„Gender“ – Ein Blick in die Presse

Von Kirsten Rabe

 

Homosexuellen-Ehe:
Große Mehrheit für Gleichstellung
Eine klare Mehrheit der Deutschen befürwortet eine rechtliche Gleichstellung bei der Ehe für Lesben und Schwule – aber nach wie vor hält eine Minderheit Homosexualität für „unnatürlich“. Wie eine neue Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ergab, sagten 83 Prozent der Deutschen, die Homo-Ehe sollte erlaubt sein. 18 Prozent gaben aber an, sie hielten Homosexualität für „unnatürlich“. Drei Viertel der Befragten halten es für richtig, wenn homosexuellen Paaren erlaubt wird, Kinder zu adoptieren.
taz, 13. Januar 2017

 

Die Toleranz ist begrenzt
Eine aktuelle Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt, dass die Deutschen Homosexuellen erst einmal aufgeschlossen gegenüber stehen. Doch wer sich die Details der Befragung anschaut, muss feststellen: Die Toleranz ist begrenzt.
Wenn sie Hand in Hand durch die Stadt gehen, dann begleitet Jan Polzer und Fabian Spies immer dieses mulmige Gefühl. Dass sie angeglotzt werden, daran haben sie sich schon länger gewöhnt. Doch inzwischen ist das Klima rauer geworden. Immer öfter müssen sie sich blöde Sprüche anhören, werden als „Schwuchtel“ beschimpft. „Schwul hat sich inzwischen wieder als Schimpfwort etabliert“, sagt Fabian Spies. Einmal an Karneval sei eine Gruppe junger Männer sogar handgreiflich geworden …
Jens Eberl, WDR; www.tagesschau.de/inland/
homosexualitaet-toleranz-101.html
 

Die Gesellschaft rückt nach rechts
Die sogenannte „Mitte-Studie“ brachte im Sommer erschreckende Ergebnisse: Die gesellschaftliche Mitte ist enthemmter, homophober und rassistischer als zuvor.
Die gesellschaftliche Mitte in Deutschland sehnt sich nach konservativen Werten, fühlt sich zunehmend „fremd im eigenen Land“, und erschreckend viele Deutsche finden (immer noch oder wieder) küssende Homosexuelle eklig. Rechtspopulistische Parteien und Bewegungen wie AfD, PEGIDA oder „Besorgte Eltern“ hetzen gegen alles, was anders ist – sei es Sexualität, Religion oder Kultur. Mit Schlagworten wie „Genderwahnsinn“ oder „Islamisierung“ werden die Ängste der Massen geschürt.
Katrin Kämpf, L-Mag 5/2016, 33ff.
 

Ungerade Identität
In Weißrussland sind geschlechtsangleichende Eingriffe kostenlos. Das gesellschaftliche und institutionelle Klima gegenüber transsexuellen Menschen ist dagegen nicht so fortschrittlich.
Alina Meier hat die falsche Ziffer. Denn die ID-Nummer, die jedem weißrussischen Bürger zugeteilt wird, enthält eine Geschlechtszuordnung – zumindest bis 2012. Wer bis dahin seinen oder ihren Pass beantragt hat, bekam als Mann eine ungerade, als Frau eine gerade Zahl zugewiesen.
Olga Deksnis, taz, 5. Januar 2017
 

Transsexuelle nicht psychisch krank
Transsexuelle werden in Dänemark nicht mehr als psychisch krank eingestuft. Zum 1. Januar strich die Gesundheitsbehörde Transsexualität von der Liste psychischer Leiden. Laut dem Gesundheitsministerium in Kopenhagen ist Dänemark das erste Land weltweit, das diesen Schritt getan hat.
taz, 4. Januar 2017
 

Er oder sie?
„George“ erzählt die Geschichte eines zehnjährigen Mädchens, das biologisch ein Junge ist. Ist sexuelle Identität ein Thema fürs Kinderbuch? Unbedingt, sagt Autor Alex Gino.
Als die Spinne stirbt, kommen George die Tränen. Es ist nur eine Geschichte, die Miss Udell ihrer Klasse vorliest, doch für ein empfindsames Kind wie George ist dieser Schluss zu viel. Für die Mitschüler ist das Schluchzen ein gefundenes Fressen: „He, da heult irgendein Mädchen wegen einer toten Spinne.“ – „Das ist kein Mädchen. Das ist George.“ – „Wo ist da der Unterschied?“
Katrin Hörnlein, DIE ZEIT 43, 13. Oktober 2016
 

Ich bin es leid.
Wir dürfen Kranke heilen, als Soldaten unser Leben riskieren und Deutschland bei der Olympiade vertreten. Nur heiraten und Kinder großziehen dürfen wir nicht. Warum eigentlich?
Ich bin es leid, begründen zu müssen, warum ich und alle, die so lieben und begehren wie ich, als Gleiche behandelt werden wollen. Warum müssen wir begründen, dass Schwule und Lesben und Transsexuelle gleiche Achtung verdienen, dass unsere Beziehungen und unsere Familien denselben Schutz des Staates brauchen und dass Kinder zu uns gehören wie zu anderen Eltern auch? Warum? …
Caroline Emcke, DIE ZEIT 34, 16. August 2012
 

Der Zwang, Gernot-Peter zu sein
Sie wurde als Mann geboren. Bremen verweigert ihr die Anerkennung als Frau – wegen eines umstrittenen Gutachtens.
Gernot-Peter ist jetzt Sybill-Constance. Also soll das auch im Ausweis stehen. In Hamburg wäre das kein Problem. In Bremen schon. Hier kämpft Frau de Buer seit Jahren vergeblich – um eine förmliche Anerkennung als Frau. Und eine Heilbehandlung, die ihr biologisches an das wirkliche Geschlecht angleicht. Über drei Jahre schon lebt Sybill-Constance de Buer, 54, als Frau. Rein rechtlich ist sie aber immer noch ein Mann, und auch die Uni Bremen, an der sie heute Jura studiert, führt sie als Mann …
Jan Zier, taz, 7./8. Mai 2016
 

Kein drittes Geschlecht
Vanja findet, er*sie sei weder weiblich noch männlich – und zieht durch alle gerichtlichen Instanzen, um sich im Ausweis „inter/divers“ eintragen zu lassen. Der Bundesgerichtshof aber lehnt das ab: Das Aussparen des Geschlechtereintrags reiche aus.
Im Kampf für eine dritte Option jenseits der Geschlechtseinträge „männlich oder weiblich“ ist Vanja vor dem Bundesgerichtshof (BGH) gescheitert. Vanja kämpft seit Juli 2014 dafür, seinen*ihren Eintrag im Geburtenregister von „weiblich“ auf „inter/divers“ zu ändern. Eine Gruppe von Unterstützer*innen begleitet das Vorgehen mit der Kampagne „Dritte Option“. Angefangen haben sie den Weg durch die gerichtlichen Instanzen vor dem Standesamt Gehrden bei Hannover …
Katharina Schipkowski, taz, 8. August 2016


Paragraf 175.
Entschädigung für verurteilte Homosexuelle

50.000 Männer wurden in der Bundesrepublik nach dem sogenannten Schwulen-Paragrafen verurteilt, teils zu mehreren Jahren Gefängnis. Jetzt sollen sie entschädigt werden.
Menschen, die in der Vergangenheit wegen homosexueller Handlungen von der deutschen Justiz verurteilt wurden, können auf eine Rehabilitierung hoffen. Ein Eckpunktepapier des Justizministeriums stellt in Aussicht, die Urteile aufzuheben, die auf Grundlage des früheren Strafrechtsparagrafen 175 gesprochen wurden. Außerdem sollen Betroffene eine Entschädigung erhalten …
ZEIT ONLINE, 1. Juli 2016