Die Kinder des Monsieur Mathieu - Ein generationenübergreifendes Filmgottesdienst-Projekt

Von Oliver Friedrich

 

In unendlich vielen Filmen geht es um Menschen, die sich verändern. Dabei werden Geschichten von Frauen und Männern erzählt, die aufbrechen, die ein neues Leben beginnen oder sich ihrer Vergangenheit stellen und gerade deshalb nach vorne schauen können. Auch der Film „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ widmet sich diesem Sujet. Von einer ganzen Klasse rüpelhafter Jungen wird darin erzählt, die zu einem großartigen Chor werden und die etwas entdecken, von dem sie lange nichts ahnten: Die Kraft der Musik.

Monsieur Mathieu, ein begeisterter Musiker und arbeitsloser Erzieher, tritt eine Stelle in einem Internat für schwer erziehbare Jungen an. Es gelingt ihm, die Jungen für seine Musik zu begeistern und ihnen durch ihren Gesang Wert und Selbstbewusstsein zu geben, so dass aus den Rüpeln musik- und chorbegeisterte junge Leute werden. – So jedenfalls haben wir in unserem generationenübergreifenden Filmgottesdienst-Projekt diesen Film gesehen und gedeutet.1
 

Mit Filmgottesdiensten Aschermittwoch und den Buß- und Bettag neu gestalten

Die St. Petri-Kirchengemeinde in Buxtehude stand vor drei Jahren vor der Frage, wie der Aschermittwoch und der Buß- und Bettag wieder stärker in das Bewusstsein der Gemeindeglieder gebracht werden können. Dabei entstand die Idee, die beiden Tage mit Filmgottesdiensten zu gestalten, die jeweils am Abend gefeiert werden sollten. Da sowohl der Buß- und Bettag als auch der Aschermittwoch in die dunkle Jahreszeit fallen, konnte diese Idee weiter verfolgt werden, obwohl sich die backsteingotische St. Petri-Kirche nicht verdunkeln lässt.

Von verschiedenen Seiten wurde außerdem immer wieder der Wunsch geäußert, auch Gemeindeglieder an der Gestaltung von Gottesdiensten zu beteiligen. Für Menschen, die Gottesdienste mitgestalten wollen, ist es in der Regel zu wenig, nur Texte vorzutragen, die andere verfasst haben. Sie wollen stattdessen selbst aktiv werden und eigene Gedanken und Gebete im Gottesdienst zur Sprache bringen.

Die Vorbereitung eines Filmgottesdienstes bietet die Möglichkeit, über das Medium Film Personen verschiedenen Alters anzusprechen und miteinander ins Gespräch zu bringen, die im Gemeindeleben sonst eher nebeneinander agieren. Das gemeinsame Anschauen eines Filmes und die sich daran anschließenden Gespräche ermöglichen einen generationenübergreifenden Austausch, weil jeder und jede sagen kann, was er oder sie an diesem Film besonders ansprechend findet oder welche Fragen sich gestellt haben. Von diesen Gesprächen ausgehend ist es dann auch für Menschen, die es nicht gewohnt sind, Texte zu verfassen, recht leicht, eigene Gedanken zu Papier zu bringen.


Schritte zu einem Filmgottesdienst unter Beteiligung von Gemeindegliedern

Folgende Schritte waren nötig, um einen Filmgottesdienst feiern zu können, in dem wesentliche Ausschnitte des Films gezeigt wurden und Deutungen des Films aus verschiedenen Perspektiven vorgetragen werden konnten.

  1. Durch persönliche Ansprache fand sich ein generationenübergreifendes Team zusammen, das aus Mitgliedern der örtlichen Jugendgruppe, Studenten und Erwachsenen mittleren Alters bestand.
  2. Der Flötenkreis der Gemeinde konnte gewonnen werden, den Gottesdienst musikalisch zu gestalten, und fand sich bereit, für den Gottesdienst Musikstücke einzustudieren, die zur Filmmusik des Films gehörten. Dazu war natürlich das rechtzeitige Beschaffen der Noten wichtig.
  3. Das Gottesdienstteam traf sich zunächst zu einem Filmabend bei Chips und Cola, um den Film gemeinsam anzuschauen und im Anschluss zu diskutieren. Dabei kristallisierten sich im konkreten Fall des Films „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ zwei Deutungslinien heraus: Einerseits ging es den Teilnehmenden um die Bedeutung und die Kraft, die Musik für Menschen haben kann und die sie selbst erfahren haben. Andererseits ging es um die Frage nach dem Selbstbewusstsein und den Wert des Menschen. Von diesen beiden Deutungslinien ausgehend wurden wesentliche Filmszenen gesammelt, die auf jeden Fall im Gottesdienst gezeigt werden sollten.
  4. Allein oder zu zweit haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der folgenden Woche ihre Gedanken zum Film aufgeschrieben. Der Pastor hatte die Aufgabe, eine Gottesdienstordnung zu entwerfen und Überleitungstexte zu formulieren, die die einzelnen Filmausschnitte miteinander verbinden würden.
  5. An einem zweiten Abend trugen die Teilnehmenden die entstandenen Texte dem Team vor. Die Gottesdienstordnung wurde besprochen und weitere Aufgaben wurden verteilt. Außerdem hatten die Jugendlichen die Idee, den Gottesdienst damit zu beenden, Papierflieger von der Orgelempore in das Kirchenschiff gleiten zu lassen, um so das Ende des Films „spürbar“ in die Kirche zu holen und eine Erinnerung an die beginnende Fastenzeit zu haben, die mit nach Hause genommen werden konnte.
  6. Am Aschermittwoch, dem Tag des Gottesdienstes, wurde die technische Ausrüstung rechtzeitig aufgebaut und auf Funktionsfähigkeit überprüft. Alle Teilnehmenden trafen sich sehr frühzeitig zu einer Sprechprobe2.


 Der Gottesdienstablauf im Überblick

  • Musik zu Beginn
  • Begrüßung und Gebet
  • Lied: EG 604, 1-3 Wo ein Mensch Vertrauen gibt
  • Hinführung zum Film:
    Filmausschnitt I (Anfang, Film Kapitel 1 bis 4)
    Überleitung
    Filmausschnitt II (Film Kapitel 9 +10 +11)
    Überleitung
    Filmausschnitt III (Film Kapitel 14 +15 +16)
    Überleitung
    Filmausschnitt IV (Film Kapitel 17)
    Überleitung
    Filmausschnitt V (Schluss, Kapitel 23)
     
  • Gedanken zum Film:
    Wertschätzung kann viel bewirken
    An das Gute in den Kindern glauben
     
  • Musik
  • Gedanken zum Film:
    Musik hat meine Jugend geprägt
    Musik schafft einen geschützten Raum
  • Musik
  • Gedanken zum Film:
  • Neue Wege – Aufruf zur Fastenaktion
  • Musik
  • Zusammenfassende Kurzpredigt mit Lesung Mk 1,9-11
  • Abendlied: EG 486, 1-3 Ich liege, Herr, in deiner Hut
  • Fürbittengebet und Vaterunser
  • Segen
  • Aktion: Papierflieger


Technische Hinweise

  • Ein Filmgottesdienst braucht gute Technik, damit er nicht peinlich wird, und Menschen, die bereit sind, sich um die Technik vorher und während des Gottesdienstes zu kümmern.
  • Die Größe der Leinwand muss dem Kirchraum angepasst sein. Ideal ist es, wenn die Leinwand den Altar nicht verstellt.
  • Damit der Film gut zu sehen ist, ist ein lichtstarker Beamer zwingend.
  • Es muss sichergestellt sein, dass die Tonübertragung funktioniert: Manchmal lässt sich die Tonquelle direkt an die Lautsprecheranlage der Kirche anschließen, manchmal muss eine eigene Lautsprecheranlage aufgebaut werden. Die Möglichkeiten der Tonübertragung unbedingt rechtzeitig vorher prüfen und ausprobieren.
  • Es dürfen nur Filme gezeigt werden, von denen eine DVD mit Aufführungsrechten für nichtkommerzielle Nutzung vorhanden ist. In der Regel können DVDs mit Aufführungsrechten über die Medienstellen der Landeskirchen beschafft werden.
  • Es darf nicht mit dem originalen Filmtitel für den Gottesdienst geworben werden. Eine inhaltliche Zusammenfassung des Films ist dagegen erlaubt. Genauere Informationen zu den Aufführungsrechten können die Medienstellen geben.

 

Anmerkungen

  1. Eine andere Deutung und ein anderer Gottesdienstvorschlag findet sich in: Adler/Arnold/Helmke/Kirsner, Mit Bildern bewegen, 294-303. Der Band bietet außerdem grundlegende Überlegungen zur Arbeit mit Filmen in Gottesdiensten.
  2. Einige technische Hinweise finden sich am Ende des Beitrages.

 

Literatur

  • Adler, Dietmar; Arnold, Jochen; Helmke, Julia; Kirsner, Inge (Hg.): Mit Bildern bewegen – Filmgottesdienste, Hannover 2014
  • Kirsner, Inge; Gehring, Hans-Ulrich: Filmgottesdienste. Theorie und Modelle, Jena 2005