bedeutung die Allgegenwart von Geschlecht für die alltägliche Wahrnehmung, die Organisation des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die Ausbildung der sozialen Strukturen der Gesellschaft, die Verteilung von Macht und Einfluss hat. Andererseits scheint auch auf, dass nicht die Dinge, in diesem Falle die Geschlechter selbst, allein bestimmen, was sie sind, sondern erst die Bedeutung, die wir ihnen geben, das aus ihnen macht, was sie scheinen. Dadurch wird die Frage nach dem “sozialen Geschlecht” (“gender”) besonders interessant.

Es ist gut, die eigenen verborgenen Vorstellungen von Geschlecht zu kennen und etwas zu wissen über die Ge­schlechterverhältnisse in unserer Gesellschaft, in der Kirche, der Schule und dem Alltag von Jugendlichen. In diesem Sinne bietet der folgende “Gender Parcours” Anregungen.

Der Parcours eignet sich gut für Reflexionen über die so­ziale Seite von Geschlechterordnungen, weil er die Jugend­lichen in intensive Gespräche miteinander bringt und sie in Arbeitsgruppen selbst zum Thema aktiv werden können.

 

2. “Sex” und “Gender”: Kurze Begriffsklärung

Die folgende Begriffsklärung dient zur eigenen Vergewisserung der Übungsleitung vor der Durchführung des Gender Parcours, sie kann zugleich zu Beginn des Parcours mit den Teilnehmenden diskutiert werden und einen Einstieg ins Thema bilden.

Sex & Gender
Zum Einstieg schreibt das Team die Überschriften (“sex” und “gender”) auf ein Flipchartblatt und erinnert daran: Im Englischen gibt es für das Wort “Geschlecht” zwei Begriffe, nämlich “sex” und “gender”. Wenn man genauer markieren will, über welchen Aspekt von Geschlecht man gerade sprechen möchte, ist es hilfreich, die englischen Begriffe zu verwenden. Sie sollen kurz besprochen werden. Wenn die Teilnehmenden wissen, was die Begriffe bedeuten, erklären sie selbst die Begriffe und nennen Beispiele, wenn nicht, erklärt die Übungsleitung und notiert Stichworte, z. B. so:

Sex
... meint das biologische Geschlecht, die körperlichen Erscheinungsformen von Geschlecht.

Angeboren, nicht veränderbar (bzw. nur schwer), meist klare Zuordnung


Gender
... meint das soziale Geschlecht.

Der Begriff beschreibt, was Menschen in die biologischen Unterschiede hinein interpretieren. Es geht z.B. um Eigenschaften, Verhaltensweisen, Erwartungen, Wertigkeiten, die mit “männlich” bzw. “weiblich” verbunden werden.

Männlichkeit und Weiblichkeit können – je nach Kultur, Land, geschichtlicher Epoche und Milieu etwas ganz anderes bedeuten.

Diese Aspekte von Geschlecht sind erlernt und damit auch veränderbar.

Der Parcours dreht sich um das Thema “Gender”. Es geht bei der Arbeitseinheit also nicht so sehr um angeborene Geschlechterunterschiede, sondern darum, welche Bedeutung Menschen dem Mädchen-Sein oder dem Junge-Sein / dem Mann-Sein oder Frau-Sein geben und es geht um die Folgen, die das für das Zusammenleben der Geschlechter hat.
 

Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming ist ein Verfahren, das hilft, sich bei allen Aktivitäten (sei es in der Politik, in der Verwaltung, in der Medizin, der Kirche oder auch in der Jugendarbeit) geschlechtergerecht zu verhalten.

Die Europäische Union, die Bundesregierung und auch viele Landeskirchen haben – wie viele andere Organisationen auch – verabredet, “Gender Mainstreaming” zu verwirklichen. Wie das genau geschieht, interessiert im Kontext dieses Parcours nicht. Es geht vielmehr darum, über die Bedeutung von Männlichkeit und Weiblichkeit in unserer Gesellschaft nachzudenken.

 

3. Parcours mit drei bis vier Stationen

In kleinen Gruppen durchlaufen die Teilnehmenden drei oder vier der hier beschriebenen Stationen. Für jede Station sind 30 Minuten Arbeitszeit vorgesehen, so dass die gesamte Aktion mit Einstieg und Auswertung zwischen zwei und drei Stunden dauert. Die Stationen sind:

  • Mädchensachen – Jungensachen
  • Angeboren oder anerzogen?
  • 100 Menschenbilder
  •  Planung eines Gruppenabends / einer Freizeit (die Station ist besonders für JuLeiCa-Kurse, angehende Erzieher und Erzieherinnen sowie andere Multiplikatoren und Multiplikatorinnen geeignet).

Werden drei Stationen eingerichtet, so sollten nicht mehr als 18 Personen teilnehmen. Sind mehr beteiligt, sollte eine vierte Station im Parcours vorgesehen und eine halbe Stunde mehr Zeit eingeplant werden. Mehr und andere Stationen finden sich in den Arbeitshilfen (s. Literatur).


Vor dem Start:

  • Das Team bereitet die Räume für die Parcours-Stationen vor und legt Aufgaben und Materialien für die Gruppen in den Räumen bereit. Jede Station kann von einem Teamer oder einer Teamerin angeleitet werden. Die Übungsleitung kann aber auch die schriftlichen Arbeitsaufträge (M 1) auslegen, dann organisieren die Gruppen ihre Arbeit selbst.
  • Laufzettel für die Gruppen vorbereiten (M 2)
  • Die Teilnehmenden bilden Gruppen von vier bis sechs Personen.
  • Jeder Gruppe stehen 30 Minuten pro Station zur Verfügung, dann wird gewechselt. Alle Gruppen müssen die Zeiten einhalten, sonst gibt es einen Stau.

 

M 1: Arbeitsaufträge für die Stationen

Mädchensachen – Jungensachen

Zieht nacheinander je einen Gegenstand aus dem Korb / Sack.
Jede Person entscheidet, auf welchen Haufen sie den Gegenstand legt.

Es gibt drei Möglichkeiten:

  • Haufen für Mädchensachen
  • Haufen für Jungensachen
  • Haufen für beide

Die anderen sagen ihre Meinung dazu.

Tragt auf der Liste ein, wie ihr euch entschieden habt. Wenn es unterschiedliche Meinungen gibt, macht mehrere Kreuze. Nehmt eure ausgefüllte Liste mit und packt bitte die Sachen wieder ein. Danke!

 

Angeboren – erworben

Wählt nacheinander je ein Kärtchen aus (M4).

Stimmt ihr den Aussagen zu?
Wie ordnet ihr die Kärtchen auf einer Skala zwischen angeboren (“Sex”) und erworben (gesellschaftlich geformt / “Gender”) ein?

Die Gruppe diskutiert über jedes Kärtchen und klebt die Kärtchen auf das große Blatt.

Nehmt euer Blatt bitte mit.

 

100 Menschenbilder

Schaut euch die Bilder in Ruhe an.
Jede / jeder wählt zwei Bilder aus: Eines, das für dich persönlich “Männlichkeit” und eines, das für dich “Weiblichkeit” darstellt. (Nicht: was ist typisch weiblich oder männlich!)

Stellt in der Gruppe eure Auswahl vor, begründet eure Entscheidung.

Zum Schluss: Wie war die Auswahl der Bilder in der Gruppe? Wurden eher ähnliche Vorstellungen präsentiert oder vielfältige?

Legt die Bilder bitte wieder im Raum aus.
Danke!

 

Planung einer Aktion

Plant eine Veranstaltung für Kinder oder Jugendliche zu einem beliebigen Thema.

(Einen Gruppennachmittag, eine Freizeit, eine Party. Zum Beispiel: Eine Nachtveranstaltung für Jugendliche in eurer Kirche, eine Arbeitsgruppe für Kinder zum Reformationstag, eine Sitzung eurer Jugendvertretung …)

Mädchen und Jungen sollen bei der Veranstaltung gut berücksichtigt werden. Nutzt das Raster als Planungshilfe.

Haltet eure Ergebnisse in Stichpunkten fest und nehmt den Zettel mit.

 

M 2: Laufzettel

  Genderparcours Gruppe 1
Zeit Thema Raum
30 Min Angeboren oder Anerzogen?  
30 Min Mädchensachen - Jungensachen  
30 Min 100 Menschenbilder  
30 Min Planung einer Aktion  

 

  Genderparcours Gruppe 2
Zeit Thema Raum
30 Min Planung einer Aktion  
30 Min Angeboren oder Anerzogen?  
30 Min Mädchensachen - Jungensachen?  
30 Min 100 Menschenbilder  

 

  Genderparcours Gruppe 3
Zeit Thema Raum
30 Min 100 Menschenbilder  
30 Min Planung einer Aktion  
30 Min Angeboren oder Anerzogen?  
30 Min Mädchensachen - Jungensachen?  

 

 

Station: Mädchensachen – Jungensachen

Ziele
Die Teilnehmenden überlegen, inwieweit bestimmte Gegenstände nur oder vorwiegend von Mädchen oder von Jungen benutzt werden und warum das so ist.


Durchführung

Die Teilnehmenden ziehen nacheinander jeweils einen Gegenstand aus dem Sack / Korb. Jede Person entscheidet, auf welchen Haufen sie den Gegenstand legt, auf den für Mädchensachen oder den für Jungensachen. Eventuell richtet die Gruppe einen dritten Haufen ein: “für beide” (siehe Aufgabenblatt). Die Gruppe diskutiert jeweils über die Entscheidung:

  • Welche Zuordnung ist in unserer Gesellschaft üblich?
  • Wo gibt es eine klare Entscheidung für Jungen bzw. Mädchen? Welche Gegenstände werden von beiden benutzt?
  • Wie beurteilen die Teilnehmenden die Zuordnung? (z.B. Hat sich in den letzten Generationen etwas verändert? Wie ist es wohl in anderen Teilen der Welt?)


Material

Zugedeckter Korb oder Sack mit Gegenständen, die Jungen und / oder Mädchen nutzen. Der Korb / Sack liegt in der Mitte und enthält z. B.: Nagellack, Deo, Spielzeugauto, Fußball, Volleyball, Handtasche, Fahrradhelm, Kochlöffel, Schraubendreher, Computermaus, Alkohol, Tee, Telefon, Kuscheltier, Rasierer, Wasserpistole, Armband, Sonnen­- brille, Kerze, Spitzentaschentuch, Tempotücher, Computerspiel (die Gegenstände variieren, je nach Altersgruppe, um die es geht). Liste zum Ankreuzen und Stifte. (M 3)

 

M 3: Liste zum Auslegen
Mädchensachen – Jungensachen


Sache


für Mädchen


für Jungen


für beide

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Station: angeboren – anerzogen

Ziele
Die Teilnehmenden diskutieren darüber, welche Wirkungen das biologische Geschlecht und die Erziehung sowie die gesellschaftlichen Rollen auf Verhaltensweisen und auf die Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit haben.


Durchführung

Die Teilnehmenden der Gruppe ziehen nacheinander eine der verdeckt liegenden Karten, diskutieren über die Aussage und sortieren sie auf der Skala zwischen angeboren – erworben ein.


Material

Je Gruppe ein Flipchartblatt, Klebe und ein Satz der Karten “angeboren – erworben”. (M 4)
Das Team hat die Flipchartblätter vorbereitet und jeweils die Endpunkte einer Skala markiert mit den Worten “angeboren” und “erworben”.

(Vgl. Landesjugendring Schleswig-Holstein e.V. (Hrsg.): Arbeitshilfe zur Grundausbildung ehrenamtlicher MitarbeiterInnen in der Jugendarbeit. Kiel 2007)

 

M 4: Karten: angeboren – erworben

Hinweis: Die Aussagen können in Kartengröße als Kopiervorlagen heruntergeladen werden: schlottau_karte.pdf

  • Mädchen kümmern sich mehr um andere Menschen
  • Männer vertragen mehr Alkohol
  • Mädchen sind braver
  • Frauen sind häufiger für die Betreuung der Kinder zuständig
  • Jungen sind körperlich gewalttätiger
  • Mädchen neigen zu Selbstzerstörung (Magersucht, Ritzen ...)
  • Mädchen machen häufiger das Abitur
  • Frauen können besser zuhören
  • Frauen verdienen bei gleicher Qualifikation weniger als Männer
  • Männer leiten besser
  • Jungen begehen häufiger Selbstmord
  • Männer wollen schneller und häufiger Sex
  • Männer haben tiefere Stimmen
  • Jungen werden häufiger Opfer von Schlägereien als Mädchen
  • Jungen spielen mit Autos
  • Frauen reden mehr
  • Frauen sind kleiner und ausdauernder
  • Mädchen spielen mit Puppen
  • Männer leben im Durchschnitt sieben Jahre kürzer
  • Jungen leiden häufiger an Allergien
  • Männer haben Bärte
  • Frauen werden schwanger
  • Männer können besser einparken
  • Frauen kaufen gerne Schuhe

 

Station: Planung einer Veranstaltung

Ziele
Die Teilnehmenden lernen ein Raster für eine “geschlechtergerechte Planung und Auswertung von Aktivitäten” kennen und erproben an einem Beispiel die Anwendung dieser Arbeitshilfe.


Durchführung

Plant mit der Gruppe eine Veranstaltung zu einem beliebigen Thema (z. B. einen Gruppennachmittag, eine Freizeit, eine Party, eine Nachtveranstaltung für Jugendliche in eurer Kirche, eine Arbeitsgruppe für Kinder zum Reformationstag, eine Sitzung eurer Jugendvertretung).

Nutzt das Raster als Planungshilfe.
Haltet eure Ergebnisse in Stichpunkten fest.


Material

Für alle Teilnehmenden eine Kopie des Rasters (M 5). Papier und Stifte.

M 5

Raster zur geschlechtergerechten Planung, Durchführung und Auswertung von Veranstaltungen und Projekten

Zielgruppe

1. Wen spreche ich mit der Veranstaltung an?

  • a. Falls die Gruppe unbekannt ist: Welche Mädchen/ Jungen, Männer/Frauen sollen kommen? (Ge­schlecht, Alter, soziale Herkunft, Szene, Lebensform, Besonderheiten)
  • b. Falls die Gruppe der Teilnehmenden bekannt ist: Was weiß ich über sie? (Geschlecht, Alter, soziale Herkunft, Szene, Lebensform, Besonderheiten)


2. Werden bestimmte Personen aufgrund des Termins ausgeschlossen? (Familie, Schule, Ausbildung, Beruf, An- und Abreisemöglichkeiten, Kinderbetreuung, Ehrenamt, Parallelveranstaltungen)


Themen und Inhalte

  1. Wer bringt Ideen zum Thema ein? Wie können Anliegen und Erfahrungen von unterschiedlichen Teilnehmenden in die Veranstaltung / das Projekt einfließen?
  2. Was könnte welche Mädchen und Jungen / bzw. Männer / Frauen am Thema der Veranstaltung interessieren?
  3. Welche geschlechterbezogenen Aspekte sind im Thema enthalten?
  4. Was kann die Bearbeitung des Themas zum Ziel der Geschlechtergerechtigkeit beitragen?
  5. Wie spricht der Titel der Veranstaltung oder des Projekts Mädchen bzw. Jungen, Frauen bzw. Männer an?


Programmgestaltung und Werbung

  1. Ist das Programm / die Einladung geschlechtergerecht gestaltet (z.B. inklusive Sprache, welche Bilder)?
  2. Wie sieht der Verteiler zur Werbung für die Veranstaltung aus? (Wie erreicht das Programm unterschiedliche Mädchen und Jungen / Frauen und Männer?)


Organisation und Mitwirkende

  1. Wenn die Veranstaltung für Mädchen und Jungen / Frauen und Männer geplant ist – ist auch das Team der Mitwirkenden gemischt?
  2. Wie sieht die Aufgabenverteilung im Team aus? Wer macht was? Bleibt das immer gleich?
  3. Wer bekommt welche Informationen und wann?


Arbeitsweisen

  1. Wen sprechen welche Methoden besonders an?
  2. Inwieweit nehmen die Arbeitsmaterialien unterschiedliche Lebenslagen der Teilnehmenden auf? (Repräsentieren Filme, Bilder, Texte usw. eine breite Palette von Geschlechterbildern, Ethnien, Lebensformen, kulturellen und sozialen Milieus?)
  3. Wie können Mädchen und Jungen / Männer und Frauen sich an der Gestaltung der Veranstaltung beteiligen?
  4. Ist es sinnvoll, Aktivitäten in geschlechterhomogenen Gruppen einzuplanen? Wie wird gegebenenfalls der Austausch zwischen den Gruppen angeregt?
  5. Wie ist die Gesprächskultur? Wer redet viel? Wie ist der Umgang miteinander?


Veranstaltungsort

  1. Wie ist der Veranstaltungsort mit Verkehrsmitteln zu erreichen?
  2. Gibt es auf dem Weg “Angst-Ecken” oder gefährliche Strecken?
  3. Wie ist der Ort geeignet? (Atmosphäre, Platz, Ausstattung?)


Auswertung

  1. Ließ sich ein besonderes Interesse von Mädchen / Frauen bzw. Jungen / Männern an der Veranstaltung oder an bestimmten Teilen der Veranstaltung feststellen?
  2. Gab es unterschiedliche Rückmeldungen der weiblichen bzw. männlichen Teilnehmenden, worin haben sie sich unterschieden?
  3. Wie konnten Mädchen und Jungen / Frauen und Männer ihre Interessen und Erwartungen in die Planung und den Verlauf der Veranstaltung einbringen?
  4. Welche Gedanken zur Weiterarbeit an dem Thema äußerten Mädchen und Jungen / Frauen und Männer?
  5. Welche Konsequenzen für mehr Geschlechtergerechtigkeit lassen sich ziehen und wie können diese Konsequenzen an andere weitergegeben werden?

 

Station: 100 Menschenbilder

(Es ist gut, wenn jemand vom Team diese Station begleitet, um Impulse zur Diskussion zu geben.)


Ziele

Die Aktion macht Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit bewusst. Sie regt ein Gespräch über Stereotypien oder Vielfalt dieser Bilder an und hilft, über ihre Ursprünge und Wirkungen nachzudenken.


Durchführung

Eine Auswahl von Bildern (Fotos, Postkarten) liegt auf Tischen oder auf dem Boden aus. Die Teilnehmenden schauen sich in Ruhe alle Bilder an und jede und jeder wählt zwei Bilder aus zur Frage:

  • Welches Bild verkörpert für dich Weiblichkeit?
  • Welches Bild verkörpert für dich Männlichkeit?
  • (Nicht: Was ist typisch weiblich bzw. männlich!)


Auswertung

Die Teilnehmenden stellen sich die ausgewählten Bilder vor, begründen ihre Auswahl und erläutern ihre Assoziationen zu den Bildern.
 

Impulse zur Diskussion
Die zusammenfassende Diskussion kann sich um folgende Aspekte drehen:

Wurden überwiegend Bilder ausgewählt, die dem traditionellen Muster von Zweigeschlechtlichkeit entsprechen, bei dem Männlichkeit als der eine Pol und Weiblichkeit als der entgegengesetzte Pol gesehen wird? Sieht die Gruppe vor allem stereotype Bilder von “typischen” Männern und Frauen oder haben die Teilnehmenden vielfältige, unterschiedliche Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit gewählt? (Deshalb von Männlichkeiten und Weiblichkeiten im Plural reden!)

Wie werden Weiblichkeiten und Männlichkeiten durch Haltung, Gestik, Mimik, Kleidung und Position zu anderen Personen im Bild dargestellt?

Wie konstruieren wir selbst Geschlecht, indem wir Bilder auf eine bestimmte Weise sehen und interpretieren?

Wie wandeln sich die Vorstellungen von Geschlecht? Zu anderen Zeiten und in anderen Kulturen, Altersgruppen und Milieus galten und gelten unterschiedliche Muster als weiblich bzw. männlich. Geschlechterunterschiede sind also auch gesellschaftlich und kulturell “gemacht”.
 

Material
Bilder von Mädchen und Jungen, Frauen und Männern und von Personen, die nicht sofort eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können (z. B. Bilder aus Zeitschriften, der Werbung, Postkarten, Reproduktionen von Kunstwerken, Fotos von Alltagssituationen). In den Bildern sind verschiedene Altersgruppen und unterschiedliche soziale und kulturelle Gruppen repräsentiert. Die Sammlung sollte auf jeden Fall ausreichend Bilder von Personen im Alter der jeweiligen Zielgruppe enthalten.

(Vgl. Burbach / Schlottau (Hrsg.): Abenteuer Fairness. Göttingen 2001, S. 105f.)

 

4. Auswertung und Feedback

Nach dem Ende des Parcours berichten die Gruppen im Plenum, über welche Punkte es am meisten Uneinigkeit gab und worüber dabei diskutiert wurde. Die unterschiedlichen Meinungen sollen noch einmal gehört werden. Hat die Station “Planung einer Veranstaltung” stattgefunden, so können die Gruppen jetzt ihre Planung vorstellen und beschreiben, welche Ideen sie entwickelt haben, um Jungen und Mädchen gerecht zu werden.

Für ein abschließendes Feedback gibt es viele mögliche Verfahren, dies wäre eine einfache Variante:
Welche Anregung nimmst du mit? Was hat dir nicht gefallen? Was hat dir gut gefallen?

 

Literatur

  • Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. (aej) (Hrsg.): Gender Mainstreaming pass(t)genau. Hannover 2004
  • Burbach, Christiane / Schlottau, Heike (Hrsg.): Abenteuer Fairness. Ein Arbeitsbuch zum Gendertraining. Göttingen 2001
  • Evangelische Schüler_innenarbeit in Nordelbien: Spielekartei. Bezug: Koppelsberg 5, 24306 Plön
  • Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung: Gender Mainstreaming in der gesellschaftspolitischen Jugendbildung. Wege zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Berlin 2003. S. 13-16.
  • Frauenausschuss im Landesjugendring Schleswig-Holstein e.V.: Alles im Blick? Check-Karte für Sitzungen, Veranstaltungen, Projekte. Kiel 2007
  • Landesjugendring Schleswig-Holstein e.V. (Hrsg.): Arbeitshilfe zur Grundausbildung ehrenamtlicher MitarbeiterInnen in der Jugendarbeit. Kiel 2007
  • Nordelbisches Jugendpfarramt: Konzept zur Umsetzung von Gender Mainstreaming, Februar 2006

Text erschienen im Loccumer Pelikan 2/2010

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